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BULLETIN
DE LA SOCIÉTÉ
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„UNION MUSICOLOGIQUE"
DEUXIÈME ANNÉE
PREMIER FASCICULE
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LA HAYE
MARTINUS NIJHOFF
1922
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BULLETIN DE LA SOCIETE
UNION MUSICOLOGIQUE
EXTRAIT DES STATUTS
Art. II.
L'année de la Société court du premier Janvier au 31 Décembre
de chaque année, à l'exception de la première année de la Société,
qui court de la fondation au 31 Dec. 1921.
Art. IX.
Les membres payent une cotisation annuelle, exigible par
avance.
La cotisation a été fixée pour l'année 1921 à douze florins
(valeur hollandaise);
pour la Belgique, la France et l'Italie à trente francs (valeur
française) ;
pour l'Allemagne et l'Autriche à quarante marcs (valeur
allemande).
Les mêmes montants pour l'année 1922.
Les membres reçoivent autant que possible gratuitement les
fascicules du Bulletin.
Le Conseil a l'intention de publier deux fascicules dans le cou-
rant de l'année 1922.
Ceux qui ne sont pas membres de l'Union peuvent se procu-
rer les publications de l' Union Musicologique en s'adressant aux
libraires de leurs pays ou à l'éditeur à La Haye.
Pour eux le prix du fascicule de l'année 1921 a été fixé à
15 florins (valeur hollandaise), — pour la Belgique, la France, et
l'Italie à 40 francs (valeur française), — pour l'Allemagne et l'Au-
triche à 60 marcs (valeur allemande).
BULLETIN
DE LA SOCIÉTÉ
XINION MUSICOLOGIQUE"
DEUXIÈME ANNÉE
PREMIER FASCICULE
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LA HAYE
MARTINUS NIJHOFF
1922
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Digitized by the Internet Archive
in 2010 with funding from
Unive/sity 9f Ottawa
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http://www.archive.org/details/bulletindelasoci19222unio
SOMMAIRE
Comptes rendus relatifs à la musicologie pour la période
janvier 1921—31 décembre 1921 x) 1
I. Autriche Prof. Dr. Guido Adler 3
II. Belgique Ch. van den Borren 14
III. Danemark Dr. Gunnar Hauch 22
IV. France J. G. Prod'homme 29
V. Hollande J. H. Garais Jr 40
VI. Norvège O. M. Sandvik 44
VII. Pologne Prof. Dr. Z. Jachimecki 48
VIII. Suisse Dr. E. Refardt 53
IX. Etat Tchécoslovaque Prof. Dr. Paul Nettl . . 59
Articles 63
Prof. Dr. Angul Hammerich, Eine historische Orgel auf
Frederiksborg Schloss bei Kopenhagen. Mit 1 1 Abbil-
dungen 65
Marc Pincherle, La musique au Congrès d'Histoire de l'Art,
Paris 1921 79
Georges de St. Foix. Le dernier concerto pour violon de
Mozart 85
x) Rangés d'après les pays en ordre alphabétique.
MEMBRES DU CONSEIL
Dr. D. F. Scheurleer,
Président
Dr. L. P. J. Michielsen,
Secrétaire
Prof. Dr. Angul Hammerich,
Prof. Dr. Felipe Pedrell,
Prof. Dr. K. Nef,
Dr. O. M. Sandvik,
Prof. Dr. Tobias Norlind,
Dr. J. Wagenaar,
La Haye, Meerdervoort 53 F.
La Haye, Leuvensche Str. 47.
Copenhague.
Barcelone.
Bâle.
Holmenkollen, Christiania.
Stockholm.
La Haye.
COMPTES RENDUS RELATIFS À LA MUSICOLOGIE
POUR LA PERIODE JANVIER 1921— DECEMBRE 1921
I. AUTRICHE.
Unser Kleines Land mit der grossen Hauptstadt steht unter
der Devise „Arbeiten und Entbehren". Der Mittelstand mit der
historisch reichen Kultur verelendet u. der manuelle Arbeiter-
stand steigert seine Begehrlichkeit. Die Bedürfnisse wachsen bei
Letzterem, mindern sich bei Ersterem. Der musikalische Betrieb,
quantitativ gesteigert, auch durch Besuche von Künstlern
valutastarker Länder, die hier „billige" Konzerte geben, zehrt in
qualitativer Beziehung von dem ererbten Gute. Die Darbenden
ergeben sich in das grausame Schicksal; unter den Verdienenden
sind manche unwerthige Elemente, die noch mehr erraffen wollen
durch Unlauterkeit u. Gewalttätigkeit. Die Studierenden gehören
auch heute zu dem edelsten Teil der Bevölkerung. Bange Sorge,
ob diese Jugend bestehen, ob sie die Kraft und die Möglichkeit
haben wird, sich durchzusetzen, erfüllt die ernsthaft Gesinnten.
Die hohen Schulen bergen solch Kostbares Menschenmaterial,
aus dem die Führer der Zukunft emporwachsen. Unduldsamkeit
und Ueberhebung drängen sich dort und da hervor, bei Lehrern
und Schülern. In demütiger Freude Konstatiere ich, dass im
Musikhistorischen Institut der Wiener Universitaet volle Aus-
gleichung und Ausgeglichenheit zu finden ist. Die Studierenden
aus Inneroesterreich und fast allen Kulturstaaten (82 Hörer mit
dem Hauptfach Musikgeschichte) arbeiten mit Eifer. Leider führt
ein starker Perzentsatz der Hörer einem schweren Lebenskampf
und ergattert sich nur unter unseligen Mühen die Möglichkeit,
ihrem Ideal des Studiums folgen zu können, Trotz der partiellen
Beihilfe von einzelnen In- und Ausländern ist die Beschaffung der
der Mittel für den wissenschaftlichen Betrieb sehr erschwert
und gerade die teuersten und wichtigsten Behelfe können
nicht eingestellt werden. So richte ich als Vorstand des Insti-
tutes an alle, die für Wien als Stätte der Kunst und Wissen-
schaft Sinn und Mitgefühl haben und die Erhaltung mit ermög-
4 AUTRICHE.
lichen wollen, gerade durch das vorliegende internationale Organ,
das dringende Ersuchen, mitzuhelfen. War doch das Wiener In-
stitut, gegründet 1898, das Vorbild bei der Gründung manches
Institutes, so von Leipzig und Berlin. Unser Institut, von vorn-
herein auf Förderer und Donatoren angewiesen, hat sich in den
Zeiten vor dem Weltkrieg einen ansehnlichen Bestand gesichert,
eine Hüfsbibliothek in Musikalien und Büchern, die wol noch
manche Lücke aufwies und jetzt absolut der Ergänzungen be-
darf. Die Oesterreicher, beim letzten Kongress der Internationa-
len Musik-Gesellschaft (Paris Mai — Iuni 1914) durch die überaus
gütige Anerkennung der französischen Veranstalter (Fachcollegen
auch seitens des Ehrenvorsitzenden Ministers Barthou, in Her-
vorhebung der Wiener Schule) vielleicht über Gebühr geehrt, wol-
len ihren bescheidenen Platz in der internationalen Forscher-
republik behaupten. Sie wollen sich nicht überheben, sondern ihre
Pflicht erfüllen im Bewusstsein, das sie ein Glied in der Kette der
wissenschaftlichen Arbeiter aller Länder sind und möchten es
gern bleiben. Wir wollen nicht mit Fanfaren eine Ueberlegenheit
behaupten, wie sie Keiner beanspruchen sollte ; alle wollen wir
zusammen arbeiten. Nur mögen die glücklicheren Staaten und
Nationen sich dessen bewusst sein, dass wir, die mit unserer Ton-
kunst überall Wärme, Glückseligkeit, Erbauung und Erhebung
ausbreiten und dies nur vermochten, indem sie der Ausdrück der
eingeborenen Lebensfreude und des stülen Behagens war, die dem
Streben nach den höchsten Gütern der Menschheit sich gesellt —
dass wir für die Zukunft nicht einzig auf das Entbehren uns ein-
richten können, soll unsere historische Mission weiter erfüllt wer-
den. Dies auszusprechen ist wol hier der geeigenete Platz, wo der
verheiszungsvolle Versuch gemacht wird, auf unserem Gebiete
die internationalen Beziehungen wieder anzuknüpfen und aus-
zubauen. Ich will mich begnügen, unsere Leistungen im ablaufen-
den Jahre übersichtlich anzuführen und nur das mir besonders
wichtige Erscheinende hervorzuheben. Es sei gestattet bezüg-
lich der Detaüs auf die bibliographischen Berichte der Zeit-
schrift für Musikwissenschaft und des Jahrbuches Peters hin-
zuweisen.
Von den „Denkmälern der Tonkunst in Oesterreich" (Wien,
Universal-Edition) erschien der 28. Jahrgang, enthaltend: Band
55, Johann Ernst Eberlin, Oratorium „Der blutschwitzende Jesus"
AUTRICHE. 5
nebst Stücken aus anderen Oratorien und Schuldramen, bearbei-
tet von Dr. Robert Haas. Eberlin ist die bedeutendste Musikper-
sönlichkeit zur Zeit von Mozarts Geburt in Salzburg. Er schöpft
reichlich aus der Quelle heimischer Volkskunst und zeigt bei aller
Anlehnung an die neapolitanische Zeitströmung viele selbstän-
dige Feinheiten in Melodik, Instrumentation und Dynamik. Die
Partitur erweist zugleich das Heranziehen liturgischer Gesangs-
formeln, die eigenartig arios eingekleidet sind. Die musikalische
Szene ist merkwürdig abwechslungsreich. Auf fallend sind in dieser
Zeit melodramatische Partieen (das Oratorium ist in den fünfziger
Jahren entstanden!).
Die Publikation, deren musikalischer Gehalt gewichtig ist, dient
zugleich der Aufdeckung der Zusammengehörigkeit, die den Dra-
matiker Mozart mit seiner Heimat verbindet.
Band 56 „Wiener Tanzmusik in der zweiten Hälfte des iy. Jahr-
hunderts" mit Werken von /. H. Schmelzer, J. J. Hof fer, A. Pv-
glietti nebst Anhang, bearbeitet von Dr. Paul Nettl. Er bietet eine
Auswahl der Ballette und Balletteinlagen der am Hofe Leopold I.
aufgeführten Opern und Feste. Auch diese Werke, die in vor-
nehmer Weise stilisiert sind, wurzeln durchaus in heimischem
Boden. Weisen, die am Tanzboden des Volkes auf- und in das
spanische Hofzeremoniell eingefangen sind, natürlich unter dem
Einfluss romantischer (italienischer u. französischer) Behandlungs-
art stehend. Musik- und Kulturhistorisch gleich belangreich und
erstaunlich ob der Kontinuität, mit der die verwendeten heimi-
schen Weisen bis in die Zeit der Wiener Klassiker, bis Schubert und
die nachfolgende Wiener Tanzmusik auftauchen — ein Seiten-
und Gegenstück zur Konservierung des Wiener Sprachdialektes,
der Volkstrachten und Gebräuche. Die Suiten (für Streicher und
gelegentlich für Bläser, in der Edition mit ausgearbeitetem Basso
Continuo, wie alle oesterreichischen Denkmälerpublikationen)
werden sich in das Programm der Kammermusikspieler sowie der
Kammerorchester einleben, da sie fein ziseliert und gemütvoll
sind. Daneben bringt der Jahrgang den 8. Band der „Studien zur
Musikwissenschaft, Beihefte der Denkmäler der Tonkunst in Oester-
reich", enthaltend: Dr. Rudolf Wolkan, „Die Heimat der Trienter
Codices" '. In dieser Studie wird der Nachweis erbracht, dass diese
Handschriften inneroesterreichischen Ursprunges sind, von Wie-
ner Geistlichen angelegt und dann von dem Mödlinger Pfarrer
6 AUTRICHE.
Hinderbach bei seiner Berufung nach Trient, als Bischof, mitge-
nommen und dort einzelne Eintragungen vorgenommen wurden,
die sich auf Trienter und norditalienische Ereignisse beziehen.
Ferner bietet der Band die weitausgeführten Einleitungen zu den
beiden Denkmälerbänden des gleichen Jahrganges und die Fort-
setzung der archivalischen Studie von dem Holländischen Priester
Dr. A . Smijers über die „Kaiserliche Hof Musikkapelle von 1 543 —
1679" (3. Teü).
An Dissertationen wurden im Jahre 1921 an der Wiener Uni-
versität approbiert:
Dr. Bozidar Sirota (Professor an der Technik in Agram) : „Das
istrische Volkslied".
Dr. Ernst Rosenfeld-Römer, „Johann Schenk als Opernkompo-
nist".
Dr. Kurt Roger, „Peter Cornelius als Liederkomponist".
Dr. Rudolfine Krott, „Die Singspiele Schuberts".
Dr. Roland Tenschert, „Die Ouvertüren Mozarts".
Dr. Editha Radanowitcz-H artmann, „Das Wiener Lied von
1789—1815".
Dr. Erwin Janowitzer, „P. Cornelius als Opernkomponist".
Es wäre zu wünschen, dass diese Arbeiten der Oeffentlichkeit
übergeben werden könnten. Die Abhandlungen über Schenk und
über „Das Wiener Lied" werden wenigstens im Hauptteile als
Einleitungen zu den betreffenden Denkmälerbänden erscheinen.
Es sei an dieser Stelle berichtigt, dass der im vorjährigen Bulletin
angeführte Verfasser der Dissertation über „Blasius Amon", Herr
Dr. P. Caecilianus Huygens nicht Kapuziner-, sondern Franzis-
kanermönch ist.
In der literarischen Produktion des In- und Auslandes wendet
sich heute wol das stärkste Interesse Wiener Meistern zu, eine
statistische Tabelle würde wol dieses Übergewicht erweisen:
Gluck, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Bruckner,
Mahler, Wolf sind mit Vorliebe behandelt. Der eben erschienene 2.
Band der Mozartbiographie von Dr. Hermann Abert, die wissen-
schaftlich hervorragendste Arbeit, gehört nicht in den Kreis mei-
ner Betrachtungen. Allein es sei mit Nachdruck der Wunsch aus-
gesprochen, dass neben diesem Werke, das sich als 5. Ausgabe von
„Otto Jahn's Mozart" bezeichnet, der alte Jahn-Mozart in einem
anastatischen Neudruck wieder zugänglich gemacht werde. So
AUTRICHE. 7
wertvoll die vergleichenden Studien der „Neuausgabe" sind, so
sollte daneben das Jahnsche Werk mit der Darstellung der apol-
linischen Idealgestalt des Tonmeisters kommenden Generationen
unangetastet erhalten bleiben und weitere Verbreitung finden.
Was sich bei Spitta's Bach, bei Chrysander's Haendel gezeigt hat,
glit auch von Jahns Mozart : diese Werke sind bei relativer Be-
grenztheit des Vergleichsmateriales unalterierbare literarische Er-
scheinungen und selbst der Chrysandersche Torso ist wie ein
antiker Torso unergänzbar. Wer von den heutigen Haendelspe-
zialisten könnte ihn fortführen ? Je stärker die Individualität des
neuen Forschers, desto unwahrscheinlicher die Möglichkeit homo-
genen Anschlusses.
Dem Zeitgeist und der Zeitrichtung entsprechend hat sich auch in
der Musikschriftstellerei eine im -und expressionistische Richtung
etabliert, die Liebhaber und Bewunderer findet. Sie beherrscht fast
den Büchermarkt. Um sie kurz zu kennzeichnen: sie überträgt
die Aufgabe der Tageskritik, den Eindruck von Aufführungen auf
das Publikum zu schildern, auf die wissenschaftliche, resp. pseu-
dowissenschaftliche Schriftstellerei und setzt den Schreiber in den
Mittelpunkt der Darstellung. Was das Werk ausdrückt, oder aus-
drücken will und soll (dicitur, fertur, narratur) und welchen Ein-
druck der Schreiber empfängt — das sind die Endpunkte der
Darstellung. Er meint die Seele des Kunstwerkes herauspressen
(comprimieren) und in seine Schilderung einfassen zu können. Darin
liegt die letzte Konsequenz, der Exzess (im Sinne von „excedere")
der Hermeneutik. Es kommt nicht auf klare Erfassung des Inhal-
tes, auf lichtvolle Erklärung der Form, auf die stilkritisch genauen
Zusammenhänge an, sondern auf ein möglichst „poetisch homo-
genes" Hineinleben und Herausbetonen. Das dem Hörer Heiligste
wird auf dem Geistestisch aufgedeckt und zu „enthüllen" ge-
sucht. Die überschwenglichsten Attribute, die gesuchtesten Bei-
wörter werden herangezogen oder (mit Vorliebe) neu gebildet,
um dem Leser eine homogene Wirksamkeit bei der Leetüre vor-
zutäuschen — im guten und unguten Glauben. Das artet auch in
Stammeln und Gedankenbrüche aus. Das Irrisieren des Sprach-
ausdruckes tritt mit Vorliebe hervor. Unregelmässige Satzbildun-
gen, halbe Wahrheiten, halbe Verstellungen, ein gleichzeitiges
Blicken nach allen Seiten (gelegentlich auch nach rückwärts).
Doch auch diese Richtung hat einzelne Vorteile und ist gleichsam
8 AUTRICHE.
ein sich von selbst einstellendes Gegengewicht gegen die nur das
Knochenskelet untersuchende Forschungsart, die sich dort und
da in musikwissenschaftlichen Zirkeln bemerkbar machte und
sich überhebt. Manches wird sich da in Zukunft ausgleichen und
eine neue Musikpsychologie wird sich etablieren müssen. Aber
noch notwendiger ist der wissenschaftliche Einbau in die neuen,
wackeligen Hütten. Sofern es die neuen Schreiber ehrlich meinen
und nicht outrieren, sind sie als Übergangserscheinungen nicht
unwillkommen. Ihre Themen erstrecken sich vorzüglich auf mo-
derne Meister und Strebungen. Von Oesterreichern ragen da
Rudolf Stefan Hofmann, Richard Specht, Paul Stefan und Egon
Wellesz hervor, Letzterer in seinen Abhandlungen über Musiker
und Musikverhältnisse in unserer Zeit, er ist auf musikwissen-
schaftlichem Gebiet ein anerkannter Forscher, daneben ein
hochmoderner Tondichter. Unter den lebenden ; Komponisten
werden mit Vorliebe Arnold Schönberg, Franz Schreker und
Richard Strauss behandelt: die Ersteren dem Wiener Boden
entstammt, der Letztere durch Option ihm angehörig. Noch
immer übt die Wiener Musikatmosphäre unwiderstehliche An-
ziehungskraft, so schwer sonst die Verhältnisse die Eingebore-
nen belasten.
Richard Specht über Richard Strauss (Wien E. P. Tal u. Comp,
2 Bände), Dr. Egon Wellesz über Arnold Schönberg (ebenda,
Dr. Rudolf Stefan Hoff mann über Franz Schreker (ebenda), Dr.
Paul Stefan „Neue Musik und Wien" (ebenda). Diese Autoren
gehören dem Kreize der Musikblätter des „Anbruch" (Wien Uni-
versaledition) an, die von Dr. Paul Pisk geschickt, mit weitem
Gewissen geführt wird. Wie auch diese Schriftsteller sich dem
Stoffe akkomodieren und ältere Töne anschlagen, wenn sie über
ältere Meister, oder über Tonsetzer unserer Tage schreiben, die
nicht ganz dem modernen Wunderhorn adaequat blasen, erkennt
man aus Richard Spechts „Julius Bittner". Andere oesterreichi-
sche Schriftsteller wie Dr. Richard Batka, Ernst Decsey, Dr.
Julius Korngold und A. von denen im laufenden Jahre Neues oder
Neuauflagen erschienen sind, müssen sich in diesen Kursorischen
Bericht mit Anführung der Namen begnügen. Sie dienen im
Hauptberuf der Wiener Tageskritik, deren Doyen der Letztge-
nannte ist. Seine von 1903 — 1902 für die „Neue Freie Presse"
über Opernaufführungen geschriebenen Feuilletons erschienen
AUTRICHE. 9
gesammelt unter dem Titel „Deutsches Opernschaffen der Gegen-
wart", Kritische Aufsätze (Wien und Leipzig, Leonhardt Verlag).
Ein ausgedienter Journalist, Ignatz Schwitzer, ist der Verfasser
eines zweibändigen Buches „Meister Iohann, Bunte Geschichten
aus der Johann Strausszeit" (Wien Halm und Goldmann) mit
anekdotischen und selbsterlebten Schilderungen, rührend in seiner
Anhänglichkeit an den Wiener Urtanzkomponisten, dem im Som-
mer dieses Jahres im Stadtpark ein treffliches Monument (ge-
schaffen von Meister Edmund Hellmer) errichtet wurde: ein
zum Tanze vorspielender Erzengel im Kostüm unserer Zeit,
mit den Zügen des „Meister Johann". Der Sohndes Bildhauers,
gleichfalls „Edmund" Hellmer hat in feinsinniger Weise „Er-
lebtes und Erlauschtes" über „Hugo Wolf" gesammelt. Ueber
diesen Tonsetzer sowie über Anton Bruckner hat der Wiener
(früher Grazer) Kritiker Ernst Decsey lesenswerthe Bücher
geschrieben. Decsey gehört zu den Schriftstellern, die in der
Art wie etwa Romain Rolland biographische Essays schrei-
ben. Es finden sich gerade unter den Wiener Musikreferenten
begabte Litteraten, wie nebst Einzelnen der schon genannten:
Dr. Elsa Bienenfeld, Dr. Max Graf, Dr. Heinrich Kralik und
A., die einen achtenswerten musikwissenschaftlichen Unterton
einhalten.
Auch Komponisten sind Mitglieder der Vereinigung Wiener
Musikreferenten wie Dr. Robert Konta, Dr. Ferdinand Scherber,
Max Springer und A. Man sieht wie zahlreich besetzt die Tafel ist.
Meine Auffassung über das Verhältnis der Tageskritik zur Wissen-
schaft habe ich in meiner „Methode der Musikgeschichte" ausein-
andergesetzt. In einen bewussten, man kann sagen schroffen
Gegensatz zur Art der herrschenden Tageskritik setzt sich der
Wiener Theorielehrer Dr. Heinrich Schenker, der seinen in der
Universal-Edition (Wien) erschienenen (noch nicht zum Abschluss
gebrachten) theoretischen Werken das erste Heft einer „in zwang-
loser Folge" zu edierenden „Flugblätter zum Zeugnis unwandel-
barer Gesetze der Tonkunst, einer neuen Jugend dargebracht"
unter dem Generaltitel „Der Tonwille" erscheinenen lässt (Wien,
Alb. S. Gutmann). Es ist abzuwarten, ob es ihm gelingen wird,
diesen auch auf das nationale und soziale Gebiet übergreifenden
Tonwillen der „Neuen Jugend" zu oktroyieren. Anerkennenswert
sind Schenkers hier und früher erschienenen, allerdings ausschwei-
10 AUTRICHE.
fenden Analysen von Werken Beethovens, etwa in der Haltung
an bekannte Faustkommentare sich anlehnend, die in der Litera-
turgeschichte heute als überwundener Standpunkt angesehen
werden. Vielleicht ist seine krasse mit journalistischem Einschlag
eingenommene Oppositionsstellung gegen alles, was bisher über
die von ihm behandelten Materien geschrieben wurde, ein natür-
licher Akt der Reaktion gegen manche Behauptungen und Ueber-
stellungen, wie man sie auch in dem ersten Faszikel dieses Bulle-
tins, das in vornehmer Art der Ausgleichung und Verständigung
dienen will, lesen konnte etwa „Die erste Kritische Brahmsbiogra-
phie verdanken wir W. Niemann", oder „Paul Bekker unter-
nimmt in seinem Werke „Die Symphonien Mahlers" als erster
den Versuch, durch eingehende Analysen das Gesamtwerk des
Meisters in allen seinen Einzelheiten und in seiner Totalität zu
veranschaulichen, oder in der Besprechung des gleichen Werkes
in der von Dr. Alfred Einstein so vortrefflich und umsichtig ge-
leiteten „Zeitschrift für Musikwissenschaft" IV. S. 117, wo auf das
vom P. Bekker hervorgehobene „Kosmische Klangbild", „Hin-
neigung zum Naturhaften" und „Urmenschliche" im Schaffen
Mahlers hingewiesen wird, als ob diese Bezeichnungen über das
Urwesen Mahlerscher Kunst zum „ersten Mal" gebraucht worden
sein. Ich möchte in aller Bescheidenheit auf meine im Jahre 1921
in 2. Auflage (Wien, Universal-edition) erschienene Mahlerstudie
(geschrieben 1913, zuerst erschienen in A. Bettelheims Biogra-
phischem Jahrbuch) hinweisen. Auch heute darf ich bei voller
Anerkennung des seither Erschienenen den Satz des Vorwortes
meiner Studie aufrecht erhalten: „Vielleicht wird die Zukunft
keine Änderungen an den von mir angestellten Beobachtungen
vorzunehmen haben." Mit Befriedigung nehme ich wahr, dass die
von mir aufgestellten Richtlinien und Grundanschauungen über
Mahlers Kunstwesen auch heute in der Literatur eingehalten und
vertreten werden und es mag irrelevant erscheinen, wenn die
Parallelstellen in vorangegangenen Untersuchungen nicht alle-
giert werden. Nichts destoweniger ist es begreiflich, wenn sich von
anderer Seite gegen solche Aufmachungen, wie ich sie oben zitiere,
gelegentlich der Zorn des Gerechten wendet. Wir Oesterreicher
sind vom Schicksal nicht verwöhnt. Im Verhältnis zu den Erleb-
nissen eines Mozart oder Schubert, schrumpfen solche Übergriffe
in nichts zusammen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich die auf
AUTRICHE. 1 1
Seite 16 dieses Bulletins vom Jahre 1921 gemachte Bemerkung
des geehrten Vorstandes der Bibliothek Peters, Dr. Rudolf
Schwarz über die Haydn-Ausgabe dahin aufklären, dass diese
ein Verlagsunternehmen der Firma Breitkopf und Haertel in Leip-
zig ist, wie die Gesamtausgabe der Werke der anderen Wiener
Klassiker. Deutsche und oesterreichische Gruppenleiter und Mit-
arbeiter sind gewonnen worden, und die Ingangsetzung wurde
durch ein oesterreichisches Komitee zu fördern gesucht. Freuen
wir uns, dass die Unterbrechnung behoben ist und dankbar aner-
kennen wir, dass die kräftigere materielle Unterstützung von
Berlin aus erfolgen konnte.
Von oesterreichischen Werken möchte ich noch Folgende nam-
haft machen: „Die Modulation" von Jos. V. Wöss (Wien Univer-
sal-Edition), das Produkt eines erfahrenen Tonsetzers, dessen Un-
tersuchungen sich vorzüglich auf Musikwerke des 18. und 19.
Jahrhunderts erstrecken. Sowie alle gleichartigen Werke bedarf
das mit trefflichen Beispielen ausgestattete Buch der lebendigen
Handhabung eines Lehrers. Ferner „Ein Wiener Beethoven Buch" ,
herausgegeben von Dr. Alfred Orel in Gemeinschaft mit seinen
Kollegen der Wiener Statdbibliothek (Wien) Gerlach und Wied-
ling). Es ist ein literarischer Niederschlag der Beethoven- Ausstel-
ling, die von der Stadt Wien zur Feier des 150. Geburtstages des
Meisters veranstaltet wurde, schön illustriert, eine Reihe kultur-
historischer Aufsätze über die Stadt, die Gesellschaft, das Theater
die Zeitgenössische Literatur und Presse, Verleger, Wohnungen,
Reliquien — alles in Beziehung zum Meister und seine Zeit.
Wie ein Zeichen aus einem andern Stern wirkt die Untersuchung
des Innsbrucker Universitaets-Professors der Archaeologie Dr.
Heinrich Sitte über Bach1 's „Chromatische" (Phantasie und Fuge),
erschienen als Nr. 5 der Schriftenreihe der „Preussischen Jahr-
bücher" (Berlin, G. Stilke). Der Verfasser sucht darin das Ziel
eines 26 jährigen Gedankenfluges auseinanderzusetzen und gelangt
zum Ergebnis, dass Bach's Chromatische ein Kunstwerk ist, in
dem der Menschenzustand in Freud und Leid in so vollendeter
Weise zum Ausdruck gelange, wie in Phidias' „Zeus" und „Akro-
polis", in Giottos Fresken „Laster und Tugenden des Menschen",
Dantes „Commedia", Goethes „Faust" und Beethoven's „Neun-
ter". Liegt nicht in dieser Ansicht eine Ueberstellung gegenüber
der „Hohen Messe", der „Matthaeuspassion", und dem wohltempe-
12 AUTRICHE.
riertem Klavier? Sitte sucht seine Behauptung durch die symbo-
lische Einbeziehung der ersten vier Töne des Thema's der chro-
matischen Fuge (ABHC) in den Namen „BACH" zu stützen.
Eine sinnige Auslegung dieses Tonbuchstabenspieles, allein eine
Ueberschätzung ihrer Bedeutung. Immerhin erfreulich durch den
Idealismus des Gedankenfluges, der ins Ideologische übergeht.
Befriedigend ist sein Hinweis auf den Urtext, den er über alle
modernen pianistischen Bearbeitungen und klanglichen „Vervoll-
ständigungen" stellt. Die einzelnen „Kapitel" sind mit Namen der
Hören betitelt — poetisch metaphorisch, dies kennzeichnet den
Beruf des Verfassers als Archaeologen. Bemerkenswert ist das
Bemühen des Verfassers, sich in den Wandelgängen musikhistori-
scher Forschung zurecht zu finden.
Von Aufführungen älterer Werke seien als Abschluss des Be-
richtes nachfolgende angeführt:
A) Konzerte der Gesellschaft der Musikfreunde : Händel, Judas
Makkabäus; Bach, Klavierkonzert Dmoll.
B) Wiener Konzertverein : Bach, Matthäuspassion, Orchester-
suite Ddur.
C) Wiener Tonkünstlerorchester: Händel, Concerto grosso
Dmoll.
D) Kammerkonzerte (Dirigent A. Wunderer): Bach, Violin-
konzert Edur, 5. Brandenburgisches Konzert.
E) Wiener Musikwoche (Busch-Zyklus) : Bach, 4. Brandenbur-
gisches Konzert, Violinkonzert Amoll, Tripelkonzert f. Violine,
Flöte und Klavier, Amoll.
F) Hochschulkonzerte : Bach, Violin-Klaviersonate Edur, Arien
von Caldara, Cavalli, Leo.
G) Bachgemeinde in Wien : Zahlreiche geistliche und weltliche
Kantaten, Arien und Lieder, 6. Brandenburgisches Konzert, Vio-
linkonzert Amoll, Klavierkonzert Gmoll, Konzert f. 2 Klaviere
Cdur, Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier,
Chromatische Fantasie, Goldbergvariationen, Italienisches Kon-
zert, sämtlich von Bach ; Arien von Monteverdi, Cesti, Stradella,
A. Scarlatti, Pergolesi, Durante, Händel; Instrumentalwerke von
D. Scarlatti, Couperin, Rameau, Buxtehude, G. Böhm, Corelli,
Vivaldi, Gottlieb Muffat, Händel.
H) Verschiedene Solistenkonzerte: Bach, Violinkonzerte in
Edur und Dmoll, Soloviolinsonaten Gmoll und Dmoll, Solocello-
AUTRICHE. 13
suite Cdur, Chromatische Fantasie; Händel, Violinsonate Adur,
Grobschmied- Variationen Edur.
I) Kirchliche Aufführungen : Palestrina, Missa Papae Marcelli,
Missa Brevis und eine Reihe von Werken aus „den Denkmälern
der Tonkunst in Oesttereich."
Guido Adler.
II. BELGIQUE.
I.
LISTE, PAR ORDRE ALPHABÉTIQUE DE NOMS D'AUTEURS, DES
PRINCIPALES PUBLICATIONS MUSICOLOGIQUES PARUES EN 1921.
Bergmans (Paul). — Quatorze lettres inédites du compositeur
Philippe de Monte; 1 brochure de 30 pages, Bruxelles, Hayez,
1921. — Presque toutes ces lettres sont rédigées en italien et
adressées au botaniste Clusius. L'une d'elles renferme un passage
en flamand: présomption nouvelle en faveur de l'origine non
montoise, mais malinoise de Monte.
Blare au (Ludovic). — Histoire de la création et du développe-
ment du drame musical, particulièrement en Italie, depuis V „Euri-
dice" de Péri, jusqu'à V „Orfeo" de Gluck; 1 vol. in 8°, de 325 pages,
Bruxelles, Lamertin, 1921. — Compilation sans valeur scienti-
fique, où fourmillent les erreurs de fait et les fautes d'im-
pression.
Closson (Ernest). — Esthétique musicale : les matériaux de la
musique; la création et l'interprétation musicales; 1 vol. in 8°, de
214 pages, Bruxelles, Lombaerts, 1921. — Voici un ouvrage de la
plus haute originalité, dans lequel l'auteur n'envisage point l'es-
thétique musicale comme un concept abstrait, mais plutôt comme
le résultat vivant et mouvant des efforts réalisés, au cours des
siècles, par la lignée innombrable des grands musiciens. Rien de
moins dogmatique que cet exposé à la fois clair, sobre et riche,
basé sur une connaissance approfondie de l'histoire musicale et
une longue expérience personnelle, doublée d'un sens critique
aiguisé par la réflexion et la prudence. Traitée dans ce mode
concret, l'esthétique musicale sort des nuages pour se mêler à la
vie. Rythme et mesure, mélodie, harmonie et polyphonie, forme,
timbre, genres musicaux, style musical, phrasé, mouvement et
intensité sonores : toutes ces notions sont envisagées par l'auteur
BELGIQUE. 15
suivant une méthode „pragmatiste" qui en dégage la substance
avec un maximum de relief, et ne laisse planer sur elles aucun
vague, aucun soupçon de manque de clarté ou d'esprit scienti-
fique.
Maus (Octave). — Les Préludes, impressions d'adolescence)
un vol. in 6, de 120 pages, Bruxelles, Sand, 1921. — Cet ouvrage
posthume, d'ordre plus littéraire que musical, n'aurait aucune
raison d'être mentionné ici, s'il ne renfermait des pages du plus
vif intérêt sur l'initiation du héros à la musique, plus spécialement
à l'oeuvre wagnérienne. Notons surtout, p. 105 et ss., ses im-
pressions sur Bayreuth, en 1876, qui marquent une grande fi-
nesse d'observation, basée d'ailleurs sur des souvenirs personnels
d'essence parfaitement objective.
Solvay (Lucien). — L'Evolution théâtrale, T. II : La musique,
(385 p., Bruxelles, Van Oest, 1922). — Fruit d'une longue expé-
rience, le tome II de l'ouvrage de M. Solvay apparaît comme le
reflet synthétique des impressions subies par l'auteur, au contact
des oeuvres lyriques qu'il a vu représenter, principalement à
Bruxelles, au cours de sa longue carrière de critique musical.
Bien composé, écrit en une langue remarquablement appropriée
au sujet, il analyse, avec un sens perspicace du classement et
des proportions, les tendances dominantes du théâtre musical
(grand-opéra, opéra-comique, opéra vériste, drame lyrique,
comédie lyrique, etc.), depuis Gluck jusqu'à nos jours. Sans pré-
tendre à l'érudition proprement dite, il n'en fourmille pas moins
de faits, d'anecdotes et de citations judicieusement choisis, dont
l'harmonieux groupement forme un ensemble vivant, attachant
et véritablement instructif. M. Solvay excelle surtout à montrer
et à faire comprendre le mécanisme psychologique qui anime les
foules aux prises avec l'œuvre d'art. Son livre est, à cet égard,
plein d'observations fines et pénétrantes. On peut ne pas être
d'accord avec lui sur telle ou telle question d'ordre purement es-
thétique ou sur telle ou telle prédilection envers certaines formes
d'art ou certains artistes : il n'en reste pas moins que ses apprécia-
tions et ses idées témoignent d'une haute culture générale, d'un
état d'esprit éminemment accessible aux subtilités de la nuance
et d'une volonté de réflexion qui, dédaigneuse des apparences
superficielles, s'efforce avant tout d'aller au coeur des choses, et
de ne conclure qu'après avoir mûrement pesé le pour et le contre.
1 6 BELGIQUE.
Van den Borren (Charles). — Melodies belges contemporai-
nes; 1 broch. de 28 p.; édition de l'Art Belge,,", Bruxelles, 1921.
Van den Borren (Charles). — Alessandro Scarlatti et l'esthé-
tique de l'opéra napolitain"; 1 broch. de 14 p., Bruxelles „La Re-
naissance d'Occident", 1921.
Van Doorslaer (Dr. G.). — Médecins musiciens et musico-
graphes. Leurs oeuvres; 1 broch. de 15 p., Anvers, De Vlijt, 1921
(Communication faite au 1er Congrès de l'Histoire de l'Art de
guérir, Anvers, août 1920).
Van Doorslaer (Dr. G.) — Jean Lestainnier, organiste
compositeur (1521? — 1551); 1 broch. de 11 p., Malines, Die-
rickx — Beke, 1921. — L'auteur tente une esquisse biographique
de ce musicien, qui fut organiste de Charles-Quint et dont on a
conservé deux motets. Il établit, par une pièce d'archives, le
heu et la date de sa mort (Malines, mars 1551) et suppose, non
sans vraisemblance, qu'il est né à Malines, entre 1520 et 1530, de
Pierre Lestainnier, musicien étranger fixé en cette ville, et de
Catherine Verheyden.
Van Doorslaer (Dr. G.). — La vie et les oeuvres de Philippe
de Monte (1521 — 1603); 1 vol. in 8° de 310 p.; Bruxelles, Hayez,
1921. — Monographie des plus substantielles, où l'auteur fixe,
d'après les données les plus récentes, la biographie de Philippe
de Monte et la bibliographie de ses oeuvres. Celle-ci, résultat de
longues et patientes recherches, est établie avec un soin et une
minutie qui en font une source indispensable pour qui voudra
étudier à fond l'oeuvre du maître malinois. Dans les annexes du
volume, M. Van Doorslaer publie, entre autres, les dédicaces des
oeuvres de Monte et sa correspondance. A part un certain nom-
bre de fautes d'impression dans les dédicaces italiennes, cette pu-
blication est faite avec le plus grand soin et répond à tous les
desiderata de la science musicologique.
IL
RÉÉDITIONS D'OEUVRES ANCIENNES.
Grétry. — Les Réflexions d'un solitaire, manuscrit inédit de
Grétry, édité par les soins et avec introduction et notes d'E. Clos-
son et L. Solvay (Ed. Van Oest, Bruxelles). — Le vol. III a paru
en 1921.
BELGIQUE. 17
Scarlatti (Alessandro). — Serenata a due voci „Venere e
Amore", con flauto e violini violoncello; 1 vol. in fol., Bruxelles,
Chester, 1921. — •> Publication de l'Institut belge de musicologie
(avec préface de M. A. Tirabassi), d'après le Ms. n°. 2528 du fonds
Fétis (Bibliothèque Royale de Belgique) ; la basse chiffrée a été
réalisée par Mme. A. Toussaint, élève de l'Institut.
III.
REVUES MUSICALES.
L'Echo musical belge, dont nous avons signalé la parution dans
le 1 er fascicule du Bulletin, n'a pas survécu à son second numéro.
Depuis lors paraît le Diapason, organe de pure information, dé-
nué de toute prétention scientifique.
IV.
NÉCROLOGIE.
Caryll (Yvan). — Né à Liège; mort à New- York en 1921.
Auteur de nombreuses opérettes (S. A.R.; Little Miss Raffle, etc.).
A fait sa carrière principalement en Angleterre, où il a été, pen-
dant plusieurs années, directeur de la musique au Théâtre Lyri-
que et au Théâtre de la Gaité.
Martens (Charles). — Né à Louvain, le 25 décembre 1866, y
décédé le 24 novembre 1921. — Après avoir fait des études de
droit et exercé pendant quelque temps la profession d'avocat au
barreau de sa ville natale, Ch. Martens s'orienta peu à peu vers
l'étude de l'histoire musicale. Il en connaissait très bien certains
aspects, notamment la question des origines et de l'évolution de
l'oratorio. Il a pris une part active à la rénovation de ce genre,
en fournissant à son ami, le compositeur brugeois Joseph Rye-
landt, les poèmes — conçus avec un rare bonheur — d'une partie
de ses oratorios sacrés. Sous le pseudonyme de Charles Lamy,
il a publié un certain nombre d'oeuvres vocales d'une inspiration
élevée et d'une facture classico-romantique élégante et pleine de
tact.
Pardon (Félix). — Né à St. Josse — ten-Noode (Bruxelles), le
2 juin 1851, mort à Lombartszyde le 7 juillet 1921. Concourt pour
le Grand Prix de Rome en 1869 et obtient le 2e grand prix en
2
18 BELGIQUE.
partage, pour sa cantate Faust' laatste nacht. Concourt de nouveau
en 1875, mais sa cantate La Sirène n'arrive point au classement.
Après cet échec, il abandonne la carrière musicale et se voue au
journalisme.
V.
CONCERTS DE MUSIQUE ANCIENNE.
Le 400e anniversaire de la naissance de Philippe de
Monte a été célébré à Malines, le jour de Noël 1921, par l'exécu-
tion, à l'église métropolitaine de St. Rombaut, du Kyrie, du
Gloria, du Sanctus et de l'Agnus de la Missa ad modulum „Bene-
dicta es" sex vocum du maître, sous la direction de M. l'abbé Van
Nuffel: exécution remarquable, par un choeur de 120 exécutants,
qui mit admirablement en relief le suave raffinement de cette
oeuvre, merveille de polyphonie délicatement agencée et de déve-
loppement thématique basé sur le procédé de la „parodie".
A l'occasion de la reconstitution du triptyque de la „Dernière
Cène" de Thiéry Bouts, le 7 novembre 1921, le R. P. Dom Jo-
seph Kreps avait organisé, à Louvain, une intéressante Audition
d'oeuvres d'anciens maîtres de chapelle de l'église St.
Pierre (XVIIe et XVIIIe siècles). Au programme, oeuvres pour
orgue ou pour violon et orgue de Matthias Van den Gheyn, Dieu-
donné Raick, Pierre De Paep, Guillaume Kennis et Louis Colfs.
La Société des Concerts Spirituels (Bruxelles) a exécuté,
à son concert du 20 novembre 1921, le Requiem de Mozart et
l'interlude symphonique (La Veillée des Bergers) de l'oratorio de
Noël de J. S. Bach.
Au programme des Concerts du Conservatoire de Bruxel-
les figuraient, le 18 décembre 1921, l'ouverture d'Agrippina de
Haendel et le Concert brandebourgeois no. 5 de J. S. Bach. Ce der-
nier bénéficia d'une exécution magistrale, sous la direction de M.
Léon Du Bois: les solistes formant le concertino (piano, violon
et flûte) étaient MM. De Greef, Chaumont et Demont.
A l'occasion de la Ile Quinzaine internationale, tenue à Bruxel-
les, en septembre 1921, M. Tirabassi donna une audition de mu-
sique religieuse ancienne a cappella, à la Collégiale Ste. Gudule
(oeuvres de Fr. d'Ana, Morales, P. de la Rue).
Signalons tout particulièrement l'exécution intégrale, en 10
BELGIQUE. 1 9
séances, des Oeuvres d'orgue de J. S. Bach, par M. Paul de
Maleingreau, en l'hôtel de M. Egbert Scholder, à Bruxelles:
séances inoubliables, tant par le prestigue de l'interprétation que
par ce qu'elles apportaient de neuf à la plupart des auditeurs.
Notons, à titre rétrospectif, que M. de Maleingreau n'en était
pas à son coup d'essai: il a, en effet, de 1916 à 1919, donné chez
MM. L. Mayer, E. Scholder, A. Stoclet et J. Wouters, de nom-
breuses séances de musique d'orgue ancienne et moderne, aux
programmes desquels on voit figurer, entre autres, les>noms de
J. S. Bach, N. de Grigny, Clérambault, Marchand, Frescobaldi,
Zipoli, Buxtehude, G. Böhm, Pachelbel, Scheidt, W. F. Bach,
J. C. Vogler, Buttstedt, J. H. Walther, Georg Muffat, etc.
Il nous faut également signaler, rétrospectivement, une série de
concerts historiques qui ont eu Heu à Gand, de 1916 à 1920, à
l'initiative de MM. Albert De Smet et Louis Arschodt, fonda-
teurs du Cercle des Concerts de Musique ancienne et mo-
derne. Les oeuvres figurant aux programmes sont, tantôt des
compositions vocales a cappella, tantôt des pièces instrumentales
ou vocales-instrumentales, pour l'exécution desquelles M. de
Smet prêta sa collection d'instruments anciens:
Concert du ig mars igiô, au profit de l'„Oeuvre communale
de secours et d'alimentation" : compositions d'Arcadelt, Lassus,
Monteverdi, Lulli, F. Couperin, Rameau, Haendel, Joh. Schenk,
Melchior Borchgreving, Benedict Grep, J. B. Loeillet. — Con-
cert du 26 novembre 1919: „Une soirée musicale au XVIIIe
siècle" (oeuvres de F. Couperin, H. Desmarets, J. B. Loeillet,
Haendel, Rameau, etc.). — A l'occasion du Vlaamsche Van Eyck-
dag, organisé le 21 octobre 1920, par l'Académie Royale flamande
de Belgique, concert d'oeuvres d'Arcadelt, Loeillet et Lassus. —
Le 11 décembre 1921, le „Cercle des Concerts de musique an-
cienne et moderne" se transporte à St. Nicolas, et y donne, sous
les auspices du „Cercle archéologique du Pays de Waes", un
concert au programme duquel figurent les noms de Roselli, Ma-
thieu Le Maistre, Arcadelt, Lassus, Clérambault, F. Couperin,
Lulli, Lalande, Desmarets, Bouvard, J. M. Leclair, Campra,
Rameau et Tartini.
20 BELGIQUE.
VI.
COURS ET CONFÉRENCES.
En dehors des cours d'histoire de la musique, donnés régulière-
ment à Gand, Bruxelles, Anvers, Mons, Malines, etc., notamment
par MM. Bergmans, Closson, Van Aerde et Van den Borren, dans
divers établissements d'enseignement, voici la liste des conféren-
ces d'ordre musical ou musicologique faites à Bruxelles, en 1921.
Institut des Hautes Etudes de Belgique: 8 novembre 1921,
M. Paul Landormy: „L'impressionnisme de Claude Debussy"; 10
novembre 1921, M. Paul Landormy: „Le déclin de l'impression-
nisme" (exécution d'oeuvres de Ravel, Roussel et de Séverac).
Institut Belge de Musicologie (directeur: M. Tirabassi): 20
janvier: M. H. M angin: „La culture du style musical"; 3 fé-
vrier: M. Van Hecke: „La chanson flamande au moyen âge";
17 février: M. P. De Coster: „Paul Dukas"; 24 février: M. Tira-
bassi: „Pierre de la Rue"; 3 mars: M. Vivier: „Les origines de la
lyrique courtoise"; 7 avril: M. /. Fischbach: „Comment écouter
la musique"; 14 avril: M. Tirabassi: „Monteverdi et son oeuvre";
28 avril: M. Samuel Holeman: „La ligne constante d'indéfinie
tradition"; 5 mai: M. P. De Coster: „Les conditions philosophi-
ques de la pensée musicale"; 12 mai: M. Closson:,, L'interpré-
tation musicale"; 19 mai: M. Mangin: „La double essence musi-
cale: le caractère, l'expression"; 26 mai: M. F. André: „La chan-
son wallonne"; 2 juin: M. Ch. Gheude: „Guillaume Lekeu"; 14
juin: M. Van denBorren: „Alessandro Scarlatti et l'esthétique de
l'opéra napolitain" (exécution de deux cantates de Scarlatti et
d'une cantate de Porpora) ; 30 juin: M. P. La Gye: „L'art lyrique
belge va-t-il mourir?"; 17 novembre: M. Tirabassi: „De la no-
tation musicale des maîtres musiciens des Pays-Bas au XVIe
siècle et de sa transcription"; 24 novembre: M. le Dr. G. Van
Doorslaer: „Philippe de Monte" (exécution d'un motet, d'un ma-
drigal et de deux chansons françaises de Monte, mis en partition
par M. Van Doorslaer).
A l'Ecole supérieure instituée pour donner aux jeunes filles
de Bruxelles un enseignement universitaire, et où M. E. Closson
professe le cours d'histoire de la musique, des conférences d'ap-
plication sont faites par M. Georges Syslcrmans, qui a traité, cette
année de l'histoire de la sonate. A titre d'illustrations, exécution,
BELGIQUE. 21
par M. Emile Chaumont et Melle. Thérèse Chaumont, d'oeuvres
de Corelli, Leclair, Purcell, Bach, Beethoven, Mozart, Schumann,
Brahms, Fauré, Ropartz et César Franck.
Signalons enfin la conférence sur Les Maîtres du Clavecin
faite, le 17 novembre 1921, au Home des artistes, par Melle.
Berthe Deseck (au programme, oeuvres de Frescobaldi, D. Scar-
latti, Pergolesi, F. Couperin, Dandrieu, Daquin, Duphly, Ra-
meau, Kuhnau, Mattheson, Rolle, interprétées par Melle. Deseck).
VII.
DIVERS.
Grand concours de composition musicale (Prix de
Rome): Résultat du concours de 1921:
1er prix: M. Fernand Quinet.
1er second prix: M. /. Leroy.
2e prix: M. Absil.
Mention honorable: M. Gode froid Devreese.
Le sujet de la cantate était LaGuerre, poème de M. Valère Gille.
Théâtre de la Monnaie, à Bruxelles. — Le théâtre de la Mon-
naie a donné, en automne 1921, une intéressante reprise ,en
français, de la Serva Padrona de Pergolesi. Le 12 décembre 1921
a eu lieu, sur cette scène, la première représentation, en Belgique,
du Boris Godounow de Moussorgsky.
Concerts populaires. — La vieille institution des „Concerts
populaires", fondée par Adolphe Samuel, a pris l'initiative de
donner, pour la première fois, en Belgique, deux oeuvres d'or-
chestre d'Igor Stravinsky, L'Oiseau de Feu et Petrouchka: accu-
eillies avec un vif succès, elle furent reprises dans des concerts
ultérieurs, à la demande d'une partie du public.
L'Esthétique nouvelle. — Cette société ,qui organise des
expositions d'art contemporain et des concerts de musique up to
date, n'est autre que la continuation, sous un nom un peu diffé-
rent, de la Libre Esthétique^ fondée par Octave Maus, et dont l'ac-
tivité, si fructueuse pour le développement artistique du public
belge, avait été interrompue par la guerre. Des trois auditions
qu'elle a données en Mai 1 92 1 , la dernière était accompagnée d'une
conférence de M. H. Prunières sur „L'évolution de la musique
en France depuis Berlioz".
Ch. van den Borren.
III. DANEMARK.
Der Fremdling, der zum ersten Male eine dänische Land-
schaft s*3ht, gewinnt einen Eindruck von kultivierter Natur,
Harmonie und stiller Schönheit. Keine grosse Berge, keine
reissende Ströme. Die Konturen des Landes buchten sich —
wie es in einem der dänischen Volkslieder heisst — in Hügel-Tal.
Einen ähnlichen Eindruck würde zweifellos die musikalische
Landschaft auf einen fremden Zuhörer machen, der das Jahr
hindurch ihren Linien folgen könnte. Eine eigene Kultur, eine
nicht geringe Tradition prägt das Musikleben in Kopenhagen
und das dänische Publikum, dem es gleich schwer fällt sich
fanatisch zu begeistern und sich zu empören. Der Grund dazu
ist unter anderem der, dass der Anlass zu grosser Begeisterung
oder Reservation selten ist. Das Musikleben in Dänemark wird
nicht von der Sensation grosser Ereignisse geprägt; vieles
geschieht, was Bedeutung haben kann für uns, seltener für die
Weltentwicklung; viele grosse Künstler kommen zu uns, selten
die allergrössten.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Musikstädten ist das
Musikleben in Kopenhagen von Dezentralisation geprägt.
Anderswo, z. B. in Berlin, in Stockholm, in Wien, gruppiert
sich das Musikleben um einen festen Mittelpunkt: die grossen
Sinfoniekonzerte mit Auftreten bedeutender Solisten, mit ihren
populären Konzerten, mit ihrem reichhaltigen Repertoire, und
alles dies durch reichlichen Staatszuschuss oder — besonders —
durch Zuschuss von der Stadt selbst gestützt. Dies ist in Kopen-
hagen nicht der Fall; wir haben mehrere verschiedene Musik-
vereine, jeder mit seinem besonderen Ziel; jeder für sich können
sie ausgezeichnete Factoren sein, es fehlt uns aber die sam-
melnde Einheit. Wir empfinden diesen Mangel selbst, und je
stärker, desto mehr reden und sprechen wir von der erwünschten
Lösung der Frage; aber ein Resultat dieser Überlegungen
ist leider keine Frucht des alten Jahres geworden.
DANEMARK. 23
Der älteste, vornehmste und am meisten traditionsgebundene
unserer Musikgesellschaften ist Musikforeningen, der von Niels
W. Gade gestiftet und in seinem Geiste geschaffen wurde.
Seit der Zeit des Meisters haben wechselnde Winde den alten
Verein umweht ; Mitwind war nicht alles zu nennen. Doch kann
er wie Paris in sein Schild die alte Devise „Fluctuât nee mer-
gitur" setzen; und als Carl Nielsen vor einigen Jahren sein
Leiter wurde, schien er einer helleren Zukunft entgegenzu-
gleiten. Carl Nielsen brachte der Stellung einen Factor von
Wert mit, nähmlich seinen Namen. Der einzige unter den heu-
tigen, dänischen Musiknamen, der verschiedentlich im Auslande
bedeutende Aufmerksamkeit erweckt hat. Als Dirigent hat
Carl Nielsen die gute Eigenschaft, dass er einem Werk, das ihn
wirklich interessiert, einen Wiederschein seiner eigentümlichen
Persönlichkeit verleiht. Ein anderes ist, das die Werke, die
sein Interesse erwecken, nicht auf jedem Gebiete der Musik-
literatur zu finden sind. Im verlaufenem Jahr kam dazu, dass
Carl Nielsen einen Zeitlang einem Ruf von unserem Nachbar-
lande Schweden folgte, so dass „Musikforeningen" einen etwas
unsicheren Kurs steuerte, bis er wieder den Ruder ergriff.
Während der Abwesenheit Carl Nielsens dirigierte Herr Emil
Robert-Hansen ein älterer begabter Musiker, der sowohl als
Komponist wie besonders als Primo-Cellist im Gewandhaus
unter Nikisch seine Tüchtigheit bewiesen hat. Er war ein guter
Dirigent, wenn gleich kein feuriger Führer.
„Musikforeningens" Repertoire fusst hauptsächlich auf dem
Klassizismus mit besonderer Rücksichtnahme auf Chorauf-
führungen. Der Chor war seinerzeit Gades Hauptinteresse,
und den Traditionen getreu wird seine Bedeutung noch immer
aufrecht erhalten. Im verlaufenen Jahr hat „Musikforeningen"
unter anderm Werke von Schumann, Liszt und Gade (2te Sin-
fonie, E-Dur) aufgeführt, ferner Bachs „Magnificat" und klei-
nere Sachen von Rameau und Purcell. Unter dänischen Arbei-
ten, die zu diesen heiligen Hallen Zutritt fanden, war vor allem
Asger Hameriks „Requiem" ein bedeutendes Werk, gross in
der Linie und von einem reifen Künstler geformt. Sonst wurde
eine Sinfonie von Victor Bendix aufgeführt samt ein neues
Chorwerk von Rudolph Bergh „Geister der Windstille" zu dem
24 DANEMARK.
Texte der deutschen Dichterin Isolde Kurz. Eine etwas bleiche
und blutarme, aber technisch tüchtige Arbeit.
Die neue dänische Musik kommt zur Aufführung in Dansk
Koncertforening dessen einziger Zweck das Herausbringen
nationaler Arbeiten ist. Ein besonders schlemmerhaftes Leben
führt dieser Verein nicht, von Zeit zur Zeit kommen jedoch
Sachen von Interesse heraus. Diese Konzerte werden von dem
jungen Komponisten Peder Gram geleitet. Das erste Konzert
im verflossenen Jahr hatte mehr wie gewöhnliches Interesse
dadurch, dass ein neues und wirklich bedeutendes dänisches
Werk über die Taufe gehalten wurde. Es war dies eine neue
Sinfonie des sehr begabten und feinen Komponisten Louis Glass.
Er ist gleichaltrig mit Carl Nielsen und neben diesem der be-
deutendste Sinfoniker Dänemarks. Er ist indessen gewisser-
massen von seinem nahen „expansiven" Kollegen in den Schat-
ten gestellt worden, und er ist eigentlich erst mit der letzten
Sinfonie aus dem Schatten ins Licht getreten. Glass, der eine
etwas speculative und philosophierende Natur ist, nennt seine
Sinfonie „Svastika" — das Lebensrad, wie es sich in den Zeiten
der Ewigkeit formt, und wie es seinen Gang in den Stunden des
Tages geht. Der erste Satz hat den Untertitel „der Tag", der
zweite ist der „Abend", der dritte „die Schatten" der Nacht und
der vierte „das Morgengrauen". Von diesen waren der Jag und
die Schatten die besten, zwei scharfe Kontraste in Inspiration
und Ausformung. Die thematische Entwicklung und die feste,
mit elastischer Energie durchgearbeitete Form im ersten Satz
war meisterliche Arbeit; zweiter Satz war die absolute Ruhe,
der Stillstand, worin nichts geschieht, wo aber die Stimmen
der Natur vernehmbar sind ; im dritten Satz gingen die Schatten
der Leidenschaft wie Phantome durch die Nacht (gut instrumen-
tiert und phantastisch in der Thematik); das Morgengrauen
war am wenigsten bedeutend, obgleich dieser Satz zweifellos
dem Herzen des Komponisten am nächsten steht. Der ver-
klärte Frieden, der in dem Glauben auf Heil ruht, war schön
empfunden aber zu weit ausgesponnen, und hie und da fühlte
man sich aus den ätherschen Höhen auf die Erde versetzt, und
zwar auf eine bestimmte Stelle der Erde, Nürnberg, wo Hans
Sachs in seinem stillen Stüblein wohnt.
Von anderen neuen dänischen Werken, die „Dansk Koncert-
DANEMARK. 25
forening" im verlaufenem Jahr brachte, ist zu nennen ein „Sin-
fonisches Festspiel" von dem jungen früh — gewissermassen viel
zu früh — entwickelten Komponisten Rud Langgaard. Er be-
herrscht die technische Apparat, aber gewöhnlich versagt
seine formelle Fähigkeit, und die Ideen, die schnell auf-
tauchen, verlieren sich oft in naive Selb Verständlichkeiten.
Wiederaufgeführte ältere Werke waren eine Sinfonie (E-Dur)
von dem technisch glatten und musikalisch natürlichen Kom-
ponisten Ludolf Nielsen) und in „Dansk Koncertforening"
wurde mehr denn sonstwo der Komponist Victor Bendix anläss-
lich seines siebzigjährigen Geburtstages gefeiert. Victor Bendix
ist einer der kundigsten und produktivsten Musiker Dänemarks ;
etliche Sinfonien, zahlreiche Lieder und einige Kammermusik-
arbeiten zeugen von seiner reichen, von der deutschen Roman-
tik inspirierten Naturell. Bendix ist zudem ein trefflicher Pianist,
ein gesuchter Pädagoge und eine ausgeprägte Dirigentenbe-
gabung; in letzter Eigenschaft wirkte er seinerzeit in „Dansk
Koncertforening' ' .
Weder „Musikforeningen" noch „Dansk Koncertforening"
besitzt ein selbstständiges Orchester. Ein festes, von Staat und
Kommune unterstütztes Orchester gibt es in Kopenhagen
nicht. Diese ist die sehr verwundbare Achillesferse des Kopen-
hagener Musiklebens. Es gibt hier ein, numerisch geringes,
Orchester, das im Sommer in dem gross angelegten Etablisse-
ment „Tivoli" spielt und des Winters einige populäre Sonntag-
Nachmittagskonzerte veranstaltet. Dies ist das Orchester —
in welchem allerdings manch ausgezeichneter Musiker sitzt —
das in erweiterter Gestalt bei den Sinfoniekonzerten des Winters
auftritt. Unser bestes, unser wirklich gutes Orchester, die
königliche Kapelle, gibt leider nur nur wenige Konzerte im
Verlaufe des Winters. Sie werden von dem Theaterkapellmeister
Georg Höeberg geleitet, einem energischen und sicheren Diri-
genten, dessen eigenlichstes Feld die Oper ist. Schuberts 7te
Sinfonie, Brahms Vierte und Rimsky-Korsakows farbenreiche
Antar-Sinfonie waren die sinfonischenHaupteckpf eiler des Jahres
mitsamt Sibelius Tondichtung „Die Töchter des Ozeans", die zum
ersten Mal gehört wurde. Solisten waren dieSängerin Sigrid Hoff-
mann-Onegin, die strahlende Violinbegabung Adolf Busch und
unsere dänische feine und kultivierte Pianistin/oA#7m<? Stockmarr.
26 DANEMARK.
Zu diesen Musikgesellschaften schliesst sich Cäcilia-Fore-
ningen, die ursprünglich lediglich alte Kirchenmusik auffürte,
deren Rahmen aber in letzter Zeit etwas " erweitert wurden.
Dieser Verein, der von dem tüchtigen Organisten Rung-Keller
geleitet wird, verfügt über einen grossen und vorzüglichen
Chor. Hier wurden aufgeführt u. a. Mozarts „Ave verum",
Buxtehudes „Abendmusik" und ein Auszug von Glucks „Iphi-
genia auf Tauris" worin die Partie Iphigenias mit erhabenem
Stü und schönem Stimmenglanz von unserer mit Recht ge-
priesenen Sängerin Birgit Engell gesungen wurde.
Den hiergenannten Vereinen gemein ist — wie es schon aus
dem oben gesagten hervorgehen dürfte — ein kultivirter Konser-
vatismus. Eine Heimstätte für die neuere — und neueste —
Musik wurde immer stärker vermisst, und ein Kreis interessierter
Musikfreunde bildete dann vor einigen Jahren eine Dansk
filharmonisk Selskab mit dem jungen in Deutschland erzogenen
Komponisten Paul v. Klenau als Dirigent. Im Verlaufe dieser
wenigen Jahren, in denen die Gesellschaft bestanden hat, sind
zahlreiche Werke ungleicher Wert aufgeführt worden, aber
doch verschiedenes von grossem Interesse. In diesem Jahr hat
der Verein u. a. Schillings „Glockenlieder" aufgeführt (gesungen
von Paul Schmedes), Florent Schmitts „La tragédie de Salomé",
Debussys „Printemps", Ravels „Rhapsodie espagnol", Respighis
„Fontane di Roma" und endlich drei Werke — „Pelléas und
Mélisande", „Verklärte Nacht" und „Pierrot lunaire" — von
Arnold Schönberg, für welchen Klenau augenscheinlich mit
besonderer Liebe ins Feuer geht.
Diesen Institutionen knüpfen sich gewissermassen an die
populären Konzerte „Tivolis" im Sommer und die „Palä-
Konzerte" im Winter, sämtlich von Frederik Schnedler-Petersen
geleitet. Diese Konzerte arbeiten unter bescheidenen Verhält-
nissen, bringen jedoch — besonders im Sommer — einen ganzen
Teü Neuigkeiten; in diesem Jahr beispielsweise Sibelius neue,
herrliche Sinfonie in Es-Dur, die auf dem Musikfest in Finland
im verflossenen Jahr aufgeführt wurde.
Dänemark nahm mit grossem Ruhm an dieses Musikfest,
in Helsingfors, teil und war mit Hauptwerken von Louis Glass
(Sinfonia svastika), Carl Nielsen (Hymnus amoris), Victor
Bendix (Klavierkonzert, vom Komponisten gespielt) eine
DANEMARK. 27
Orchesterphantasie „Avalon" von Peder Gram samt Liedern
von Tofft und Schierbeck repräsentiert. Unter dan Ausübenden
waren die treffliche Pianistin Johanne Stockmaarr und der
Sänger Anders Brems. Übrigens erweckte bei dieser Gelegenheit
das Breuning-Bache Quartett bedeutende Aufmerksamkeit durch
sein hervorragendes Spiel.
Die Kammermusik ist überhaupt das Gebiet, wo die dänische
Musik zur Zeit ihre schönsten Blumen setzt; neben dem Breu-
ning-Bache Quartett verdient das Agnes Adler Trio genannt
zu werden. Diese beiden Ensemblen haben im Verlaufe des
Jahres Konzerte gegeben, die uns die grössten musikalischen
Freuden geschenkt haben.
Endlich sind letzhin einige neue, halb private Musikgesell-
schaften entstanden, jede mit ihren besonderen Zielen, so „Ny
Musik", die Kammermusik und Liederwerke der neusten
Schulen aufführt.
So sieht, in kurzen Zügen, die Rahmen um das Kopenhagener
Musikleben aus. Hirzu kommt ferner das grosse Kontingent
ausländischer Künstler, die uns besucht haben. Auf diesem
Gebiete aber unterscheidet sich Kopenhagen kaum wesentlich
von den übrigen Hauptstätten Nordeuropas, und es wird genügen
einzelne Namen zu nennen um die Ganzheit anzudeuten. Es
kamen so zu uns Pianisten wie Eisenberger, Schnabel, Borwick,
d'Albert, Sängerinnen wie Sigrid Hofmann-Onegin, Terese
Schnabel, Frieda Hempel (in Tivoü), die finnische Signe Lilje-
quist, Violinisten wie Vecsey, Hubermann, Busch, Spiwakowsky,
die reizende Cellistin Judith Bokor, das Schörg Quartett und
der Berliner Domchor. Von allen am meisten gefeiert ward der
berühmteste Baryton Italiens, Battistini. Seine Sängerfahrt
nach Norden hat wie eine Mission im Dienste der Gesangskunst
gewirkt, wie eine Botschaft von hier vernachlässigten Schön-
heitsidealen.
Die dänische Oper haust im königlischn Teater, wo sie aber
als Mitbewohner das Schauspiel hat. Infolgedessen ist ihre
Tätigkeit beschränkt ,und ihr Aktionsradius kleiner als man
es nach Kopenhagens Grösse vermuten sollte. Seit etlichen
Jahren ist von einer Erweiterung des Teaters die Rede gewesen,
so dass jede Kunstart ihre eigene Bühne bekäme; noch ist jedoch
kein Resultat erreicht worden, wir hoffen aber, dass das neue
28 DANEMARK.
Jahr in dieser Beziehung Früchte tragen möchte. Die Oper
verfügt über mehrere gute Künstler, ein ausgezeichnetes Orche-
ster und einen szenischen Geschmack, der oft schöne Resultate
erzielt hat. Das Repertoire umfasst den üblichen Opernliteratur,
und hat seinen quantitativen Schwerpunkt in den Werken
Wagners und Puccinis. Das Ereignis des Jahres war übrigens
die Erstaufführung einer neuen dänischen Oper „Kaddara"
von Hakon Börresen. Sie spielt unter den Eskimos in Grönland
und behandelt die Ausfahrt eines jungen Fischers („Fangst-
mand") nach wilden und fremden Gegenden, wo er einen
Winter hindurch von der schönen Tochter einer Zauberin fest-
gehalten wird; alles schlieest aber mit Heimkehr und Freude
des Wiedersehens unter den ersten Strahlen der Frühlingssonne.
Börresen, der längst als frischer und natürlicher, und technisch
sehr tüchtiger Musiker gekannt war, hatte hierzu eine Musik
geschrieben, die mit festlichen Farben die pittoresken Scenen-
bilder wiederspiegelt. Nicht zu mindesten die Orchestration war
brillant; man merkte hier den Schüler Johan Svendsens und
den Bewunderer Richard Strauss'.
Wie ober gesagt steht die dänische Musik jetzt beim Jahres-
wechsel jedenfalls mit der Hoffnung von erweiterten Rahmen
für sein Gedeihen. Das neue, das kommen mag, wird den Vorteil
haben, auf alte Kultur bauen zu können.
Gunnar Hauch.
IV. FRANCE.
Malgré les difficultés de toute sorte qui ralentissent encore
aujourd'hui l'activité intellectuelle, l'année qui vient de s'écou-
ler n'a pas été inféconde, dans le domaine de la musicologie.
Cours, conférences données à Paris, en province ou à l'étranger,
ont montré que cette branche d'études, qui avait su conquérir,
avant la guerre, une importance relativement considérable, n'était
pas tout à fait négligée. Admise comme matière de doctorat-ès-
lettres depuis bientôt trente ans, la musicologie est enseignée par
notre collègue Pirro, à la Sorbonne: M. Pirro a fait, en 1921-1922
un cours public sur la Musique à Venise au XVIIe siècle, suite du
cours de l'année précédente, sur la Musique à Venise au temps
d'Andréa Gabrieli. Un second cours, cours „réservé", était con-
sacré, l'an dernier, à l'interprétation de la notation musicale (XVe
et XVIe siècles), aux formes musicales et à la bibliographie. Cette
année, M. Pirro continue l'étude du même sujet. Consacrant cet
enseignement qui, — il faut bien le dire, — était surtout suivi
jusqu'ici par des étrangers, — le nouveau programme de la licence
a admis un certificat d'histoire de la musique, avec épreuves
écrites orales, au nombre des différents certificats exigés pour la
licence ès-lettres.
A la Sorbonne encore, sous la présidence d'honneur de M.
Gabriel Fauré et la présidence du recteur Paul Appell, s'est fondé,
en 1920, un Cercle musical universitaire. La première année, du 21
décembre au 1 0 mai 1 92 1 , neuf conférences furent données par M. M.
Gastoué, (les Primitifs français XIVe et XVesiècles) ; Jeanroy
(la musique des troubadours et des trouvères) ; Borrel (la musique
vocale de la Renaissance) ; Tiersot (la chanson populaire fran-
çaise) ; Prunières (les origines de la musique dramatique : Lulli) ;
de La Laurencie (les violonistes français au XVIIe siècle) ; A.
Pirro (les clavecinistes aux XVIe et XVIIe siècles) ; L. Laloy
(Rameau) ; G. de Saint-Foix (la musique symphonique au XVIIIe
siècle).
30 FRANCE.
La saison actuelle, inaugurée le 22 novembre par une conférence
de M. Paul Landormy, sur le théâtre musical en france au XVIIIe
siècle : Gluck et l' opéra-comique, comprend treize autres conféren-
ces, de MM. J. Tiersot, sur la musique pendant la Révolution ; Ad.
Boschot, sur Berlioz ; Henri Büsser, sur l'Opéra, d'Auber à Meyer-
beer ; Camille Bellaigue, sur Gounod; F. Kraemer-Raine (de
Bizet à Saint-Saëns) ; H. Lichtenberger (l'influence de Wagner
en France) ; Charles Guignebert (les mélodistes modernes : Duparc,
Castillon, Chausson, Faurê) ; Vincent d'Indy, sur César Franck ;
P. Landormy, sur Debussy ; Roland Manuel, sur Gabriel Fauré,
Maurice Ravel, Florent Schmitt et Albert Roussel ; A. Pirro, sur les
musiciens étrangers en France au XIXe siècle ; et H. Prunières,
sur le mouvement musical contemporain.
Toutes ces conférences sont accompagnées d'auditions, sous la
direction de MM. Wladimir Golschmann et Francis Waël-Munk;
l'orchestre est composé en grande partie d'étudiants.
Hors Paris, il n'y a guère qu'à l'Université, redevenue fran-
çaise, de Strasbourg, que l'on s'intéresse à la musicologie: M.
le professeur Théodore Gerold a fait, en 1920-21 et dans le
semestre d'hiver 1921-22, des cours sur: la chanson française
au XVe et au XVIe siècles ; l'Opéra italien au XVIIe siècle ; les
opéras de Mozart ; les rapports entre la musique française et la
poésie contemporaine ; les formes de la musique de danse ; la chan-
son populaire française ; l'histoire de la notation dans la musique
occidentale. En outre, à la Faculté de théologie protestante. M.
Gerold a traité, l'an dernier, des mélodies protestantes du XVIIIe ,
siècle, et, cet hiver, des mélodies des chorals luthériens et des psau-
mes réformés au XVIe siècle.
A l'étranger, en une série de conférences organisée par l'In-
stitut français en Espagne, M. H. Prunières a fait six conférences
(6-19 avril) sur: la musique dans la vie de société au XVIIe
siècle ; les origines de l'opéra français ; Lully ; de Lully à Rameau ;
l'opéra-comique au XVIIIe siècle ; la mise en scène dans l'opéra
au XVIIe siècle. Les cinq premières conférences eurent lieu avec
le concours de Mlle Bonnard, cantatrice, la dernière, avec pro-
jections.
M. Prunières répéta plusieurs de ces conférences en Portugal,
à l'Institut français de Lisbonne et à l'Université de Coïmbra.
En Hollande, il a parlé de Lully, de la musique dans la vie de
FRANCE. 31
société au XVIIe siècle, et surtout, de l'Ecole contemporaine fran-
çaise. A Bruxelles; à l'Institut des Hautes-Etudes, il a étudié les
Origines du style monodique en France, avec auditions de monodies
de Thibault de Courville et de ses contemporains et collaborateurs
de l'Académie de Charles IX.
A l'École nationale de musique d'Orléans, à laquelle la direction
de M. Mariotte donne une vie nouvelle, MM. Vincent d'Indy,
Landormy, Prod'homme font également des conférences avec
auditions sur la musique à différentes époques. A Rouen, au mois
de mars, ce dernier traite de la flûte aux XVIIe et XVIIIe siècles,
avec audition d'œuvres de Blavet, Couperin, Naudot, par M.
Louis Fleury. Celui-ci, avec la Société moderne d'instruments à
vent et la Société des concerts d'autrefois, donne à Wiesbaden
(juillet), deux séances dans lesquelles figurent des œuvres ancien-
nes françaises ou allemandes. De même, la Société des instruments
anciens, de M. Henri Casadesus, fait entendre des compositions de
Lully. Mouret et autres vieux maîtres français ou italiens
*
Un Congrès international d'histoire de l'art s'est tenu à Paris,
au mois de septembre dernier: la quatrième section de ce Congrès
avait pour objet la musique; présidé par le Dr. Nef, de Bâle, ses
vice-présidents étaient MM. Pirro, Gastoué, Prunières, Burling-
ham Hill, Viana da Motta, Boghen, Scheurleer. Les communica-
tions eurent lieu à la Sorbonne ; celles de M. Prunières sur Loren-
zani, de Mme Wanda Landowska sur Bach et les clavicinistes fran-
çais, et de M. Louis Fleury sur le flûtiste Christophe Naudot, furent
particulièrement appréciées. Pour la clôture, un concert fut donné
dans la galerie des glaces du palais de Versailles (3 octobre).
Deux mois auparavant (du 27 au 31 juillet), s'était tenu, à
Strasbourg, un congrès de Musique sacrée, dont le compte-rendu
a été donné dans la Caecilia (juin-septembre).
La littérature musicale offre, pour l'année écoulée, un certain
nombre de titres nouveaux. A la librairie Delagrave, se poursuit
la publication, commencée il y a près de vingt ans, par feu Albert
Lavignac, de l'Encyclopédie de la Musique et Dictionnaire du Con-
servatoire, continuée aujourd'hui par M. Lionel de La Laurencie.
32 FRANCE.
\
Le quatrième volume de cette vaste synthèse des sciences musica-
les est consacré en grande partie, par MM. Mit j ana et Henri Colet,
à la musique espagnole, et se termine par un chapitre sur le Por-
tugal, par M. Michel'angelo Lambertini.
Le même éditeur publie, de M. G. Bonnet, Philidor et l'évolu-
tion musicale française au XVIIIe siècle, et le premier volume de
l'important ouvrage de M. le La Laurencie, l'Ecole de violon, de
Lully à Viotti (ce premier volume s'arrête à Mondonville).
Chez Alcan, M. René Brancour, conservateur du musée instru-
mental du Conservatoire, publie une Histoire des instruments de
musique ; MM. Lucien Bourgeois et Alexandre Denéréaz, la Mu-
sique et la vie intérieure ; M. Jean d'Udine, Qu'est-ce- que la danse?
(ces trois volumes sont illustrés de nombreuses planches) ; et M.
de La Laurencie, dans la collection des „Maîtres de la musique",
les Créateurs de l'Opéra français (des origines à Lully).
Chez Rouart, Mme J. Arger étudie, dans les agréments et le
rythme, un problème de musique ancienne souvent discuté; et le
regretté Gaston Carraud, la vie, l'œuvre et la mort d'Albéric M aag-
nard.
L'éditeur Dorbon réimprime quelques articles et feuilletons de
Cl. Debussy, sous le titre: Monsieur Croche anti-dilettante.
Mme Landowska donne, chez Sénart, la quatrième édition de
Musique ancienne.
Dans Nietzsche, sa vie et sa pensée (tome II), M. Ch. Andler rap-
pelle l'amitié du philosphe pour Wagner et retrace, jusqu'à la
rupture qui survint en 1876, „un des grands romans d'amour
platonique du XIXe siècle, un roman silencieux et douloureux,
qui resta inconnu presque jusqu'à nos jours." (Bossard, éditeur).
M. Camille Bellaigue, dans Souvenirs de musique et de musiciens
(Nouvelle librairie nationale), livre au public, dans une élégante
plaquette, quelques souvenirs de sa vie d'artiste et de critique.
M. René Pinchart du Page donne, chez Fischbacher, la biogra-
phie d'Une musicienne versaillaise : Augusta Holmes.
Mile P. Long des Clavières étudie la Jeunesse de Grétry et ses
débuts à Paris, sujet de sa thèse soutenue l'année dernière, à
Genève (cet ouvrage a été publié à Besançon).
De M. Th. Gerold, deux thèses également: la première sur l'art
du chant en France au XVIIe siècle ; la seconde sur le manuscrit de
Bay eux (chansons françaises du XVe siècle).
FRANCE. 33
A Luxembourg (imprimerie Belfort), M. Tresch publie l'Evo-
lution de la chanson savante et populaire française.
A Blois, M. Jules Brosset publie la biographie de /. B. Isouard
facteur de grandes orgues au XVIIIe siècle {1762-1800) (chez
l'auteur).
Dans une brochure parue chez Champion, M. Aug. Rondel
donne Quelques renseignements sur la construction de l'Opéra de
Marseille (inauguré le 13 octobre 1787).
M. Amédée Gastoué consacre une brochure (publiée par la
Schola) à un sujet peu connu encore: l'orgue en France, de l'anti-
quité au début de la période classique.
* *
*
La Revue musicale, fondée à la fin de 1920 par M. H. Prunières,
est venue offrir aux musicographes et aux musicologues une hos-
pitalité qui leur est trop rarement dispensée par les périodiques
littéraires. Tout en s'occupant du mouvement contemporain,
qu'elle suit dans tous les pays, cette revue fait une large place aux
travaux historiques. Nous citerons parmi les plus développés ceux
de M. Pirro sur Gouperin (dans les numéros 1 et 4) ; de M. Maurice
Barrés, sur Stendhal et la musique ; de M. J. -G. Prod'homme sur
Les débuts de Beethoven à Paris ; de M. Radiciotti sur Un opéra
fantastique de Rossini {Armide) ; de Mlle M. L. Pereyra sur „La
Tempête" d'après Shakespeare et la musique de Pelham Humphrey ;
de M. Marc Pincherle, sur La condition des violonistes au XVIIIe
siècle ; de M. H. Prunières sur Une chanson de Molière ; de M. G.
Servières sur Le Théâtre-lyrique à Paris, de i8yo à iç20 ; de M.
van den Borren, sur La musique de clavier au XVIIe siècle ; des
Notes sur la mise en scène au XVIIe siècle, par M. A. M. D. Tessier
(d'après la mémoire de Laurent Mahelot et Michel Laurent, déco-
rateurs à l'hôtel de Bourgogne et à la cour de France) ; Une sonate
inconnue de Mozart, par M. de Saint-Foix : cette sonate à quatre
mains, qui fut peut-être le premier duo des jeunes enfants de
Leopold Mozart, est en ut majeur; elle fut publiée à Paris, vers
1790, par l'éditeur De Roullède. Aucun catalogue ne l'avait encore
signalée.
Dans Les premiers balbutiements de la musique française, M.
Amédée Gastoué cite les plus anciens documents découverts par
lui, de la chanson française (XIe sicèle), d'après des manuscrits
3
34 FRANCE.
encore incomplètement étudiés. M. Maurice Boucher consacre
quelques pages au Faust de Berlioz, et M. V. du Bled parle agréai
blement du Salon de Rossini. M. A. Cœuroy écrit Sur la sensibilité
et l'intelligence beethovéniennes, et sur l'Harmonie romantique
d'après un ouvrage allemand récent, Romantische Harmonie und
ihre Krise in Wagner's „Tristan" , de Ernst Kurth, maître de
conférences d'histoire de la musique „l'Université de Berne." M.
André Suarez expose des Vues sur Beethoven ; M. H. Prunières
étudie les rapports de La Fontaine et de Lully, et réimprime des
chroniques de Stendhal sur l'Opéra italien de Paris, en 1826,
retouvées dans le, Journal de Paris, sous le titre: Notes d'un
dilettante. Le dernier numéro publie de M. Alberto Cametto,
Arcangelo Corelli à Saint-Louis-des-Français à Rome ; de M. A.
Cœuroy, Flaubert musicien, et de M. Maurice Boucher, L'esthéti-
que de César Franck. Parmi les „documents" publiés, citons: l'acte
de décès de Sammartini (mort à Milan le 15 janvier 1775, à l'âge
desoixante-quatorzeans), parM.G. deSaint-Foix ;Les instruments de
musique du temps de Beethoven, par M. J.-G. Prod'homme; une
Lettre inédite de Gounod, concernant Edouard Lalo (17 octobre
1872), commentée par M. G. Servières.
Le numéro de mars 1921 du Bulletin de la Société de musicolo-
gie est consacré en partie à la famille de Rameau. M. Prod'homme
y publie un procès-verbal de „prise de possession de l'Opéra de
Thuret et Royer à la place de Rebel et Francœur" (13 décembre
1753) dans lequel figure pour ses „excentricités" le célèbre neveu
Jean-François. M. de La Laurencie esquisse la biographie d'un
„second neveu de Rameau", prénommé Lazare, qui fut organiste
à Dijon; et M. J. Tiersot rappelle le souvenir du frère même de
Rameau, Claude, père des deux précédents; homme d'humeur
joviale, indépendant et frondeur, dont le Conservatoire de Paris
possède un ouvrage intitulé : „le Buveur devenu amoureux, canta-
tille par M. Rameau, vigneron à Dijon, dédié à M. Rameau, opé-
rateur à Paris". Dans le même numéro, M. Ch. Bouvet étudie les
parties musicales du „Vitruve" d'Auguste Choisy (1909 — 1910).
Dans le fascicule de juillet, M. de Saint-Foix étudie Mozart
disciple de Bach et de Hœndel (à partir de 1782) ; M. Bouvet publie
une lettre inédite de Mozart (avec facsimile) adressée à l'éditeur
parisien Sieber. M. de La Laurencie donne communication d'Une
convention commerciale entre Lully, Quinault et Ballard, de 1680,
FRANCE. 35
relative à l'édition par ce dernier du ballet du Triomphe de l'Amour,
et M. Léon Vallas, de Lyon, apporte quelques documents nou-
veaux sur Une famille de violonistes lyonnais, les Leclair (Antonin
et ses enfants: Jean-Marie, qui fut l'illustre violoniste français;
Jeanne, Jean-Marie II, François, Pierre et Jean-Benoit).
Dans le dernier numéro paru (décembre 1921), M. Gastoué
publie de Nouvelles conclusions sur le diapason et la transposition
dans la musique antique (suivies d'observations de M.. Th. Rei-
nach) ; M. Ch. van den Borren, une Note sur Bernardo Pasquini
et ses œuvres; M. Tiersot des Autographes de Gossec, de 1789 à
1793; et M. de Curzon, des pièces d'archives relatives à L'Opéra
en 1843 (sous la direction de Léon Pillet).
Le Monde musical a donné, en juin, une importante étude his-
torique et critique sur les Troyens de Berlioz, par M. G. Allix;
et un historique du Grand orgue de l'église Saint-Louis des Invali-
des, par M. Raugel; en août, une importante étude de M. Borris
de Markévitch sur Rimsky-Korsakoff (1844-18QQ).
Dans le Courrier musical, M. Antoine Banès, conservateur des
archives, bibliothèque et musée de l'Opéra de Paris, a publié un
article intitulé: A travers les archives de l'Opéra.
Dans Le Ménestrel (septembre 1921), M. Henri Maréchal a
donné des Lettres et souvenirs (1876).
La Tribune de Saint-Gervais a publié, sous la signature de M.
Raugel un compte-rendu du Congrès de musique sacrée de Stras-
bourg (numéros de juillet-octobre), et de M. A. Gastoué, une étude
sur Josquin des Prés. La même revue a publié (en avril) le rythme
des mélodies grégoriennes, de M. J. de Valois.
A New- York, the Musical Quarterly a traduit les études et
documents suivants, de musicographes français:
L'Amérique dans la musique française des XVIIe et XVIIIe
siècles par M. de La Laurencie; des Lettres inédites de Verdi à
Camille du Locle {i866-i8j6) ; Napoléon et la musique, par M.
Prod'homme; Stendhal et Rossini, par M. H. Prunières; Les musi-
ciens russes peints par eux-mêmes, par M. J. Tiersot.
* *
La bibliothèque de l'Institut de France, grâce à la libéralité de
M. B. Zaharoff, a été mise en possession de huit autographes de
36 FRANCE.
Mozart, qui étaient conserves par un collectionneur anglais. Cinq
de ces morceaux sont des marches, comme Mozart en plaçait au
début et parfois aussi à la fin de ses sérénades et divertimenti.
Aucun d'eux n'est inédit. Appartenant aux années 1775-1776,
ils correspondent aux numéros 101, 188, 214-215, 237, 239, 248
et 249 du catalogue de Köchel. Après avoir été en la possession de
Gustave André à New- York, ces manuscrits, de petit format, ont
fait partie d'une collection anglaise, qui a été vendue à Rome
en 1920.
Au théâtre, l'Opéra-comique, qui nous a rendu les principales
partitions de Mozart, a remis en scène Y Orphée de Gluck en repro-
duisant, — à peu près, — la version originale de 1762 combinée
avec la version parisienne de 1 774, et en faisant chanter, comme à
l'origine le rôle d'Orphée par un ténor, et non par un contralto,
tradition adoptée depuis la reprise du Théâtre-lyrique de Car-
valho, en 1862. On sait que ce fut Berlioz qui arrange alors, pour
Mme Viardot, la partition de Gluck.
De Berlioz lui-même, l'Opéra a repris les Troyens, qui n'avaient
jusqu'ici été joués que fragmentairement, à Paris, au théâtre de
Carvalho, en 1863 et sur la même scène (devenue théâtre Sarah-
Bernhardt), en 1892, pour la seconde partie (les Troyens à Car-
thage), et pour la première partie (la Prise de Troie), à l'Opéra
même, en 1899. Cette fois, les deux parties, allégées par de nom-
breuses et adroites coupures, ont pu être exécutées dans la
même soirée. Il a remis en scène l'Enlèvement au Sérail de
Mozart.
*
Il nous reste, pour terminer cette revue de l'année 1921, à
rappeler le souvenir des disparus.
Le 8 août, est mort, à Paris, Arthur Pougin. François-Auguste-
Arthur Paroisse, dit Pougin, qui écrivit aussi sous le pseudonyme
de Paul Dax, était né à Châteauroux, le 6 août 1834. Reçu au
Conservatoire de Paris, il avait étudié le violon avec Alard et
l'harmonie avec Reber. Puis, tout en exerçant le métier, peu lucra-
tif alors, de musicien (il fut chef d'orchestre du théâtre Beaumar-
chais en 1 855, premier violon des concerts Musard, second chef
d'orchestre des Folies nouvelles de 1856 à 1859, violon à l'Opéra-
FRANCE. 37
comique de 1860 à 1863), il commença à écrire dans les journaux
de musique. Dès 1 855, on le trouve parmi les collaborateurs de la
France musicale des frères Escudier, et ces dernières années
pendant la guerre, il donnait à la Rivista musicale italiana une
série d'études sur les anciens violonistes, dont la parution en
volume était annoncée récemment par l'éditeur Fischbacher.
Pendant ces soixante-cinq années, Arthur Pougin ne cessa
d'écrire, tour à tour critique et historien, soit dans la presse quo-
tidienne {le Soir, la Tribune, l'Evénement, le Journal officiel, etc.),
soit dans les journaux de musique: France musicale, Revue et
Gazette musicale, Art musical (fondé et dirigé par lui-même),
Revue de la musique (dirigée également par lui, en 1876 — 1877),
Chronique musicale, Ménestrel surtout.
A une époque où l'érudition musicale était peu cultivée en
France, Pougin publia en brochures un certain nombre d'études
qu'il avait d'abord données dans les journaux spéciaux; il fut le
premier sans doute à écrire des biographes un peu poussées de
Oampra (1861), Grasnick (1862), Dezèdes (1862), F loquet (1863),
Martini, Devienne (1864), qu'il réunit en un volume publié plus
tard sous le titre: Musiciens français du XVIIIe siècle. Il écrivit
ensuite une biographie de Meyerbeer ( 1 864) ; Halévy écrivain ( 1 865)
W. Wallace (1866); un Almanack de la musique (trois années,
1866 — 1868); De la situation des compositeurs de musique (1867);
Léon Kreutzer (1868), Bellini (1868), Grisar (1870), Rossini (1871),
Auber (1872) ; Mêhul (1873) ; Viotti (id.) ; Boieldieu (1875) ; Figures
d'opéra-comique (id.); Rameau (1876); La question de la liberté
des théâtres (1879) ; Les vrais créateurs de l'Opéra français : F err in
et Gambert (1880) ; Verdi (1881) ; Adolphe Adam : V Opéra-comique
pendant la Révolution (1891); Acteurs et Actrices d'autrefois;
Essai sur la musique en Russie (1896); Pierre de Jélyotte (1903),
Marie Malibran ; Massenet (1913) etc., etc.
Arthur Pougin compléta de deux volumes (en collaboration
notamment avec l'érudit Thoinan) la Biographie universelle des
Musiciens de Fétis (Paris, Didot, 1880); réédita et compléta le
Dictionnaire des Opéras de Félix Clément (Larousse, s. d.). Lui-
même publia, chez Didot, un Dictionnaire du théâtre, illustré, qui
contient quantité de faits, d'anecdotes, de textes intéressants
et curieux, malgré bien des lacunes (1882).
Comme critique, Arthur Pougin peut se ranger parmi les réac-
38 FRANCE.
tionnaires les plus invétérés ; toute tentative moderne se heurtait
chez lui à une mauvaise humeur, à une incompréhension quasi-
absolues. Il était depuis longtemps parmi nous comme un survi-
vant d'un autre âge, et qui, pour ainsi dire, n'aurait jamais été
d'aucun âge; impitoyablement hostile à toute beauté s'évadant
des sentiers battus de la routine, anti-berliozien, anti-wagnérien
impénitent, il ne combattit pas avec moins de vigueur Massenet à
ses débus, — et, il faut le supposer, avec une conviction aussi
sincère, car, sur ce dernier, il changea complètement d'avis plus
tard, lorsque le Ménestrel devint l'éditeur du maître de Manon ! —
A plus forte raison, le modernisme de Debussy et de ses contem-
porains fut-il jugé par lui comme subversif de l'art musical.
Comme historien, Pougin appartenait, sinon à l'école des histo-
riens romanciers, du moins à celle des écrivains qui se contentent
d'un documentation imprimée, purement livresque. Bien que
certains de ses derniers ouvrages fissent plus de place aux docu-
ments d'archives que les précédents, on sent qu'il n'usait qu'avec
répugnance des méthodes de l'érudition historique, ou plutôt
qu'il les ignorait. Son Histoire de V Opéra-comique pendant la révo-
lution, de 1799 à 1800, écrite sur les documents du temps, fait à
peine exception à ce procédé archaïque: il indique tout au
plus le fonds où il a puisé ses renseignements; presque
nulle part on ne trouve une référence indiquée. On se rendra comp-
te des lacunes de cette méthode périmée en comparant, par
exemple, les véritables créateurs de l'Opéra français de Pougin avec
les Origines de l'Opéra français, de Nuitter et Thoinan, ouvrage
d'un érudition si sûre et si méticuleuse au point de vue biogra-
phique, et d'un parfaite probité d'historien.
Néanmoins, il ne faudrait pas demander à ce fécond polygraphe
plus qu'il ne pouvait donner. Pougin a rendu au moins le service
d'avoir, après Fétis, attiré, l'un des premiers en France, l'atten-
tion d'une partie du grand public sur une région encore trop
dédaignée de l'histoire, celle de l'art musical et des musiciens.
Contemporain d'Arthur Pougin, Camille Saint-Saëns, né à Pa-
ris le 8 octobre 1835, mort à Alger le 16 décembre dernier, appar-
tient non seulement à la musique, mais encore à la musicologie et
à la critique musicale. Nous n'avons pas à parler ici du composi-
teur, — dont l'œuvre ne s'étend pas sur moins de quatre-vingts
FRANCE. 39
années! — mais seulement de l'écrivain musical. Camille Saint-
Saêns, esprit curieux et grand voyageur, avait fait d'intéressantes
observations musicales dans les pays qu'il avait parcourus, et sa
partition de Samson et Dalila, entre autres, exhale en mainte
page un parfum oriental des plus authentiques.
Nous avons signalé, l'an dernier, son mémoire sur les Lyres et
cithares antiques, réimprimé dans le bulletin de la Société de
musicologie de Paris. Cette étude avait été communiquée naguère
à l'Institut, de même qu'une Note sur les décors de théâtre dans
l'antiquité romaine.
Comme critique musical, il avait collaboré à l'Evénement, au
Voltaire, à l'Estafette, à la Nouvelle Revue, à la Revue de Paris.
Tout dernière encore, il donnait au Ménestrel un article sur Berlioz ;
et il publia ses souvenirs, ainsi qu'une série d'articles intitulée
Germanophilie, dans l'Echo de Paris (pendant la guerre). En outre,
il saisissait toutes les occasions qui lui étaient offertes d'adresser
aux journaux, musicaux ou autres, des lettres sur les sujets les
plus divers.
Un certain nombre des études et articles musicaux de Saint-
Saëns ont été recueillis parlui même, dans Harmonie et mélodie,
dans Charles Gounod et le Don Juan de Mozart, dans Portraits et
souvenirs, dans l'Ecole buissonnière. En 1917, il réunit en brochure
ses articles de l'Echo de Paris (Germanophilie), dirigés en grande
partie contre Wagner; et, il y a deux, ans, il publia une brochure
sur (c'est-à-dire contre) les idées de M. Vincent d'Indy et son
Traité de composition.
On trouvera le catalogue détaillé de l'œuvre littéraire de Saint-
Saëns, comme de son œuvre musical, dans Musiciens d'aujourd'hui
de O. Séré, dont une réédition vient de paraître au Mercure de
France.
J. G. Prod'homme.
V. HOLLANDE.
Si nous voulons donner un aperçu de ce qui se passe dans la
vie musicale de notre pays, il va sans dire que nous commençons
par l'orchestre si connu du „Concertgebouw".
Sous la direction de l'ingénieux chef d'orchestre Willem
Mengelberg, des séries de concerts sont données, qui non seule-
ment excellent dans les plus minitieux détails, mais qui répondent
en tout aux exigences contemporains, c'est a dire que non
seulement ils font entendre les grands maîtres dans leurs oeuvres
choisies, mais qu'ils s'appliquent avec le même dévouement
aux oeuvres nouvelles (comme à celles de Debussy, de Ravel,
de Schönberg etc.).
Ce sont deux séries de concerts que je veux mentionner en par-
ticulier, celle de 1920 „Un cycle historique" de 27 concerts, dans
lesquelles pour ainsi dire une histoire du développement de la
musique défilait devant nous.
Et celle à l'occasion de l'anniversaire des 25 années de la direc-
tion de Willem Mengelberg. On avait choisi pour cela l'exécu-
tion de toutes les oeuvres de Gustav Mahler en 9 concerts.
Le succès de ce „Mahler-feest", est assez connu à l'étranger
pour y passer maintenant en silence.
Des solistes célèbres se firent entendre dans la plupart des
concerts d'abonnés. Quelquesuns furent dirigés par des chefs
d'orchestre de l'étranger.
La „Madrigaal-vereeniging", constitué seulement de cinq
cantatrices et de quatre chanteurs, sous la direction de Sem
Dresden, n'existe encore que peu de temps, mais elle a gagné
bientôt une grande renommée, puisque le directeur possède des
quntôt une raordinaires en matière de cet art et que les
cantatrices et les chanteurs ont des voix excellentes. Pendant
ces deux années on a donné des exécutions en oeuvres anciennes
de: du Caurroy (Deliette, mignone etc.), Costeley (Las je n'iray
plus), le Jeune (La sortie des gendarmes), Jannequin (La ba-
HOLLANDE. 41
taille de Marignan), Monteverdi (A un giro sol), Cypr. de Rore
(Vergine pura); en oeuvres de compositeurs modernes de: R.
Bonheur, S. Dresden, Debussy, le Flem, P. Grainger, d'Indy,
J. Pillois et Ravel.
Toutes ces oeuvres exécutées formaient des premières; les
oeuvres en récapitulation étaient de : Gastoldi, Jannequin, Lassus,
Lemlin, Monteverde, Josq. des Prés, Tollius, Vecchi, Diepenbrock,
le Flem, Mozart, Ravel, Debussy, Verdi et Wagenaar. En outre
ce choeur, accompagné de son directeur, se fit entendre à Paris,
où l'on appréciait fortement les exécutions du choeur.
Le professeur Dr. Wirth donna trois concerts, formant un
aperçu de l'ancienne art musicale néerlandaise, depuis le com-
mencement du moyen-âge jusqu'à la fin du 16ième siècle. Des
chants solo et en choeur furent exécutés, tandis que les instru-
ments suivants les accompagnèrent : giteerne, mandora, salterie,
hakberd, stroovedel, handorgeltje, diskant- viola, tenor-knie-
viola, harp, orgel, alt-pommer, diskant-schalmei, luit, klavikord,
trompet-marijn, busine, sackebossen, rebebe, etc.
On exécuta hors de chansons populaires très anciennes des
oeuvres de: Dufay, Brumel, Joskin Despres, Jannequin, Wil-
laert, Jacob Buus, Orl. Lassus, Tielman Susato etc.
La société „J. S. Bach" à Arnhem donna dans l'été de 1920
une représentation de „De triomfeerende min" (1678), poème
de Diderik Buysero, musique de C. Hacquart (Hakkart), espèce
d'opéra et probablement le plus ancien ouvrage néerlandais
à ce regard. Monsieur P. A. v. Westrheene eut la direction et
c'est lui qui rendait la musique exécutable.
Le „Maatschappij tot bevordering der toonkunst" continuait
de faire donner, par ses sections dans les différentes grandes
villes, des exécutions très soignées et de propager l'enseigne-
ment musical par ses écoles de musique et son conservatoire.
Le „Nationale opera" donne des exécutions admirablement
soignées, mais les représentations des ouvrages de compositeurs
nationaux offrent toujours de grandes difficultés. Notre pays
est petit et puis, nos compositeurs ont a rivaliser avec un réper-
toire d'opéra universellement apprécié.
Le périodique „De vereenigde tijdschriften Caecilia en Het
muziekcollege" reste à son niveau respectable. Voici les princi-
paux articles qui y ont été publiés :
42 HOLLANDE.
Versieringen door M. A. Brandts Buys Jr.
J. L. P. L. Freubel door J. H. Garms Jr. (rapport de l'auto-
biographie de Freubel, d'après le manuscrit original).
Vlaamsche muziek door Jos de Klerk.
Het Javaansch schimmenspel door C. v. d. Wall.
De octaaf-centimeter van Dr. Karl Laker door J. H. Garms Jr.
De Triomfeerende min door P. A. van Westhreene.
De kortste weg naar den woord-toon door Cornelie van Zanten.
Het maatprobleem van het Wilhelmus door J. H. Garms Jr.
lets karakteriseerends uit Beethoven's brieven door Wilhel-
mine van Westhreene.
Een herziening der muzikale termen door C. van Wessem
(paru plus tard en forme de livre).
Libretto-studies door M. C. v. d. Rovaart.
Klokkenspel door P A. van Westhreene.
Het dertienlijnig stelsel door J. H. Garms Jr.
Palestrina's Missa Papae Marcelli door A. H. Amory.
The beggar's opera door G. v. Vladeracken.
Hans Sommer door Hugo Nolthenius.
De muziek in het oude Hellas door Jaap Kunst.
Het zeemanslied door J. H. Garms Jr.
Le 16 Dec. 1920 toute une livraison fut consacré à Beet-
hoven.
Ensuite le rédacteur P. A. v. Westhreene donna en chaque
numéro une biographie de musiciens nationaux et étrangers,
intitulées, „Belangrijke data".
A ces biographies, qui se Usent fort bien, on pourrait donner
le nom de „profils des musiciens"; elles donnent une idée excel-
lente de l'activité principale des personnes en question.
En Avril 1919 le premier numéro de „Mudato" apparut,
périodique du „Vereeniging tot bestudeering van de muziek, de
danskunst en tooneelkunst van Oost- en West-Indië."
Trois livraisons seulement parurent depuis, mais celles-ci sont
des plus intéressantes, parce-que des indigènes très capables
de nos colonies donnent leurs opinions, et non moins intéressante
est l'exécution brillante des riches illustrations et des exemples
notés.
De l'index nous citons:
Wajang-stijl door Mr. J. G. Huyser.
HOLLANDE. 43
Wayang-beeldkunst als grondslag eener Javaansche schilder-
school door R. M. Noto Soeroto.
Van de Javaansche muziek en hare verhouding tot andere Azia-
tische en tot Europeesche muziek door R. M. A. Soorjo Poetro.
Muziekschrift voor Java's toonkunst door R. M. A. Soorjo
Poetro.
Beschrijving van Gamëlan-instrumenten door R. M. Soerjo
Winoto.
Javaansch tooneel door R. M. A. Soorjo Poetro.
Les périodiques plus petits comme: „Het orgel", „St. Gregorius-
blad", „Maandblad van het Muziekpaedagogisch verbond" ser-
vent plutôt à éclaircir des cercles en question.
Deux nouveaux périodiques ont paru dans le dernier temps:
„De kunst" (sous la rédaction de Henri Viotta) et „Zingende
stemmen" (sous la rédaction de J. P. J. Wierts).
Mentions .encore un article richement documenté de J. W.
Enschedé dans „Oud-Holland", intitulé: „De bezoeken van den
abt Vogler aan ons land."
La société „Het Nederlandsch lied" a publié plusieurs fasci-
cules contenant des chansons populaires, avec accompagnement
de piano, p. e. „Zeevaartliederen", „Soldatenliederen", „Lan-
delijke liederen", „Verhalende liederen" etc.
Les livres parus pendant cette époque sont:
Wouter Hutschenruyter, De geschiedenis der toonkunst.
Mathijs Vermeiden ,De twee muzieken.
J. Worp, Algemeene muziekleer (9me éd. revue par S. van
Milligen).
Arnold Drilsma, Vioolschool, bekroond door het Muz. Paed,
verbond.
Dr. Joh. Wagenaar, Dagelijksche oefeningen op het gebied
van algemeene muzikale ontwikkeling.
Jan Rijken, De etudes van Stephen Heller.
Dr. Jac. van Ginneken — Gelaat, gebaar en klankexpressie.
G. C. Bunk, Gelijkz we vende temperatuur.
Nous perdîmes par la mort:
Johan Sikemeier, Alphons Diepenbrock, Jan Rijken, George
Beyerle, C. J. Cleuver, J. W. Corver et Joh. Löser.
J. H. Garms Jr.
VI. NORVEGE.
Avant que je trace à grands traits les caractéristiques de la vie
musicale en Norvège pendant le dernier semestre de l'année écou-
lée, qu'il me soit permis, Monsieur le Président, de donner un
court aperçu de littérature historique de la musique chez nous.
Riche, il n'y est pas, mais il y a pourtant certains travaux qu'il
convient de noter.
Le Docteur en philosophie, Georg Reiss, commença en 1908 une
étude très serrée sur notre musique du moyen âge avec sa brochure
intitulée : „Manuscrits musicaux du moyen âge tirés des archives
royales.", qui fut suivie en 1910 de „2 Sequences en l'honneur de
St. Olav", en 1913 „Deux Chants norrains en latin avec musique".
Mais son chef d'oeuvre fut „La musique du culte de St. Olav dans
le moyen âge et dans le nord de la Norvège" (1912), qui lui valut
le titre de docteur de l'université de notre pays. Mais en 1914 la
mort l'arracha malheureusement à son oeuvre.
Le compositeur Catharinus Elling s'est surtout occupé de la
musique populaire. C'est un eminent collectionneur de documents
qui a surtout traité dans d'intéressants ouvrages de la partie
théorique de notre musique populaire. Ses chefs d'oeuvre sont
„Nos mélodies populaires" („Vore folkemelodier") (1909), „Nos
ballades historiques" („Vore kjœmpe viser") 1914, „Nos danses
paysannes" („Vore slaatter") 1915).
Le soussigné a lui-même produit les études suivantes : „La musi-
que populaire dans la vallée de „Gudbrand" („Folkemusik i Gud-
brandsdalen") (1918), qui traite de la tradition musicale dans une
de nos plus grandes vallées, ainsi que „La musique populaire nor-
végienne, particulièrement la musique de l'Est du pays" „Norsk
folkemusik, saerlig östlandsmusikken", 1921. Dans cette dernière
étude l'auteur soutient entre autres choses (d'accord en cela avec
le Docteur Reiss) que notre musique populaire a été fortement
influencée par la vieille musique d'église, mais M. Elling conteste
ce rapport.
NORVÈGE. 45
Thorleiv Hannaas nous présente, dans son ouvrage intitulé „Le
violon de Harding", une étude particulièrement détaillée sur le
vieil instrument de musique norvégien: le violon de Hardanger.
Il affirme que ce curieux violon (au fond et à la partie supérieure
fortement bombé et muni de sous-cordes) est un perfectionnement
du vieux violon norvégien („fêle") qu'on jouait primitivement à
l'aide d'un plectre. Il fut modifié depuis le 12e siècle jusqu'à nos
jours, mais il était et il reste le violon des paysans. Des noms des
vieilles danses, des tableaux du 13e siècle et des mentions dans
nos „saga"s, l'auteur en tire l'important renseignement que dans
les temps anciens on dansa aux sons d'un instrument de musique
et il croit que les danses qu'on entend de nos jours dans nos cam-
pagnes, dans leurs principaux dérivent du moyen âge. Cette
étude court mais sagace enrichit nos connaissances de la vieille
culture norvégienne.
Le dramaturge-musicien bien connu, Gerhard Schjelderup, a
écrit une biographie bien vivante de Edvard Grieg avec de bril-
lantes analyses de ses oeuvres (1903) (en 1908 paraît une edition
quelque peu modifiée en collaboration avec Niemann), ainsi
qu'une biographie de Wagner (1908). Avec ma collaboration il
écrivit „Histoire de la musique norvégienne", dont le deuxième et
dernier volume achevé pour Noel 1921. Plusieurs de nos meilleurs
auteurs musicaux ont aussi donné leurs contributions: V. H. Sie-
wers, E. Eggen, R. Mjöen, J. Arbo, D. Monrad-Johansen et U.
Mörk parmi beaucoup d'autres. L'étude a été pour-suivie jusqu'à
nos jours. L'ouvrage se compose de deux volumes contenant respec-
tivement 228 et 288 pages, un grand nombre d'illustrations (envi-
ron 600) cherche à attirer l'attention du lecteur ordinaire, car c'est
lui plus que les professionnels, que l'on a voulu atteindre.
Les travaux spécialisés les plus méritants sont ceux de Marie
Moestue „(Histoire de l'art du Chant", 1917), de Wilhelm Kloed
(„Du Chant et de l'Art du Chant", 1921) et de AnnaLindhjem
(„Des orgues de Norvège et de ses organistes jusqu'en 1914",
qui contient une foule de précieux renseignements.
„La Société philharmonique" est, comme on l'a déjà dit aupa-
ravant, la plus célèbre de nos sociétés de concerts. L'orchestre,
qui est des plus excellents, a aussi donné dans le dernier semestre
de 1921 trois à quatre concerts par semaine. La direction est pas-
sée en été dernier aux mains du chef d'orchestre hambourgeois
46 NORVÈGE.
bien connu, José Eibenschütz. L'excellent Georg Schneevoigt
continue aussi comme par le passé. Parmi les chefs d'oeuvre d'or-
chestre norvégiens outre les compositions de Grieg, J. Svendsen,
Selmer et Sinding on joua „Dans l'Abbaye de Westminster" et
„Concert en ré mineur" de Haarklou, la poésie symphonique
intitulée „Brand" de G. Schjelderup, composée d'après les carac-
tères principaux du drame de Henrik Ibsen, la „Suite exotique"
d'Alf Hurum et la „Fantasie symphonique" de H. Saeverud.
Des oeuvres étrangères furent aussi exécutées, parmi lesquelles
on peut citer: „Verklärte Nacht" de Schönberg, „Hymnus an die
aufgehende Sonne" de Richard Mandl, „Sinfonietta" de Korn-
gold, le „Saul und David" et „Cyrano de Bergerac" de Wagenaer,
„Phantasie pour piano et orchestre" de Debussy, enfin d'autres
oeuvres comme celles de Glazounow, Ravel, Chausson, Siniga-
glia, ainsi que les classiques ont été abondamment représentées.
Les chefs d'orchestre étrangers qui ont été nos invités pendant
la dernière saison sont Armas Järnefelt et Siegfried Wagner. Ce
dernier exécuta particulièrement, en outre des oeuvres de son
père, quelques-unes de ses productions propres.
Comme malheureusement nous manquons de salles de concert,
les concerts se tinrent cette année dans les deux salles qui con-
viennent à cet effet, dans „La vieille Loge" et dans la nouvelle
Aula de l'université, qui est connue même dans les pays étrangers
par les superbes tableaux du peintre Edv. Munch.
L'Opéra Comique termina ses activités avec un bon nombre de
représentations au mois d'août: „La Juive" d'Halevy, „Die ver-
kaufte Braut" de Smetana, „Le Barbier" de Rossini, „La Flûte
Magique" de Mozart, „Le Troubadour" et „La Traviata" de
Verdi. La petite scène, qui a été éminemment dirigé par Alexan-
der Varnay avec Leif Halvorsen comme Chef d'orchestre, doit
être vivement regrettée.
La Société Chorale de Holter (chef: E. Alnaes) a exécuté avec
beaucoup de talent le „Requiem" de Verdi.
D'autre part Christiania a reçu la célèbre société chorale de
Prague, qui donna une série de concerts sous la direction du pro-
fesseur Spilka, ainsi que beaucoup de solistes étrangers, comme
Battistini, Onegin, Schnabel, Toscha Seidl, Max Rosen.
Il faut dire qu'en dehors de la capitale la vie musicale norvé-
gienne n'a pas été inexistante, mais on peut la qualifier au con-
NORVÈGE. 47
traire de brillante. On doit citer surtout Bergen avec son orchestre
des meilleurs (chef: Harald Heide) et sa non moins excellente
chorale (Ingolf Schjôtt). Le premier exécuta notamment „La
Symphonie en Si majeur" de Chausson, „La Symphonie en Do
mineur" de Brahms, et parmi les oeuvres norvégiennes le „Ham-
let" de Borgström, „Concert en la mineur pour piano" de
Half dan Cleve, la „Norvegiana" (orchestre-suite) de S verre Jor-
dan, „Euripides" de Oscar Morcmann, „Au pays d'aventures"
d'A. Hurum, „Le chant de la mer" de H. Heide. De plus, Chr.
Thaulow exécuta la symphonie en Re majeur de Cesar Franck.
La chorale donna une belle exécution de „Ein deutsches Requiem"
de Brahms.
La vie musicale de Trondhjem a de belles traditions, et elle est
d'autre part très respectable.
Parmi les villes de moindre importance je ne mentionnerai que
Christiansund, ou l'orchestre sous la direction d'Edv. Braein
exécuta entre autres „Egmont" (ouverture) de Beethoven, un
exemple qui montre par lui-même avec quel intérêt on travaille
dans tout le pays.
O. M. Sandvik.
VII. POLOGNE.
Lo stato politico dell' Europa prima délia guerra non permet-
teva alla cultura polacca di apparire davanti la società umana con
tutta l'indipendenza. Tre governi usurpatori, che nel XVIII
secolo hanno diviso la Polonia (e specialmente il governo prusso
e russo) facevano tutto il possibile per nascondere l'emanazioni
dello spirito polacco. Siamo stati dunque: Austriaci, Russi e
Tedeschi, spesso non potendo spiegare all'estero l'importante
diff erenza fra il nostro carattere nazionale e la f orma politica dei
nostri passaporti. S'intende, che l'ignominioso peso délia nostra
situazione politica e le diverse difficoltà materiah hanno dimu-
nuito la nostra volontà di unirci al progresso deUa scienza univer-
sale. L'énorme maggioranza dei lavori scritti neUa lingua polacca
non esiste per l'estero, che non aveva ragione d'imparare la
nostra beUa ma molto difficile lingua.
Parlando délia musicologia dobbiamo notare, che la conoscenza
délia storia délia musica polacca nell' estero è disproporzionale alla
ricchezza dei monumenti dei secoli passati e ai lavori storici.
Quasi ciascuno storico straniero, volendo non omettere nel quadro
délia musica generale, almeno qualche tratto sulla musica
polacca, profittava sempre delT invecchiato e molto incom-
plete libro di Adalberto Sowinski: „Les musiciens polonais
et slaves, anciens et modernes, dictionnaire biografique" (Paris
1 857) . E' peccato, che la preziosa pubblicazione „Monumenta musi-
ces sacrae in Polonia" del benemerito sacerdote dottore Giuseppe
Surzynski (IV quaderni 1885 — 1896) non fosse presa sufficiente-
mente in considerazione dagli storici. H. E. Wooldridge era forse
l'unico, che avesse stimato il valore dei compositori polacchi del
XVI secolo e citava qualche esempio di loro dopo Surzyhski nel
secondo volume di „The Oxford History of music" (pag. 300 — 305).
Mentre Hugo Riemann nel suo „Handbuch der Musikgeschichte
(II. Band erster Teil 342-3) riassumeva la storia della musica
POLOGNE. 49
polacca nel XVI secolo in un piccolo articolo di 28 linee, gli autori
délia „Encyclopédie de la musique et dictionnaire du conservatoire"
(Lavignac — de la Laurencie) non potevano trovare per la musica
nemmeno una piccola rubrica separata ed erano obbligati aggiun-
gerla alla musica tedesca, insieme con Chopin, di cui il padre era
un Francese e la madré, corne la sua musica, una Polacca.
Tutto ciö non avrebbe avuto luogo, se avessimo potuto procu-
rare ai musicologi esteri edizioni scientifiche délia antica musica
polacca. Il professore all'università di Vienna, dr. Guido Adler,
come direttore dei „Denkmäler der Tonkunst in 0 esterreich" , aveva
la nobile idea di pubblicare una raccolta considerabile delle com-
posizioni dei maestri polacchi e protegeva i lavori preparatori,
conducenti a questo scopo. Quasi trecento salmi, mottetti e com-
posizioni missali erano pronti a esser stampati, quando lo sviluppo
degli eventi délia guerra mondiale, in primo luogo allontanava
e dopo rese impossibile la realizzazione di questa idea.
I più importanti lavori, riguardanti la storia della musica polac-
ca da qualche anno prima della guerra fino ad oggi sono i seguenti.
1 908. Polinski Alessandro : Historya muzyki polskiej w zarysie
(Storia della musica polacca in abbozzo) . Bellissima edizkme con
numerose illustrazioni dei monumenti. Un libro, scritto da un
dilettante, che in alcune diecine di anni raccoglieva con entusias-
smo i monumenti della antica musica polacca. La sua ricca rac-
colta ha creato il principio della biblioteca e archivio musicale nel
Ministero delle belle arti e della cultura in Varsavia (trasformato
in un dipartimento del Min. della pubblica istruzione) . Polinski
è morto nelT anno 1915.
1908. Chybiriski Adolf dr.: Bogurodzica pod wzgledem history-
czno-muzycznym. (Lavoro metodico sulla vecchissima canzone
religiosa polacca „Bogurodzica". (Pag. 71.)
1911. Jachimecki Zdzislaw dr.: Wplywy wloskie w muzyce pols-
kiej 1540 — 1640. (Influssi italiani nella musica polacca 1540 —
1640). Un volume di 320 pag. contenente nove studii sopra alcuni
maestri polacchi (Nicolaus de Cracovia, Venceslaus Samotulinus,
Martinus Leopolita, Nicolaus Gomolka, Adalbertus Dlugoraj,
Nicolaus Zielehski, Bartolomeus Pekiel, Adamus Jarzebski) . Edi-
zione della Accademia delle scienze in Cracovia, con un estratto
in tedesco.
1912. Chybinski Adolf dr. Teorya mensuralna w polskiej liter a-
50 POLOGNE.
turze muzycznej pierwszej polowy XVI wieku. (La teoria della
musica mensurale nella letteratura musicale di Polonia nella prima
meta de XVI sec.) 27 pag. Ed. d. Ace. d. scienze di Cracovia.
1913. Reiss Jozef dr. Melodye psalmowe Gomôlki 1580. (Le mé-
lodie di salmi di Gomôlka.) Ed. d. Ace. d. sc. di Cracovia, pag. 42.
1913. Chybinski Adolf dr. Tabulatura organowa Jana zLublina
z roku 1540. (Intavolatura per l'organo di Giovanni da Lublin
dell' anno 1540). Alcune parti di questo coscienzioso lavoro appa-
rvero nella ri vista scientifica della musicologia „Kwartalnik mu-
zyczny" (Varsavia, redattore dr. H. Opienski). Codesta rivista
ha cessato di apparire prima di aver finito di pubblicare il lavoro
del dr. Chybinski.
1913. Jachimecki Zdzislaw dr. Tabulatura organowa z bibliotiki
klasztoru sw. Ducha w Krakowie z roku 1548. (L'intavolatura per
l'organo della biblioteca del convento di S. Spirito in Cracovia
dell' anno 1548). Ed. d. Ace. d. sc. di Cracovia pag. 58.
1914. Jachimecki Zdzislaw dr: Rozwoj kultury muzycznej w
Polsce. (Lo sviluppo della cultura musicale in Polonia) Cracovia,
pag. 165. Questo libro è un abbozzo della storia della musica
ondata s fonti autentiche.
1915. Gieburowski J. dr: Die „Musica Magistri Szydlovite" ein
polnischer Choraltraktat des XV Jahrh. und seine Stellung in der
Choraltheorie des Mittelalters", Posen, pag. 216 (in tedesco.)
1915. Jachimecki Zdzislaw dr: Muzykanadworzekrôla Wladys-
lawa Jagielly w Krakowie 1424 — 1430. (La musica alla corte del re
Ladislao Jagello in Cracovia.) Ed. d. Acc. d. sc. di Cracovia,
pag. 38.
1916. Opienski Henri dr: La musica polacca. Uno studio sin-
tetico pubblicato nella splendida rivista „L'Eroica" (Spezia) nel
numéro straordinario „La Polonia" pag. 83 — 90.
1918. Opienski Henri dr: La musique polonaise, essai historique
sur le développement de l'art musical en Pologne. Bibl. Polonaise,
publications artistiques et littéraires, éditées par Georges Crès, Paris.
Pag. 107 di testo e XCIII di esempi musicali.
1920. Jachimecki Zdzislaw dr: Historja muzyki polskiej. (Storia
della musica polacca.) Cracovia, Gebethner e Wolff pag. 251.
L'aumento e l'approfondimento del lavoro dell' anno 1914dello
stesso autore con l'uso dei monumenti prima sconosciuti.
1920. Jachimecki Zdzislaw dr: Polish music. In questo lavoro
I
POLOGNE. 51
scritto in Inglese e pubblicato nel „The musical quarterly"
(Ottobre 1920 New York-Boston) l'autore ha mostrato il corso
délia storia délia musica polacca, raccogliendo singolarmente
i riflessi délia sua influenza nella musica délie altre nazioni.
1921. Jachimecki Zdzislaw dr : Stanislaw Moniuszko. Cracovia-
Varsavia, Gebethner e Wolff, pag. 293. Monografia scientifica
sul più grande compositore drammatico di Polonia.
1922. Jachimecki Zdzislaw dr: Karol Szymanowski. Uno studio
sul geniale compositore polacco contemporaneo, pubblicato nel
numéro di gennaio 1922 délia rivista musicologica americana
„The musical quarterly" (New York — Boston).
Alcuni altri lavori sulla storia délia musica polacca sono stati
pubblicati nelle riviste „Kwartalnik muzyczny", „Przeglad mu-
zyczny" e „Gazeta muzyczna" (che tutte e tre hanno cessato di
uscire) e nelle „Relazioni délie funzioni e sedute dell'Accademia
délie scienze di Cracovia".
Cosi nello spazio di 15 anni abbiamo creato i fondamenti per la
storia scientifica délia musica polacca. Avremo ancora molto da
completare ma i compiti più importanti per il principio sono
fatti.
In riguardo alla storia délia musica universale i musicologi
polacchi hanno pubblicato nello stesso tempo i seguenti lavori.
1910. Jachimecki Zdzislaw dr: Giuseppe Haydn. Cracovia pag.
90. Uno studio per il centenario del célèbre compositore.
1911. Jachimecki Zdzislaw dr: Riccardo Wagner. Cracovia. Pag.
290. Monografia con 80 illustrazioni e numerosi esempii musicali.
1912. Kamienski Lucjan dr: Die Oratorien von Johann Adolf
Hasse. Pag. 310.
1912 — 13. Chybifiski Adolf dr: Giovanni Seb. Bach. Alcuni
capitoli (pubblicati nella rivista „Przeglad muzyczny") d'uno
spazioso lavoro, che rimase incompleto.
1 920. Reiss Giuseppe dr : Historja muzykiwzarysie. (Storia délia
musica universale in abbozzo.) Cracovia-Varsavia, Gebethner e
Wolff, pag. 424. Seconda edizione 1921 aumentata, pag. 588.
1920. Reiss Giuseppe dr: Beethoven. Cracovia-Varsavia,
Gebethner e Wolff, pag. 156.
1922. Jachimecki Zdzislaw dr: Ricardo Wagner. Nuova mono-
grafia completamente di versa di quella dell' anno 191 1. Cracovia-
Varsavia, Gebethner e Wolff, Pag. 460.
52 POLOGNE.
Sebbene il centro musicale délia Polonia sia Varsavia la mag-
gioranza dei lavori scientifici nella musicologia si produce in
Cracovia.
Nell' anno 1910 — 11 fu fondata nella vecchissima univer-
sità di Cracovia, una cattedra délia musicologia. In Leopoli
(Lwow, Lemberg) la cattedra esiste dall' anno 1912. Prof essore
ordinario è il dottore Adolf Chybinski.
Le funzioni di professore supplente all'università di Posen
(Paznan) le tiene il dr. Kamienski Luc j an.
Il Dr. Giuseppe Reiss ha ricevuto veniam legendi come libero
docente all'università di Cracovia nel genaio 1922.
L'università di Varsavia non ha creato fino ad oggi una cattedra
di musicologia.
Cracovia nel febbraio 1922.
Dottore Zdzislaw Jachimecki.
Professore ordinario di storia délia
musica all'Università Jagellonica
di Cracovia.
VIII. SUISSE.
Das wichtigste Ereigniss auf dem Gebiete der Musikwissen-
schaft in der Schweiz im Jahre 1921 war der Kongress der Neuen
Schweizerischen Musikgesellschaft in Zürich (15. und 16. Oktober.)
Über das Wesen und die Ziele der Gesellschaft ist im ersten
Bulletin ausführlich gehandelt worden. Sie hatte diesmal ihre
übliche Jahresversammlung zu einem kleinen Kongress ausge-
staltet, zu einer Übersicht dessen, was in der Schweiz auf dem
Gebiete der Musikwissenschaft gearbeitet wird. Der Schreiber
dieser Zeiten hat darüber in der Zeitschrift für Musikwissenschaft
folgendes berichtet:
Es waren eine Reihe von Vorträgen angemeldet worden, von
denen einzelne musikalische Illustrationen heranzogen, und
ausserdem fand ein Konzert statt, dessen erster Teil aus dem
reichen Bestände der Züricher Zentralbibliothek Beispiele
deutscher Instrumentalmusik des 17. Jahrhunderts brachte,
Sonaten und Suiten von Rosenmüller und Scheiffelhut, eine
Sonate aus Pezels Hora décima Musicorum Lipsiensium, und
eine Violinsonate von Biber. Der Präsident der Züricher Orts-
gruppe und verdienstvolle Organisator der Tagung, Dr. Georg
Walter, der auch mehrere der Werke zu diesem Anlass eigens
aus den alten Ausgaben und Handschriften in Partitur gesetzt
hatte, gab jeweils kurze Einführungen zu den Werken. Die
musikalische Leitung der Aufführungen lag in den Händen
der Musikdirektoren W. Schulthess, W. Reinhart und H. Häu-
sermann. Der zweite Teil des Konzerts, mit einem Madrigal-
ständchen aus Vecchis Amfiparnasso, dem Andante aus Mo-
zarts Bläserserenade (Köchel 388) und der Orchesterserenade
von Schoeck, war eine Illustration zu dem Vortrage von Dr.
M. Fehr über Ständchen und Ständchenmusik, der den Schluss
der Sitzung des ersten Tages gebildet hatte.
Das eigentliche Ständchen, führte der Vortragende aus, ist
54 suisse.
wohl ursprünglich orientalischer Brauch und auf den Süden
beschränkt geblieben. Die Abgeschlossenheit der Mädchen
zwingt den Liebhaber, seinen Gefühlen vor dem Fenster der
Geliebten Ausdruck zu verleihen. Die moderne Auffassung des
Ständchens, seit der Romantik, ist literarische Einfühlung, die
Bezeichnung des Instruments als „Zither" natürlich blosse
Verlegenheit. In Italien scheint übrigens die Mattinata älter zu
sein als die Serenata. Nach Praetorius war das Ständchen in
Deutschland (17. Jahrh.) unter dem Namen Hofrecht haupt-
sächlich Studentensitte; aus dieser Sitte erwuchsen die Huldi-
gungsserenaden an vornehme Personen. Von 1750 an heisst
dann alles Serenade. Das eigentliche Ständchen blieb nur im
Theater lebendig.
War dieser Vortrag mehr eine kulturhistorische als speziell
musikhistorische Arbeit, so boten die Spezialgebiete noch eine
Reihe von Themen. Zunächst die Musikphilologie. J. Handschin
(Basel, früher Petersburg) berichtete unter dem Titel „Die
ältesten Denkmäler mensural notierter Musik in der Schweiz"
von den Bruchstücken einer in Bern liegenden Handschrift
mit Stücken aus dem französischen Repertoire des ausgehenden
14. Jahrhunderts, die eine glückliche Ergänzung zum Bilde der
Periode unmittelbar nach Machaut darstellen. Die Handschrift
enthält vollständig das Virelai Fist on und eine Ballade II
nest, ausserdem Fragmente, von denen das eine mit drei Texten
auch in einer Cambraier Version bekannt ist. Einer Beschreibung
der Handschrift, die aus dem französischen Norden stammend,
wohl erst im 17. Jahrhundert in die Schweiz gekommen ist,
folgten einige Übertragungen, gesungen von A. Flury.
Prof. Dr. Ed. Bernoulli (Zürich) behandelte das Liber selec-
tarum canüonum, Augsburg 1520, eine von dem Schweizer
Ludwig Senfl herausgegebene Sammlung von Motetten, von der
der Vortragende das Exemplar von Einsiedeln, das Eitner
seinerzeit unbekannt geblieben war, für seine Inpartitursetzung
benützt hat. Auch in Paris hat Bernoulli unlängst ein Exem-
plar, anscheinend eine Kriegsbeute des dreissigj ährigen Krieges,
entdeckt. An eine Darlegung des musikalischen und textlichen
Inhalts knüpfte der Vortragende Ausführungen über Heraus-
gabe solcher Musikwerke, anschliessend an die Forderungen,
wie er sie in seiner Publikation „Aus Liederbüchern der Huma-
suisse. 55
nistenzeit" und neuerdings wieder am Pariser kunsthistorischen
Kongress vertreten hat.
Das Gebiet der Musikgeschichte, speziell der Formenge-
schichte, beschlugen folgende Vorträge. Prof. Dr. K. Nef (Basel)
sprach über die Geschichte der Allemande, die eine aufschluss-
reiche Wechselwirkung zwischen Deutschland und Frankreich
verfolgen lässt. Die Allemande ist eigentlich der Tanz, der in
Deutschland getanzt worden ist, auch das zum Tanz gesungene
Lied. Aus der Textunterlage stammt wohl der typische Auftakt,
wenigstens fehlt er öfter bei alten Stücken ohne Worte. Der
Name Allemande, in Deutschland im 16. Jahrhundert nur
selten, findet sich häufig in Frankreich und den Niederlanden,
und wird erst auf dem Umwege über England, das einen eigenen
Charakter des Tanzes zeitigt, im folgenden Jahrhundert in
Deutschland allgemein. Bei Schein und Scheidt ist die Allemande
noch eigentliche Tanzmusik; der Einfluss der französischen
Lautenmusik gibt ihr dann die moderne Form. In ihr stehen
Gautiers Allemanden, die einen ausgesprochen vornehmen Ton
annehmen, in ihr aber auch Frobergers Stücke. Chambonnière
endlich hat die endgültige Art gefunden, in der Couperins und
Bachs Allemanden stehen. Couperin mit seinem klaren und auf
das Klassische gerichteten Geschmack füllt in die Form nur, was
völlig in sie hineinpasst, wie dies schon die Überschriften seiner
Allemanden zeigen. Das Genie Bachs schweift weit darüber
hinaus. Das Bild jedes Meisters spricht auch aus der kleinen Form.
In einem kürzeren Extemporale zeigte Prof. Dr. Peter Wagner
(Freiburg i. d. Schweiz) den gegenwärtigen Stand der For-
schung über die Mehrstimmigkeit. Nicht ins 9. Jahrhundert
(Hucbald) ist ihre Entstehung zu verlegen, sondern Stimmen-
wiederholung (antiphona) und Mitklingenlassen eines unver-
änderten Tones zum Gesänge (Bordunpraxis) sind Erscheinun-
gen aus Zeiten, die noch vor der europäischen Kultur liegen,
rein volkstümliche Errungenschaften, wie auch die eigentliche
Auseinanderstimmigkeit aus der Praxis, nämlich aus den Saiten-
instrumenten selbst, herausgewachsen ist. Hucbald wird vielleicht
überhaupt mit Unrecht genannt. Wenigstens ist die musica
enchiriadis in einem Katalog des Klosters St. Amandus in Flan-
dern selbst einem Abt von Verden, Hoger (f 950) zugeschrieben.
Dr. W. Merian (Basel) las aus einer noch ungedruckten Arbeit
56 suisse.
über die Anfänge des Klavierstils. Es ist bisher zu wenig beachtet
worden, dass neben dem Hausinstrument des 16. Jahrhunderts,
der Laute, auch das Klavier Berücksichtigung verdient. Seine
früheste Literatur ist aus den Orgeltabulaturen zu entnehmen,
namentlich aus den tanzartigen Stücken. Wo aber homophone
und akkordische Setzweise überwiegt, da ist auf Herkunft von
der Laute zu schliessen. Die Ansätze zu einem eigentlichen Kla-
vierstil gehören schon in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts,
wie die Kottersche Handschrift in Basel beweist. Die Tänze
dieser Sammlungen verzichten auf bedeutsame Kontrapunktik,
das Schwergewicht hegt in der Oberstimme, einzig einige spa-
nische Tänze zeigen mehr orgelartiges Gepräge. Auch die öftere
Wiederholung des nämlichen Tones ist spezifischer Klavierstil,
ebenso, wenn an Stelle einer im Vokalsatz überlieferten Synkope
eine Pause auf den guten Taktteil fällt, beides weist auf das
schnell verklingende Klavier hin. Die wichtigsten Merkmale,
deren vereintes Vorkommen einen einigermassen sicheren Schluss
auf klavieristischen Stil erlaubt, sind eine besonders lebhafte Ko-
loratur bei polyphonen Kompositionen, akkordische Schreibweise,
freier Stimmeneinsatz, eine besonders sprunghafte Bass- oder gar
Akkordführung. Kotter steht im allgemeinen noch im Banne der
Orgel, deutlich fassbar ist der von ihm angebahnte Klavierstil
bei E. N. Amerbach und den späteren Koloristen zu erkennen.
In andere Gebiete der Musikwissenschaft endlich führten
zwei weitere Vorträge. E. Refardt (Basel) stellte die Frage,
ob nicht der Rhythmus als ein eigentlicher Wertmesser ange-
sehen werden könnte, und versuchte sie an Hand einzelner
Beispiele zu beantworten. Seine Untersuchung scheint ihm
ergeben zu haben, dass die Rhythmik eines Meisters lebendiger
ist als die eines, wenn auch einst gefeierten, so doch später ver-
gessenen Komponisten. Trotz der Verschiedenartigkeit des
rhythmischen Baues der Adagiothemen in den Sinfonien von
Haydn, Mozart und Beethoven scheinen diese doch insgesamt
den Rhythmus der entsprechenden Themen derjenigen Kom-
ponisten an Mannigfaltigkeit zu übertreffen, die man als Nach-
folger und Schüler dieser Meister bezeichnet. Genaue rhyth-
mische Analysen solcher Themen suchten das Gesagte im ein-
zelnen zu illustrieren.
Sodann sprach Dr. A. Cherbuliez (Chur) über die Psychologie
suisse. 57
der Kadenz. Er ging dabei nicht von dem üblichen Begriff aus,
sondern stellte die Kadenz als etwas psychologisches, als nor-
mativ für den Ablauf der tonalen Funktion, dar. Das gemeinsame,
einfache Grundprinzip in den verschiedenen Formen wurde nach-
gewiesen, die Modulation als Abbrechen des Verlaufs einer
Kadenz zu gunsten einer andern, die Sequenz als eine Störung
der Kadenz durch das entgegenwirkende Prinzip der psycholo-
gischen Trägheit erklärt. Schliesslich endete der Vortrag nach
Betrachtung der Entwicklungen der letzten Jahrhunderte, in
einem hypothetischen Ausblick auf die Zukunft — auch auf
diesem Gebiete eine offene Frage.
Von der Neuen Schweizerischen Musikgesellschaft ist weiter-
hin zu berichten, dass die Katalogisierung ihrer Bibliothek, der
Schweizerischen Musikbibliothek, im laufenden Jahre in erfreu-
lichster Weise vorgerückt ist. Da diese Bibliothek einen Bestand-
teil der Basler Universitätsbibliothek bildet, wurden in die
Katalogisierung auch sämtliche nicht der eigentlichen Musik-
abteilung angehörenden Bücher und Schriften musikalischen
Inhaltes einbezogen, unter andern auch der gesamte musik-
wissenschaftliche Dissertationenbestand. Und weiterhin auf
besondern Wunsch der Bibliotheksleitung sämtliche Aufsätze
über Musik, die in den nichtmusikalischen Zeitschriften der
Bibliothek enthalten sind. Diese beiden Vorarbeiten sind, we-
nigstens handschriftlich, der Benützung zugänglich gemacht
worden. Mit dem Drucke soll noch abgewartet werden, bis auch
die eigentliche Musikabteilung, eben die Schweizerische Musik-
bibliothek selbst, in gleicher Weise systematisch katalogisiert
ist, eine Arbeit, die nun nach Beendigung der erwähnten Vor-
arbeiten in Angriff genommen wird. Namentlich mit dem
Katalog der Aufsätze glauben wir eine Arbeit vollendet zu haben,
die vielen Nutzen bringen kann.
Da die Themata der musikwissenschaftlichen Universitäts-
Vorlesungen in Zeitschriften jetzt wieder regelmässig veröffent-
licht werden, kann von ihrer Mitteilung hier abgesehen werden.
Von Promotionen ist diejenige von Johannes Müller in Basel
zu nennen, dessen Dissertation die angeblich Bachische Lukas-
passion behandelt, und der am 31. Oktober 1921 mit einer Rede
über Das Verhältnis des jungen Bach zu seinen Lehrern öff entlich
zum Dr. phil. promovierte.
58 suisse.
Unserem Verzeichnisse in der Schweiz erschienener musik-
wissenschaftlicher Bücher (siehe das erste Bulletin) sind noch
folgende Werke nachzutragen:
Lucien Bourguès et Alexandre Dénéréaz: La musique et la
vie intérieure. Essai d'une histoire psychologique de l'art musical.
Lausanne 1921.
Nelly Diehm, Beiträge zur Geschichte der schottischen Musik
im iy. Jahrhundert nach bisher unveröffentlichten Manuscripten.
Zürich 1920.
Edmond Roethlisberger, Le clavecin dans l'oeuvre de I. S.
Bach. Genève 1920.
Die zahlreichen Aufsätze in Zeitschriften übergehen wir
wiederum, und auch auf die praktische Musik einzutreten,
würde zu weit führen. Sind doch abgesehen von den Auffüh-
rungen alter Musik durch die grossen Konzertinstitute mehrere
Spezial Vereinigungen (Madrigalchöre, Bachchöre etc.) in ver-
schiedenen Schweizerstädten stetsfort ausschliesslich auf diesem
Gebiete tätig. Auch die Ortsgruppen der Neuen Schweizerischen
Musikgesellschaft widmen solcher Konzerttätigkeit ihre Auf-
merksamkeit. So wurde unlängst in Basel eine Vorführung alter
französischer Weinachtslieder (Noëls) in Bearbeitung für Soli,
Frauenchor, Orgel und Englischhorn (von E. Graf, Bern)
ermöglicht.
E. RefArdt.
IX. ETAT TCHECOSLOVAQUE.
DEUTSCHER TEIL
Die Einspannung von fast vier Millionen kulturell hochste-
henden Deutschen in einen, dem Geiste und der Sprache nach
fremden Staat, vermochte das geistige Leben der deutschen
Sudetenländler nicht zu unterdrücken. Es wird kaum einen
anderen Nationalitätenstaat geben, in dem der völkische Sepa-
ratismus auch in kultureller Hinsicht so stark zum Ausdruck
kommt wie bei uns. Der Deutsche, der durch die geistige Produk-
tion seines Volkes in jeder Hinsicht vollauf befriedigt werden
kann, schliesst sich vom Tschechen ab, der seinerseits, durch
seine staatliche und völkische Renaissance zu stolz geworden
ist, um zuzugeben, dass sein Lehrmeister weder Franzose noch
Amerikaner, sondern einzig und allein — und dies aus geschicht-
lichen und geografischen Gründen — der Deutsche war und ist.
Freilich werden in dieser Hinsicht die Verhältnisse scheinbar
besser. Die Tschechen, die in ihren Konzerten und Opernauf-
führungen seit dem Kriege nur die eigenen Landsleute, Russen
und Franzosen zu Worte kommen lissen, sehen allmählich ein,
dass auf die Dauer Konzertprogramme und Opernrepertoire
ohne die Namen Bach, Mozart, Beethoven, Brahms und Wagner
undenkbar sind.
Der nationale Überschwang der Tschechen nach dem staat-
lichen Umsturz hatte zunächst zur Folge, dass das altehrwürdige
Prager Konservatorium, das ursprünglich deutsch, später
doppelsprachig war, in ein rein national-tschechisches Institut
umgewandelt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde die Anstalt,
die bisnun vom „Verein zur Beförderung der Tonkunst in
Böhmen" erhalten wurde, verstaatlicht. Da ergab sich die
Notwendigkeit, an die Gründung eines deutschen Instituts zu
schreiten: Es wurde eine „Deutsche Akademie für Musik und
darstellende Kunst" ins Leben gerufen, wobei jedoch bemerkt
60 ÉTAT TCHÉCOSLOVAQUE.
werden muss, das die Aufbringung der nicht unbeträchtlichen
Mittel hiezu weniger von staatlicher als von privater Seite
erfolgte. Die Leitung der Akademie in künstlerischer Hinsicht
liegt in den Händen Alexander Zemlinskys, die Verwaltung hat
Romeo Finke inne. Als grosser Nachteil für das neue Institut
muss es bezeichnet werden, dass die wertvolle Bibliothek, die
kürzlich eine Ausstellung veranstaltete (Katalog von Jaroslav
Krupka) vollständig dem staatlichen Konservatorium verblie-
ben ist.
Die Erkenntnis der Notwendigkeit der Erhaltung musik-
geschichtlich wertvoller Denkmäler und Dokumente führte
zur Ernennung einer Anzahl von „Landes-Musikkonservatoren"
durch die Regierung. Es wurden jedoch bisher nur tschechische
und slowakische Herren ernannt. Infolgedessen sind die Deut-
schen darauf angewiesen, in dieser Beziehung weiterhin bei
ihrem alten Publikationsorgane den „Denkmälern der Tonkunst
in Österreich" zu verbleiben.
Der Mittelpunkt der deutschen musikwissenschaftlichen Arbeit
liegt in der deutschen Universität Prag. Der Ordinarius für
Musikwissenschaft, Prof. Dr. Heinrich Rietsch, ist nicht nur
Gelehrter sondern auch produktiver Musiker, dessen Vorle-
sungen sich eines grossen Zuspruchs erfreuen.
Seit April 1920 ist auch der Unterzeichnete als Privatdozent
für Musikgeschichte habilitiert.
Anbei das Vorlesungsverzeichnis seit 1918 — 1919.
Prof. Rietsch :
Wintersemester 1918/19: Frühgeschichte der Oper.
Die Tonsprache beim deutschen Lied.
Musikwissenschaftliche Übungen (Virdung, Agricola).
Sommer 1919: Deutsche Tonkunst im 17 Jahrhundert.
Die Illusion im Bühnentonwerk.
Übungen (Erklärung mehrstimmiger Liedbearbeitungen
des 16 Jahrh.).
Musikgeschichtliches Repetitorium, gemeinsam mit Dr.
P. Nettl.
Winter 1919/20: Der Klavierstil bei den älteren Romantikern.
Tonlehre auf geschichtlicher Grundlage.
Übungen (Mittelalterliche Traktate, Rhythmus und
Metrum betreffend).
ÉTAT TCHÉCOSLOVAQUE. 61
Sommer 1920: Form und Ausdruck in Joh. Seb. Bachs Kla-
vierwerken.
Die Musik bei den Minnesängern.
Übungen (Lesen und Erklären von Minnegesängen)
Winter 1920/21: Liszt und die Neuromantiker.
Das deutsche Volkslied.
Übungen (Mittelalterliche Tonschriften).
Sommer 1921: Die Tonkunst in Deutschland um 1750.
Musikästhetische Fragen.
Übungen (Ph. E. Bachs „Versuch über die wahre Art").
Winter 1921/22: Altgriechische Musik und ihre Nachwirkung
im Mittelalter.
Die deutsche Oper von 1792 — 1850.
Übungen (Musiktheoretische Schriften des 18 Jahrh).
Priv. Doz. Dr. Nettl:
Sommer 1921: Die deutsche Instrumentalmusik im 17 Jahrh.
Winter 1921/22: Einführung in de Musikgeschichte.
Fortschritte der musikgeschichtlichen Forschung.
Collegium musicum. Praktische Aufführungen von Wer-
ken von Schein, Peurl, Schmelzer, Gluck, Stamitz.
An musikwissenschaftlichen Dissertationen der letzten beiden
Jahre sind nur zu erwähnen:
1. „Die literargeschichtliche Bedeutung Johann Kuh-
naus" (Ewald Mayer).
2. „Die Theorie des modus" (Anton Michalitschke) .
Für musikwissenschafliche Vorträge sorgt die „Ortsgruppe
Prag der Deutschen Musikgesellschaft".
In der letzten Zeit fanden dort folgende Vorträge und Auffüh-
rungen statt:
1. Entlehnungen (Vortrag des Prof. Rietsch).
2. Das deutsche Lied im 17 Jahrh. (Aufführung von
Liedern von Albert, Sperontes, Krieger).
3. Das Komische in der Musik (Vortrag Dr. Th. Veidl).
4. Das Wiener Ballett im 17 Jahrhundert (Vortrag
Priv. Doz. Dr. Nettl).
5. Die erste stehende Oper in Prag (Vortrag Dr. Jaroslav
Krupka).
Für populär-wissenschaftliche Vorträge sorgt der Prager
62 ÉTAT TCHÉCOSLOVAQUE.
Volksbildungs verein „Urania", wo gelegentlich Dr. Th. Veidl
und Dr. Erich Steinhardt angenehme Vortragsabende vermitteln.
Der Letztgenannte ist auch Schriftleiter der einzigen deutschen,
in der Tschechoslowakei erscheinenden vorzüglich redigierten
Musikzeitschrift; sie erscheint seit ungefähr einem Jahre unter
dem Titel: „Der Auftakt" und berechtigt zu schönen Hoffnun-
gen. Weniger gut ist es mit dem deutschen Musikverlag be-
stellt, so dass wir in dieser Hinsicht an reichsdeutsche und
österreichische Verlagshäuser und Publikationsorgane ange-
wiesen sind.
Die musikhistorischen Konzerte liegen seit dem Abgange
Dr. Gerhard von Keusslers, des ehemaligen, äusserst verdienten
Dirigenten des Deutschen Singvereins und Männergesangver-
eines nach Hamburg, fast gänzlich darnieder. Keussler, dem
vor allem die Bachpflege und die Wiedererweckung fast der
gesamten Vokalliteratur vom 16 Jahrhundert angefangen am
Herzen lag, ist für das Musikleben Böhmens schlechterdings
nicht mehr ersetzbar. Der jetzige Dirigent des Deutschen Sing-
vereins vermag leider das Niveau der unter Keussler so hoch-
gekommenen Chorvereinigung nicht zu halten, geschweige zu
heben. Auch die historischen Orchesterkonzerte haben seit
Keussler gänzlich aufgehört. Und so bleiben nur die im klei-
neren Rahmen der Universität stattfindenden Kammermusi-
kübungen übrig.
Paul Nettl.
ARTICLES
EINE HISTORISCHE ORGEL
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN.
Es steht fest, dass wir über die Musik einer entschwundenen
Zeit, nicht zu mindesten über den „Ethos" derselben, keine
volle Klarheit gewinnen können, bevor eben diejenigen Musik-
instrumente, die der betreffenden Zeit angehörten, in unseren
Besitz gelangt sind. Die in den letzten Jahrzehnten in der Kul-
turwelt herum entstandenen Sammlungen historischer Musik-
instrumente haben diesbezüglich ausgezeichnete Dienste ge-
leistet. Nur um eine einzige Instrumentenklasse, diejenige der
Orgel, ist es leider unglücklich bestellt, da die Zeit diese Instru-
mente aus der eigentlich „alten" Zeit, der Vor-Bachschen Perio-
de, übel mitgespielt hat. Die einzelnen von ihnen, die noch vor-
handen sein mögen — eine Frage, die übrigens bisher sehr
mangelhaft geklärt ist — sind so stark „restauriert", d. h. dem
Bedarf der späteren Zeiten gemäss umgearbeitet, dass „das
alte" in ihnen nicht viel mehr denn eine Fiktion ist. Wollen wir
die alten Tonschöpfungen für Orgel wieder erklingen lassen,
sind wir daher übel daran.
Man wird somit die Aufmerksamkeit begreifen, die entstand,
als im verflossenen Winter im musikwissenschaftlichen Institut
der Universität in Freiburg i. Br., angeregt von Professor W.
Gurlitt, eine nach den in Michael Prätor ius „Syntagma musicum"
gegebenen Anweisungen gebaute neue „historische" Orgel
(gebaut von Oskar Walcker in Ludwigsburg) vorgeführt wurde.
Eine ganz neue Welt der Töne tat sich bei dieser Präsentation
auf, eine Welt so stark, so gesund und doch so „alt". Die Töne
eines längst entschwundenen Zeitalters, des siebzehnten Jahr-
hunderts, in neuer Darstellung! Das bei dieser Gelegenheit
entstandene musikologische Interesse hat mich auf den Gedanken
gebracht, dass es wahrscheinlich den allermeisten unbekannt
sein dürfte, dass wir hier in Dänemark in glücklichem Besitz
5
66 EINE HISTORISCHE ORGEL
einer Orgel sind von eben dem Zeitalter, wovon hier die Rede
ist, vom Anfang des siebzehnten Jahrhunderts, und zwar ein
Prachtstück ersten Ranges, das ein glückliches Schicksal uns
bis auf den heutigen Tag unversehrt erhalten hat. Ueber dieses
seltene Stück habe ich seinerzeit eine Abhandlung in dänischer
Sprache veröffentlicht.1) Da indessen jetzt die Frage nach der
Orgel dieser alten Zeit wieder angeregt wurde und ich Grund
habe anzunehmen, dass meine obengenannte Abhandlung in
Dänisch nicht eben in der grossen Welt herumgekommen ist, habe
ich von dieser Abhandlung ein Resume in deutscher Sprache
verfasst, das ich hiermit meinen verehrten Kollegen der „Union
musicologique" vorzulegen die Ehre habe.
Auf dem schönen Frederiksborg Schloss unweit von Kopen-
hagen befindet sich ein Meisterstück ersten Ranges vom Anfang
des 17ten Jahrhunderts, eine Kabinetsorgel, gebaut 1612 von
Esaias Compenius, einem zu seiner Zeit hoch angesehenen
Meister, fürstlich braunschweigischem Orgelbauer und Organist,
der u. a. die Orgel in Bückeburg und in der St. Moritzkirche in
Halle baute. Sein Freund und Kunstgenosse war der berühmte
braunschweigische Kapellmeister Michael Prätorius, der in
seiner wichtigen Quellenschrift „Syntagma musicum" wieder-
holt und mit grosser Anerkennung auf diesen Meister und seine
ausgezeichnete Arbeiten sowohl als Orgelbauer wie als Verfasser
orgeltechnischer Arbeiten zurückkommt. Im zweiten Teil
seiner obengenannten Quellenschrift ( Wolff enbüttel 1619),
wo Prätorius bekanntlich eine ausführliche, mit Register-
angaben versehene Verzeichnis über die bedeutendste Orgel
seiner eigenen Zeit gibt, wird unter „Dispositiones etlicher
vornehmen Orgeln Werck" diese schöne Orgel von Esaias Com-
penius auf Frederikborg Schloss genannt. Die diesbezügliche
Stelle lautet folgendermassen :
„Zu Hessen vffm Schlosse. Das hölzern, Aber doch sehr
herrliche Orgelwerck so von M. Esaia Compenio An. 1612
gemacht. Jetzo aber dem König in Dennemarck verehret,
vnd Anno 1616 doselbsten zu Friederichsburg in der Kir-
l) „Et historisk Orgel" Köbenhavn, Forlag G. E. C. Gad, 1897.
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN. 67
chen gesetzet worden, ist stark von 27 Stimmen, Coppel
zu beyden Manualn, Tremulant, Grosser Bock, Sackpfeiffe,
Kleinhümlichen. ' '
Danach folgt Liste über die 27 Register.
Aus den dänischen Kgl. Rentmeister-Rechenschaften von
1617 geht hervor, dass der Baumeister Esaias Compenius selbst
von Deutschland nach Dänemark fuhr, um persönlich die Auf-
stellung der Orgel in der Kirche zu Frederiksborg Schloss zu
leiten. Alte Quellen erwähnen, dass dieses kostbare Stück der
„Invention und Beköstigung" des Herzogs Heinrich Julius
von Braunschweig, der „Direction" seines vorgenannten Kapell-
meisters Michael Prätorius, samt schliesslich „Esaiä Compenii
Kopf und Gehirn" zu verdanken ist. Nicht lange danach kam
es also nach Dänemark als Geschenk des Landgrafen von Hessen
an König Christian den Vierten, den hohen und immer hilf-
reichen Gönner der Musik in Dänemark. Der Anlass des Ge-
schenkes ist unbekannt, aber fürwahr ein fürstliches Geschenk
war es!
Compenius herrliches Instrument steht noch heute als ein
stolzes Denkmal der hohen Orgelbaukunst jener alten Zeiten
vor den Zerstörungen des dreissigj ährigen Krieges. Und ein
glückliches Geschick hat es uns erhalten. Als das stolze Schloss
Frederiksborg im Jahre 1859 durch Feuer zerstört wurde,
wodurch so viele unersetzliche Werte zugrunde gingen, war
unsere Orgel grade nach einer anderen Stelle in der Nähe
von Kopenhagen hingebracht worden, um dort benutzt zu
werden. Sie entging dadurch der Zerstörung. Nach Wieder-
aufbau des Schlosses Frederiksborg wurde sie 1868 wieder
dorthin zurückgeführt und steht noch dort als eins der köst-
lichsten Denkmäler aus des Schlosses ältester Zeit.
Natürlich hat die alte Orgel auf ihrer 300-jährigen Lebensbahn
verschiedenes erlebt. Nachdem sie die ersten hundert Jahre in
der Schlosskirche zu Frederiksborg geistlichen Dienst geleistet
hatte, wurde sie in den prachtvollen Rittersaal des Schlosses
hinübergebracht, wo sie jetzt mit einmal weltliche Dienste tun
musste, fröhlich zur königlichen Tafel aufspielen oder aber zum
lustigen Tanze, wofür sie sich übrigens nicht übel eignete.
Nach weiteren hundert Jahren kam eine Zeit, wo die Orgel
wieder kirchliche Verwendung fand. Den vielen durchgemachten
68 EINE HISTORISCHE ORGEL
Lebensstadien zum Trotze hat ein gnädiges Schicksal immer
dies Instrument bewahrt, und in der Literatur des 17 — 18ten
Jahrhunderts finden wir es zur wiederholten Male, hoch gepriesen
sowohl in klangvollen Versen wie auch in ehrbarer Prosa.
Merkwürdig ist es, wie gut es sich trotz allen diesen Strapazen
erhalten hat. Von durchgreifenden Reparaturen ist nirgends
die Rede, ein Zeugnis sowohl von der ausgezeichneten Arbeit,
wie auch von der Veneration, womit es durch die wech-
selnden Zeiten erhalten wurde. Erst gegen unser eigenes
Zeitalter hin fing man an, es als einen Museumsgegenstand
oder vielmehr als eine Kuriosität zu betrachten. Dann war
es, dass der französische Orgelexpert C. M. Philbert, damaliger
französischer Konsul in Helsingör, auf die Orgel aufmerksam
wurde und sie einer wissenschaftlichen Untersuchung unterwarf,
deren Resultat er in der französischen Zeitschrift „Le monde
musical" (1891) veröffentlichte. Der Verfasser bezeichnet hierin
die alte Orgel als „ein künstlerisches Kleinod von grösster
Schönheit, besonders wertvoll als eins der reichsten, eigentüm-
lichsten und echtesten, kurzum eins der bedeutungsvollsten
Monumente aus der Geschichte der Orgelbaukunst vom Anfang
des 17ten Jahrhunderts."
Dies gab den Anlass zur Bildung einer Kommission, u. a.
mit dem Verfasser dieser Abhandlung als Mitglied, um mit
möglichster Bewahrung allen Vorhandenes, das alte Stück zu
neuem Leben entstehen zu lassen als Zeuge der hohen Kunst
und Kultur eines längst entschwundenen Zeitalters. Die Arbeit
wurde dem französischen Orgelbauer Felix Reinburg (aus der
Firma Cavaillé-Col, Paris) übertragen, welcher mit Hilfe seines
französischen Mitarbeiters Jean Lafon und des Orgelbauers
V. H. Busch aus Kopenhagen das Werk im Sommer 1895 mit
ausgezeichnetem Erfolge zu Ende führte.
Die Orgel ist jetzt auf ihrem ursprünglichen Platze über dem
Altar in Frederiksborg Schlosskirche, in der sogenannten „Kapelle
der Danebrogsritter" aufgestellt, wo sie jedoch nicht regelmässi-
gen Kirchendienst tut, sondern nur bei wöchentlichen Vorfüh-
rungen und feierlichen Gelegenheiten gespielt wird. Wir wollen
im Folgenden eine nähere Beschreibung von ihr geben.
Die Orgel, in einen soliden Eichenkasten eingeschlossen
ist in Kabinettformat und misst: Höhe 3,62 Meter, Länge 2,88,
Fig. i. Orgel von Esaias Compenius (1612) Frederiksborg Schloss
bei Kopenhagen.
I m W0ffîg$^êwm
Fig. 2. Die Manualen auf Compenius Orgel.
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN. 69
Tiefe 1,50. Die Hinterwand ist glatt, die drei anderen Seiten
dagegen sind mit Füllungen, Pilastern und eingelegten Holz-
sorten reich dekoriert. Die Fassade ist im Renaissancestil
prachtvoll ornamentiert : in der Mitte doppelte Flügeltüren, die
sich zu einer inneren Fassade öffnen, und auf jeder Seite eine
geschnitzte weibliche Karyatidenfigur, jede mit ihrem Wappen-
schild, beziehungsweise dem dänischen und dem braunschweig-
wolfenbüttelschen Wappen. Oben sind Architraven mit Zahn-
schnitt- Eierstock- und Perlenschnurornamenten, durch hervor-
springende Konsole getrennt. Zu oberst Karnisse und drei Vasen,
mit einer Dekoration von Ornamentik und Renaissancemasken
verbunden.
Die Flügel in der Mitte öffnen sich für die eigentliche Pfeifen-
Fassade, äusserst wirkungsvoll in der Disposition, die Pfeifen
reich geschnitzt in verschiedenen Holzsorten, Oliven, Kornelholz,
Birnenholz, mit Elfenbeinbekleidung eingelegt und reicher
Vergoldung p. p., alles typisch für die Renaissancezeit. Im Gegen-
satz zu den neueren Orgeln mit ihren runden Pfeifen aus Zinn
besteht diese Orgelfassade lediglich aus viereckigen Pfeifen, alle
ausnahmlos aus Holz. So auch mit den übrigen Pfeifen der
Orgel: alle sind aus Holz, keine ist aus Metall.
Der oberste Teil der Fassade besteht aus 45 Pfeifen (wovon
eine stumm) von der Prinzip alstimme. Unter einem grossen
Bogen gruppieren sich die 45 Pfeifen in drei Abteilungen, von
denen diejenige in der Mitte die 9 grössten Pfeifen enthält,
die auf den Seiten je 1 8 kleinere Pf eif en, alle aus dem Kernholz
des Eichbaumes geschnitten, auf der Aussenseite mit dicken
Elfenbeinplatten mit Ornamenten und Rahmen aus Ebenholz
bekleidet. Die leeren Pläne oberhalb der Pfeifen werden von
geschnitzten Engelsgestalten ausgefüllt, die sich über der höch-
sten Pfeife in der Mitte die Hände reichen. Die Räume über den
beiden kleineren Pfeifengruppen werden von vergoldeten Holz-
schnitzereien ausgefüllt, Ornamente von Laubwerk um zwei
sitzende Figuren herum, eine nackte Frau, über der eine kind-
liche Gestalt hervorguckt und einen Mann, welcher auf Horn
bläst. Die beiden obersten Ecken enthalten zwei geflügelte,
flötenblasende Kindergestalten.
In dem unteren, kleineren Teil der Fassade befindet sich in
drei Gruppen im Ganzen 46 kleine Pfeifen (wovon eine stumm)
70
EINE HISTORISCHE ORGEL
aus Buchsbaum mit eingelegtem Ebenholz. Es sind dies die
Zungenstimmen des Hauptwerkes. Eine verschiebbare, schmale
Metallplatte dient als Notenpult.
Die Klaviatur hat 2 Manuale, wovon die obere das Haupt-
werk ist. Die Tasten, — in jedem der Manuale 45 — sind aus
dickem Elfenbein und Ebenholz; die Vorderfläche der Unter-
tasten sind mit fein ziselierten Silberplatten bedeckt. Die
Manuale werden durch Silberhandgriffe (Löwenköpfe) zusam-
mengekoppelt. Während des Koppeins kann das Unterklavier
nicht gespielt werden. Manuale und Pedale können nicht zusam-
mengekoppelt werden.
Die Tasten des Pedals, 23 an der Zahl, sind ebenfalls reich
ausgestattet, die Untertasten aus Eichenholz mit dicken Elfen-
beinplatten, die Obertasten aus Ebenholz. Die Klaviatur kann
hier wie eine Schublade eingeschoben werden.
Die Orgel verfügt über im Ganzen 27 Stimmen, gleichmässig
verteüt mit je 9 Stimmen im Hauptwerk, Unterklavier und
Pedal. Dazu kommen ferner 4 spezielle Register (siehe unten).
Die Registerzüge sind alle aus massivem Silber, die Knöpfe
mit schön ziselierten Menschen- und Tierköpfen geschmückt.
Die Register sind wie folgt:
Hauptwerk C-c3 (45 Tasten.) Unterklavier C-cz (45 Tasten.)
Prinzipal . .
Gedackt . . .
Klein Prinzipal
Gemshorn . .
Nachthorn
Blockflöte . .
Supergedackt
Gedackt-Quint
Rankett . . .
8 Fuss
4
4
4
4
2
22/a
16
Quintatön ....
Klein Gedackt . .
Prinzipal, Diskant .
Blockflöte, Diskant
Kleines Gemshorn
8 Fuss
4 „
4 „
4 „
2 „
Nazard l1/
3 »
Cymbal . . .
Krummhorn .
Geigen-Regal
7*
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN.
71
Pedal C-d1 (23 Tasten.)
Subbass . .
Gemshorn
Quintatön
Querflöte .
Nachthorn
Fistula rurestris
(Bauernflöte)
Sordunen-Bass .
Dolzian. . . .
Vox virginea .
(Jungfer-Regal)
16
8
8
4
2
1
16
8
4
Spezielle Register.
Eule. Brummbass, C.
Rose 1 Tremolo f. Pedal.
Rose 2 Tremolo, kleines.
Narrenkopf, Dudelsack F-c.
Man bemerkt in dieser Disposition teils die grosse Anzahl
4Fuss Stimmen in den Manualen, teils das reich versehene
Pedalwerk, das eben so viele Register wie jedes der Manuale
besitzt, und zwar nicht nur tiefe Stimmen, sondern auch eine
ganze Reihe hoher Stimmen von 4 und 2, ja sogar von 1 Fuss.
Das Pedalwerk ist also hier nicht ein Accessorium zum Haupt-
werk, sondern hat selbstständige Bedeutung. Dies ist für
die Orgelbaukunst dieses Zeitalters besonders eigentümlich.
Wenn man in Michael Prätorius „Syntagma musicum" die Dis-
positionen der Orgel aus der damaligen Zeit untersucht, wird
man manche entsprechende, wenn auch nicht ganz so entschei-
dende Beispiele finden für die grosse Rolle, die dem Pedalwerk
in den damaligen Orgeln zuteil wurde, so in den grossen
Orgeln in Braunschweig und Lüneburg. In seiner obengenannten
Abhandlung erwähnt C. M. Philbert eine andere Orgel aus
dieser Periode, St. Petri in Görlitz, die eine ganz ähnliche Dis-
position der Register hat. Durch diese Disposition wird der
Vorteil erreicht, dass die Zwischenstimmen grösseres Gewicht
erhalten, was natürlich von besonderer Bedeutung für den
damaligen Orgelstil war, welcher entschieden den Stempel der
Polyphonie trug. Hier stehen nicht Bass und Diskant ohne ver-
bindendes Zwischenglied in der melodischen Zeichnung einander
gegenüber.
Diese eigentümliche Selbstständigkeit des Pedals in der
Registerdisposition hängt mit der ganzen damaligen Kompo-
72 EINE HISTORISCHE ORGEL
sitionstechnik zusammen. Die erwähnten Instrumente stammen
alle aus Norddeutschland, wo uns gerade zu jener Zeit die Figurai
bearbeitung der Lutherschen Choräle in reichlicher Menge
begegnet. Um den festen Stamm der Melodie schlingen sich
hier die Stimmern in kontrapunktischer Fülle, indem der Cantus
firmus in das Pedal gelegt ist, wo er unbeirrt seinen ruhigen
Gang geht, während die Hände mit dem Figuralsatz auf den
Manualen in ununterbrochener Bewegung sind. Zu diesem
Zwecke musste eine Disposition wie die obengenannte, wo das
Pedal auch über die höchsten Register, den höchsten Diskant
verfügt, sich besonders praktisch zeigen. Bezeichnend ist es
hier, dass das höchste Pedalregister, das auf unserer Orgel
„Bauernflöte" (1 Fuss) genannt wird, zu jener Zeit auch unter
dem Namen „Choralflöte" auftritt. Dies scheint genügend die
besondere Bestimmug dieses Registers anzugeben. Zum Ueber-
fluss hebt Mich. Prätorius dasselbe in seiner „Syntagma musicum"
hervor, indem er hinzufügt, dass dies eine Eigentümlichkeit
der deutschen Orgel ist. }) Interessant ist es also, hier festzu-
stellen, auf welche Art neue Kunstformen, d. h. rein geistige
Momente, sich sofort in dem Gerät der Hände, oder vielmehr
des Fusses, bemerkbar macht, womit sie hervorgebracht werden.
Mit dem Raum ist überall stark gespart worden, es ist
offenbar die Aufgabe gewesen, möglichst viel auf möglichst
kleinem Platz zu sammeln. Während die Manualregister wie
gewöhnlich ausgezogen werden, sind die Pedalregister durch
Hebung in Bewegung zu setzen, recht bequem übrigens für
den spielenden Organisten. Der innere Raum der Orgel ist mit
grösster Geschichtichheit ausgenutzt worden, jede Ecke ist ver-
wendet. Der kleine Orgelkasten fasst daher ein Tausend grosse
und kleine Pfeifen mit zugehörigen Kanälen, Windkasten und
Windladen samt ihren weitläufigen Verbindungsgliedern. Der
Raum ist grade der unbedingt nötige, weder grösser noch kleiner.
Der tiefste Bassoktav hat den sogenannten „Kurzen Oktav",
also mit Weglassung der Töne Cis, Dis, Fis, und Gis, den Ge-
bräuchen der damaligen Zeit entsprechend.
Die Manuale haben also zwar je 4 Oktave, aber nur im
*) Syntagma musicum II Pag. 140: Diese Stimme wird bei uns in Deutschland,
sonderlich wenn man den Choral im Pedal führen will, sehr geschätzt. Die Italiener
aber verachten alle solche kleine Bassstimmen von 2 od. 1 Fuss Ton".
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN. 73
Ganzen 45 Töne, und das Pedal dergestalt zwar etwas über 2
Oktave, aber nur im Ganzen 23 Tasten.
Die Orgel hat 999 fungierende Pfeifen nebst 2 stummen, im
Ganzen also 1001 Pfeifen. Alle sind sie, selbst die allerkleinsten,
aus Holz, und zwar aus auserwählten Holzsorten, Eiche, Birne,
Ahorn und Buchsbaum. Bei einzelnen der Windkanäle kommt
doch auch das einfachere Fichtenholz vor; dies scheint doch
ein späterer Zusatz zu sein, erst angebracht, nachdem das In-
strument nach Dänemark gekommen ist, indem das Papier,
das zur Verstopfung dieser Windkanäle verwendet ist, aus
dänischen Staats-Rechenschaften derselben Zeit stammen. Wahr-
scheinlich sind diese Windkanäle gleichzeitig mit der ersten Auf-
stellung des Werkes in Dänemark angebracht, welche wie
erwähnt Meister Esaias Compenius persönlich leitete.
Die ganz besondere Sorgfalt, womit die Orgel gebaut ist,
zeigt sich klar bei einer näheren Betrachtung der einzelnen
Pfeifen. Eine vollkommene Meisterarbeit ist hier geleistet, und
nichts ist gespart, weder was Arbeit noch Material betrifft.
Den Stand der damaligen Orgelbaukunst erkennt man hier klar
und deutlich an der ausgezeichneten Verfassung, worin dieses
Werk, jetzt über 300 Jahre alt, sich noch befindet. Die ausser-
ordentliche Liebe, womit der Meister seine Arbeit umfasst hat,
scheint vom Schicksal belohnt worden zu sein, das in wunderbarer
Weise dies Werk beschützt hat, nicht nur gegen die Zerstörunge
des Feuers, sondern auch gegen das langsame Vergehen durch
den nagenden Zahn der Zeit. Obgleich das Werk ausschliesslich
aus Holz ist, befindet es sich noch in vollkommen gutem Stande,
von Baufälligkeit ist keine Rede. Selbst der ärgste Feind des
Holzwerkes, der Holzwurm, hat es geschont! Während manch
jüngeres Werk längst vor Alter zerfallen ist, steht diese uralte
Orgel noch heute in allem Wesentlichen in ihrer ursprüng-
lichen Gestalt da, frisch und lebenstüchtig. Um sie noch sicherer
zu bewahren, sind sämtliche Pfeifen bei der Restaurierung
gefirnisst worden, dreimal auswendig und einmal inwendig.
Wie schon erwähnt, sind alle Pfeifen viereckig. Die genaue
Anpassung dieser viereckigen Pfeifen an das Pfeifenbrett hat
— wie man sich vorstellen kann — eine grosse Arbeit gekostet,
nicht zu Mindesten weil es sich darum handelte, mit möglichst
wenig Raum auszukommen. Dies geht deutlich aus der Art
74 EINE HISTORISCHE ORGEL
hervor, auf welche die Pfeifen im inneren Orgelkasten ange-
bracht sind. Mehrere der langen Basspfeifen sind im Winkel ge-
bogen, andere lange Pfeifen sind aus der natürlichen Reihen-
folge heraus für sich gestellt, und ganze Reihen von Pfeifen
sind aus Platzrücksichten in hegender Stellung angebracht.
Von den Pfeifen mögen hier einige erwähnt werden, die zu
besonderen Bemerkungen Anlass geben.
Zuerst die Zungenstimmen. Von diesen gibt es im Ganzen 6
Register, 1 Register im Hauptwerk, 2 im Unterklavier, und 3
im Pedal. Diejenige von den damaligen Instrumenten, wonach
diese Zungenstimmen in unserer Orgel gebildet sind, nämlich
das alte „Regal" und das alte „Rankett" oder „Rackett" , waren
damals noch in ihrer frühesten Kindheit und nicht eben impo-
nierend. Nach den schnarrenden knurrenden Tönen, die aus
diesen Instrumenten erklangen, gab man nicht ohne Grund
diesen Registern den Namen „Schnarrwerk" . Die Zeit war noch
fern, da man durch sinnreiche Erfindungen und Verbesse-
rungen der Zungenstimmen alle diejenige Register herstellen
konnte, die grade heutzutage den Zungenstimmen der Orgel
ihren besonderen Charakter verleihen, Trompet, Posaune, Kla-
rinet, Oboe, Fagot, Euphonia u. s. w. Hier, im Anfang des
17ten Jahrhunderts, musste man, was diese Stimmen betrifft,
sich mit einem in Bezug auf Klangfarbe äusserst primitiven
Resultat begnügen. Dieses gilt auf unserer Orgel besonders den
16 Fuss „Rankette" im Hauptwerk (Fig. 3) und komisch genug,
ebenfalls dem 4 Fuss „Jungfer Regal" im Pedal. (Fig. 4.) Über
diese letzte Orgelstimme macht Michael Prätorius irgendwo
eine Bemerkung, die fast wie eine leise Ironie klingt, näm-
lich: sie müsse klingen wie „eine Jungfernstimme, die Bass
singen möchte"! Nicht ganz so schlimm sind die anderen Zun-
genstimmen, so z. B. der Sordun-Bass im Pedal (Fig. 5), aber
wirklich gut sind nur „Geigen-Regal" 4 Fuss im Unterklavier
(Fig. 6) und „Dolzian" 8 Fuss im Pedal (Fig. 7). Durch passende
Registrierung mit „Tremolo" kann genannte „Geigen-Regal"
eine ganz eigene Charme erhalten, die seinem Namen entspricht,
einen feinen und hellen, leicht zitternden Geigenton.
Die Konstruktion der Pfeifen in diesen Zungenstimmen ist
ganz verschieden von der jetzigen. Für moderne Zungenstimmen
spielt „der Schallbecher" eine wichtige Rolle teils durch Ver-
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN.
75
„« 111 ii,
11
11
i
Fig. 3
vm
Kg. 4
' Cli
Fig. 5
Fig. 6
il
(il
Hill
w
Fig. 7 Fig. 8 Fig. 9 Fig. 11 Fig. 10
Fig. 3 — 7 Zungenstimmen. Fig. 8 — 11 Labialstimmen.
76 EINE HISTORISCHE ORGEL
Stärkung und Veredlung des Tons, teils durch Individualisierung
seiner Klangfarbe. Aber dieses wichtige Moment fehlt bei den
alten Rankettstimmen, indem man sich hier damit begnügt,
den Ton hervorzubringen, ohne daran zu denken, ihn zu ver-
edeln. Der Pfeifenkörper ist natürlich ganz klein, und nimmt
sich in der Breite, was er der Länge nach hätte haben sollen;
die Pfeifen sind also kurz und dick. Der 16 Fuss Sordun-
Bass (Fig. 5) ist beispielsweise nur 52 cm. lang, aber 5 cm. breit,
der „Jungfer-Regal" (Fig. 4) nur 8 cm. lang, aber 2\ cm. breit
u. s. w.
Die Rankettregister erregen somit unser historisches Inte-
resse, aber rein musikalisch tragen entschieden die Labial-
stimmen den Preis davon. Sie brauchen sich unserer Zeit gegenü-
ber keineswegs zu schämen, besitzen eine Klarheit und Schön-
heit, eine Fülle und eine Individualität, die man selbst in unseren
fortgeschrittenen Zeiten nicht besser verlangen könnte. Die
hohe Technik, die dieses Werk repräsentiert, steht hinter unserer
Zeit auf keinen Fall zurück. Von selten rundem und vollem
Ton ist Subbass 16 Fuss (Fig. 8), Gedackt 8 Fuss (Fig. 9), und
Blockflöte (Fig. 10).
Auf Principal 8 und 4 Fuss (Fig. 1 1 ) samt Quintatön ist die
Kernspalte mehr wie gewöhnlich vorgeschoben, wodurch der
Luftstrom mehr nach aussen gezwungen wird. Querfölte 4 Fuss
im Pedal hat eine ungewöhnlich enge Mensur, weswegen sie
auch im Rohr sehr lang ist (8 Fuss). Sie ist jetzt überblasend;
um zu verhindern, dass der Ton bei schwächerer Luftgebung
in die Unteroktave schlägt, wurde nämlich bei der Restaurie-
rung mitten in das Rohr ein Loch gebohrt.
Ferner das charaktervolle Gemshorn samt den beiden hohen
Registern im Pedal, Nachthorn und Bauernflöte, beide Flöten-
töne edler Art. Endlich die speziellen Register, die beiden Tre-
molanten, ferner „Eule" und „Narrenkopf", ersteres mit seinem
weichen Summen, letzteres mit seinen schnarrenden Dudel-
sacktönen, alles sehr bezeichnend für die krassen Effekte,
welche die damalige Zeit so sehr schätzten.
Das ganze verbindet sich zu einem Ensemble, die einem Orga-
nisten mit Phantasie und Kunstsinn reichlichen Stoff dar-
bietet. Er wird in dieser alten Orgel hervorragendes Material
vorfinden, um erfindungsreich zu registrieren, und aus dem
AUF FREDERIKSBORG SCHLOSS BEI KOPENHAGEN. 77
wechselnden Farbenspiel der Instrumentation ein Tonbild zu
schaffen, voll strömendem Leben und besonders mannigfachem
Kolorit. Es ist wohl zweifelhaft, ob die Orgel ursprünglich als
eigentliches Kircheninstrument gebaut wurde; sowohl ihrer
äusseren Pracht, wie auch ihrem reichen und wechselnden
Inhalt nach zu urteilen, ist sie weit eher als Saloninstrument
gedacht. Es war insofern ganz richtig, dass man sie zu seiner
Zeit von der Kirche in den Rittersaal auf Frederiksborg Schloss
hinüberbrachte. Hier wo der funkelnde Wein den Pokal füllte
und der Kavallier mit seiner schönen Dame zierlich die charak-
tervollen Tänze der Zeit übte, die festliche Paduan und Galliard,
die würdige Sarabande, die lustige Bourrée und die ausgelassene
Gigue, hat ein Instrument wie dies den rechten musikalischen
Hintergrund abgeben können. Und handelte es sich um irgend
einen musikalischen Scherz, der die Gäste des Hofes belustigen
könnte, so war ja die Orgel imstande, auch dieses zu leisten.
Indessen, das festliche Leben des Rittersaals ist jetzt ver-
schwunden, und aus dem königlichen Residenz-Schlosse ist
jetzt ein nationalhistorisches Museum geworden. Es ist daher
richtig, dass die Orgel wieder ihren Platz dort gefunden hat
wo Christian der Vierte, der königliche Musik-Mäzen, sie ursprüng-
lich hinstellte, in der herrlichen Schlosskirche.
Dort wird die alte 300-jährige Orgel regelmässig wöchentlich
gespielt. Sie bestätigt wieder die Erfahrung, dass jede Zeit ihr
eigenes Klangideal hat und die Instrumente darauf einge-
stellt sind. Wie Michael Prätorius in seiner „Syntagma musicum"
(1619) sich stolz ausdrückt: „Die Wahrheit zu bekennen, so
ist keine Kunst so hoch gestiegen, als eben die Orgelkunst; denn
der Menschen subtile Spitzfindigkeit und fleissiges Nachdenken
hat es dahin gebracht, dass sie nun gänzlich ohne einigen
ferneren Zusatz wohl bestehen bleiben kann".
Je mehr man sich in die Untersuchung dieses alten Stückes
vertieft, desto mehr muss man den Erfindungsgeist und die tech-
nische Überlegenheit bewundern, die es in jeder Einzelheit zu
Schau trägt. Es ist hier weder an Arbeit, Einsicht noch Geld
gespart worden. Oder wie der früher genannte französische
Orgelbauer, Felix Reinburg, sich ausdrückte, als er seine Restau-
rierings- Arbeit beendet hatte : „Diese Orgel ist von einem Orgel-
kenner seltener Art gebaut, einem Manne, der in seinem Fach
78 EINE HISTORISCHE ORGEL U.S.W.
für seine Zeit sehr hoch gestanden hat und in einzelnen Punkten
sogar dieser voraus war. Und es ist auf die Veranlassing eines
Mannes ausgeführt worden, für den die Kosten keine Rolle
spielten. „Selten, fügte er hinzu, habe ich eine Orgel gesehen,
die, obgleich klein von Dimensionen, in dem Masse das Merkmal
der Vollkommenheit an sich trägt, wie diese".
Angul Hammerich.
LA MUSIQUE AU CONGRÈS D'HISTOIRE DE L'ART
TENU À PARIS 1921.
Un Congrès d'Histoire de l'art vient de se réunir à Paris,
dont la presse quotidienne et les Revues spéciales ont déjà fait
ressortir l'importance pour ce qui est des arts plastiques. Qu'il
nous suffise de noter la présence non seulement des savants les
plus considérables d'Europe (Autriche et Bulgarie comprises) mais
celle aussi de délégations de contrées plus lointaines, Perse,
Chine, Japon, sans parler des deux Amériques.
Le fait capital, à notre sens, est peut-être l'attribution à l'his-
toire de la musique d'une des quatre sections de ce Congrès : par
quoi se trouve enfin supprimé le traditionnel et stupide cloisonne-
ment hiérarchique entre les Arts.
L'organisation préalable de la section avait été confiée à MM.
André Pirro, professeur d'histoire de la musique à la Sorbonne,
et Henry Prunières, docteur-à-lettres. Le bureau fut ainsi com-
posé: President: M. Karl Nef, professeur à l'Université de Bâle.
Vice-présidents: MM. Boghen (Italie), Burlingame-Hill (Etats-
Unis), Fuller-Maitland (Angleterre), Scheurleer (Hollande), Viana
da Motta (Portugal). Pour la France, MM. Amédée Gastoué,
André Pirro, Henry Prunières.
Secrétaires: MM. de Freitas-Branco (Portugal), André Cœuroy
et Marc Pincherle.
Le nombre des communications lues au cours de ces neuf séan-
ces est considérable : cette abondance, et plus encore l'ampleur et
la variété des sujets traités excuseront en quelque mesure les
lacunes du présent résumé.
I.
ÉTUDES DE TEXTES MUSICAUX.
Le plus ancien monument étudié est une version, de la fin du
80 LA MUSIQUE AU CONGRÈS D 'HISTOIRE
XIIe siècle, du Chant de la Sibylle, dont M. Félix Raugel commu-
nique au Congrès une reproduction photographique d'après le ms.
des archives de l'Hérault. M. F. R. rappelle l'origine et la vogue
des vers dits sibyllins.
A propos de l'Alarme, pièce descriptive d'un disciple de Ma-
chaut (â 1377) nommé Grimace, M. Gastoué montre l'art poly-
phonique médiéval aussi instrumental que vocal. L'Alarme est
écrite pour une voix chantante et trois instruments.
M. Giulio Bas retrouve dans un manuscrit du Mont-Cassin une
déploration sur la mort de Binchois qui existe, sans nom d'auteur
à la bibliothèque de Dijon, où l'abbé Morelot l'étudia jadis.
L'attribution qu'en peut faire M. Giulio Bas à Jean Ockeghem
donne plus de force à l'hypothèse selon laquelle ce dernier aurait
été l'élève de Binchois.
De M. Bernoulli, de savantes observations sur la notation de
rythmes complexes dans quelques compositions du XVIe siècle.
M. Hadow annonce la publication, par l'Oxford University
Press, d'une collection considérable de musique religieuse de l'épo-
que Tudor; souligne, après l'imitation flamande, le magnifique
épanouissement des Tomkins, Gibbons, etc. . . , et surtout de
Tallis et Byrd.
M. Scheurleer signale, dans le même ordre de travaux, l'édition
intégrale entreprise en Hollande de l'œuvre de Josquin des Prés.
M. Henry Expert continue l'inventaire critique des recueils
d'Attaignant, ceux en particulier de la bibliothèque Mazarine
(Res. 30345 A), analyse d'exquises pièces de Certon, Claudin de
Sermizy, Passereau, Mouton, etc., identifie plusieurs anonymes,
rectifiant çà et là bon nombre d'erreurs d'Eitner.
C'est des recueils périodiques de Ballard que M. Paul-Marie
Masson tire un très curieux aperçu de l'évolution du goût musical
en France, de 1695 à 1731, de plus en plus porté vers l'italianisme
et la musique savante.
M. Paul Brunold, appuyant sa démonstration d'exemples au
clavecin, note entre un livre de d'Andrieu, vers 1703, et ceux plus
connus publiés après 1720, des différences de style qui suggèrent
l'idée d'un homonymat.
Enfin M. Felice Boghen signale aux clavecinistes des sonates
inédites, à deux clavecins, de Bernardo Pasquini (1704, Bibl.
estense de Modène), de qui il nous retrace la féconde carrière.
DE l'art, tenu à paris 1921. 81
La basse, seule, était écrite, assez élaborée pour indiquer l'esprit
de la réalisation : preuve de la culture musicale des clavecinistes
capables de l'entreprendre à vue. Avec le concours de M. I. Philip,
M. Boghen fait entendre, à deux pianos, sa magnifique version de
l'œuvre reconstituée.
II.
ÉTUDES D'HISTOIRE ET DE BIOGRAPHIE.
D'un caractère plus synthétique est le tableau, extrait par M.
Pirro des mémorialistes du XVIIe siècle, de la vie musicale aux
galères, où les virtuoses bénéficient d'un traitement de faveur,
d'un enseignement technique régulier, et de la curiosité sympa-
thique des grands.
M. de Freitas Branco traite, en un chapitre très neuf, de la
riche école contrapuntique portugaise des XVI — XVIIe siècles,
avec, fixés principalement à Evora, des maîtres dont l'un, Duarte
Lobo (Eduardus Lupus) était prisé des Espagnols à l'égal de
Tomas de Victoria.
En Azzoleno délia Ciaia, le comte Chigi Saracini étudie un
artiste semblable, par la multiplicité de ses dons — organiste
compositeur, facteur d'orgues, — aux grands Italiens de la Re-
naissance.
Du XVIIIe siècle, M. Louis Fleury évoque un flûtiste char-
mant, Naudot, et fait entendre une de ses sonates, accompagné
au clavecin par Mme Wanda Landowska.
Pour l'époque contemporaine M. Viana da Motta nous donne
un „Etat" de la musique portugaise, appuyé par une excellente
exécution au piano d'excerfita des œuvres les plus typiques.
M. Burlingame Hill, parlant des musiciens américains d'ajourd'
hui, nous les montre curieux de toutes les techniques, mais im-
patients d'échapper à l'influence prépondérante soit du folk-lore
indien ou nègre, soit des écoles de Leipzig et de Paris, pour
instaurer un art vraiment national.
III.
ÉTUDE DES ÉCHANGES INTERNATIONAUX.
Nombre de délégués avaient courtoisement orienté leur recher-
che vers ces études d'influences, et particulièrement de l'influence
française à l'étranger. Citons les travaux de M. Bonnelli, sur les
6
82 LA MUSIQUE AU CONGRÈS D'HISTOIRE
joueurs de flûte français, au service de la seigneurie de Sienne au
XVe siècle, avignonnais pour la plupart.
De M. Felipe Pedrell, sur une collection conservée à l'Escurial,
de madrigaux de Jean Brudieu, né à Limoges vers 1510, et plus
tard fixé en Espagne.
De M. van den Borren, sur deux recueils peu connus d'œuvres
de Roland de Lassus, à la bibliothèque royale de Bruxelles (M. H.
Prunières en signale deux autres exemplaires, dans sa collection
personnelle, et à la bibliothèque Sainte-Geneviève). Ces recueils
par leure date, jettent un jour nouveau sur les rapports très suivis
entre Roland de Lassus et le public français.
De M. Luigi Torri, sur un exemplaire unique d'un madrigal à
quatre voix de Jean d'Arras, daté de 1 570 et conservé à la biblio-
thèque de Turin.
De M. Th. Gerold, deux communications, l'une sur les rapports
entre la chanson française et la chanson allemande aux XVe et XVe
siècles, l'autre sur les influences multiples au XVIIIe siècle (après
1 766) de l'opéra-comique, français sur la rénovation du Singspiel
allemand (Audition d'exemples de Mozart, Hiller, Schulz, Dit-
tersdorf, chantés par Mme Th. Gerold).
De M. Karl Nef, sur l'influence française sur le développement
de la suite; particulièrement l'allemande, modifiée tout à tour
par les virginalistes anglais, par nos luthistes et qui trouve sa
forme classique, avant Bach, chez Chambonnières et Cou-
perin.
De Mme Wanda Landowska sur Bach et les clavecinistes fran-
çais. Hors des habituelles redites, Mme W. L. trouve mille preuves
nouvelles de la connaissance qu'avait le grand Cantor de l'œuvre
de nos clavecinistes ; de sa compréhension, de sa prédilection pour
cet art. Elle illustre sa conférence d'exemples au clavecin, double-
ment précieux, par leur valeur démonstrative et leur incompara-
ble charme musical.
De MM. Sem Dresden, sur l'influence, ou plutôt la diffusion de
la musique française aux Pays-Bas.
De M. Fuller Maitland sur les influences réciproques internatio-
nales, particulièrement entre France et Angleterre: il espère que
la musique contemporaine anglaise, à son tour, sera capable
d'avoir une action sur les écoles continentales.
de l'art, tenu à paris 1921. 83
IV.
HISTOIRE DE LA MUSIQUE DRAMATIQUE.
Etroitement liée à l'histoire des échanges musicaux entre Fran-
ce et Italie au XVIIe siècle, la communication de M. Henry Pru-
nières nous révèle un opéra inédit de Paolo Lorenzani, de qui l'on
ne connaissait jusqu'alors que quelques motets. De très beaux
fragments en sont chantés par Mme Madeleine Bonnard (la par-
tition réduite au clavecin par Mme W. Landowska).
M. Tessier tire de Mémoires des Menus-Plaisirs conservés aux
Archives, à propos de la représentation à Saint-Germain du
Triomphe de l'Amour (1681), d'intéressantes précisions sur la
préparation d'un opéra-ballet, et la minutie de sa mise au point
préalable.
A cet ordre d'études se rattachent les notes présentées par M.
Levinson sur la danse théâtrale en Russie, héritière des traditions
de la chorégraphie française.
FOLK-LORE.
Un aperçu de l'histoire de la musique finlandaise, par M. Kle-
metti, nous renseigne surtout sur le chant populaire, riche au
point qu'on a pu recueillir en Finlande 14.000 airs, influencé, dès
les premiers siècles de l'ère chrétienne, par les tonalités d'église.
Mlle Logotheti, à propos de la chanson populaire grecque, traite
du problème technique de la transcription (mode, rythme, har-
monisation), montre la part prépondérante des musiciens français
(Bourgault-Ducoudray, Ravel, etc.) dans la divulgation d'un
répertoire splendide, dont Mme Speranza Calo nous donne, à voix
seule, de très nobles citations.
Miss Natalie Curtis, dont les monographies sur le folk-lore amé-
ricain sont bien connues, nous parle de la musique des indiens
Peaux-Rouges. Et c'est vraiment une révélation que celle de ces
trois chants : chant pour faire venir la pluie, berceuse, chant du
maïs, qui nous mettent en présence d'un art complexe, aux ryth-
mes souples, aux inflexions variées, exalté par la passion de la
nature divinisée.
84 LA MUSIQUE AU CONGRES D'HISTOIRE, ENZ.
VI.
VARIA.
Enfin, isolés dans des catégories diverses, citons les travaux de
MM. E. Rochelle et René Josz : „Essai d'une théorie de l'évolution
de l'art musical conforme aux conceptions scientifiques modernes
de l'évolution".
De M. André Cœuroy, sur Gérardde Nerval et la musique — son
éducation musicale, son amour pour des musiciennes comme Jen-
ny Colon et Marie Pleyel ; son influence (comme librettiste, comme
critique musical, comme adepte fervent des théories wagnérien-
nes) sur le monde des lettres en particulier.
Du signataire de ces signes, sur des points obscurs d'organo-
graphie; à propos de l'histoire de la harpe, passée de l'Orient aux
îles Britanniques dans les premiers siècles de l'ère chrétienne par
des intermédiaires que l'on peut retrouver.
De M. Barclay Squire, sur la nécessité de constituer, au moins
pour les portraits de musiciens, des répertoires iconographiques,
qui rendent compte des trésors que possèdent les grands musées.
De M. A. Gentili une préface dans laquelle il met en lumière
l'intérêt d'un enseignement historique de la théorie musicale.
Tel est, en bref le bilan de la section d'Histoire de la Musique.
Pour imparfait que soit ce résumé on y peut trouver, en manière
de conclusion, le témoignage de l'extraordinaire essor des études
musicologiques. Et — veuille le lecteur ne point voir ici une trace
d'esprit de guerre — , on ne manquera pas de constater que, do-
maine exclusif des Allemands à l'origine, elles ont maintenant
en tous pays des spécialistes éminents, presque toujours suivis
d'un public digne d'eux.
Marc Pincherle.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART *).
„Pauvre Mozart! Le voici donc forcé d'écrire, — peut-être
„même après sa mort, — un Concerto de violon, afin de varier ses
„plaisirs! Car nous supposons que c'est bien de W. A. Mozart
„qu'il s'agit ? Ce Concerto, comparé à beaucoup d'autres, n'est
„réellement pas trop mauvais: mais il s'y rencontre des fautes
„contre les règles élémentaires de la composition telles que Mozart
„n'en a jamaises commises de semblables, même dans les oeuvres de
„sa prime jeunesse," 2) etc. Et le critique va jusqu'à se croire
tenu de mettre sous nos yeux un passage de l'Adagio qui, visible-
ment, trouble ses convictions les plus vénérables!
C'est ainsi que, huit ans après la mort de Mozart, en octobre
1799, le plus grand journal musical de l'Allemagne annonçait la
publication chez l'éditeur André de son dernier Concerto pour
violon3). Voila, n'est-il pas vrai, un assez mauvais debut! Une
telle condamnation risquait fort, en effet, de compromettre à
jamais le succès de l'oeuvre nouvelle et le fait est que les quelques
lignes précitées, émanant des rédacteurs anonymes de V Allge-
meine Musik Zeitung, — ceux que Beethoven avait coutume de
nommer les „Boeufs de Leipzig", — ont exercé leur effet pendant
tout le 19ème siècle sur la critique relative à ce Concerto aussi
fameux qu'il est devenu sujet a controverses, sans, que toutefois,
le succès du morceau se soit jamais ralenti! Malgré la découverte
encore récente ( 1 907) d'un autre Concerto pour violon de Mozart,
et malgré son état d'inachèvement, ce grand et noble Conccerto en
mi bémol demeure, pour nous, dans le répertoire mozartien, un té-
moin aussi haut et comme une sorte de pendant à l'admirable Con-
certo pour violon de Beethoven 4).
x) Köchel no. 268.
2) Allgemeine Musik Zeitung, p. 93, 94 (octobre 1799).
3) Concerto pour violon le avec accompagnement de grand orchestre composé par
Mozart. Oeuvre 76me. Prix 2j fl. A. Offenbach s. M. chez J. André.
4) Le thème initial du Concerto en mibémol lorsqu'il est dessiné par les basses s'appa-
rente nettement au Concerto de Beethoven: voir ce dernier mesures 77 à 46. 1er
morceau.
86 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
N'oublions pas de rappeler ici que Jean Antoine André (1775 —
1 842) fils de l'éditeur et compositeur Jean André, l'un des créa-
teurs du Singspiel allemand, s'était rendu acquéreur, à la date du
18 juin de cette même année 1799, du plus riche trésor artistique
que jamais éditeur de musique ait été en mesure de se procurer
d'un seul coup ! En effet, la veuve de Mozart, Constance Weber,
venait de lui vendre, ce jour là, tout le lot de manuscrits demeuré
en sa possession et provenant de son défunt mari : il y a lieu de
remarque* que notre Concerto en mi bémol pourrait bien être la
première grande oeuvre de Mozart publiée chez André aussitôt
après cette importante acquisition.
Le mystère qui plane sur l'origine du dit Concerto provient de
l'absence de tout manuscrit, même fragmentaire ou de toute
esquisse originale.* Force nous est donc, pour l'étudier, de nous
contenter d'une „nouvelle édition" parue en parties séparées chez
André vers 1830 on 1840, — car la première édition, celle de 1799
échappe encore à toutes nos recherches 1).
Voici le titre de cette „nouvelle édition" qui n'est évidemment
qu'un nouveau tirage de la première:
Concerto pour le violon avec accompagnement d'Orchestre ou
de Piano.
Arrangement de F. X. Gleichauf. 2)
Composé par W. A. Mozart
op. 76
Nouvelle Edition-Propriété de l'Editeur
Offenbach S./M chez Jean André no. 1288.
Pr. avec Orchestre
Pr. avec Piano: fl. 2, 42 X 2.
C'est à l'aide de cette „nouvelle" édition qu'a été établie la
partition du Concerto publiée sous le no. 19 de la 24ème série
supplémentaire de la grande édition des Oeuvres de Mozart
(Breitkopf et Härtel) : le commentaire critique qui l'accompagne
ne faisant plus mention de la première édition, il parait certain
que le rédacteur dudit commentaire n'en a pas eu connaissance 3).
") Cette première édition n'était pas encore épuisée lors de la publication du Cata-
logue chronologique des oeuvres de Mozart, par le chevalier de Koechel en 1862.
Voir ledit catalogiquc no. 268.
2) Nous présumons que r„arrangement" de F. X. Gleichauf ne vise que la réduction
des parties d'orchestre pour le piano.
') Voyez Revisionsbericht séries 12 et 24 (Supplément no. 19 — 21) p. 15 et 16.
Breitkopf et Härtel. Leipzig, 1882.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 87
Alors que l'article du grand journal de Leipzig s'adressait au
public et se contentait d'appréciations assez vagues et ironiques
— d'une ironie dont on a pu, dès la première ligne, apprécier toute
la légèreté, — l'étude consacrée au Concerto en mi bémol par le
rédacteur de ce Commentaire a le caractère d'une véritable criti-
que des textes et dépasse même par son importance tous les autres
articles de révision contenus dans ce recueil. L'auteur, Mr. E.
Rudorff, y énumère une foule d'incorrections ou de gaucheries
d'écriture et déclare que la liste de ses exemples pourrait encore
s'allonger beaucoup: il s'attache à nous démontrer que jamais
Mozart n'a pu commettre autant d'erreurs renouvelées, et que
le Concerto „pris dans son ensemble" ne peut émaner de lui, au
moins sous sa forme présente. Mais, cependant, ce jugement trahit
quelques scrupules ; car, vers la fin de son travail, le musicologue
allemand nous prévient que „ce serait autre chose si, en prenant
son jugement pour base, l'on voulait ou non exclure toute partici-
pation de Mozart à la composition de quelques fragments de
l'oeuvre, considérés isolément". Il est d'avis, lui, le „réviseur",
que, dans ce cas, „l'on pourrait peut être aller trop loin". Il ne
lui semble pas impossible, en effet, que quelque „matériel mozar-
tien" ait pu être utilisé gauchement ici par une main étrangère et il
admet que, par exemple, il a pu exister des esquisses du premier
morceau et du finale de la main de Mozart ; l'instrumentation de
celles-ci aurait été complétée et la suite des morceaux rajoutée.
En somme, ce commentaire critique de la grande édition des
oeuvres de Mozart, paru en 1882, reproduit et aggrave, sous une
forme plus savante, la boutade du journaliste de 1799 et le pro-
blème ne s'en trouve guère eclairci. Nous allons essayer de le
reprendre ici et d'appliquer à l'étude de cette oeuvre fameuse les
méthodes d'examen et les procédés d'analyse que mon regretté
maître et collaborateur Teodor de Wyzewa nous avait enseignés
et que nous avous constamment mis en usage lors de la composi-
tion des deux volumes consacrés par nous à la „biographie musi-
cale" de Mozart.
L'allégro initial du Concerto en mi bémol s'ouvre par ce rythme
grandiose, dessiné par tout l'orchestre à l'unisson et qui servira
de base puissante à tout le morceau:
88
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
Ex. I.
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Il est aussitôt suivi d'une réponse mélodique
Ex. II.
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V
laquelle, tout à l'heure, sera la première parole du soliste, à la fois
éloquente et simple. Un dessin en croches monte alors crescendo
à l'orchestre et aboutit à la répétition, sur un forte éclatant, du
premier sujet, toujours aussi vigoureux, mais attaqué, cette fois,
par les basses sous les trémolos des violons. Le début n'avait fait
que l'amorcer : il se déroule maintenant, ample et noble, tout en-
tier devant nous et, surprise fréquente chez Mozart, le voilà qui
module en différents tons, s'échelonnant parmi les instruments à
vent à découvert, (mesures 26 à 31). Une brève ritournelle ryth-
mique, en si bémol, sert à amener le second sujet, d'une expression
tendre, comme il est d'usage, et d'ailleurs toute „mozartienne" :
Ex. III.
Exposé d'abord par les cordes, dans le ton principal, il passe à
l'octave supérieure, aux parties de la flute et des hautbois; le
premier sujet reparait alors obstinément (pour la troisième fois
depuis le début de ce tutti) aux basses avec une nouvelle modula-
tion vers le ton de la bémol, conclut à la tonique et fait place à
un troisième sujet, sorte de coda:
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 89
Ex. IV.
qui sert de de conclusion à ce grand tutti initial, absolument
semblable aux magnifiques introductions symphoniques des Con-
certos de piano de la période qui s'étend de la fin de l'année 1784
à 1786.
La brusque apparition du soliste, — trait particulièrement
caractéristique des Concertos de Mozart pendant cette période — ,
réduit l'orchestre au silence, comme il arrivera dans tout le cours
du Concerto et cette constatation jette un jour éblouissant sur les
origines de celui-ci. Comme on peut en avoir la preuve dans
nombre d'oeuvres restées inachevées, Mozart coulait toute une
oeuvre d'un seul jet continu: arrivé à l'endroit où le solo débute,
il cesse d'écrire les parties d'orchestre, et ne reprend celles-ci que
à la mesure où le solo s'est arrêté, remettant à plus tard le travail
de mise au point de l'orchestration. L'examen de toutes ses
oeuvres inachevées, sans exception, fournit la preuve de l'emploi
constant de cette méthode de travail. On trouve des morceaux
entiers dont les lignes principales sont tracées sans aucune solu-
tion de continuité.
Au bout des 14 mesures du premier solo, l'obsédant premier
sujet reparaît à l'orchestre, pendant deux mesures, dans le ton
principal; puis le soliste présente un sujet nouveau staccato qui
lui appartient en propre, durera 13 mesures, et disparaîtra com-
plètement de la rentrée:
Ex. V.
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Ce procédé du sujet nouveau qui n'appartient qu'au soliste
été employé par Mozart avec un traitement tout semblable dans
son Concerto de violon en ré, celui qui a étér écemment découvert.
Et à ce propos, il est curieux de voir combien Mozart reste sou-
vent fidèle à ses anciennes habitudes.
90
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
Nous aurons à démontrer par la suite que le présent Concerto
en mi bémol doit sûrement dater de l'année 1784 — 1785: or, il y a
cette année là sept ou huit ans que Mozart n'a plus écrit de Con-
certo pour le violon (le précédent avait été écrit par lui à la veille
de son départ de Salzbourg pour Mannheim et Paris, le 16 juillet
1777). Lorsqu'il s'agit pour lui de traiter à nouveau un ancien
genre, on le voit, chose assurément fort intéressante, revenir à
d'anciens procédés abandonnés depuis longtemps, les réem-
ployer avec un plaisir visible et, souvent d'ailleurs, avec un sens
tout renouvelé. Des sonates, des concertos de piano, des quatuors,
etc., sont sortis de sa plume: il les oubliera momentanément pour
s'inspirer d'un vieux morceau que sa destination, qu'on me per-
mette le mot "violonistique" vient de lui rappeler.
Et ainsi en est-il souvent lorsqu'il reprend la culture d'un ter-
rain abandonné : que l'on regarde, par exemple, l'étonnante Sonate
pour le piano à quatre mains en fa (1786), l'on y trouvera des
effets, des procédés d'écriture directement issus d'une vieille So-
nate composée en 1773 pour ledit piano à quatre mains. Il n'a
nullement oublié son oeuvre de jeunesse comme on serait tenté
de le croire: il l'imite dans ses procédés et, mieux que cela, il
puise parfois en elle une nouvelle inspiration.
Mais revenons à notre analyse. La ritournelle du second sujet,
à l'orchestre, interrompt le soliste pendant quatre mesures et
celui-ci attaque alors à découvert ledit second sujet, d'une diffi-
culté d'intonation appréciable pour tout violoniste. (Voir Ex.
III). Ledit sujet passe alors à l'orchestre et le violon l'enguirlande
d'une variation, le reprend, et le termine par la cadence tradi-
tionnelle à la dominante.
Nous voici arrivés au développement. Toujours notre premier
sujet aux basses. Il nous conduit en passant, par des modulations
essentiellement „mozartiennes" :
Ex. VI.
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etc.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
91
à une reprise du troisième sujet, (celui qui servait de conclusion
au premier tutti) en ut mineur, qui elle même se développe et
s'approfondit par des imitations entre les dessus et les basses pour
aboutir à un dessin que va s'engloutir dans les profondeurs du
silence :
Ex. VII.
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On trouve ici, dans les parties séparées du Concerto parues
chez l'éditeur André, le terme "mancando" qui répond bien à la
situation et qui, indubitablement, provient de Mozart : le maître
qui l'emploie rarement en fait usage dans la fameuse Sonate de
piano en ut mineur dont nous aurons à parler longuement par la
suite et qui doit dater tout à fait du même temps que le pré-
sent Concerto.
Le premier sujet, très expressif, exposé par le soliste, au cours
de ce développement, est tout nouveau:
Ex. VIII.
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il donne lieu à une sorte d'émouvant dialogue brusquement
interrompu par l'orchestre, (toujours le premier sujet cantonné aux
basses) puis le soliste fait alors valoir ses droits de virtuose par
un trait en doubles croches et arpèges (26 mesures) qui se ter-
mine par une cadence pleine dans le ton d'ut mineur. Ce passage
obligatoire occupe la place qu'il a habituellement dans tous les
Concertos du maître, mais il est vide de tout accompagnement ;
ou plutôt les quelques notes tenues ou les batteries que le
„remplisseur" a cru devoir placer sous ce trait offrent une har-
92
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
monie si grossière et, d'autre part, appellent si évidemment un
retour aux basses du thème principal que nous proposons timide-
ment une version que l'on trouvera exposée sous le trait en ques-
tion, à la fin de la présente étude (Voir Ex. XXIV). Ce rappel du
thème initial, Mozart s'en serait magistralement servi ici, comme
dans ses autres grands Concertos, s'il avait mis la dernière main
à l'orchestration du Concerto en mi bémol, accentuant encore
ainsi, s'il est possible, le caractère symphonique du morceau tout
entier. Ce même sujet revenant sans cesse parait de nouveau à
l'orchestre dans le ton d' ut mineur, en un vigoureux unisson:
mais, cette fois, sans pouvoir en imposer au soliste qui lui répond
par ces deux mesures énergiques et fières:
Ex. IX.
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Nouvelle intervention du thème réservé à l'orchestre, toujours
en ut mineur et ensuite, pour amener la rentrée, le soliste expose le
passage que nous ne pouvons nous empêcher de citer intégrale-
ment ici à cause de sa beauté poétique, si souple, si fantaisiste et
si contenue à la fois, si essentiellement „mozartienne" 1).
Ex. X.
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dolce
') Observous ici qu'il y a comme un écho annonciateur de cette transitionadmirable
dans quelques uns des premiers Concertos de violon de Mozart et notamment dans
celui en sol (K. 216) où Mozart attribue à ce même passage un rôle et une portée iden-
tiques. On sait d'ailleurs l'importance expressive de la partie intermédiaire de l'air
avant le da capo et on n'ignore pas que c'est du cadre de l'aria que le Concerto est sorti.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
93
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Quelques mesures nouvelles du tutti, puis la rentrée se fait au
moyen d'une transition qui reliait déjà les deux expositions du
thème initial, dans le tutti du début. Les deux premières mesures
du soliste reproduisent sans changement sa première entrée en
scène: mais, comme Mozart, ne manque quasi jamais de le faire,
tout change, se concentre, tout se comprime et s'abrège ensuite
dans cette rentrée. Plus d'apparence de ce que nous avons appelé
le „sujet libre": après deux mesures de ritournelle de l'orchestre,
le dernier solo s'ouvre par une reprise pareille du second sujet en
doubles cordes, dans le ton principal, et la variation dont le soliste
entourait ledit sujet, dans la première partie, passe ici à l'orchestre
tandis que le sujet, toujours en doubles cordes, est exposé à l'oc-
tave supérieure par le soliste, Ce procédé d'échange d'un thème
et d'une variation sur un thème se retrouve employé par Mozart
dans la Sonate en si bémol écrite pour lui et la jeune violoniste
Regina Strinasacchi, au mois d'avril 1784. Autre argument impor-
tant pour l'époque de la naissance du Concerto en mi bémol !
Nous aurons d'ailleurs l'occasion de revenir plus loin sur le rôle
joué par cette artiste qui semble bien avoir été l'une des violonistes
les plus remarquables de la fin du 18ème siècle.
Enfin l'orchestre, après la cadence finale légèrement allongée
du soliste, répète alors toute la dernière partie du tutti du début
en y ajoutant une coda nouvelle de cinq mesures qui achève le
morceau non seulement pianissimo, mais avec la mention perden-
94 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
dosi, mot qui figure à toutes les parties de l'ancienne édition André.
Mozart s'est-il jamais servi de cette terminologie toute romanti-
que? Oui, une fois! Et c'est précisément en 1784 ou 1785, dans
un trio vocal inachevé, lui aussi. 1) . Ce morceau ne date pas de 1 783,
comme le croyait Koechel, mais bien des environs de 1784 — 85:
son texte sert d'introduction au livret d'un opéra bouffe italien
77 regno délie Amazoni, mis en musique par le compositeur Accor-
rimboni et représenté avec succès à Florence cette même année
1784 2).
Parmi les mille détails et procédés caractéristiques dont l'em-
ploi est constant dans les Concertos de piano composés par Mozart
au cours des années 1784 — 5 et qui se retrouvent dans le présent
Concerto de violon, leur véritable pendant, nous ne citerons ici
que les plus frappants : ils achèveront de fixer pour nous l'époque
approximative de sa naissance.
C'est d'abord, la prépondérance des basses sur lesquelles repo-
sent tout le morceau : qu'on lise, par exemple, le premier tutti du
célèbre Concerto de piano en ré mineur (février 1785) dont le thème
initial, tragique, sombre, presque „don juanesque", n'appartient
qu'aux basses où il gronde sous les trémolos des violons; que l'on
juge encore de l'importance capitale desdites basses dans la
marche héroïque qui s'annonce dans le lointain, piano, à l'unis-
son, puis forte ensuite, sous les tremolos des dessus, dans le Con-
certo de piano en ut (mars 1785): même facture, mêmes effets
obtenus par les mêmes moyens dès le premier tutti de notre
Concerto de violon!
Et quelle n'a pas été notre surprise de retrouver précisément
dans ces trois grands Concertos de 1785 toutes les conclusions
des premiers morceaux s' éteignant dans un pianissimo à peine
perceptible, procédé déjà très romantique et qui revêt dans notre
Concerto de violon en mi bémol un sens et une portée poétique
équivalente ! Mais ce n'est pas tout : il n'est pas jusqu'au traite-
ment des instruments à vent qui va parfois jusqu'à l'identité
absolue: en effet, dans le premier morceau du merveilleux
Concerto pour piano en mi bémol daté de décembre 1785, les
„vents" dessinent 5 mesures à découvert (1er tutti) ; or, au même
') Voyez la reproduction de cette esquisse déjà très poussée dans O. Jahn Ire .
Edition 3ème vol. Beilage I on y trouvera, tout à fait à la fin, l'emploi du mot per-
dendosi.
•) Gerber-Tonkünstler Lexikon Tome I, Ire Edition, col. 8.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
95
endroit, se trouve (mesures 26 à 31) le contrepoint des instruments
à vent à découvert que nous signalions plus haut dans le premier
tutti de notre Concerto! Mais nous n'en finirions pas à vouloir
rapporter ici tous les traits communs, tout ce qui, au premier
coup d'oeil, frappe comme un air de famille, et plus tard, à l'exa-
men, se vérifie par des preuves inattaquables.
Le mouvement lent qui suit „Un poco Adagio" est un des plus
beaux chants, un des plus profonds, un de ceux qui „vont le plus
loin" que Mozart ait jamais écrits. Et c'est tant pis pour ceux
qui n'y ont aperçu que les lacunes d'un accompagnement dont le
pauvre „remplisseur" s'est tiré comme il a pu! L'orchestre qui
ne comporte que le quatuor des cordes (avec basses et contre-
basses) — Mozart a-t-il eu l'idée de revenir ici à l'ancienne cou-
tume qui excluait les „vents" dans les Andantes, ou plutôt n'a-
t-il pas tracé, selon son habitude, la ligne principale, remettant
à plus tard, la tâche complémentaire, le coloris du tableau? —
l'orchestre, disions-nous, se borne à nous exposer le thème:
Un poco Adagio.
Ex. XI.
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dont la première mesure, sorte d'appel ou d'intrada, se répétera
deux autres fois, à l'orchestre, pendant le cours du morceau. Tan-
96
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
dis que la première fois la phrase ci dessus, avec l'expression hési-
tante de son rythme à la fois capricieux et tendre, appartient
toute entière à l'orchestre, le soliste, à la deuxième et à la troi-
sième exposition, s'en emparera dès qu'aura retenti l'appel de
l'orchestre pour la varier, pour en renouveler et approfondir
l'expression. Le premier solo
Ex. XII.
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qui succède au prélude d'orchestre ci dessus rapporté, nous em-
porte d'un seul bond dans les régions aériennes du violon où nous
voguons en un rêve bienheureux .... Brusquement, par un saut
de trois octaves (si bémol suraigu au si b grave) nous retom bons
sur une cadence de fa majeur, à la 24ème mesure dudit solo.
A moins que le soliste ne double l'orchestre de la 24ème à la 30ème
mesure, ce qui expliquerait la présence d'une cadence à décou-
vert à l'endroit où se trouve indiqué le point d'orgue, il nous
semble assez vraisemblable, pour ne pas dire très probable même,
que ledit solo doive s'arrêter sur la 24ème mesure ; on peut en avoir
la preuve à la fin du second solo où les cinq mesures qui précédent
le second point d'orgue, d'un évident et absolu parallélisme avec
la suite du premier solo, appartiennent à l'orchestre. Celui-ci fait
de nouveau retentir son appel et aussitôt le second solo varie
pendant cinq mesures le thème du morceau, puis surgit une sorte
de réplique du premier solo toute transfigurée, assombrie, et
comme creusée en profondeur ! Nous sommes tenus de tracer ici
ces quelques mesures révélatrices de la pleine maturité de Mozart
et qui aboutissent, après des modulations qui ont visiblement
effaré les rédacteurs du journal de Leipzig, à la dominante de
sol mineur.
Ex. XIII.
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LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 97
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Il nous faut mettre aussi sous les yeux du lecteur les quelques
mesures d'orchestre qui suivent ce chant admirable et imprévu,
car elles offrent une particularité harmonique qui n'a pu naître
dans le cerveau d'aucun „remplisseur" humain, et surtout pas
dans le cerveau de celui auquel nous avous affaire ici
Ex. XIV.
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Cette belle modulation de ré mineur à si bémol majeur nous
vaut là une de ces enharmonies (fa dièze-sol bémol à la basse) que
seul le maître des changements de ton pouvait, sans nul effort,
trouver pour notre propre satisfaction de musiciens : mais ce n'est
pas tant le procédé en soi que la manière et surtout l'endroit où
il se trouve employé qui nous importe ici. Nous avons déjà signalé,
au cours de cette étude, la grande Sonate pour piano et violon
écrite par Mozart pour lui et la jeune et célèbre violoniste de
Mantoue, Regina Strinasacchi, et nous aurons d'ailleurs l'occasion
7*
98
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
d'en reparler: eh bien, dans l'admirable andante de cette Sonate
survient, exactement avant la rentrée et servant d'ailleurs à la
ramener avec une habileté suprême, ladite modulation enharmo-
nique, au même endroit et avec le même sens, la même portée que
dans notre présent Concerto ! N'oublions pas, de plus, que ladite
Sonate est datée du 21 avril 1784; un an plus tard, le 12 décembre
1785, Mozart écrit, peut être pour la même artiste qui achevait
alors son voyage de noces en visitant Salzbourg où Leopold
Mozart lui témoigna son admiration, une autre Sonate en mi
bémol pour piano et violon, elle aussi, d'une beauté plus mûre
et plus profonde peut être, et où le maître dans un de ses Adagios
les plus grandioses fait usage de ce même procédé de modulation
enharmonique au moment de la rentrée. Chose curieuse, cette
utilisation de l'enharmonie ne semble avoir lieu que dans les
oeuvres où le violon a le rôle principal, — tel le présent Concerto.
Le troisième solo réexpose le thème, plus subtilement varié
encore, et s'achève par le retour, en Coda, d'un dessin qui avait
servi dans le premier solo. Notons encore que ces trois expositions
du sujet initial, dans les mouvements lents, devient un procédé à
peu près constant chez Mozart à partir de cette même année 1 784,
peut-être, probablement même, sous l'action puissante d'un rival
décrié, Muzio Clementi, dont plusieurs recueils importants de
Sonates pour piano (les op. 7 à 9) avaient paru à Vienne, chez
l'éditeur Artaria, précisément ces années-là.
A partir de 1 784, dans tous les finales de ses Concertos, Mozart
donne le premier mot au soliste qui expose, ex abrupto, le thème :
c'est ce qui a lieu pour le présent finale, Rondo: Allegretto, de
notre Concerto. Tous ces finales, d'ailleurs, dénommés ou non
rondos, revêtent des formes assez diverses mais appartiennent
tous au genre du rondo.
Le thème de ce morceau a un caractère chromatique très mo-
zartien :
Ex. XV.
Bs^
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 99
^PS^
Après ces quelques mesures d'exposition se dessine, sous un
trille du soliste, le refrain du rondo dont le thème, prestement
échangé par le soliste, reparaît maintenant, piano, à l'orchestre
et se termine par une cadence pleine, dans le ton principal qui,
tout a fait comme dans le rondo final du Concerto de violon
récemment découvert et écrit par Mozart en 1777, servira de lien
entre les parties du morceau. Cette double exposition du thème
par le soliste et par l'orchestre se reproduira d'ailleurs sans change-
ment par la suite; c'est pourrait-on dire, l'élément fixe du rondo,
celui autant viendra évoluer la ronde des intermèdes. Le premier
de ceux-ci offre deux parties nettement distinctes : l'une, purement
rythmique, s'enchaîne directement à l'autre: celle ci est une
mélodie dont la tendresse émue, si essentiellement mozartienne
fait exactement pendant au second sujet, en doubles cordes, lui
aussi, de Y allegro initial:
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Ex. XVI.
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Ce thème délicieux qui à lui seul suffirait à éliminer la possibilité
d'une intervention étrangère dans le tracé de la ligne principale
du présent rondo, nous offre de plus, mesure 3 et 4, le thème
fameux entre tous:
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qui, légèrement modifié ici au point de vue rythmique, servira de
base à tant de morceaux composés au cours de la carrière de
Mozart, dans des genres différents, pour trouver sa consécration
7
100 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
définitive dans l'apothéose musicale qu'est pour nous le finale de
la symphonie dénommée Jupiter. Des gammes de septièmes des-
cendantes donnent lieu par la suite à un passage où les difficultés
techniques ne sont pas sans présenter une certaine gaucherie
toujours assez périlleuse pour l'exécutant qui monte jusqu'au
si bémol suraigu, puis, très simplement, le thème revient sousson
archet et repasse à l'orchestre. La cadence que nous avons signalée
se reproduit pareille : mais, brusquement, l'orchestre la reprend en
ut mineur tout à fait comme dans le Concerto de violon de 1777. Et
nous voici parvenus à l'intermède central dénommé, selon l'usage,
Minore, dans les parties du Concerto parues chez André. Le
soliste nous le présente aussitôt en doubles cordes bien sonores :
Ex. XVII.
et, quelques mesures plus loin, nous en offre la variante que voici,
aussi imprévue que foncièrement „mozartienne" :
Ex. XVIII.
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pgf? ' ÉB J>Hi*
Après une courte transition dans le ton principal du morceau,
nous allons nous trouver en présence d'un phénomène particu-
lièrement caractéristique sans l'histoire du rondo : car, d'abord,
il ne se produit, chez Mozart, qu'à une époque nettement déter-
minée de sa carrière artistique, et, en outre, c'est à partir de ce
moment que son importance s'accroît et que son intervention a
pour effet d'unir davantage entre elles les diverses parties du
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 101
rondo, chez tous les musiciens et dans n'importe quel genre de
musique instrumentale. L'intermède central, en l'espèce le minore
du présent rondo, voit tout à coup réapparaître avant d'être repris
tout à l'heure, par le soliste, dans le ton où il a débuté (ut mineur) ,
la seconde moitié du premier intermède du rondo, ce thème déli-
cieux en doubles cordes dont nous vantions précédemment le
caractère et le charme spécifiquement „mozartiens" ! Il reparaît
cette fois dans le ton principal du morceau accompagné d'un
dessin en doubles croches dont l'allure et le chromatisme portent
au premier chef la griffe de Mozart; ce trait se termine par une
cadence dans le ton principal où le soliste atteint, avant le trille
final, le mi bémol suraigu. Et aussitôt c'est le retour de l'inter-
mède mineur orné d'une suite nouvelle laquelle, d'une technique
assez osée, ramène promptement, après des modulations qui vont
de si mineur à mi bémol, le thème du rondo que réexposent, sans
changement, le soliste puis l'orchestre. Le retour inopiné du pre-
mier intermède (ou d'un fragment de celui-ci) entre les deux
exposés de l'intermède central, tel est le fait nouveau et digne de
remarque : bien rares sont les musiciens qui en ont pénétré l'im-
portance et l'on se demanderait volontiers de qui Mozart a appris
à utiliser cet ingénieux procédé d'unification musicale dans le
genre du rondo. Nous avons des raisons de croire que c'est encore
au „charlatan welche" à ce mécanicien du nouveau piano forte,
tel il le nomme dans ses lettres, — à cet étonnant Muzio Clementi
qu'il doit la révélation de ces procédés absolument nouveaux et
quasi inconnus jusqu'alors: Mozart, en se les appropriant, saisit
aussitôt leur sens, leur portée, leur beauté et son style instrumen-
tal sera tout pénétré de leur noble et vigoureuse nouveauté.
Pour le cas particulier qui nous occupe, il faut bien dire que
l'emploi conscient et raisonné de ce procédé d' intercalation n'ap-
paraît, chez Clementi, qu'à partir de l'op. 12 qui a paru à Londres
dans la première moitié de l'année 1 784 : mais on peut très bien
admettre que ces Sonates devenues promptement célèbres ont
été répandues sur le continent en copies manuscrites dès avant
leur publication à Londres où Clementi n'est d'ailleurs rentré qu'-
au printemps de cette même année 1784. Il était doublement
intéressant pour nous, au point de vue général de l'histoire du
rondo et pour arriver à serrer de plus près la date probable de
composition du présent Concerto de violon, de rechercher avec
102 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
soin les oeuvres instrumentales datées et signées où le nouveau
procédé avait été mis en usage par Mozart. Or, voici le résultat
de notre enquête scrupuleuse.
Le catalogue où Mozart inscrivait ses chefs d'oeuvre avec la
date de leur achèvement s'ouvre, en février 1 784, par un Concerto
pour piano en mi bémol *) d'un genre que Mozart lui même, dans
une de ses lettres, qualifie de „tout particulier" et qui est, d'ail-
leurs, le fruit merveilleux d'une union entre l'ancienne et la nou-
velle musique. Le finale débute, encore par un prélude d'orchestre
et avec l'intermède mineur (car malgré la désignation d'Allegro
ma non troppo, il s'agit bien d'un rondo), s'offre à nous le premier
emploi fait par Mozart du procédé nouveau qui nous a tant frappé
dans le rondo final du Concerto de violon : comme pour tout essai
d'un système nouveau, l'application ne sera point, du premier
coup, rigoureusement semblable à celle inaugurée croyons-nous,
vers la même époque, par Clementi; mais, indubitablement, Mo-
zart fait ici une tentative dont les résultats seront fructueux et
prompts. Donc, après le brusque début de l'intermède mineur, que
voyons nous reparaître aussitôt ? Précisément la suite du premier
intermède : et notre intermède mineur englobera encore un travail
de contrepoint sur cette suite, une transition pour ramener, à
l'orchestre, une courte réexposition du thème à laquelle le soliste
répond par un retour du mineur, mais repris ici en majeur pendant
sept mesures. Puis nous assistons à un autre retour qui achève de
nous prouver combien Mozart est préoccupé de donner de l'unité
à ses rondos et de ne plus se contenter d'une simple succession
d'intermèdes : c'est celui d'un dessin qui existait à la fin du pre-
mier intermède, avant la rentrée variée du thème et qui donne
lieu à des modulations plus qu'audacieuses et imprévues. Le der-
nier retour du thème se fait avec une modification de rythme
assez fréquente dans les conclusions que donne Mozart à quelques
finales de ses Concertos ; puis, le dernier intermède en strette et
les quelques mesures d'adieu du soliste, procédé dont nous retrou-
verons un emploi exactement semblable dans le rondo du Concerto
de violon. Voilà une première résolution significative dans la
carrière de Mozart et aussi dans celle du rondo ! Mais poursuivons
nos recherches. Dès le mois suivant, nous sommes en mars 1784,
le maître compose son beau quintette pour piano et instruments
') K. 449.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 103
à vent, — celui dont il écrit naïvement à son père qu'il croit bien
n'avoir jamais rien fait qui lui plaise autant! — Tout se passe
très vite dans le finale qui est un peu construit comme un morceau
de Concerto avec une cadence vers la fin : disons tout de suite que
les premières mesures de l'intermède mineur sont reprises après
une courte intervention (variée) d'un passage du premier inter-
mède! Remarquons encore que toutes ces oeuvres sont dans le
ton de mi bémol et l'on sait que, pour Mozart, chaque tonalité
créait un langage qui avait ses procédés et son expression
propres. Le précieux Catalogue manuscrit présente une longue
interruption d'avril (date de la grande Sonate dédiée à Regina
Strinasacchi) à août 1 784 : nous la croyons due à une grave mala-
die subie par Mozart pendant l'été de cette année, mais rien
n'empêche de supposer que le projet de Concerto de violon ait été
conçu précisément à cette époque là. En tout cas, nous verrons
plus loin que Mozart n'a pas abandonné l'emploi du nouveau
procédé dans la Sonate pour piano en ut mineur où il trouve son
application parfaite; puis, comme il arrive toujours avec les tem-
péraments artistiques aussi facilement impressionnables et chanr
géants que celui de Mozart qui s'engoue d'un genre ou d'un pro-
cédé pour l'abandonner plus tard, nous ne retrouverons plus cette
particularité dans les rondos qu'à de rares intervalles, dans un
petit rondo pour piano en fa et, avec quelque variante, dans le
final de quatuor de piano en mi bémol, lui aussi : les deux composi-
tions datent du milieu de 1786. Après cette date, Mozart dédaigne
ou oublie un procédé dont il s'est servi avec ferveur pendant un
temps relativement court de sa carrière et cet oubli ne l'empêchera
pas d'écrire par la suite quelques uns des plus beaux rondos, et
des plus fondus, si je puis ainsi parler, qui soient sortis de sa plume.
Quelques mots suffiront pour terminer notre analyse du Con-
certo de violon. En réalité, la dernière exposition du thème du
rondo, a l'orchestre, se trouve écourtée par l'intervention du der-
nier intermède où le soliste reprend le rythme utilisé pour le début
du premier et qui n'est en somme que le dessin de la ritournelle
ou cadence servant, comme nous l'avons dit plus haut, à unir les
diverses parties du morceau. Ce dernier intermède, très court, est
une sorte de strette avec une cadence, toute semblable à celle
qu'exécute le soliste, à la fin du premier allegro et où celui-ci
monte jusqu'au ml bémol suraigu; puis, l'orchestre se hâte vers
104 LE DERNIER CONVERTO POUR VIOLON DE MOZART.
la conclusion, il joue pendant quelques mesures avec un écho du
thème et, comme dans nombre de Concertos du même temps, ter-
mine sa strette sur la tonique. N'applaudissez pas encore! Le
soliste va vous dire adieu et cela en quelques mesures, avec une
discrétion spirituelle, par un dernier écho du thème:1)
Ex. XIX.
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après quoi résonnera une dernière fois la cadence qui unit les
diverses parties du rondo. Cette ultime et brève intervention du
soliste se reproduit notamment, avec un sens et une portée toutes
semblables, à la fin du merveilleux Concerto de piano en mi bémol
(toujours ce ton de mi bémol suggérant les mêmes effets!) terminé
par Mozart en décembre 1785.
La partition d'orchestre de notre Concerto de violon comporte,
en plus du quatuor des cordes, les parties de 2 hautbois, 2 cors, 2
bassons et une flûte. Or, cette disposition des parties des „vents"
est invariablement celle que Mozart utilise pour ses Concertos
de piano écrits entre 1784 et ij86 et cette constatation nous
paraît si importante qu'elle seule aurait pu nous dispenser de
toute autre considération en ce qui touche l'époque probable, —
pour ne pas dire certaine, — de la naissance du Concerto en mi
bémol ! Il est évident que Mozart a rêvé là de donner au violon
un pendant à ses grands Concertos de piano: et d'ailleurs, la
façon dont le maître, dès le premier tutti du Concerto et au début
du développement, amorce l'admirable symphonie, nous con-
firme dans une opinion que le choix seul el exclusif du groupement
orchestral aurait suffi à nous suggérer. C'est la grande manière et
') Tout nous porte â croire que ces pizzicati des violons arrachés sur les quintes
tenues des cors ont été notés par Mozart.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 105
celle-ci est servie par une technique qui dénote la pleine maturité :
plus de ces effets nouveaux de dizièmes, de pizzicati, plus de ces
surprises piquantes telles que thèmes étrangers intervenant dans
les finales, comme il en existe dans ses premiers concertos de vio-
lon: Mozart cessant d'être violoniste s'est constitué une „écriture de
violon". Les doubles cordes font corps avec le reste des traits : tout
s'est fondu et assagi pour laisser à l'exécutant une tâche aussi
ardue, certes, mais où les moyens ne concourent plus qu'à
rehausser l'expression. La partie du violon principal dans le Con-
certo en mi bémol nous révèle la conception que se faisait Mozart,
à l'époque où il atteint le pleine maturité de sa carrière artistique,
du rôle assigné à cet instrument et de ses possibilités techniques
dans les morceaux de haut style.
Au premier coup d'oeil jeté sur la partition du Concerto en mi
bémol, mon regretté maître Wyzewa et moi, nous avions tout
de suite constaté deux choses : la richesse puissante de l'orchestra-
tion des tutti contrastant avec la nullité de celle-ci pendant les soli,
et, de plus, l'existence d'une foule de procédés de composition
dont l'emploi détermine pour nous d'une manière absolument
certaine l'époque de la naissance de ce Concerto 1). Ce que nous
affirmions en 1912 2) à l'égard du premier morceau seulement, je
l'affirme nettement aujourd'hui aussi à l'égard de l'Adagio et du
finale : selon son usage constant, Mozart, s'est contenté d'écrire les
tutti d'orchestre du Concerto, puis toute la ligue des soli dans les
trois morceaux avec, çà et là, quelques brèves indications d'orches-
tre, chaque fois que s'interrompent lesdits soli. Comme nous
l'avons dit déjà, Mozart, par habitude, n'exquissait point: il cou-
lait d'un seul et même jet, — souvent sans ratures, — tout l'en-
semble ou plutôt toute la ligne principale d'un morceau instru-
mental ou d'une scène d'opéra, se réservant de compléter par
la suite les détails de la mise au point de l'orchestration. Et sou-
vent les indications fournies par le tracé de cette première ligne
sont poussées si loin, les rôles sont si complètement dessinés
qu'un musicien peut sans grande peine remplir les lacunes et
j'entends par là les remplir, purement et simplement, avec parfois
un peu plus d'art, tout de même, que celui qui a été chargé d'ache-
ver la partition du Concerto en mi bémol, mais, naturellement,
x) Voir I. de Wyzewa et G. de St. Foix. W. A. Mozart Vol. II. Voir appendice
p. 428 et 429 où l'étude du morceau n'est qu'amorcée. 2) Ibid.
106 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
sans pouvoir prétendre aux délicatesses suprêmes d'une mise au
point réalisée par Mozart lui-même. Nous voici donc en présence
d'un grand et magnifique tableau, dépourvu d'arrière plan dès
qu'apparait le personnage principal, — c'est à dire le soliste: et
c'est là ce que n'ont point vu les commentateurs qui se sont
évertués à nous énumérer les fautes et les gaucheries trop évidentes
de l'accompagnement orchestral, sans apercevoir la grandeur,
l'élan et l'admirable continuité de la partie du violon principal
et sans se préoccuper d'étudier la structure interne des morceaux
et les particularités de leur style. Il existe d'ailleurs, parmi les
oeuvres du maître, de fort nombreux exemples de compositions
restées inachevées et dont seul le premier plan a été tracé : nous
n'aurons que l'embarras de les choisir.
Au lendemain de son arrivée à Vienne, le 21 mars 1781, Mozart
écrit un long rondo pour le Cor avec accompagnement d'orches-
tre 1) : ce morceau ne compte pas moins de 279 mesures. Or, que
nous fait voir la partition ? Toute la partie du soliste de déroule
devant nous: il n'y manque pas une seule note; tout se suit
depuis le solo par lequel débute le morceau jusqu'à la ritournelle
qui l'achève. Et quant au rôle de l'orchestre, il est assez complète-
ment dessiné pour qu'un musicien puisse, sans trop grande peine,
tracer les parties intermédiaires qui font défaut et cette besogne,
je crois, a déjà été faite. Chaque fois que le solo s'interrompt, le
dessin essentiel des dessus, violons ou vents, vient combler le
vide: il n'est jamais omis, de sorte qu'il n'y a jamais de solution
de continuité. Qu'on se représente une tapisserie merveilleuse dont
les sujets se détacheraient tous sur la trame restée vide. Autre
exemple 2) : Mozart, presqu'à la veille de sa mort, porte sur son
Catalogue manuscrit, à la date du 28 septembre 1791, son grand
Concerto de clarinette „pour Mr. Stadler l'aîné". Or, quelques
jours plus tard, le 7 octobre, dans une des lettres si touchantes
qu'au milieu de ses tribulations, il adressait à peu près journelle-
ment à sa femme, nous lisons: „Maintenant, mon journal de vie
.... sitôt que tu eus mis à la voile, j'ai commencé de jouer deux
parties de billard avec M. de Mozart (celui qui a écrit l'opéra que
donne Schikaneder) . Puis, j'ai acheté mon petit cheval de selle,
') Koechel, no. 371 — c'est le no. 361 de notre nouveau classement. Edition
Breitkopf et Härtcl — oeuvres de Mozart. Série supplémentaire no. 21.
2) Ayant trait, cette fois, à une composition dont l'instrumentation n'a été achevée
par Mozart que plusieurs jours après la date portée sur son Catalogue manuscrit.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 107
pour quatorze ducats Puis, j'ai fait chercher Primus, par
Joseph, et monter du café noir, qui j'ai fait suivre d'une excellente
pipe de tabac. . . . Puis, j'ai instrumenté x) presque tout le rondo
de Stadler2). „Ce qui nous prouve deux choses: d'abord, que
Mozart avait l'habitude d'orchestrer après l'achèvement de toute
la ligne principale d'une oeuvre musicale et que, ensuite, il ne
portait pas toujours, sur le cahier où il dressait l'état-civil de ses
chefs-d'oeuvre innombrables, des compositions entièrement termi-
nées; l'on sait que, d'autre part, il a parfois négligé d'y faire figu-
rer nombre d'oeuvres qu'il avait achevées.
Et quel témoignage plus émouvant et plus probant aussi de sa
constante méthode de travail que celui de la dernière oeuvre, de
celle que ni les vicissitudes ni les obstacles de tout genre n'auraient
empêché de finir, mais que seule la mort de Mozart a pu arrêter !
Ce Requiem autour du quel tantde discussions se sont allumées
et qui a provoqué tant de littérature, sait-on de combien de pages
Mozart a tracé l'essentiel, c'est à dire, ici, le quatuor des voix
soutenu par la basse, avec, çà et là, les indications des dessins
d'orchestre? Ces feuilles émouvantes entre toutes, les dernières
indubitablement sur lesquelles Mozart s'est penché, atteignent
le chiffre de 63 et elles se poursuivent sans la moindre interrup-
tion! Tout le Dies irae et l'Offertoire ont été entièrement composés
par le maître et la besogne de „complément" de l'honnête Süss-
mayer se borne, tout compte fait, à assez peu de chose.
Mais nous n'en finirions pas à vouloir signaler tous les exemples
de la méthode de travail „mozartienne" ! On trouve encore, en
1783, deux projets assez développés pour des opéras bouffes ita-
liens: l'Oca del Cairo et la Sposo deluso: selon l'usage constant de
Mozart, le premier acte de chacune desdites pièces est entièrement
ébauché et tous les deux ont pu être facilement complétés, publiés
et même représentés3). Il n'a certes pas fallu autant d'efforts
pour tracer les tutti et la ligne des soli du Concerto en mi bémol !
Malheureusement, nous l'avons dit déjà, notre Concerto man-
que de ce qu'on pourrait nommer „les pièces d'identité"; il n'y
*) En français, dans le texte.
!) Voir H. de Curzon — Nouvelles lettres des dernières années de la vie de Mozart,
p. 57 et 58. Paris, Fischbacher, 1898. V. aussi Die Briefe W. A. Mozarts und
seiner Familie. 2ème vol. p. 351 Lettre des 7 et 8 octobre 1791. Munster et Leipzig.
Georg Müller.
s) Voir les partitions publiées par Victor Wilder (l'oie du Caire) et par l'éditeur
André.
108 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
est point fait allusion dans la correspondance du maître, — ou
tout au moins dans ce qui nous est parvenu de celle-ci, mais, d'ail-
leurs, il faut bien dire que les autographes de Mozart qui ont
disparu sont relativement nombreux et maintes oeuvres ainsi
privées d' „état-civil" n'ont jamais, que je sache, donné lieu au
moindre soupçon quant à l'authenticité de leur origine1).
Nous avons déjà dit que le projet formé par Mozart d'écrire un
grand Concerto pour violon ne date pas de sa jeunesse, comme l'a
cru Koechel, mais de sa plus belle maturité : on peut affirmer de
plus que, tel que nous le connaissons, le Concerto en mi bémol
marque le début des grands „Concertos symphoniques" de Mozart :
plus rien de galant dans le style des premiers morceaux, mais un
dialogue grandiose qui s'échange entre le soliste et la masse du
choeur où gronde et s'amplifie aux basses une idée maitresse, un
véritable „thème principal" qui régentera tout le morceau! Mo-
zart inaugure cette grande manière dans des Concertos qu'il écrit
généralement pour lui afin de les exécuter dans ses „Académies"
où il semble seul de taille à pouvoir lutter avec sa propre puissance
symphonique: c'est lui qui crée le drame où il se réserve le pre-
mier rôle. Symphonie tragique, son Concerto pour piano en ré
mineur2), héroïque, celui qu'il écrit un mois plus tard, en ut
majeur 3) et à la fin de cettes glorieuse année 1 785 quel poème
*) Voici notamment, pour la Catégorie des Concertos, une série d'oeuvres, abso-
lument authentiques, dont les manuscrits autographes ou ont disparu totalement
ou n'existent qu'à l'état de fragments tout à fait incomplets qui ont servi à établir
la grande édition:
lo. Concerto pour violon en la (K. no. 219). L'édition n'a pu être établie que sur
une mauvaise copie provenant d'Otto Jahn.
2o. Symphonie Concertante pour violon et alto (K. no. 364). L'édition a été établie
sur une copie faite pour Koechel d'après celle de L. Gall. L'autographe est inconnu.
L'édition André (la première) porte le no. d'op. 104.
3o. Concerto pour basson en si bémol (K. no. 191). Il n'existait que l'édition André
(op. 96) et une copie faite d'après celle-ci.
4o. Deux Concertos pour flûte en sol et en ré (K. nos. 313 et 314). Il n'existe, pour
le premier qu'une vieille édition Breitkopf et pour le second qu'une copie faite d'après
les parties, copiées elles mêmes, et appartenant au Musik Verein Archiv de Vienne.
5o. Deux Concertos pour Cor en mi bémol (K. nos. 417 et 495. Il n'existe que des
fragments d'autographes très incomplets et la vieille édition André (op. 105 et 106).
6o. Concerto pour clarinette en la (K. no. 622). La grande édition n'a pu être
établie que d'après une copie très négligée provenant d'Otto Jahn et la vieille
édition de Härtel. Je ne sais pour quelle raison on n'a pas utilisé l'édition André
(op. 107), que eut été d'autant plus précieuse que Aug. André a possédé le seul
fragment manuscrit parvenu jusqu'à nous de ce remarquable chef-d'oeuvre écrit par
Mozart quelques semaines avant de mourir. Chose curieuse, le premier morceau, —
qui est le seul dont on a possédé un fragment, est en sol majeur et l'instrument
principal n'est pas la clarinette, mais le cor de basset.
2) lévrier 1785. 3) 9 Mars 1785.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 109
noble et grandiose, si lumineusement „mozartien" que le Con-
certo pour piano en mi bémol l) ! Mais ce n'est pas tout : la série mag-
nifique se poursuit et s'ennoblit encore, s'il est possible, en 1786
avec trois chefs d'ouvré qui font pendant à ceux de l'année précé-
dente: le Concerto en la (mars 1786) dont la fraicheur sensuelle se
teinte de la mélancolie d'un andante nostalgique pour se fondre
ensuite sans l'éclat tourbillonnant d'un des finales les plus puis-
sants qu'ait écrits Mozart et où on songe, malgré soi, à l'irrésistible
emportement de la kermesse de Rubens à travers laquelle des
„gens de qualité" se seraient par moments, faufilés; le Concerto
en ut mineur 2) qui, de la première note à la dernière, n'est qu'une
symphonie de Beethoven avant la lettre, toute imprégnée déjà
de son souffle et pénétrée de son esprit ; enfin, pour clore la série,
le Concerto en ut majeur2) probablement composé à l'occasion du
couronnement de l'empereur, symphonie plus grandiose et écla-
tante encore s'il est possible et où se manifeste assez nettement
l'influence de Muzio Clementi, mais dont le finale, malgré son
étendue sa verve et brillante, et un intermède central en fa, vibrant
de passion intense, ne correspond guère à l'inspiration du pre-
mier morceau. Voilà donc, brièvement énumerés, ces glorieux
témoignages de l'art symphonique de Mozart a l'époque de sa
pleine maturité : car ce sont là, on ne saurait trop le répéter, de
véritables symphonies où il se réservait le rôle principal. Et il est
bien évident que cette série admirable se distingue radicale-
ment de celle que Mozart composait un an plus tôt pour des virtuo-
ses ou pour lui même : les six Concertos datés de 1 784 nous offrent,
en effet, le modèle d'un art essentiellement „galant" plein de
trouvailles d'une élégance merveilleuse, mais généralement assez
dépourvu de toute préoccupation d'approfondissement artistique.
Et c'est cependant au cours de cette même année 1784, après une
grave maladie que, tout à oup, sons l'action de je ne sais quelle
influence intérieure ou extérieure, Mozart inaugure, avec sa Sonate
pour piano en ut mineur (4 octobre 1784) une manière nouvelle,
imprégnée d'énergie et de grandeur, d'où sortiront les grands
Concertos symphoniques précédemment énumerés, manière aussi
exempte qu'il est possible de toute galanterie. Et au cours de
l'examen attentif de cette fameuse Sonate — où règne déjà pleine-
ment le grave et puissant esprit des grands Concertos de 1785 et
*) Décembre 1785. 2) Mars 1786. 3) Décembre 1786.
110 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
1786 — j'ai obtenu la grâce de deux „révélations": d'une part,
le Concerto de violon qui fait l'objet de cette étude m est apparu
comme devant être tout à fait contemporain, — peut être le frère
jumeau, — de ladite Sonate en ut mineur, — et d'autre part,
malgré son état d'inachèvement, ledit Concerto me sembla mar-
quer nettement, pour beaucoup de raisons que j'ai essayé de faire
valoir, le début des grands „Concertos symphoniques" de Mozart.
Voilà donc quels sont pour nous les deux premiers témoignages
de ce haut et grand style: par ordre de date, et au même rang,
la fameuse Sonate de piano et le magnifique projet de Concerto
que fait l'objet du présent travail. Mettons maintenant les deux
textes en regard l'un de l'autre, afin d'en faire ressortir tous les
points de contact.
Grands et vigoureux unissons suivis d'une réponse mélodique,
analogie rythmique des thèmes initiaux sur lesquels les deux
morceaux sont entièrement bâtis, caractère symphonique de ces
thèmes, voilà ce qui frappe dès le premier coup d'oeil jeté sur les
Ex. XX.
Allegro moderato (Concerto).
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Allegro molto (Sonate).
Ex. XXI.
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deux oeuvres pour lesquelles il y a naturellement lieu de tenir
compte des différences de forme qui séparent un grand Concerto
muni d'un accompagnement l'orchestre d'avec une Sonate poui
piano seul. Dans le premier tutti du Concerto de violon, le thème
initial reparait trois fois, modulé et varié : trois fois il reparait aussi
dans la première partie (avant les barres) de la Sonate en ut mineur ;
l'emploi de transitions ou Crescendos sur des dessins ascendans :
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
111
Ex. XXII.
(Concerto 1er morceau).
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qui se répètent deux fois dans les deux oeuvres; les développe-
ments sont basés sur le thème initial qui, dans le Concerto, n'appar-
tient nécessairement qu'à l'orchestre : le soliste n'y oppose que des
sujets nouveaux. Les modifications introduites par Mozart au
cours de la rentrée occupent exactement dans les deux oeuvres,
l'espace de huit mesures 1) ! Peut-on rêver identité plus absolue?
La belle Coda qui termine la Sonate de piano est plus étendue, il
est vrai, que celle du Concerto qui se réduit à quelques mesures :
mais quoi de plus semblable que ces deux conclusions elles mêmes
qui s'éteignent pianissimo ? Le perdendosi qui clôt le premier
morceau du Concerto, malgré qu'il ne figure pas dans le texte de la
Sonate, est réalisé par tout musicien qui exécute celle-ci.
Plus frappante encore peut être est l'analogie de forme des deux
mouvements lents. Dans les deux Adagios, trois expositions du
sujet principal; réapparition pour la conclusion de la fin du pre-
mier couplet, les trois ou quatre dernières mesures rajoutées; les
modulations imprévues ou risquées intervenant toujours au même
endroit (avant la troisième exposition et pour ramener celle-ci) ;
deux cadences ou points d'orgue et, sans qu'il s'agisse nullement
d' Andantes variés, les trois expositions se trouvent, dans les deux
Adagios, variées de même manière. A deux reprises différentes,
on rencontre, dans l'adagio de la Sonate en ut mineur, un terme
fort rarement employé par Mozart: le mot mancando (qui en
somme est un équivalent romantique de perdendosi). Or, nous
avons déjà signalé, la présence dudit „mancando" dans l'édition
André de notre Concerto (premier Allegro) ! Ce sont là, pour qui
x) Voir dans le Concerto, à partir de la rentrée, mesures 15 à 23 et dans la Sonate
à la rentrée, mesures 19 à 26.
112 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
connait les habitudes toutes momentanées de Mozart, des consta-
tations qui permettent de fixer irrévocablement la date de nais-
sance d'une oeuvre ; la présence des mêmes indications de nuances,
d'ailleurs rarement employées par le maître, dans des oeuvres qui,
d'autre part, présentent une analogie frappante de langage et de
forme, suffit à nous révéler le moment qui les a vu maître. Et il
serait presque déraisonnable de supposer que cet emploi de termes
raffinés puisse être le fait du „remplisseur" dont nous avons
relevé maintes fois la fâcheuse inexpérience.
L'examen du finale de la Sonate en ut mineur — un rondo, lui
aussi, bien qu'il ne porte d'autre indication qui celle à' Allegro
assai, — va nous fournir l'occasion de rapprochements tout aussi
caractéristiques et aussi décisifs que ceux des morceaux précé-
dents. C'est, disons-nous, un rondo, d'un genre particulier, tout
entrecoupé d'arrêts et de points d'orgue romantiques et d'une
telle intensité d'expression que nous sommes tentés d'y voir le
drame d'une passion qui d'ailleurs imprègne de son feu sombre
toute la Sonate. Hélas, une lettre où Mozart explique à la dédica-
taire de cet étonnant morceau, Mme de Trattnern, ce qu'il a voulu
dire est aujourd'hui perdu et avec elle le mot de l'énigme, lui
aussi, est perdu! Sauf la place qu'occupe le second exposé du
thème, la forme de ce finale et celle du Rondo du Concerto de
violon sont identiques. Trois expositions du thème accompagné de
son refrain tout coupé de points d'orgue expressifs; trois inter-
mèdes. Le premier (en mi bémol majeur) est suivi d'un dessin
ascendant très semblable à celui qui figure dans le premier allegro
et d'une phrase mélodique présentée avec des croisements de main.
Le thème s'expose pour la seconde fois et nous voici parvenus à
l'intermède central: il est en fa mineur, suivi d'un point d'orgue
et est repris aussitôt, en sol mineur, cette fois. Comme dans le
Concerto, nous assistons ici à l'apparition du „phénomène" que
nous avons décrit plus haut: cet intermède central, à peine ex-
posé, voit réapparaître le premier intermède dans le ton principal
avec son dessin ascendant mais privé de la phrase mélodique qui
le terminait. A la différence de ce qui a lieu dans le Concerto, il
englobe encore ici la reprise très variée du thème, rendue plus
expressive par des arrêts et des points d'orgue sanglotants ; puis,
tout à fait comme dans le Concerto, l'intermède mineur revient
dans sa tonalité primitive suivi de la phrase mélodique qui ser-
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 113
vait dans le premier intermède. Celle-ci forme Coda ou strette
accompagnée de quelques mesures nouvelles qui se hâtent vers
la conclusion.
Si la date de la composition de la Sonate de piano en ut mineur
n'était point celle que nous révèle le Catalogue dressé par Mozart
lui même, s'il fallait l'avancer ou la reculer de plusieurs mois ou de
plusieurs années, le parallèle que nous venons de tracer perdrait
toute sa force et ne soutiendrait plus de sa base solide toutes les
déductions que nous avons tirées, au cours de cette étude, relati-
vement à la conception par Mozart du merveilleux projet de
Concerto qui nous occupe. Mais le fait est là et la donnée certaine :
ladite Sonate est née le 4 octobre 1784, — toutes les raisons que
nous avons essayé de faire valoir viennent donc se grouper autour
de cette date de la naissance d'une des oeuvres les plus étroite-
ment apparentées à notre Concerto achevant ainsi de nous con-
vaincre que, lui aussi, est né cette année là ou, au plus tard, dans
les premiers mois de 1785.
Et maintenant que l'on veuille bien nous permettre de sortir
un instant du domaine des faits pour risquer une hypothèse. La
création artistique ne résulte pas toujours de la libre fantaisie:
elle a souvent pour cause première un motif humain ou un fait
quelconque de la vie de l'artiste. On peut se demander quelle a
été l'occasion qui a suggéré à Mozart, au milieu des années inten-
ses de sa jeune maturité, le vaste projet qu'est pour nous le Con-
certo de violon en mi bémol. Tout ce que les biographes out sup-
posé à l'égard, notamment, de la présence de certains virtuoses du
violon à Vienne vers 1785, nous semble fort peu probable, et, en
tout cas, dépourvu de toute preuve documentaire. Cependant, il
parait évident que si Mozart a conçu le projet d'un aussi haut
monument destiné à mettre le violon en honneur et relief, c'est
qu'il s'est intéressé à un ou à une violoniste, il n'est pas un seul
de ses Concertos, en effet, qui n'ait été écrit pour répondre à quel-
que demande ou pour aider l'un ou l'autre ami ou musicien auquel
le sort refusait ses faveurs.
Tout me porte à croire que le Concerto en mi bémol, le dernier
que le maître ait écrit pour le violon, — doit son existence à la
rencontre de Mozart avec la jeune et déjà célèbre violoniste de
Mantoue, Regina Strinasacchi, celle dont nous avons eu l'occasion
de parler précédemment et pour laquelle il écrivit, la Sonate en si
114 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
bémol de piano et violon x) . La première, éxecution de cette
Sonate a donné lieu à un épisode fidèlement rapporté par les
principaux biographes de Mozart. Séduit par le jeu et l'expression
de la jeune fille, Mozart lui fit aussitôt la promesse de composer
un grand duo pour le jouer avec elle au Concert qu'allait donner
au théâtre la jeune virtuose italienne, en présence de l'empereur.
Mais le jour du Concert approchait et Mozart ne faisait que pro-
mettre .... Il finit cependant, à bout de sollicitations, par remet-
tre au dernier moment la partie du violon: l'heure du Concert
sonnait et il n'avait pas écrit une note de la partie du piano qu'il
devait interpréter lui même. L'empereur, de sa loge, aperçut les
feuillets immaculés que Mozart avait sous les yeux ! Et, après le
Concert, le maître dut lui avouer que sa partie était dans sa tête
mais non encore sur le papier, le fait est d'ailleurs confirmé par
l'aspect de l'autographe où, visiblement, Mozart a écrit la partie
de piano après celle du violon: la partie du piano, en effet,
s'écrase et se bouscule faute de place, sous celle du violon qui,
nette et calme, suit son chemin sans encombre.
Rien ne s'oppose, en vérité, à ce que celle histoire de la Sonate
ne soit exactement celle du Concerto ! Quoi d'étonnant que Mo-
zart ait conçu le projet d'un grand Concerto de violon, (où maints
procédés employés dans la Sonate en si bémol se retrouvent d'ail-
leurs) pour consacrer le talent de cette merveilleuse jeune fille que
les contemporains célèbrent à l'envi en des éloges dithyrambi-
ques?2) Comme pour la Sonate, Mozart a même pu lui of frir toute
achevée, la partie du violon principal, remettant à plus tard la
tâche de terminer l'orchestration, tâche que le temps ou le surme-
nage ne lui a pas permis hélas! d'accomplir. C'est au printemps
de 1784 que, pour la première fois, Mozart a l'occasion de voir et
d'entendre Regina Strinasacchi : or, nous l'avons dit, tout nous
prouve, la forme du morceau aussi bien que sa teneur, que c'est pré-
cisément de cette année là que date le projet magnifique! En 1785,
le témoignage de Leopold Mozart nous montre que les relations avec
la jeune mantouane se poursuivent et nous savons de plus, par le
Catalogue de Mozart lui même, qu'il acheva, à la date du 1er
l) Voir le fragment de lettre de Mozart à son père: 21 avril 1784.
*) Voir Cramer Magazin der Musik. Tome I. p. 344.
Voir aussi notamment, la relation enthousiaste de Schink (Fragm. littéraire) qui
l'a entendue à Vienne, précisément en 1784.
LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART. 115
avril 1785 un Andante pour un Concerto de violon 1), aujourd'hui
malheureusement perdu, et qui, très probablement encore, lui
était destiné. Ledit Andante comportait seulement, outre le qua-
tuor des cordes, l'accompagnement de 2 hautbois et 2 Cors, ce qui
donne à penser que Mozart s'est probablement contenté, faute de
temps, de refaire pour la jeune virtuose le mouvement lent de
l'un de ses anciens Concertos, écrits naguère à Salzbourg.
Désormais, point de doute pour nous : la partie de violon, toute
entière, est de Mozart ainsi que les principaux tutti du Concerto
dont les trois morceaux appartiennent à une seule et même oeuvre
et ne peuvent pas provenir, ainsi qu'on l'a supposé, de fragments
indépendants les uns des autres recueillis et transformés en un
même concerto par le réviseur. Ce n'est pas un mais trois diffé-
rents Concertos de violon que Mozart eut esquissés, si l'on admet-
tait cette hypothèse, trois Concertos dont il subsisterait précisé-
ment un morceau initial, un mouvement lent et un rondo final!
Et ce que méconnait principalement pour nous cette explication,
c'est le sentiment d'unité profonde, foncièrement et essentielle-
ment mozartienne, qui fait de chacun de ces trois morceaux les
membres d'un seul et même corps. Impossible de relever, dans la
partie du violon solo, trace de la moindre soudure, du plus petit
„raccord". Les retouches ne concernent que l'accompagnement
orchestral des soli, accompagnement parfois gauchement, timide-
ment complété, mais en somme, reconnaissons le, avec une réserve
plutôt louable et, en tout cas, infiniment préférable à tout le luxe
inutile et faux de maints „arrangements" modernes.
Tant pis pour ceux qui, dans une des oeuvres les plus nobles de
la maturité du maître, n'ont aperçu que des fautes d'harmonie ou
des pauvretés d'écriture et pour lesquels toute la beauté, purement
et spécifiquement „mozartienne" du Concerto, toute la continuité
de son inspiration et de son élan, sont restées lettre morte!
Quel pourrait donc être cet homme, demanderons nous en termi-
nant, oui, cet homme capable d'écrire, d'un bout à l'autre, le plan
d'un aussi admirable morceau, mais incapable ou simplement trop
peu expérimenté encore pour lui donner, d'un bout à l'autre,
l'accompagnement voulu ? . .
Je n'hésite pas à déclarer ici à que tout violoniste désireux de
M Köchel 470.
116 LE DERNIER CONCERTO POUR VIOLON DE MOZART.
servir d'interprète aux plus hauts chefs d'oeuvre de l'art classique
a le devoir, sa vie durant, d'étudier, avec le meilleur de son coeur
et de ses forces, le Concerto de Beethoven: il devra cependant
réserver une part de celles-ci pour étudier, sa vie durant, le Con-
certo en mi bémol de Mozart.
Georges de Saint Foix.
(Septembre 1920.)
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BULLETIN DE LA SOCIETE
UNION MUSICOLOGIQUE
BULLETIN
DE LA SOCIÉTÉ
UNION MUSICOLOGIQUE"
DEUXIÈME ANNÉE
SECOND FASCICULE
LA HAYE
MARTINUS NIJHOFF
1922
MEMBRES DU CONSEIL
Dr. D. F. Scheurleer,
Président
Dr. L. P. J. Michielsen,
Secrétaire
Prof. Dr. Angul Hammerich,
Prof. Dr. K. Nef,
Ad. Salazar,
Dr. O. M. Sandvik,
Prof. Dr. Tobias Norlind,
Dr. J. Wagenaar,
La Haye, Meerdervoort 53 F.
La Haye, Leuvensche Str. 47.
Copenhague.
Bâle.
Madrid.
Holmenkollen, Christiania.
Stockholm.
La Haye.
cà dxjjr OUL
£ W*
SOMMAIRE
Prof. Dr. A. Sandberger, Beethovens Stellung zu den führ-
enden Geistern seiner Zeit in Philosophie und Dichtung 1
Prof. Dr. Max Seiffert, Niederländische und englische Gesell-
schaftsmusik um 1 600 19
W. Barclay Squire, Musical iconography 33
Ad. Salazar, Felipe Pedrell et son oeuvre 37
Comptes-rendus relatifs à la musicologie *) 43
I. Allemagne Prof. Dr. Rudolf Schwartz ... 44
II. Angleterre H. Antcliffe 65
III. Belgique Ch. van den Borren 79
IV. Suède Prof. Dr. Tobias Norlind .... 92
V. État tchécoslovaque Prof. Dr. Paul Nettl 99
") Rangés d'après es pays en ordre alphabétique.
BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEIS-
TERN SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG
Der Gedanke, dass es auch ausserhalb der rein musikalischen
Entwicklung bahnbrechender Kräfte bedurfte, um eine Erschei-
nung wie Beethoven zu ermöglichen, hat in der Beethovenlitera-
tur seinen ersten namhafteren Vertreter in Ludwig Nohl gefun-
den. Man wird dies Verdienst wie manche andere um Beethoven
dem Genanten trotz der allgemein bekannten Mängel seiner Arbei-
ten nicht schmälern dürfen. Nohl ist auf solche Betrachtungen hin-
gewiesen worden, wohl einerseits durch sein gutgemeintes Bekennt-
nis zu Richard Wagner, der in hervorragender Weise durch Schrift
und Tat für eine tiefere Beethovenauffassung mit Bahn gebro-
chen hat ; andererseits wohl auch durch das Beispiel seines Wider-
sachers, der sich bekanntlich auch Wagner widersetzte, W. H.
Riehls, mit dem Nohl eine Anzahl Jahre, 1865 — 1868, gemeinsam
an der münchener Universität dozierte. Denn Riehl hatte ja über-
all den Grundsatz vertreten von der fortzündenden Kraft grosser
geistiger Bewegungen und der organischen Einheit im Geistesle-
ben der Völker x) . Seitdem haben viele Beethovenschriftsteller,
haben Ambros, Hausegger, Kretzschmar, Lamprecht, Kalischer,
Golther, Frimmel, Abert, Nagel, Heuss, Schering, Natorp u. A.
über Beethovens musikalische Verklärung der grossen Ideen sei-
ner Zeit gehandelt, haben die Zusammenhänge seiner Kunst mit
Rousseau und Klopstock, Kant und Schiller, Goethe, der Roman-
tik und der französischen Revolution betrachtet und schliesslich
auch sein Verhältniss zur älteren Cultur, zur Antike, zu Shake-
speare, Michelangelo und Rubens ins Auge gefasst. Freilich sind
diese Untersuchungen zum Teil bei der anregenden und lehrrei-
chen, aber doch nur allgemeinen Feststellung der Parallelen, ohne
*) Freie Vorträge, Stuttgart, Cotta 1873, 1,235 o. a. a. O.
2 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FUHRENDEN GEISTERN
nähere Nachweise zu versuchen, verblieben, und es ist auch dabei
manches Verkehrte gesagt worden. So hat sich z. B. mit Recht H.
Kretzschmar gegen die Parallele mit Rubens gewandt 1). Immer-
hin weiss heute jedermann oder könnte wissen, dass Beethoven
nicht als voraussetzungsloses Genie allein steht, noch dass er nur
der Musikgeschichte angehört, dass er vielmehr wurzelt und in
wichtigen Punkten überhaupt nur richtig zu verstehen ist in und
aus den grossen Ideen jener Zeit, der Zeit grosser Geschehnisse und
grosser Menschen, einer Epoche, wie sie Deutschland trotz Bis-
marck und Wagner bisher nicht wieder gesehen hat und wohl auch
sobald nicht sehen wird.
* *
*
Die Schriften Voltaires waren in Beethovens Jugend auch in
Bonn verboten ; von den Rousseau'schen ist nichts derartiges be-
kannt. Ob freilich die wiener Verbote überhaupt in Bonn genauer
respektiert wurden, scheint zweifelhaft, denn Schillers Räuber,
die gleichfalls der wiener Censur zum Opfer gefallen waren, gelang-
ten dort bekanntlich ebenso wie Fiesco 1 783 zur Aufführung. Als
der gegebene Vermittler der Rousseau'schen Schriften und Dich-
tungen für Beethoven erscheint die bonner Lesegesellschaft, der
bekanntlich auch Beethoven angehörte, ebenso wie das Breuning'-
sche Haus und Beethovens hochgebildete sonstige Freunde, Nee-
fe, Graf Waldstein u. A. Die Vertonung des Rousseau'schen Lie-
des „Que le jour me dure" verrät Beethovens unmittelbare Be-
kantschaft mit den Werken des genfer Philosophen. Dass die Na-
turliebe des Meisters unter Rousseau'schen Zeichen stand, wird
allgemein angenommen und ist schon deshalb nicht anzuzweifeln,
weil Rousseau hier auf der ganzen Linie bahnbrechend gewirkt
hat. Zwar hat sich in Zeiten cultureller Überfeinerung jedesmal
die Reaktion auf Idylle und Naturbesingung eingestellt, aber so
nachdrücklich wie von Rousseau war das Naturgefühl in der Lite-
ratur noch nicht gepredigd worden. Die vielen Aussprüche, die wir
von Beethoven über sein Verhältnis zur Natur haben, ähneln den
Kundgebungen Rousseau's in der nouvelle Héloise und den Con-
fessions ungemein. Doch besteh in einem ein Unterschied : Der
') Internationale Wochenschrift 1909 No. 21/22. Dieser Hinweis stammte von Lam-
precht (Zukunft 1905 No. 27).
SKINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 3
Schweizer gab der Aipenla.ndsch.a.ît den Vorzug 1) : „Nie erschien
mir ein flaches Land bei aller sonstigen Schönheid als ein solches
(gemeint ist: als schöne Gegend). Ich bedarf Giessbäche, Felsen,
Tannen, dunkle Wälder, Berge, schroffe Pfade, die ebenso schwer
zu erklettern wie hinabzusteigen sind, Abgründe auf beiden Seiten,
die mir Angst einjagen". Beethoven, der Rheinländer, bevorzugte
bekanntlich die wiener Hügellandschaft ; die Pastoralsinfonie ist
keine Alpensinfonie, und wir erfahren nirgends, dass I éLhoven
vom Dürrenstein, Oetscher, Schneeberg, Hochschwab und den
sonstigen Alpenbergen, die er bei klaren Wetter von Wieii aus täg-
lich vor Augen haben konnte, besondere Notiz genommen hätte.
Wenn man weiter die durch Rousseau in der Literatur nachhal-
tig durchgesetzte Differenzierung der Gefühle hat mit dem Stil-
umschwung in der Musik des 18. Jahrhunderts in Verbindung
bringen wollen, so ist zu erinnern, dass Stamitz bei Erscheinen
der nouvelle Héloise (1761) schon vier Jahre tod war. Besser wür-
de da an Richardson's Clarissa erinnert (1748).
Dagegen besteht weiter zu Recht Rousseau's Einwirkung auf
die musikalische Composition, was Wachstum an Individualisie-
rung und Subjektivierung und die weitere Ausbildung schlicht-in-
nerlicher Melodik angeht. Die Entdeckung und Lehre, dass der
Mensch mit seinem eigenen Herzen fühlen solle" (Emil, 4. Buch)
und alles was Rousseau sonst gesagt hat über die Einkehr ins eige-
ne Selbst, über Verinnerlichung der Seele, hatte schon in Mozarts
Cantilenen Früchte getragen, deren Gemütswert den der Rous-
seau'schen gefühlvollen Ergüsse unendlich überragte. Die Grund-
lagen für Beethovens freiheitliches Empfinden wie seine geringe
Schätzung gesellschaftlicher Convention mögen letzten Endes
gleichfalls in Rousseau's discours und dem contrat social zu su-
chen sein.
Sehr verschieden ist dagegen Beethovens pseudo-demokrali-
sches Empfinden von Rousseau's Gedanken über die „Souveräni-
tät des Volkes", die in der Folge von Marat und Robespierre „zu
Ende gedacht" wurden. Beethoven galt nur die Auslese der Men-
schen als voll: „Die Menge scheint weniger als wenige", schreibt
er 1812 (Teplitz 12. Juli) an Breitkopf & Härtel. „Unser Zeitalter
bedarf kräftiger Geister, die diese kleinsichtigen, heimtückischen,
a) Confessions, Jahr 1732.
4 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FUHRENDEN GEISTERN
elenden Schufte von Menschenseelen geissein", sagt er 1825. Und
gänzlich anders als Rousseau denkt Beethoven über den Begriff
der Pflicht. Das führt uns auf seine Beziehungen zu Kant.
Wie Kants Ideen damals jegliche Art von Geistesleben durch-
drangen, so äusserten sie sich auch bei Beethoven mit ungemeiner
Stärke, sowohl was die Verschiedenartigkeit als Tiefe der Anre-
gungen anlangt, obwohl er natürlich eigentlich wissenschaftliche
Kantstudien nicht gemacht hat.
Ernst Bücken hat uns in seiner Arbeit über Reicha die interes-
sante Tatsache übermittelt, dass sich Beethoven am 14. Mai 1789
an der bonner Universität immatriculierte, und dass dort im Som-
mer 1790 durch van Schüren, der sich schon 1786 in seiner Rede
bei Eröffnung der Universität als Kantianer vorstellt, über Kant
gelesen wurde. Aber wir wissen nicht, ob Beethoven diese Vorle-
sungen besuchte. Anlässlich spätererKant-Vorlesungen, welche der
jüdische Philosoph Lazarus Ben David 1796 in Wien hielt (Thayer
I3, 397) und zu denen Wegeier Beethoven mitnehmen wollte, hö-
ren wir, dass der junge Meister nicht mitkam. Trotzdem hat sich
Beethoven, durch einen seiner Lieblingsschriftsteller (Sturm) dar-
in bestärkt, viel mit Kant beschäftigt ; insbesondere mit der natur-
wissenschaftlichen Jugendarbeit Kants: „Allgemeine Naturge-
schichte und Theorie des gestirnten Himmels", aber auch mit der
„Grundlegung der Metaphysik der Sitten" und mit der „Kritik
der praktischen Vernunft". Letzterer entstammt die vielbespro
chene Stelle in einem Con versationsheft von 1820, „vom gestirn-
ten Himmel über uns und moralischen Gesetz in uns". Beethoven
hat nicht genau citiert ; bei Kant heisst es in umgekehrter Reihen-
folge, dass diese beiden Dinge „das Gemüt mit immer neuer und
zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht erfüllen, je öfter und
anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt". Die Paral-
lelstelle in der „allgemeinen Naturgeschichte" (gegen den Schluss)
kann hiezu als Vorläufer angesehen werden: „(Es) giebt der An-
blick eines bestirnten Himmels, bey einer heiteren Nacht eine Art
des Vergnügens, welches nur edle Seelen empfinden. Bey der all-
gemeinen Stille der Natur und der Ruhe der Sinne, redet das ver-
borgene Erkenntnisvermögen des unsterblichen Geistes eine un-
nennbare Sprache und giebt unausgewickelte Begriffe, die sich wohl
empfinden, aber nicht beschreiben lassen."
Der „Kritik der praktischen Vernunft" entnahm Beethoven
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 5
den Weckruf: „Du kannst, denn Du sollst" und den Leitsatz sei-
ner Ethik: „Handle so, dass die Maxime deines Willens zugleich
als Princip einer allgemeilnen Gesetzgebung gelten kann."
Kant hatte ihn schon drei Jahre früher (1785) in der „Grundle-
gung der Metaphysik der Sitten" verkündigt gehabt mit dem Pos-
tulat : „ich soll niemals anders verfahren, als so, dass ich auch wol-
len könne, meine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden";
„der kategorische Imperativ ist ein einziger und zwar dieser:
handle nur nach der jeniger Maxime, durch die du zugleich wollen
kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde".
Den kantischen Begriff der Pflicht hat sich Beethoven völlig zu
eigen gemacht und auch seine Ansichten über Wohltun und Wohl-
tätigkeit stehen unter Kant'schem Einfluss. Wie haben ja eine
ganze Anzahl Briefe von ihm, die seine stete Hilfsbereitschaft be-
legen: an Breitkopf und Härtel im Interesse von Joh. Seb. Bachs
Tochter Regina, an Hammer-Purgstall insbesondere aber die
Correspondenz mit Varena in Graz. Gerade in den Zeiten seiner
Geschäfte mit Varena ging es Beethoven selbst schlecht genug
und sein Verhalten entspricht der Definition der Pflicht, der Schil-
derung des Menschenfreundes, dessen „Gemüt vom eigenen Gram
umwölkt" ist (Grundlegung), ja geht darüber fast hinaus, da Kant
bei diesem Menschenfreund voraussetzt, dass er immer noch „Ver-
mögen, anderen Notleidenden wohlzutun" besitze.
Die ungeheure Energie, die Beethovens menschlichen Charakter
ebenso kennzeichnet, wie die Art seiner künstlerischen Arbeit, ruht
in Kantischen Wurzeln. Seine ganze Tendenz des Ausdrucks, die
abrückt von Sinnlichkeit und niederem Begehren, ist im Allge-
meinen wie im Besonderen Kant und Herder verschwistert. Im
Ganzen und Einzelnen konnte Beethoven erst von einer Zeit ver-
standen werden, die Kant in sich aufgenommen hatte, Mit Recht
ist auf die Vertiefung des Heldenmuts in Leonore Florestan, auf
die Vertiefung auch von Beethovens religiösen Anschauungen,
wie auf die Vertiefung des „fraternité" = Gedankes der französi-
schen Revolution zur Menschheitsidee Kants hingewiesen worden.
Im Besonderen handelt es sich dann bei den Kant-Nachwirkungen
um stilistische Momente, vor allem die Entwicklung des Princips
der thematischen Arbeit über Haydn hinaus. Nur eine Zeit, in der
man allgemeiner gelernt hatte und lernte, philosophischen Fragen
Beachtung zu schenken, philosophisch zu denken, konnte auch
6 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FUHRENDEN GEISTERN
derThemendialektik, der freien, sich stets ändernden Themenent-
wicklung und Themen combination mit Interesse und Verständ-
nis folgen. Mit Recht erblickte Spranger x) in der thematischen
Arbeit das Moment, in dem es dem Komponisten am besten ge-
lingt, „In die Tiefen metaphysischer Gefühle vorzudringen, aus
denen die Arbeit des philosophischen Denkens emporwächst".
Weiter ist kantisch Beethovens ganze Arbeitsart der ständigen
Verbesserung und Vertiefung, die Energie und Unumüdlichkeit,
dieerdatei betätigt, manchmal um ärmliche, nüchterne Anfänge
schliesslich zu Gedanken von vollendeter Schönheit zu steigern.
Das Andante der 5. Sinfonie kann als Schulbeispiel dienen. —
Rochlitz lässt in seinem Buch „Für Freunde der Tonkunst"
Beethoven 1822 sagen: Goethe habe seit dem karlsbader Sommer
Klopstockbei ihm todt gemacht". „Sie wundern sich ? Nun lachen
sie ? Aha, darüber dass ich den Klopstock gelesen habe ! Ich habe
mich Jahre lang mit ihm getragen, wenn ich spazieren ging, und
sonst. Ei nun, verstanden hab ich ihn freilich nicht überall. Er
springt so herum ; er fängt auch immer gar zu weit von oben her-
unter an ; immer Maestoso ! Des dur ! Nicht ? Aber er ist doch gross
und hebt die Seele. Wo ich ihn nicht verstand, da rieth ich doch —
so ungefähr. Wenn er nur nicht immer sterben wollte ! Das kömmt
so wohl Zeit genug. Nun: wenigstens klingts immer gut u. s. w. A-
ber der Goethe: der lebt und wir Alle sollen mitleben. Darum lässt
er sich auch componieren. . . . ". Schon Thayer-Deiters haben dar-
auf aufmerksam gemacht, dass Rochlitz' Bericht mit Vorsicht auf-
zunehmen sei 3), und es lässt sich auch exakt nachweisen, dass
Beethoven nach dem Zusammentreffen mit Goethe 1812 in Tep-
litz und Karlsbad sich weiter mit Klopstock beschäftigte. Denn
er erbittet sich 1816 bei Steiner & Comp, brieflich ,,auf einige Tage
die Dichter Klopstock-Gleim, jedoch nach guten, neuesten Origi-
nal-Ausgaben", und am 23 Januar 1824 schreibt er an die Gesell-
schaft der Musikfreunde in Wien unter Bezug auf den Bernard'-
schen Oratorientext, er wolle lieber „selbst Homer, Klopstock,
Schiller in Musik setzen, wenigstens wenn man auch Schwierigkei-
ten zu besiegen hat, so verdienen dies diese unsterblichen Dichter".
Bekannt ist von Kompositionen Klopstock'scher Dichtungen nur
') Beethoven und die Musik als Weltanschauung, Leipzigo. I. S. 9.
'■■■) IV, 339 ff.
■) IP, 151 ff.; IV, 287.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 7
die Skizze eines Liedes; wir hörten soeben, dass Klopstock Beet-
hoven als ein Dichter gilt, der nicht leicht zu componieren ist.
Schiller hingegen nannte bekanntlich gerade Klopstock einen
„musikalischen Dichter" x). Die erste Anregung zur Beschäftigung
mit klopstockscher Poesie wird Beethoven wohl wiederum durch
Neefe, das Breuning'sche Haus und den sonstigen bonner Kreis
gekommen sein. Neefe galt den Zeitgenossen als der Erste, der
es „wagen konnte Klopstocks Oden zu componieren, Selmar und
Selma so herzbrechend in Musik zu setzen" 2) . Gefesselt haben mag
Beethoven an Klopstocks Dichtungen und Lehren der hohe sitt-
liche Ernst, die Mahnung „den Geist zu fragen, der in uns ist", die
Züge von Leidenschaft und die freiheitliche Gesinnung, vielleicht
auch (wie Schering will) das Hymnische und Odenhaf te seiner Poe-
sie. Es könnte auch sein, wie dies Ambros annahm dass Klopstocks
Frühlingsfeier Beethoven für die Pastoralsinfonie Anregungen ge-
geben hat. Immerhin aber scheint in Rochlitz Bericht, der nach
Art der Fassung wohl auch auf einzelnen tatsächlich gefallenen
Aeusserungen beruht, richtig zu sein, dass Beethoven 1822 Klop-
stock nicht mehr so hoch stellte wie er ihn in seiner Jugend gestellt
hatte. Diese verminderte Schätzung teilte Beethoven mit den
weitaus meisten der urteilsfähigen Zeitgenossen und mit Goethe.
Die Wendungen „er springt so herum" und „aber der Goethe, der
lebt," klingen in Beethovens Munde durchaus glaubhaft; denn
sie zielen auf zwei Hauptschwächen der Klopstock'schen Poesie,
die unserem von pietistischen Einwirkungen gänzlich unberührten
Meister auf die Dauer nicht entgehen konnten: den Mangel an
Plastik der Darstellung und echter Lebenskraft des dichteri-
schen Gehalts. —
„Vielleicht können Sie mir eine Ausgabe von Goethes und Schil-
lers vollständigen Werken zukommen lassen .... die zwei Dich-
ter sind meine Lieblingsdichter so wie Ossian, Homer ...."
schreibt Beethoven am 8. August 1809 3) an Breitkopf u. Här-
tel. Auch Grillparzer 4) bezeugt, dass Beethoven „Schiller sehr
hoch hielt". Nach allgemeiner Anschauung steht Schiller Beet-
') In der Abhandlung über naive und sentimentale Dichtkunst.
2) Theaterjournal II, 7 Stück. Thayer I3, 96.
3) Schon 1 803 (22. Jan) hatte Beethoven Härtel den Wunsch ausgesprochen, seine
älteren Ausgaben von Wielands und Schillers Werken gegen die letzterschienenen zu
vertauschen.
*) Gesammelte Werke VIII, 1 1 8 ff.
8 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
hoven näher als alle anderen Dichter. Gewisse Übereinstimmun-
gen waren auch mit den Händen zu greifen : der leuchtende, tat-
kräftige Idealismus, das Pathos, der Freiheitsdrang ihrer Werke,
ihre Kampfnatur und ihr gemeinsames Endziel. Zur Auswirkung
ihrer besten Kräfte sind sie aber auf sehr verschiedenen Wegen
gelangt. Beethoven als Künstler musste sich „Anmut und Wür-
de" nicht erst in schwerem Ringen erobern, ähnlich Goethen wa-
ren sie ihm von Anfang an beschieden und ganz anders hat der
junge Beethoven von seinen unmittelbaren grossen Vorgängern
Haydn und Mozart Nutzen gezogen, wie der junge Schiller von
Lessing und Goethe. Das äussere Leben der beiden Hersen zeigt
manche Parallele : bei beiden drohen Krankheit und wirtschaftli-
che Sorgen, bei Schiller immer wieder, bei Beethoven insbesondere
in den letzten Jahren den prometheischen Funken zu ersticken. Es
sei dahingestellt, wer die härtere Jugend durchlebte, ob Schiller
oder Beethoven. Zumutungen wie die zur rednerischen Lobhude-
lei vor Karl Eugen in der schwäbischen Militärakademie wurden
an Beethoven nicht gestellt, dafür hatte aber Schiller nicht die
Misère des beethoven' sehen Vaterhauses durch zu kosten. Jeden-
falls aber ist der Niederschlag der gemachten schweren Erfahrun-
gen der Jugend im künstlerischen Schaffen bei beiden qualitativ
und quantitativ ein gänzlich verschiedener. In Beethovens Ent-
wicklung gibt es keine Räuber und keinen Fiesko, keine Kabale
und Liebe und keinen Geisterseher x) . Bei aller sittlichen Entrüs-
tung über die Schäden der ihn umgebenden Gesellschaft vollzieht
sich Beethovens künstlerische Entwicklung in aller Ruhe, in ei-
nem schnurgeraden, völlig ungestörten, gewaltigen crescendo.
Beethoven denkt über den Adel ähnlich wie Ferdinand in Kabale
und Liebe, über seine Umwelt ähnlich wie Schiller, aber er lehnt
die Revolutionssonate ab. 2). Der ja auch elf Jahre jüngere Kom-
ponist gelangte offensichtlich in seiner Entwicklung viel früher
als der Dichter zur Klarheit über den Unterschied zwischen wah-
rer Freiheit und Menschenwürde, über die Unreife des Volkes
und die Entartung der französischen Revolution, und sein guter
Genius bewahrte ihn vor irgend welchen Geschmacklosigkeiten.
J) Dass Beethoven 1793 auch Don Carlos kannte, beweist das Stammbuchblatt für
Vocke(22Mai 1793).
2) Brief an Hofmeister vom 8. April 1802. Der bei Beethoven 1823 durch Dr. Bach
nahegelegte Gedanke einer Composition des Fiesko wurde bekanntlich nicht ausge-
führt.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG, 9
Goethes Wort (Goethe lehnte bekanntlich die französische Revo-
lution von Anfang an ab) : J) „In der Jugend traut man sich zu,
dass man den Menschen Paläste bauen könnte, wenn es aber um
und an kommt, hat man alle Hände voll zu tun, um ihren Mist
beiseite zu bringen", könnte auch mit Weglassung des Vordersat-
zes von Beethoven gesagt sein. Wenn Schiller die Läuterung sei-
ner späteren Werke mit Einbusse von fortreissender Leiden-
schaft und überwältigender Fülle des Lebens erkaufen musste,
bietet Beethovens Entwicklung hiezu keine Parallele: mit der
zunehmenden Durchgeistigung ging lediglich etwas von der sinn-
lichen Frische der Jugend verloren. Beethoven hatte niemals den
Entschluss zu fassen, sich von „Spitzfindigkeit, Künstlichkeit und
Witzelei" (wie Schiller selbst 1788 von seinem bisherigen Schaf-
fen sagt) loszumachen, Rhetorik ist ihm fremd und die Lösung des
Formproblems macht sich, höchstens den letzten Satz der IX.
Sinfonie ausgenomen, bei ihm inner wieder von selbst, auch in
den im ungeheuersten Ringen geborenen Werken, im Gegensatz
zu Schillers gelegentlicher Schönrednerei und den rastlosen Ver-
suchen und Experimenten der Schiller'schen Meisterjahre. Auf
das gänzlich verschiedene Verhältnis beider Künstler zur Lyrik
hat bereits H. Abert hingewiesen; in der Tat ist „ein dem beetho-
ven'schen Adagio entsprechender Typus" 2) bei Schiller nicht
nachweislich. Aber in Gedankentiefe, innerer Notwendigkeit und
Meisterschaft ihrer Kunst, in Betätigung höchster sittlicher Wil-
lenskraft, Verantwortlichkeitsgefühl, Selbstzucht und Selbst-
überwindung, wie also im Endziel und Endresultat ihres idealen
Strebens begegnen sich die beiden grossen Ideenkünstler, die bei-
den grossen Philantropen, die beiden „sentimentalischen" Inge-
nien der Deutschen. Und auch ein Blick auf ihre Liebhabereien
und Sympathien ergibt manche neue Parallele, wie die Vereh-
rung für Plutarch oder die Abneigung gegen Napoleon. —
Persönlich hat Beethoven weder Kaut noch Klopstock, weder
Schiller noch Herder, hingegen Goethe kennen gelernt, und mit
aus diesem Grunde ist gerade das Capitel „Beethoven und Goe-
*) So schreibt er (bei seiner Charakteristik Reichards, Annalen 1795) : „Nun hatte
sich Reichard mit Wut und Ingrimm in die Revolution geworden, ich aber, die gräuli-
chen, unaufhaltsamen Folgen solcher gewalttätig aufgelösten Zustände mit Augen
schauend. . . . hield ein für alle Mal am Bestehenden fest, an dessen Verbesserung,
Belebung. . . . ich mein Leben lang. . . . gewirkt habe".
2) Neue Musik-Zeitung 1920/21, Heft 6, S. 83.
10 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
the" bis heute mit grosser Vorliebe in der Beethovenliteratur be-
handelt worden. (Vergl. die Studien von Brendel, Thayer, Nohl,
Hiller, Ambros, Wasielewski, Frimmel, Koegel, Fuchs, Batka,
Friedländer, Bode, Nagel, Leitzmann, Blaze de Bury, Gerhard,
Bötcher, Petschek, Graevenitz, Jullien, Wycewa, Abert u. A.).
Be kanntlich haben auch Fürst Lichnowski und Kinsky Goethen
für unseren Tonmeister interessiert, vor allem aber hat Bettina
zwischen beiden Heroen vermittelt, leider offenbar ohne Goethen
genügend auf Beethovens Taubheit, Formlosigkeit, Schwerfällig-
keit u. s. w. vorzubereiten. Von Beethovens Kunst hatte Goethe
schon 1810 (1807 wird in Goethes Tagebuch nur kurz die Arie „Ah
perfido" erwähnt) den vorteilhaftesten Begriff, wie sich aus fol-
gender bisher wenig beachteter Äusserung x) ergibt : „Es hat mir
grosses Vergnügen gemacht, in Beethoven das Bild eines wahr-
haft genialen Geistes in mich aufzunehmen. Ohne ihn klassifizie-
ren zu wollen, gehört doch ein psychologisches Rechnungsstück
dazu, um das wahre Facit der Übereinstimmung da herauszuzie-
hen. Ein gewöhnlicher Menschenverstand würde vielleicht Wider-
sprüche in Beethovens Natur finden. Was aber ein solcher vom
Dämon besessener ausspricht, davor muss der Laie Ehrfurcht ha-
ben, und es muss gleichviel gelten, ob er aus Gefühl oder aus Er-
kenntnis spricht. Denn hier walten die Götter und streuen Samen
zu künftiger Einsicht von der nur zu wünschen ist, dass sie zu un-
gestörter Ausbildung gedeihen möge. Bis sie indessen allgemein
werde, da müssen die Nebel vor dem menschlichen Geiste sich
erst teilen. Ihn belehren zu wollen, wäre wohl selbst von Einsichti-
geren als ich, Frevel, da ihm sein Genie vorleuchtet, und ihm oft
wie durch einen Blitz Haltung gibt, wo wir im Dunkeln sitzen,
und kaum ahnen, von welcher Seite der Tag anbrechen werde".
Am 19., 20., 21. und 23. Juli 1812 waren dann die beiden Grossen
in Teplitz zusammen. Am 21 . Juli schreibt Goethe in seinem Tage-
buch: „Abends bei Beethoven. Er spielte köstlich". Beethoven
aber meldet am 12. August Erzherzog Rudolf aus Franzens-
') Supplemente zu Goethes sämmtlichen Werken Lieferung 4 u. 5. S. 315. Ich ver-
mag nicht die Ansicht Trimmels zu teilen, dass diese Stelle belanglos sei (Beethoven
und Goethe, Wien 1883 S. 20); vor allem der erste Satz ist doch ungemein wichtig.
Zutreffend ist jedenfalls, dass sich Goethe gegenüber Beethoven in schwieriger Lage
sah, weil er überhaupt für Instrumentalmusik kein volles Verständnis hatte. Es finden
sich auch in Goethes Nachlass (wie Verf. in Weimar feststellen konnte) von Beethoven
zahlreiche Vokalwerke, insbesondere Goethelieder, aber von Instrumentalmusik nur
die Sonaten op. 31 und das Quintett op. 16.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 1 1
brunn: mit Goethe war ich viel zusammen." Am 8. September
1812 trafen sie nach Goethes Tagebuch wieder in Karlsbad zusam-
men. Am 19. Juli hatte Goethe an Christiane geschrieben: „Zu-
sammengefasster, energischer, inniger habe ich noch keinen
Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie er gegen die Welt
wunderlich stehen muss"; am 2. September aber an Zelter: „Sein
Talent hat mich in Erstaunen gesetzt, allein er ist leider eine ganz
ungebändigte Persönlichkeit, die zwar nicht unrecht hat, wenn sie
die Welt detestabel findet, aber sie freilich dadurch weder für sich
noch für andere genussreicher macht." Der Verlust des Gehörs,
von dem Goethe weiter teilnehmend spricht, gilt ihm augenschein-
lich nicht als volle Erklärung für das „Ungebändigte" in Beetho-
vens Wesen. Auf Beethovens Bitte in Sache der grossen Messe
vom 8. Februar 1 823 hat Goethe bekanntlich nicht reagiert ; hin-
gegen sprach Beethoven bis in seine letzten Tage mit höchster
Verehrung von Goethe, hatte in seinem Handexemplar (jetzt in
der Staatsbibliothek Berlin) vieles angestrichen und nach Klöber
gerne einzelne Goethe'sche Dichtungen verschenkt und stets einen
Band der Werke aufgeschlagen in seinem Zinmer liegen. Noch am
8. März 1827 erkundigt er sich aufs Angelegentlichste nach dem
greisen dichter.
Wer den Wilhelm Meister, Tasso oder Iphigenie kennt, wird
sich nicht darüber wundern, dass Beethovens persönliche Art
Goethen nicht übermässig sympathisch sein konnte. Längst war
der Goethe der Sturm- und Drangzeit „der böse Mensch mit dem
guten Herzen" Betty Jacobis, den (wie er selbst sagt) „seine Na-
tur immerfort aus einem Extrem in das andre warf", zur Erkennt-
nis gelangt, dass nicht Ignorieren der Sitte, sondern Selbstzucht
und Selbstbeherrschung zum Heile führen; im Grunde war das
ja auch schon Goethes Meinung bei „Werthers Leiden" gewesen.
Im Verhältnis der beiden Grossen ist aber Goethe trotz Egmont
und Beethovens sonstigen Goethecompositionen (Meeresstille und
glückliche Fahrt, Bruchstücke aus Faust, Claudine von Villabella
und dem Jahrmarktsfest, Marmottenlied, Lieder *) ) keineswegs
nur der Empfangende gewesen : was er Beethoven gab und war,
rechtfertigt durchaus Beethovens hohe Verehrung. 1 823 schreibt
der Componist an den Dichter (8. Februar) : „Immer noch wie von
meinen Jünglings jähren an lebend in Ihren unsterblichen nie veral-
l) Vergl. Frimmel, Neue Beethoveniana, Wien 1890, V. 337 ff.
12 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
ternden Werken und die glücklichen in Ihrer Nähe verlebten
Stunden nie vergessend
Zunächst gab Goethe Beethoven, was er „musikalisch produk-
tiv" (Spitta) der ganzen fühlenden Welt und allen Musikern ge-
schenk hat : die unvergleichliche Poesie, die Stimmung, Bilderfül-
le, Rhythmik, den himmlischen Wohllaut, die Sprachmelodie sei-
ner Verse. Dass Werther auf Beethoven tiefen Eindruck machte,
sehen wie bereits an Partien wie dem e-moll-Gegensatz im Adagio
von op. 2 N° 3. Solch bohrende, wühlende, quälende, zerrüttende
Stimmungen sind echte Äusserungen der durch Werthers Leiden
erschlossenen Gefühlswelt ; das ganze Heiligenstädter Testament
aber ist ohne Goethes Roman, sowie es abgefasst ist, nicht denk-
bar. Sogar wörtliche Anklänge haben sich nachweisen lassen. x)
Wie Beethoven sich an der Freiheitsidee des Egmont begeisterte,
beweist seine Partitur, insbesondere die Ouverture mit ihrer Wie-
dergabe des lastenden Drucks und der schweren Bedrängnis, der
widerstrebenden Kraft und des Sieges der Freiheits-Idee. Den
tiefsten und nachhaltigsten Eindruck aber hat Faust auf Beetho-
ven gemacht. „Ist diese Periode vorbei, so hoffe ich endlich zu
schreiben, was mir in der Kunst das Höchste ist — Faust" zeich-
net Beethoven noch I. N. Bihler 1823 2) auf. Das 1790 veröffent-
lichte Faustfragment lernte er zweifellos schon in Bonn im Breu-
ning'schen Hause, bei Neefe oder in der Lesegesellschaft kennen ;
die ganze Entwicklung der Beethoven'schen Mannesjahre ist in
hohem Mass von Faust beherrscht, immer faustischer wird Bee-
thovens Ringen in der zweiten Periode und R. Wagner hat es
wunderbar glücklich getroffen, als er zur Interpretation der 9.
Sinfonie bis zum Beginn des letzten Satzes Goethes Dichtung her-
anzog. Auf die Parallelität des späten Beethoven und späten Goe-
the, dem auch alles Vergängliche zum Gleichnis, das „Unzuläng-
liche" Ereignis wird, hat neuerlich Paul Natorp nachdrücklich hin-
gewiessen3). Auch in religiösen Dingen, obwohl Beethoven keines-
wegs als unbedingter Pantheist anzusprechen ist und wohl nie
eine Zeile von Spinoza gelesen hat, sowie mit ihrer partiellen Zu-
gehörigkeit zur Romantik begegnen sich die beiden Heroen : Beet-
') Rudolf Kögel, Goethe und Beethoven. Forschungen zur deutschen Philologie,
Festschrift für R. Hildebrand 1894. S. 196.
2) Schon 1808, als der erste Teil des Faust erschien, verbreitete das Stuttgarter Mor-
genblatt die Nachricht, Beethoven plane die Composition des Gedichtes.
a) In seiner schönen Universitätsrede „Beethoven und wir", Marburg, Elwert, 1921.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 13
hovens Largo assai im sogenannten Geistertrio op. 70 N°. 1 ist
nicht weniger romantisch als Mignon und der Harfner in Wil-
helm Meister. Andererseits waren beide grundverschiedene Natu-
ren, nach aussen divergierend durch Beethovens ungebändigte,
oft etwas brüske Art des persönlichen Gehabens gegenüber Goe-
thes wohlerwogener, zunehmender Zurückhaltung und Zuge-
knöpftheit, aber auch innerlich gerade in ihrer letzten Periode
teilweise divergierend : Der zweite Teil des Faust drängt auf tat-
kräftige Betätigung im praktischen Leben:
„Nur der verdient sich Freiheit und das Leben, der täglich
sie erobern muss";
Beethovens letzte Quartette aber drängen mehr wie je nach in-
nen; durch ihren spirituellen Humor halten sie die Verbindung
mit der Welt wohl noch aufrecht, aber ihr Grundzug ist das Trans-
cendentale und die mystische Extase. Auf dem Gebiet des Mysti-
schen, Visionären freilich berühren sich die Heroen auch wieder,
nähern sich die letzten Quartette, die grosse Messe dem Doktor
Marianus. Auch ein Lebenskünstler im höchsten Masse wie Goe-
the ist Beethoven nicht entfernt gewesen ; dabei aber bei ebenbür-
tigem Genie selbstloser und insbesondere in seinen Beziehungen
zu den Frauen, die Sympathie und Liebe in seiner im Grunde lie-
besbedürftigen Natur erweckt hatten, ein treuerer Schüler des
kant'schen Pflichtbegriffes als der Dichter. —
Der unstreitig musikalischste nach Anlage und Bildung aller der
Führer in der Blüteperiode der deutschen Literatur war Herder,
der Kantorssohn. Nun ist es bekanntlich mit Herders Gedanken ei->
genartig gegangen : sie drangen ungemein schnell ins allgemeine
Bewusstsein der denkenden Köpfe, niemand gab sich Rechen-
schaft, aus welcher Quelle dieser wundervolle Strom köstlicher
Reichtums entsprang und Herder selbst wurde über seiner Ideen-
welt so sehr vergessen, dass es mühsamer Forschungen bedurfte,
ihm sein geistiges Eigentum wieder zuzuweisen. Dies allgemeine
Verhältnis zu dem Vorgänger von Schopenhauer (Weltwille),
Hausegger (Ausdruck) und Lipps (Einführungstheorie) in der Mu-
sikaesthetik spiegelt sich auch in der Beethovenforschung getreu-
lich wieder : kein anderer führender Genius aus Deutschlands ge-
dankenreichster Zeit ist weniger auf die etwa durch ihn erfolgte
Befruchtung von Beethovens Gedanken- und Empfindungswelt
geprüft worden als gerade Herder, auch Beethovens Mensch-
1 4 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
heits- und Humanitätsideale wurden zumeist mit Klopstock,
Goethe und Schiller, vielleicht auch einmal mit Lessing, keines-
wegs aber, wie sich gebührt, mit Herder in Verbindung ge-
bracht.
In unserem besonderen Falle mag dies daran liegen, dass wir
von direkten Zeugnissen über Beethovens Befassen mit Herder
weniger haben, als bei Schiller und Goethe vorhanden sind. Wir
wissen wohl, dass auch Herder, wie sich übrigens von selbst ver-
steht, in Bonner Kreis gut bekannt war, da z. B. Neefe auch von
ihm Texte vertont hat und Eleonore von Breuning 1792 Beetho-
ven Herder 'sehe Verse ins Stammbuch schrieb. Ferner, dass Beet-
hoven den Maler Klöber vor Beginn einer Porträtsitzung mit Wer-
ken von Herder (und Goethe) beschäftigte und sich Auszüge und
Abschriften aus den „zerstreuten Blättern" machte (Herders
morgenländische Blumenlese: Die laute Klage, componiert 1809;
Morgengesang der Nachtigall, componiert 1813; die Perle; Anmut
des Gesanges ; Macht des Gesanges) ; auch konnte Beethoven die
Hinweise auf Herder in der Musikliteratur (z. B. in der Allgemei-
nen musikalischen Zeitung 1 802 auf Adrastea und Kalligone) nicht
übersehen. Kein äusseres Zeichen aber deutet darauf hin, wie sehr
Herders allgemeine, künstlerische, religiöse und pädagogische An-
sichten auf ihn einwirteten. Um so sprechender aber ist der in-
nere Befund.
Wir hörten schon von Beethovens Vorliebe für Homer und Os-
sian : in erster Linie Herder hatte soeben für deren Dichtungen in
Deutschland Bahn gebrochen, bei Ossian insbesondere auch auf
„Wohlklang und dunklen Gang der Melodie" wie den Rhythmus
der Dichtungen hingewiesen. 2) In der Kalligone, (Herders Haupt-
auseinandersetzung mit Kants Aesthetik) finden sich zahlreiche
Gedanken über die Aufgabe der Kunst und ihre hohe Wirkung wie
über den Beruf des Künstlers, die mit Anschauungen Beethovens
übereinstimmen: dass echte Kunst in den idealen Seelenkräften
wurzle, dass Musik unmittelbarer Emptindungsausdruck sein
müsse, dass tiefe Innerlichkeit das Wesen der Kunst ausmache :
„fühlend im engen Umfang unserer wenigen Tongänge und Ton-
arten alle Schwingungen, Bewegungen, modos, Accentuationen
') Auch Herders „Turteltaube" und „das Schweigen" (Kanon) hat Beethoven
componiert.
2) Stimmen der Völker, erste Abteilung.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 15
des Weltgeistes, des Weltalls, wäre es noch Frage, ob die Musik
jede Kunst, die am Sichtbaren haftet, an innerer Wirksamkeit
übertreffe?" Herder dachte auch an eine neu zu schaffende deut-
sche Oper, die von „bloss menschlichen Auftritten, Empfindungen,
Scenen getragen wäre", wie wenn er den Fidelio hätte voraus ah-
nen können. Beethovens Ablehnung von Stoffen wie Don Giovan-
ni oder Figaro deckt sich wollkommen mit Herders Standpunkt,
der in der Abhandlung über „Tanz, Melodram" sagt: „Bearbeitet
[der Componist] einen unwürdigen Stoff . . . . o wie bedauern wir
den Tonschöpfer ! Wie bedauern wir, zauberischer Mozart, dich in
deinen cosi fan tutte, Figaro, Don Juan u. s. f. Die Töne setzen uns
in den Himmel, der Anblick der Scenen ins Fegefeuer, wo nicht
gar tiefer". Die Ausschaltung des Erotischen und Vergeistigung der
Sinnlichkeit in der Kunst haben beide Grossen miteinander ge-
mein, und Beethoven hat fraglos dem Satz der Kalligone zuge-
stimmt : „Was bedarf einer sittlichen Richtung mehr als der ver-
wilderte Trieb der Liebe ? So Manches hat die Poesie, so Manches
die Kunst zu vergüten, was sie hier Übles gestiftet und womit sie
sich selbst geschadet haben. Ernste Zeiten rufen von Buhlereien
zurück".
Auch auf kulturphilosophischem Gebiet finden sich schlagende
Paralelen. Gerade um das Postulat wahrer Humanität, der Selbst-
vervollkommnung und „Läuterung zum vergöttlichten Menschli-
chen" hat ja Herder die grössten Verdienste, hat deren Begriff ge-
genüber der Aufklärung und auch gegenüber Kant und Lessing
wesentlich gefördert und vertieft. Auch Beethoven suchte mit
allen Kräften zu wirken, trachtete diese Kräfte zu idealer Harmo-
nie zu steigern und zu nützen : „Nicht nur als Künstler sollt ihr
mich grösser, sondern auch als Mensch sollt ihr mich besser, voll-
kommener finden" schreibt er am 29. Juni 1801 an Wegeier und
„Rechtschaffenheit und Billigkeit muss dein Pol sein" 1807 an
Gleichenstein (der sich in einer Geldangelegenheit in Beethovens
Interesse bemüht). Auch bei unserem Meister müssen die niedri-
gen Bedürfnisse den höheren dienen und sollen „selbst zur Huma-
nität führen." „Das menschliche Tier muss essen um das Geistige
hervorzubringen"1). Auch Beethoven sind „Wahrheit, Bewusst-
sein des Wohlwollens, Glückseligkeit der Menschheit die Pole, um
die sich alles dreht." 2) Aber auch er weiss, dass das „Reich der
*) Brief an Tiedge vom 6. September 181 1. 2) Haym, Herder, I, 552.
1 6 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
Vernunft, Billigkeit und Güte" noch nicht erschienen ist, dass
„nur wenige in einem kultivierten Lande kultiviert sind" und
steht auf dem Standpunkt der Ideen1), dass sich der stolze Mensch
trotz Geschichte und Erfahrung nicht ohne Gegenwehr, Zufall und
Zeit überlassen kann. „Ich will dem Schicksal in den Rachen grei-
fen" sagte er bekanntlich und „Kraft ist die Moral der Menschen,
die sich vor andern auszeichnen".
Auch mit Herders religiösen Anschauungen haben die beetho-
ven'schen manches gemeinsam, obwohl auch hier beim Componis-
ten sich der Abstand vom Standpunkt Spinoza's fühlbar macht.
Auch bei Beethoven handelt es sich um Durchdringung der Natur
mit Gott, um Natur als Darstellung der unendlichen Wirkung
Gottes. Den Glauben an einen ausserweltlichen, persönlichen Gott
aber, den Herder und, von ihm beeinflusst, Goethe preisgegeben,
hatte Beethoven nicht, d. h. nicht dauernd verloren. Ein Bekennt-
nis wie das nachfolgende Herders 2) hätte Beethoven nicht voll
geteilt : „Nein, du hast Dich Deinen Geschöpfen nicht unbezeugt
gelassen, Du ewige Quelle alles Lebens, aller Wesen und Formen !
Das gebückte Thier empfindet dunkel Deine Macht und Güte, in-
dem es seiner Organisation nach, Kräfte und Neigungen übt ; ihm
ist der Mensch die sichtbare Gottheit der Erde. Aber den Men-
schen erhebst Du, dass er selbst, ohne dass er es weiss und will, Ur-
sachen der Dinge nachspähe, ihren Zusammenhang errate, und
Dich also finde Du grosser Zusammenhang aller Dinge, Wesen der
Wesen .... Du bist gestaltlos, obwohl die erste, einzige Ursache
aller Gestalten. Indessen ist auch jeder falsche Schimmer von
Dir dennoch Licht, und jeder trügliche Altar, den er Dir baute, ein
untrügliches Denkmal nicht nur Deines Daseins, sondern auch der
Macht des Menschen, Dich zu erkennen und anzubeten. Religion
ist also auch schon als Verstandesübung betrachtet die höchste Hu-
manität, die erhabenste Blüte der menschlichen Seele" 3)
Dass Beethoven in seiner Vorliebe für religionsgeschichtliche
Studien nicht nur bei Hammer, sondern auch Herder Belehrung
suchte, hat schon Thayer dargetan. 4)
Auch von der Erziehungslehre Herders ist Beethoven nicht un-
') Ideen zur Geschichte der Menschheit, erster Teil, Vorrede.
*) Ideen I, 194 (Ausgabe Karlsruhe 1820 im Bureau der deutschen Klassiker).
*) Vergl. auch Haym II, 279.
4) IIP, 194.
SEINER ZEIT IN PHILOSOPHIE UND DICHTUNG 1 7
berührt: in den Briefen und Verhandlungen um das Wohl des
Neffen gewahren wir überall den sittlichen Ernst, mit dem Bee-
thoven seine Aufgabe als Pflegevater des unglücklichen Kindes
auffasste. Neben Herder treten auf diesem Felde Basedow, Pe-
stalozzi, Sailer und Plutarch, nach dem, (wie Beethoven an den
wiener Magistrat schreibt) , auch Philipp von Macédonien „seiner
nicht unwert geachtet, die Erziehung seines Sohnes Alexander
selbst zu leiten".
Noch sei erwähnt, dass auf musikalischem Gebiet Beethoven
jedenfalls mit der Forderung Herders in dessen „Cacilie" („Zer-
streute Blätter. 5. Sammlung V. Abschnitt, Gotha 1793) nicht
übereinstimmte : „dass die Kirchenmusik auf keine Weise drama-
tisch seyn könne und wenn sie dies seyn wolle, sie ganz ihren
Zweck verfehle", wie die bekannte Kriegsepisode im Donna nobis
der grossen Messe erweist. Hingegen begegnen sich beide Meister
wieder in der Verehrung Händeis, des Lieblingscomponisten Her-
ders, dem er im 10. Abschnitt der „Früchte aus den sogenannten
goldenen Zeiten des 18. Jahrhunderts" (das Oratorium und die Can-
tate) auch ein kurzes biographischer Denkmal gesetzt hat. —
Wir schliessen mit einem Wort, das der Meister am 6. Dezember
1 82 1 zu Maximiliane von Brentano sagte :
„Es ist der Geist, der edle und bessere Menschen auf diesem Erden-
rund zusammenhält und den keine Zeit zerstören kann" .
Keine Epoche deutscher Geschichte hat eine ähnliche gleichzei-
tige Wirksamkeit wahrhaft genialer Männer gesehen. „Hera und
Athene" sagt Gumprecht 1870, im Jubiläumsjahre Beethovens
und der deutschen Waffen, „kämpften einst in den Reihen der
Griechen und Troer, unsere Schlachten haben Kant und Hegel,
Schiller und Beethoven mitgeschlagen" . Unsere Grossen haben uns
auch 1914 — 1918 in dem so unvergleichlich schwierigeren Ringen
lange geholfen. Und heute ? . . . . „Nur wenige sind in einem kul-
tivierten Land kultiviert". Aber wir hoffen, wie wiederholt an an-
derer Stelle gesagt, dass es gelingt, und auch Beethoven muss uns
wieder dabei helfen, unser Volk sittlich wieder in die Höhe zu bringen,
die Lehren der Volksverderber unwirksam und unschädlich zu
machen, die jenen Zusammenbruch nicht nur von Widerstands-
kraft, sondern jeder Art von idealer, deutscher Gesinnung in
erster Linie verschuldet haben; jenen Zusamenbruch, von dem
der Berufensten Einer sagt : „Nur mit tiefer Bewegung kann man
2
1 8 BEETHOVENS STELLUNG ZU DEN FÜHRENDEN GEISTERN
rückschauend sehen, wie das deutsche Empfinden der Wahrhaf,
tigkeit und Redlichkeit, der makellosen persönlichen Reinheit
und des Aufgehens in dem Gedanken an das Vaterland verloren
gingen und etwas ganz anderes, deutschfremdes entstand; das
eigene Wohlbefinden wurde das höchste Gesetz des Lebens". x)
Adolf Sandberger.
') Erich Ludendorf f, Meine Kriegserinnerungen 1914—1918. Berlin 1919, S. 292.
NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE GEf ELL-
SCHAFTSMUSIK UM 1600
Die zunehmende Vertiefung der Händel- und Bach-Renais-
sance in den letzten Jahrzehnten und das wachsende Interesse
für die Neuausgaben alter, vorklassischer Musik stehen deutlich
erkennbar in engem Zusammenhange mit der bei den prak-
tischen Musikern immer mehr durchdringenden Überzeugung,
dass die Wiederbelebung aller alten Musik unter sinngemässer
Anwendung der heutigen Mittel sich notwendig auf ihre ursprüng-
liche klangliche Wirkung und deren Vorbedingungen zu stützen
habe. Je klarer diese Vorbedingungen erkannt und je gebrauchs-
fähiger sie dem nachschaffenden Musiker an die Hand gegeben
werden, desto leichter und williger finden die so geförderten
alten Werke wieder Verständnis und Würdigung ohne Voraus-
setzung besonderer historischer Anpassungsfähigkeit seitens der
Hörer.
Erfreulicherweise mehren sich die Anzeichen dafür, dass die
Musikforschung unbeschadet ihrer übrigen Arbeitsziele sich
ernsthafter auf ihre Pflicht besinnt, die Grundlagen der Musik-
praxis vergangener Jahrhunderte auf breiterer Front bloss zu
legen. Steht anfänglich die alte Verzierungskunst mit ihren
willkürlichen Veränderungen im Vordergrund der Untersu-
chung *) , folgte dann eine Reihe von Neuausgaben alter Lehr-
bücher, die aus der Praxis heraus entstanden der Praxis zu dienen
1) Als die wichtigsten Arbeiten führe ich an: H. G o 1 d s c h m i d t, „Die italie-
nische Gesangsmethode des 17. Jahrhunderts", Breslau 1890; Fr. Chrysander,
„L. Zacconi als Lehrer des Kunstgesanges" (Vierteljahrsschrift f. Musikwissen-
schaft, VII und IX); C. Krebs, „Gir. Diruta's Transilvano" (ebenda VIII);
M. Kuhn, „Die Verzierungskunst in der Gesangsmusik des 16.— 17. Jahrh.",
Leipzig 1902; C. P a e s 1 e r, Vorwort zu Band IV der Denkmäler Deutscher
Tonkunst und zur Gesamtausgabe von Haydn's Klavierwerken (Leipzig, Breitkopf
& Härtel).
20 NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE
bestimmt sind 1), so tritt neuerdings ein Problem an die Spitze,
das für die Wiederbelebung aller älteren Musik überhaupt eine
entscheidende Bedeutung hat : wie beschaffen war die Genossen-
schaft von Gesang und Instrumentenspiel, auf die wir seit den
Zeiten der ältesten Mensuralisten bis ins Zeitalter Heinr.
Schützens bei allen Musiknationen durch unzählige Andeutungen
theoretischer Schriften, Darstellungen auf Bildern und Skulp-
turen, Angaben von Musikdrucken: „zu singen und zu spielen
auf allerlei Instrumenten" hingewiesen werden?
Den Anfang zur Erörterung des Problems machte H. R i e-
m a n n, indem er die italienische Mensuralmusik des 1 4.
Jahrhunderts zur Diskussion stellte. Aus ihrer Beschaffenheit
glaubte er schliessen zu dürfen, dass ein starker Anteil an ihr der
vielle zugesprochen werden müsste 2). Auf einem andern Wege
gelangte O. Kinkeldey3) zu der Ansicht, dass diese Lite-
ratur in erster Linie für die Orgel bestimmt gewesen sei, — eine
Ansicht, die dann A. Schering4) durch eine breitere Grund-
lage zu stützen und auszubauen suchte. Diese Gegensätzlichkeit
der Deutung, sowie der Widerspruch, den Th. K r o y e r 6)
und J. Wolf5) gegen Schering' s Schlussfolgerungen erhoben
haben, bezeugen, dass das letzte Wort betreffs dieser Frage noch
nicht gesprochen ist. Nach der Beschaffenheit des Beweismate-
riales dieser Zeit kann es überhaupt zweifelhaft erscheinen,
ob die Hypothesen sich so bald restlos klären lassen möchten.
Auf ihren schwankenden Boden wird die Forschung bisher noch
von keiner Seite durch feste Stege sicheren Wissens geleitet.
Dagegen lassen das 16. und 17. Jahrhundert eine ungleich
raschere, einwandfreie Lösung ihres Orchesterproblems erhoffen.
x) Q u a n t z, „Versuch einer Anweisung, die Flöte traversiere zu spielen",
Neuausgabe von A. Schering, 1906; Ph. E. Bach, „Versuch über die wahre Art,
das Ciavier zu spielen", Neuausgabe von W. Niemann, 1906; Diego Ortiz, „Tratado
de glosas sobre clausulas .... en la musica de violones", Neuausgabe von M. Schneider,
1913; G. P. T e 1 e m a n n, „Singe- Spiel- und Generalbass- Übungen", Neuausgabe
von M. Seiffert, 1914 (1921).
2) H. R i e m a n n, „Handbuch der Musikgeschichte" I 2 (1905) S. 305 ff , II 1
(1907) S. 18 fE.; Sammelbände der JMG. VII S. 529 ff.
3)0. Kinkeldey, „Orgel und Klavier in der Musik des 16. Jahrhunderts",
Leipzig 1910, S. 100 ff.
4) A. Schering, „Die Niederländische Orgelmesse im Zeitalter des Josquin",
Leipzig 1912, und „Studien zur Musikgeschichte der Frührenaissance", Leipzig 1914.
5) Th. K r o y e r, „A cappella oder Conserto ?" (Festschrift für H. Kretzschmar,
Leipzig 1918).
8) J. Wolf, „Handbuch der Notationskunde" II, Leipzig 1919, S. 252.
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600 21
Die ersten Schritte, die auf dies Gebiet getan worden sind, haben
greifbare Resultate erzielt. Den Zugang zur Praxis des Gabrieli-
Schütz-Zeitalters mit seinen vielstimmigen, mehrchörigen Wer-
ken, die, obschon vokal notiert, doch auf eine reiche, planvoll
gegliederte Instrumentalbegleitung rechnen, hat M. Schnei-
der1) im Prinzip endgiltig geöffnet durch den Hinweis auf
Michael Praetorius' Syntagma musicum III, sowie durch Vorlage
eines beträchtlichen zeitgenössischen deutschen Aufführungs-
materiales, das dessen Regeln unterworfen ist. Es bedarf nur noch
eines bewussten Weiterarbeitens auf diesem Wege, um durch
entsprechende Neuausgaben die mit bedeutsamen Werten ge-
segnete Literatur dieses Zeitalters den Chorvereinen zu erschlies-
sen.
Die niederländische Aufführungspraxis der beiden letzten
Dezennien des 16. Jahrhunderts illustriert eine Reihe von Kup-
ferstichen 2) (sie sind, nebenbei bemerkt, gleichzeitig Belege
für den niederländischen Ursprung des Musikkupferstichs),
deren Beweiskraft sich auf die enge Verbindung der figürlichen
Darstellung mit der eigens für sie bestimmten, auf Chorbüchern
oder Stimmblättern mitgeteilten Musik gründet. Es handelt sich
hierbei um 4- bis 9 stimmige, zumeist geistliche Vokalsätze der
Niederländer Corn. Verdonck, Andr. Pevernage, Orl. Lasso,
Dirk Raymundi, Corn. Schuyt und des Italieners Fr. Suriani.
Für ihre Aufführung geben uns die Bilder eine bunte Mannigfal-
tigkeit von Besetzungsmöglichkeiten an die Hand.
Wir sehen auf ihnen 4-, 5- und 9 stimmigen a cappella-Gesang
in Solo- oder chorischer Besetzung. Daneben erscheint die
Stimmenverstärkung einer Solobesetzung durch mitgehende
Instrumente in verschiedener Weise : in einem 4 stimmigen Satz
stützt die Geige den Sopran, ein Basszink die tiefste Stimme;
in einem anderen 5 stimmigen werden die vier Hauptstimmen von
Diskantzink, Flöte und zwei Gamben begleitet. Wieder andere
x) M. Schneider, „Die Besetzung der vielstimmigen Musik des 17. und 16.
Jahrhunderts" (Bückeburger Archiv f. Musikwissenschaft, I (1919) S. 205 ff.) Einen
parallelen Beleg hierzu bietet M. S e i f f e r t, „Die Kirchenmusik bei der Ein-
weihung der Gertruds- Kapelle in Hamburg 1607" (Die Musikwelt, Hamburg, J. A.
Böhme, I 9, Bachheft).
2) M. S e i f f e r t, „Bildzeugnisse des 16. Jahrhunderts für die instrumentale
Begleitung des Gesanges" (Bückeburger Archiv f. Musikwissenschaft, I S. 49 ff.)
Ein Sonderdruck, in holländischer Übersetzung von Elis. Kuyper, erschien als
Uitgave XXXIX der Vereeniging voor Nederlandsche Muziekgeschiedenis 1920.
22 NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE
Bilder erbringen den Beweis, dass die Generalbasspraxis vor
ihrem offiziellen Auftreten in der gedruckten Literatur auch
den Niederlanden längst bekannt war. Bei 4- und 5 stimmigen
Sätzen sehen wir da Harfen, die doch nur den Zweck haben
konnten, den Klangkörper durch ihre Intavolatur aufzufüllen.
Am deutlichsten wird die Generalbassrolle der Orgel gekenn-
zeichnet. Für ein 6 stimmiges Stück sind nur fünf Sänger vor-
handen; daraus folgt, dass die anwesende Orgel mit der nicht
gesungenen, sondern gespielten Bassstimme das harmonische
Gerüst des Ganzen intavolierend vereinigt. Ganz merkwürdig
ist ein 5 stimmiges Stück, von dem nur eine Stimme, die höchste
also, gesungen, alles Übrige dagegen der Orgel überlassen wird.
Diese beiden letzten Fälle sind Vorstufen des monodischen Ge-
sanges, auf deren häufiges Vorkommen Viadana in dem be-
rühmten Vorwort zu seinen Cento Concerti ecclesiastici 1602
deutlich genug anspielt. In einem Stücke, dessen Text (Ps. 50)
dazu besondere Veranlassung giebt, wird schliesslich ein véritables
kleines Orchester melodischer und akkordischer Instrumente
als Begleitapparat aufgeboten.
Was es mit dem singen en speien op alle musicale Instrumenten
auf sich hat, darüber kann somit hinsichtlich der Niederlande
zur angegebenen Zeit kein Zweifel mehr bestehen. Ihrem Wesen
nach wurzeln die Tonstücke auf dem Grunde der vokalen,
kontrapunktischen Mehrstimmigkeit; ihrer jahrhundertelangen
Gewöhnung zum Chorbuch oder Stimmheft folgt deshalb die
Form ihrer Niederschrift. Jede Aufführung muss das Gewebe
der Polyphonie zur vollen Entfaltung bringen; es wird ihr aber
Freiheit gelassen zu entscheiden, mit welchen Mitteln sie es tun
will. Es besteht dabei ebenso wenig ein starrer Zwang zum a
cappella-Gesang, wie eine einseitige Festlegung auf eine bestimm-
te instumentale Besetzung. Dem gebildeten Geschmack und
dem sicheren Blick des Musikers liegt es ob, sich nach den
jeweiligen Umständen der Fülle oder Beschränkung der Mittel
so zu richten, dass doch dem Grundgedanken der Werke Genüge
geleistet wird. Diese Freiheit bringt eine vorurteilslose Unbe-
fangenheit, eine Machtvollkommenheit des Ausführers dem
Kunstwerke gegenüber zum Ausdruck, wie sie, nur bestimmter
geregelt, noch der Zeit Bach's und Händel's eigen waren.
Es hat nun nicht am Versuch gefehlt, den Kupferstichen jede
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600 23
Beweiskraft abzusprechen, ihre Darstellungen als blosse Phan-
tasiegebilde der Stecher oder Maler zu bewerten x). Demge-
genüber brauche ich nur auf die zeitgenössische Literatur hinzu-
weisen, aus der ich aufs Geradewohl einige Werke herausgreife:
1) Premier livre des chansons à A .... convenables tant à la voix comme
aux instruments . . Anvers, Thielman Susato, 1543.
2) Le Second ( . . . . cincquiesme) livre des chansons à 4 (5 & 6)
convenables tant à la voix comme aux instrumentz {à iouer de tous instru-
mentz) . . Anvers, Tylman Susato, 1544.
3) Le sixiesme (.... huitiesme) livre des chansons .... convenables
tant à la voix comme aux instrumentz .... Anvers, Tylman Susato, 1545.
4) Susato, Tylman. Premier livre des chansons à 3 .... Anvers, 1544.
5) Het ierste (tvueeste, der de) Musyck boexken daer inné begrepen zijn ....
amoureuse liedekens zeer lustich om singen en speien op aile instrumenten
.... Tantwerpen, Tielman Susato. 1551.
6) La Fleur de Chansons (6 livres) .... propices a tous Instrumentz
musicaulx .... Anvers, Tielman Susato, 1552 2).
7) Dat ierste Boeck van den Niewe Duytsche Liedekens .... bequaem
om te singhen, ende op instrumenten te spelen. Maestricht, Jacop Baetsen,
1554 (Heidelberg).
8) Mes, Gherardus. Souter Liedekens .... Seer lustich om singen ter
eeren Gods ende te speelen op diversche Instrumenten .... Antwerpen,
Susato, 1561 (London, Br. Museum).
9) Le septiesme Livre des chansons .... toutes convenables tant aux
instruments qu'à la voix .... Louain, P. Phalese, 1560 (Danzig).
10) Liber musicus duarum vocum cantiones .... instrumentis musicis
admodum convenientes .... Lovanii, P. Phalese, 1571 (München).
1 1) Een Duytsch musyck-boek daerinne begrepen syn vêle liedekens ....
seer lustich om singhen, ende spelen op aile instrumenten . . Louen, P.
Phalese, 1572 (München).
12) Hadrianus, Emanuel. Pratum musicum . , , . diver sorum idiomatum
carmina 4, 5, et 6 voc. Nonnulla duarum, trium et quatuor testudinum
smphoniae aptissima Antwerpen, P. Phalese, 1584 (Berlin).
13) Sweelinck, J. P. Chansons .... accommodées tant aux Instruments
comme à la Voix .... Anvers, P. Phalese, 1594 (Werken Deel VII).
14) Hove, Joachim van den. Florida, sive cantiones .... ad testudinis
usum accommadatae .... Ultrajecti, Sal. de Roy, 1601 (Breslau).
15) Gastoldi, Gio. Giac. Balletti a 5 voci con li suoi versi per cantare,
sonar e et ballare .... An versa, P. Phalese, 1596 (Berlin).
16) Gastoldi. Balletti a 3 voci con la intavolatura del Liuto, per cantare,
sonar e et ballare .... Anversa, P. Phalese, 1602 (Upsala).
*) G. Adler, „Methode der Musikgeschichte", Leipzig 1919, S. 87 Anm.
*) Über Fundorte und Inhalt der Susato-Drucke vgl. E i t n e r, Quellen-Lexikon
IX.
24
NIEDERLANDISCHE UND ENGLISCHE
17) Gastoldi. Concenti musicali a 8 voci commodi per concertare con
ogni sorte di stromenti .... Anversa, P. Phalese, 1610 (Wolfenbüttel,
Gent) .
Bestätigen die aufgezählten Werke zumeist die Landläufigkeit
des Singens und Spielens nach Belieben, so bieten uns einige
einen besonderen Einblick in die wichtige Rolle, die die Laute
als Ersatzinstrument zu spielen hatte. Joachim van den Hove
(No. 14) arrangiert seine Gesänge derart, dass die rechte Seite
des aufgeschlagenen Buches allein den Cantus und Bassus in
Singenoten mit Text, die linke den ausfüllenden Lautensatz
aufzeigt :
Laute
Cantus
Bassus
Noch mehr Spielarten finden sich bei Hadrianus (No.
12). Der erste Teil seines Werkes (Lautenfantasien — 4 stimmige
Chansons — 5- und 6 stimmige Madrigale und Canzonen, von
denen ebenfalls nur Cantus und Bassus gesungen, die übrigen
Stimmen von der Laute intavoliert gespielt werden) ist in ge-
wöhnlicher Druckweise vorgelegt. Des weiteren versucht er, die
verschiedenen Ensembles von Singstimmen und Lauten durch
eine neuartige Druckumstellung handlicher und bequemer für
den Gebrauch seines Buches zu gestalten. Er gelangt dabei zu
folgenden Aufstellungen :
Carmina duabus testudinibus accommoda :
fol. 41
Laute
Cantus I.
Bassus
Madrigales et Cantiones Napolitanae tribus et quatuor Testudinibus
ludendae :
fol. 47
Cantus
(in Gesang-
noten)
(Z}T3S
isnss'eg
saw
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600
25
fol. 50.
Cantus (Gesang)
(jn^nqBx)
(Tabulatur)
(JÊftresaf)) snss-eg;
Tenor (Gesang)
(jrupqiiq'Bx)
(Tabulatur)
(Subssq) sn^ry
fol. 58.
Laute I.
Laute II.
Cantus
Altus
Bassus
Aus ihnen ist ersichtlich, wie die Lautenbegleitung teils den
vollen Vokalsatz mit schimmerndem Glanz übergiesst, teils
Wegfall der Mittelstimmen ermöglicht und so dem instinktiven
Hinstreben zur Monodie kräftigen Vorschub leistet.
Angesichts dieser Tatsachen wird uns nun nichts mehr hindern
dürfen, jene niederländischen Kupfei suche als das gelten zu
lassen, was sie sind : getreue Spiegelbilder der wirklichen Musik-
praxis ihrer Zeit.
Im letzten Drittel des 16. und in den ersten Jahrzehnten des
17. Jahrhunderts standen England und die Niederlande, wie
man weiss, wieder einmal hinsichtlich ihrer Musikkultur in
engsten Wechselbeziehungen ; wir brauchen uns nur an Englands
Madrigal und Virginalmusik, an Männer wie J. Bull, P. Philips,
J. P. Sweelinck, P. Cornet, an die englischen Komödianten und
Instrumentisten zu denken. Da ist es durchaus naheliegend, die
entsprechende Literatur Englands zum Vergleich heranzuziehen.
Eine kleine Liste, die wiederum auf Vollständigkeit keinen
Anspruch erhebt, mag uns dabei zur Hand gehen:
1) Dowland, John: The first booke of Songs or Ayr es of 4 parts with
Tableture for the lute : to made that all the parts together, or eighter of them
severally may be song to the lute, orpherian or viol de gamba .... London,
Peter Short, 1597 (British Museum, Dublin University).
2) — The second booke of songs or ayres of 2, 4 and 5 parts .... London,
1600 (British Museum, Royal College of Music).
3) Rosseter, Philip: A book of ayres, set forth to be sung to the Lute,
Orpherian and Bass Violl .... London, Peter Short, 1601 ( British Mu-
seum, Cassel) .
26 NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE
4) Dowland, John: The third and last booke .... London, 1603 (Fund-
orte wie 2).
5) Pilkington, Francis : The first booke of songs, or ayres of 4 parts :
with tableture for the lute or orpherian with the Viol da Gamba .... London,
T. Este, 1605 (British Museum, Glasgow. Neudruck in G. E. P. Arkwrights
Old English Edition No. 18).
6) Ford, Thomas: Musicke of sundrie kindes, set forth in 2 bookes, the
first whereof are Aries for 4 voices to the lute, orpharion, or bass viol: with
a Dialogue for 2 voices and 2 bass viols in parts, tunde the lute-way ....
London, John Browne, 1607 (British Museum, Glasgow).
7) Jones, Robert. The first set of Madrigals of 3. 4. 5. 6. 7. 8. parts
for Viols and voices, or for voices alone, or as you please .... London,
1607 (British Museum, Brüssel handschriftlich).
8) Wilbye, John. The second set of Madrigales to 3. 4. 5. and 6 parts,
apt both for voyais and voyces .... London, T. Este, 1609 (British Museum,
Royal College of Music, Brüssel. Neudruck des Gesangsatzes von der
Musical Antiquarian Society).
9) Campion, Thomas. Two Bookes of Ayres .... to be sung to the Lute
and Violls, in two, three and four Parts, or by one Voyce to an Instrument
.... London, 1610 (British Museum).
10) Gibbons, Orlando. The first set of Madrigals and Mottets of 5 parts :
apt for Violls and Voyces .... London, Snotham, 1612 (British Museum,
Royal College of Music. Neudruck des Gesangsatzes von der Mus. Antiqu.
Society) .
11) Dowland, John. A pilgrimes solace, wherein is contained musicale
harmonie of 3, 4 and 5 parts to be sung and plaid with the lute and viols
London, 1613 (British Museum).
12) Coperario, John. Songs of mourning .... to be sung with one voyce
to the lute or viol .... London, 1613 (British Museum, Glasgow).
13) Ward, John. The first set of English Madrigals to 3, 4, 5, and 6
parts, apt both for Viols and Voyces .... London, 1613 (British Museum,
Royal College of Music).
14) Campion, Thomas. The Third and Fourth Booke of Ayres .... so
as they may be expressed by one Voice, with a Violl, Lute or Orpharion ....
London, 1617 (Fundorte wie 12).
15) Pearson, Martin. Private Musicke, or the first booke of Ayres and
Dialogues .... Songs of 4, 5, and 6 parts of severall sorts .... London,
Th. Snodham, 1620 (British Museum, Oxford Bodleiana).
16) Pilkington, Francis. The second set of Madrigals, and Pastorals of
3, 4, 5, and 6 parts, apt for Violls and Voyces .... London, Th. Snodham,
1624 (British Museum).
Schon die Titel allein besagen eigentlich alles. Die nieder-
ländische Ausführungsfreiheit herrscht auch in England: mar
kann alle Stimmen bloss singen oder sie durch Instrumente ver-
stärken. Englische Spezialität scheint es dabei zu sein, Laute,
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600 27
Orpherian x) und Gambe als zusammenpassende Gruppe oder
die Familie der Violen für sich zu bevorzugen. Sind die Akkord-
instrumente zur Stelle, kann man von einzelnen Gesangstimmen
absehen; das führt bei drei Werken der Liste (No. 9, 12, 14) zur
völligen Monodie. Wer noch andere Wünsche hat, soll ver-
fahren „as you please".
Höchst seltsam ist, dass, soweit ich sehen kann, keines der
aufgezählten englischen Werke den Weg in eine alte deutsche
Bibliothek gefunden hat. Und unter den wenigen englischen
Neudrucken giebt nur einer ein getreues Abbild seiner alten
Vorlage (No. 5). So müssten wir für lange Zeit auf einen tieferen
Einblick in diese musikgeschichtlich wichtige Periode verzichten,
wenn nicht das Sammlergeschick unseres verehrten Dr. Scheur-
leer-Haag ein zum Glück besonders bedeutsames Werk in er-
reichbare Nähe gerückt hätte. Da es auch sonst nur in wenigen
Exemplaren erhalten ist 2), dürfte die Mitteilung seines Titels
im Faksimile gerechtfertigt erscheinen.
Dieser Titel und die in babylonischem Satzbau getürmte Wid-
mung 3) an Prinz Charles (seit 1625 König Karl I.) sind fast
*) Über dies Instrument, auch Orpharion, Orpheoreon genannt, vgl. Grove,
Dictionary III 568, C. Sachs, Real-Lexikon der Musikinstrumente, S. 285.
Nach Mich. Praetorius, Syntagma II 54, ist es mit der Pandora identisch.
2) Von den drei bekannten Exemplaren (im British Museum, im Royal College of
Music und in der Bibl. Scheurleer-Haag) durfte ich das letztere benutzen.
s) „ . . . . the hopeful expectation of the continuant Britannicke Monarchy, after my
long attendance upon Maiesty in the English Court, where I was authorized to beare an
axe in the fellowship of the Honourable band of Gentleman Pensioners in Ordinary under
two so great Princes, as was, and is your unparalleled father, my now annointed Soueraig-
ne, and the late Princesse, my then most gratious Mistrisse, hauing for the later dayes
of my age, undergone many extremities and oppressions, of withholding from mee many
rights, and iniuriously forcing me to prison by wrong doing, and hard hearted aduersa-
ries, to whom I was not indebted at all , where of patience {as of a gentle Mistresse) I
have learned much, and have had a perfect suruey of my selfe, and the true experience
of those certitudes, that the Court and my former prosperous dayes could not afforde,
and to vaine youth seemed incredible, where coldnes of friendes, preuatling malice of
enemies, strangones of acquaintance, the sting of sinne, the worme of conscience, for by-
past vaine spending of time and actions, prospecting to nothing but the horrid gulfe of
hell and euerlasting p erdition, were presented unto me, and hauing no other comfort left
to preuent desperatio n, but a hopefull assurance onely in the mercies of a mighty and
sauing God, and so carried into a sea of that supreme bounty, and admiring what man
should be, that God should so freely powre forth himself e for his reward without all deser
uings ; I in token of my particular thankefulnes, under your gracious protection,
composed and set forth some meditations and hymnes in meetre, to Psalmize his laudes
and prayses that createth and maintaineth Maiesty in every Monarchy, and by it life
and safety, in every subject : In which worke, as I then promised a second labour : so
now I presume to present before your powerfull protection a concordance of harmony
of various Ayr es, some of them by my selfe, the other by famous Artists of that sublime
profession- . . . . "
28
NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE
die einzigen Quellen für Nachrichten über die persönlichen Ver-
hältnisse des Autors. William L e i g h t o n gehörte demnach zu
THE TEARES OR
LAMENTACIONS OF
A SORROVFWLL
SO V L ß:
Compofed wich Muficall Ayres and Songs, boch
forVoycesand diuers Inflrumcnts.
Set foorih by Sir VV »llam Leigh ton Kgigbt , o»e_» of his
<J&ueJ!ifi HsnoHTtlU Band of Gentlemen Pcoßooeri
And all PfalmestbatconfiftoffomaDyfecre asihe fiftieth Pfilme.vrillgoe to
the foute partes for Ccnfgrt.
x4
%*w
l O H D O *t
Printed by Wittiam-> Stansby. 1 6 1 4.
den Pensionären der Königin Elisabeth (1558 — 1603) und des
Königs Jakob I (1603 — 25). Auf Betreiben von Feinden schuldlos
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600 29
ins Gefängnis geworfen, tröstete er sich über alle Drangsal
durch Verfassen biblischer Gedichte, die er in einem Bande
herausgab. Nach Befreiung aus der Haft liess er im vorliegenden
Werk die Musik dazu folgen. Noch aus früherer Zeit stammen ein
paar poetische Versuche: etliche Zeilen zum Lobe von Rieh.
Allison's „Psalmes of David in meter" 1599, sowie ein Gedicht
zum Regierungsantritt König Jakobs 1603, das ihm möglicher-
weise die Würde als Knight eintrug *) . Von den 54 Lamenta-
tionen hat Leighton die ersten 8 in schlicht homophoner, choral-
mässiger Haltung selbst komponiert. Mit ihm vereinigt sich eine
Schaar der angesehensten und besten zeitgenössichen Musiker
Englands: William B y r d, John Milton mit je 4, John
B u 11, Alf. F e r r a b o s c o, Rob. Jones, Martin Pear-
son mit je 3, Io. C o p e r a r i o, John D o w 1 a n d, Tho.-
F o r d, Orl. Gibbons, Edm. Hooper, Rob. John-
son, Rob. Kindersie y, Tho. L u p o, Francis P i 1 -
k i n g t o n, John Ward, Tho. W e e 1 k e s, John W i 1 b y e
mit je 2, Nat. Giles, Tim. Tho pull mit je 1 Stücke. In
ihrem Kreise muss also Leighton geachtet gewesen sein; leider
wissen wir nicht, ob und wie er sich sonst musikalisch be-
tätigte 2).
Den Inhalt des Werkes gliedert das Register in drei Gruppen :
1 7 Consort Songs, 1 2 vier- und 24 fünf stimmige Gesänge 3) . Für
unsere Darstellung kommt es nur auf die erste Gruppe haupt-
sächlich an.
Zunächst überrascht uns der erste Blick auf das Notenbild.
Die einzelnen Stimmen sind, wie man aus dem Faksimile ersehen
kann, derart auf den beiden nebeneinander liegenden Seiten des
geöffneten Buches angeordnet, dass jede nach einer anderen
Himmelsrichtung schaut. Dies Verfahren erspart sowohl die
übermässige Grösse des sonst üblichen Chorbuchformates, als
auch die Zerspaltung eines Stückes in mehrere Stimmhefte.
Es macht das Musizieren einer kleinen Gesellschaft in der Häus-
J) Vergl. Grove's Dictionary of music II S. 667; B u r n e y, History of music III
S. 136.
2) W. Nagel, Annalen der englischen Hofmusik (Monatshefte für Musikforschung
1894/95) erwähnt seinen Namen nicht.
3) Das ergäbe zusammen erst 53 Stücke. Aber zwischen den beiden letzten Gruppen
hat der Drucker vermutlich aus Versehen J. Bull's „In the departure of the Lord"
eingeschaltet, das im Register fehlt und seiner Beschaffenheit nach zur ersten Gruppe
gehört.
30
NIEDERLÄNDISCHE UND ENGLISCHE
lichkeit so recht bequem: ungehindert tritt jeder von seiner
Seite her an das in der Mitte auf einem Tischchen ausliegende
»oiill motKM. regard my wpRdl moo«, & fcek to fauc me by thy wbrd.ot 1 am eucrthrown ,
r P TH N . M
•ii. am.iL
tva— .
or lü.
1 r y ,1... ». t.
— Lxjl
amoucrtbiowne.
GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600
31
Buch heran, eine Aufstellung, die für die gegenseitige musikali-
sche Fühlungnahme von grossem Vorteil sein musste. Man wird
•;i-cBT«siiAAon)miio urc j jo'piOM Xtp Xq :ui sntj
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«iwptjpoc •jriaj'4aoai(jnjoMXiuapjt2ja'pJo"joKi-re8>^nIo;t'APa:'1J.
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kaum fehlgehen mit der Vermutung, dass diese sinnreiche Idee
32 NIEDERL. UND ENGLISCHE GESELLSCHAFTSMUSIK UM 1600
Leighton's eine bewusste Fortsetzung der Absicht des Nieder-
länders Hadrianus war x) .
Und wie musizierte man nun diese „consort songs" ? Zu dem
Sopran, der sich auf einer Laute begleitet (italienische Stimmung
G c f a d' g'), spielt die Diskantg ige mit, dem mit der Guitarre
(Stimmung h g d' e') versehenen Alt tritt die Flöte zur Seite,
der Tenor akkompagniert sich mit der Bandora (französische
Stimmung Adghe'a'), und zum Bass gesellt sich die Bassgeige.
So entsteht ein Ensemble, in dem die niederländische Stimmen-
verstärkung einträchtig mit der englischen Gruppe der Gene-
ralbass-Zupfinstrumente dem puren Gesänge Fülle und Farbe
geben. Seinen eigenartigen Reiz soll wenigstens ein Beispiel,
die Partitur obigen Faksimiles, dem Leser vermitteln (Notenan-
hang).
Überschauen wir von diesem nunmehr erreichten Punkte
unserer Erkenntnis aus die Bestrebungen, die bei uns auf die
Pflege der wunderschönen Nachblüte des italienischen Madri-
gals auf englischem und niederländischem Boden um 1600 ge-
richtet sind, so muss offen eingestanden werden, dass wir uns zu
unserem Schaden einer Engherzigkeit hingeben, die den alten
Meistern selbst fremd war. So unübertrefflich ausgefeilt die
Darbietungen unserer Madrigalchöre sind, sie bieten uns doch
nur ein einseitiges Bild von den Kunstschöpfungen jener farben-
freudigen Zeit. Das Recht der menschlichen Stimme, das Streben,
sie zum vollkommensten Instrument des Ausdrucks zu machen,
soll durchaus nicht eingeschränkt werden. Diese Kultur wollen
wir nicht missen. Aber ebensowenig dürfen wir den Instrumenten,
Laute, Cembalo, Flöte, Geige, den ihnen zukommenden Platz
vorenthalten, im Konzert wie im Familienkreis. Beherzigen wir
die neue Erkenntnis, dass die Substanz der Musik bestehen bleibt,
mögen wir sie bestimmen „for Viols and voices, or for voices alone
or as you please" !
Prof. Dr. Max Seiffert.
') Siehe oben S.U. Über eine für die Hochzeit des Grafen Georg Ernst von Henne-
berg 1568 gefertigte Leinendecke (Kunstgewerbe-Museum Berlin, K 6199) mit einge-
sticktem und rechteckig verteiltem 4 stimmigen Satze von ,Ein feste Burg' vergl.
Job. Wolf, Vorwort zu Band XXXIV der Denkmäler Deutscher Tonkunst, erste
Folge.
Cantus
withaTréble
Violl.
Lute.
Altus
with a Flute.
Beilage
zu dem Aufsatz von M. Seiffert.
j Consort song" 4 voc
D. Bull.
Citterne.
Tenor.
Bandora.
Bassus
with a Base
Violl.
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CG. Rôder, Lit.Etabl.,Leipzig
MUSICAL ICONOGRAPHY1)
In these days when every possible subject is being arranged,
classified and catalogued, it is curious that so little attention has
been paid to the classification of portraiture by subjects. Even
Germany, which has a passion for this kind of work, has produced
very little. For lawyers there is C F. Hommel's „Effigies juris-
consultorum in indicem redactae", published at Leipzig in 1760;
for scientists W. Wadd's „Nugae chirurgicae" (London, 1822);
W. E. Drugulin's „Verzeichniss von 6.000 Portraits von Aerzten,
Naturforscher, Mathematikern, Reisenden und Entdeckern"
(Leipzig 1863), and A van der Willingen's „Bulletin de portraits
de médecins, naturalistes et mathématiciens" (Amsterdam 1879) ;
for English Naval Commanders there is the „Catalogue of the
portraits of Naval Commanders at Greenwich Hospital" (Lon-
don 1887); for printers we have J. T. Bodel-Nyenhuis' „Lis-
te alphabétique d'une petite collection de portraits d'imprimeurs,
de libraires, de fondeurs de caractères, etc." (Leipzig, 1836 — 1868),
and for theatrical portraits the „Catalogue .... of Mr. Matthew's
Gallery of Theatrical Portraits" (London, 1833), and the „Cata-
logue of Pictures and Miniatures in the possession of the Garrick
Club" (London 1909). This short list is probably very incomplete,
but when we come to portraits of musicians our sources of refer-
ence are still more scanty. There is a catalogue (1904) of the
Crosby Brown Collection of Musicians' Portraits in the New
York Metropolitan Museum, but the collection only contains
prints and engravings, no descriptions of which are given,
and the catalogue only consists of short biographies.
For portraits exclusively of musicians there is very little, and
that of little value. A. Ehrlich has published some series of por-
traits and biographies of pianists and violinists, but they are with-
out any record of their sources of origin and in many cases are
*) A paper read at tre Art Congress, Paris, 1921.
34 MUSICAL ICONOGRAPHY
evidently imaginary. F. E. Buffen's two series of „Musical Cele-
brities" (London, 1889 et 1893) will be useful to future genera-
tions, as they consist of reproductions of photographs from life,
but it is doubtful if posterity will endorse the editor's views as to
the „Celebrity" of the musicians he has selected.
Artistically, though there are some notable exceptions, the por-
traits of musicians may not generally reach a high level of excel-
lence, but to the student of musical history it must always be of
interest to know what the great — and even the lesser — com-
posers looked like. Questions on musical portraiture used fre-
quently to come to me in my long career at the British Museum,
and at the National Portrait Gallery in London similar enquiries
are frequently made. Owing to the want of anything like a classi-
fied work of reference on the subject, it is often very difficult to
give an opinion as to whether or not a picture has any real claim
to authenticity. In practice one has generally to fall back on the
excellently arranged and catalogued collection of printed por-
traits in the Department of Prints and Drawings in the British
Museum (5 vols. 1908 — 21) and on the useful „Portrait Index to
portraits contained in printed books and periodicals" compiled by
W. C. Lane and N. E. Brown, and published by the Library of
Congress at Washington in 1906. But this latter excludes much
that is useful for reference and includes a great deal that is prac-
tically worthless from an historical point of view. It therefore
seems to me that this Congress, in which both artists and music-
ians are represented, might well devise something which should
meet a real want, by planning an international catalogue of pic-
tures and drawings of musicians.
The reference-sources already named provide fairly well for
printed portraits, though even in this department a good deal
remains to be done, but for pictures and drawings we have absolu-
tely no work of reference, and to find them one has to search
through endless catalogues of galleries and private collections,
not to mention sale-catalogues, in which from time to time por-
traits of musicians occur, and which, for want of recorded descrip-
tions, inevitably disappear or are lost.
In the case of a few great musicians, indeed, something has
been done. The late Emil Vogel published good iconographies of
Gluck, Haydn, Bach, Handel and Mozart in the Jahrbücher of
MUSICAL ICONOGRAPHY 35
the Peters Library at Leipzig; the Handel portraits are dealt
with in a special number of the Musical Times (14 December,
1893); there is an admirable and exhaustive account of Mozart's
portraits by Mr. Edward Speyer in the New York „Musical Quar-
terly" for April 1919; and another — less authoritative — in Dr.
Schurig's recently published „Reise- Anzeichnungen" of Leopold
Mozart. But here again it is often not easy to remember where
these scattered articles are to be found, and to prov by their
means, for instance, to the possessor of a picture of a fat :nan with
a disagreable expression and wearing a big wig that it does
not represent (as he believes) Handel, or that every portrait
of a youthful musician is the counterfeit presentiment of
Mozart.
What I therefore wish to suggest to this Congress — the first, I
believe in which Music has been included among the Fine Arts — is
that a few enthusiasts should undertake, each in his own country,
to collect descriptions of all existing pictures and drawings of
musicians. The details and method of description could be settled
by the collectors when formed into a Committee. It would pro-
bably be found impossible, in every case, to give exact measure-
ments, though of course this should be done whenever practicable,
but every detail, such as colour of hair, eyes, clothes, etc., should
be noted, the names of painters, of present and past owners —
in fact everything of interest relating to the picture or drawing
and tending to establish its authenticity. If possible, any kind of
photograph (however rough) should be obtained; in the case of
unnamed portraits this should be a sine qua non.
The collection of material such as I have sketched would
doutbless be a lengthy and laborious undertaking; and to carry
it out we should have to rely largely on individual enthusiasm.
But I cannot help thinking that it would be a work of such inte-
rest that there should be no difficulty in finding people with suffi-
cient leisure and discrimination willing to undertake it. I can
speak but little about what portraits of musicians exist on the
Continent — for the moment those I can chiefly recall are in the
National Library at Berlin and the Conservatoire de musique at
Paris no description of which I have ever come across. But
in my own country there are portraits and drawings of musicians
in the National Portrait Gallery, the British Museum, the Royal
36 MUSICAL ICONOGRAPHY
Academy of Music, the Royal College of Music, and the Music
School at Oxford, besides many scattered in private collections.
If we could set to work, on the lines that I have sketched briefly,
the collected material should form the nucleus of a valuable and
much needed work of reference.
W. Barclay Squire.
FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE
Le sort a décidé que M. Felipe Pedrell soit le premier qui doit
quitter la Société Union Musicologique. Il comptait quatre vingt
un ans, mais les ravages d'un âge si prolongé n'avaient fait une
impression plus forte sur sa santé si robuste que sur son caractère
vif, gai, énergique et prêt à la polémique. Jusqu'à ses derniers
moments il travaillait à la musique et à la musicologie et je parle
dans un autre côté de ce Bulletin de ses oeuvres derniers.
Avec lui disparait de l'Espagne une des plus grandes figures re-
présentatives de notre musique dans la deuxième moitié du siècle
dernier. Il avait été, en effet, un des plus grands chefs du mouve-
ment musical de cette époque et ce mouvement représentait, à ce
moment, ce qu'il y avait, chez nous, de plus avancé comme idée
aussi bien que comme réalisation.
C'était le moment le plus ardent des polémiques sur l'affaire du
théâtre national. Les tendances „nationalistes" d'un côté, la mu-
sique de Wagner, de l'autre part, dans le plein essor de sa puis-
sance et de sa nouveauté avaient engagé les meilleurs esprits dans
une lutte acharnée contre les partisans de l'italianisme envahis-
sant l'Espagne depuis les premières années du XVIII siècle.
Ce moment aussi était celui d'une découverte profonde: celle
de nos vieux classiques, de notre vieille musique polyphonique,
religieuse ou profane, terrain si vaste et si abondant où Pedrell
jetta la meilleure partie de sa semence et dont la récolte fut si pré-
cieuse que nul autre de ses continuateurs en pourra égaler la ri-
chesse. Cet amour de nos classiques était, chez Pedrell, naturelle-
ment uni à son amour de la musique populaire, de la „musique na-
turelle", comme il voulait dénommer cette sorte d'art anonyme
et une de ses dernières ouvrages, le troisième volume de son
„Chansonnier", n'est qu'un heureux assemblage de l'esprit popu-
laire de notre musique dans l'art de nos vieux vihuelistas (luthis-
tes) et écrivains de musique de tout ordre.
38 FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE
Il nous a expliqué comme son amour pour la musique du peu-
ple fut développé d'une façon toute naturelle, par ses premiers
maîtres, de telle façon qu'il commença l'étude élémentaire du sol-
fège en transposant les chansons qu'il entendait chanter aux
alentours de sa ville natale, Tortosa, dans la province de Tarra-
gone (il était né le 19 février 1841).
Sa vie d'enfant fut celle d'un enfant de choeur qui commençait
à étudie! 'harmonie en mettant en partition les vieilles „particel-
las" des* chives de la cathédrale de Tortosa, et par cette raison
ses plus jeunes compositions furent des morceaux pour le service
religieux, dont les premières datent de 1856.
Quelque temps après, Felipe Pedrell, très jeune encore part
pour la capitale de la région : Barcelonne, où il travaille avec une
intensité singulière en écrivant avec une veine fiévreuse des
abondants morceaux dans le style du moment, soit des oeuvres
pour le théâtre ou le salon, car dans ce temps les orchestres sym-
phoniques étaient encore très peu répandues et les concerts d'or-
chestre, ce qu'il y avait de plus insolite.
Ses premiers travaux dans le domaine théâtrale furent des
opéras qu'il écrivait, comme tous les autres, sur des scenarios d'un
espagnolisme romanesque ou d'un romantisme conventionnel.
Tels, son grand opéra qu'il fit traduire en italien : ,,L' ultimo aben-
zerragio", soit le poème „Il Tasso à Ferrara", les opéras „Quasi-
modo", „Cleopatra", „Le roi Lear". Des „impromptus", „fan-
taisies", pot-pourris", et des morceaux pour le piano, d'un
genre assez proche à ceux de Field et Chopin alternaient dans
la composition de ces oeuvres de jeunesse.
Lentement, les nouvelles idées sur le besoin d'une rénovation
dans l'ambiance musical furent mûrissant dans son esprit au
contact incessant de la musique populaire et de la grande musique
oubliée et poussiéreuse de nos vieux classiques dont il aurait
la gloire d'en redécouvrir et de présenter de nouveau au monde de
la musicologie. Voilà, donc, jetés les fondements essentiels du
„nationalisme" musical de Pedrell, dont il trouva la plus juste
expression dans un aphorisme du jésuite Eximeno (qu'il biogra-
phia) et qui au XVIIIe siècle écrivait que „la musique d'un peu-
ple doit être fondée sur le chant populaire de ce pays" .
Il leva bannière de cet aphorisme et il démontra dans la suite
que nos grands classiques depuis Alphonse X (le Roi savant), Ju-
FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE 39
an del Enzina, Antonio de Cabezon, Guerrero, Salinas, Milan,
Narvaez, Alonso de Mudarra, Venegas de Henestrosa, même Vit-
toria ou Morales jusqu'aux petits luthistes du XVI et XVII siècle
n'avaient fait autre chose, ainsi que les écrivains pour le théâtre
populaire avec ses „tonadillas", „jâcaras" et „entremeses" qui
avaient encore vivante la conscience d'une tradition que la
grande musique avait mis en oubli depuis les premiers Bourbons
et ses musiciens d'Italie.
Il avait presque cinquante ans, quand le talent de Pedrell, sûr
et mûri, avait pris sa forme décisive et était définitivement orien-
té sur sa vraie voie. Des articles, des livres, des études critiques et
des nombreuses transcriptions et éditions de nos classiques suivi-
rent depuis 1890 jusqu'à sa mort. Mais cette année 1890 fut vrai-
ment celle qui signala le moment le plus significatif de sa carrière
avec la composition d'une vaste trilogie théâtrale, „Les Pyrénées" ,
dont les trois parties ont pour titre respectif „Le comte de Foix" ,
„Rayon de Lune" et „La journée de Panisars".
Toutes les influences étrangères qu'avait subi le génie de Pe-
drell sont là, à côté de ses idées les plus personnelles. Le Wagne-
risme est présent tantôt dans sa façon de comprendre le théâtre
— et encore, bien des souvenirs italiens et meyerbériens — tantôt
dans la façon de concevoir le symphonisme orchestral. Son classi-
cisme se montre dans les nombreux thèmes qu'il emprunte à la
vieille époque, et son nationalisme, soit dans le chant populaire
dont il se sert abondamment, soit dans l'idiome catalan qu'il
choisit pour son oeuvre.
Quant aux idées théoriques de Pedrell, elles sont clairement ex-
posées dans le petit volume qu'il écrivit pour expliquer sa trylo-
gie: je veux dire celui qui a pour titre „Pour notre musique", paru
en 1891.
Ce petit volume est ce qui à signalé la vraie voie aux musiciens
qui allaient venir — les Albeniz, Granados et Falla — et qui sont,
du fait, plus élèves de Pedrell par l'enseignement spirituel de ses
pages que par les leçons, si savantes qu'elles fussent, que Pedrell
donnait à la chaire. C'est pour cette raison qu'il a eu plus de disci-
ples que d'élèves, et pourquoi quelques musiciens de notre temps
se réclament comme ses disciples et continuateurs de ses idées
sans avoir reçu de lui la moindre leçon technique.
Les années qui suivirent aux „Pyrénées" sont remplies de chefs-
40 FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE
d'oeuvre historiques de Pedrell, dans lesquels il bâtit notre plus
solide monument d'histoire et de folklore musical. Voilà encore
un aspect de l'oeuvre pédrellien qui à défié les injures du temps,
tandis que ses oeuvres de musique les plus significatifs ont été né-
gligés après une vie trop courte sur les tréteaux, oubli qu'il pleura
amèrement jusqu'à ses derniers moments et que, je le crains, il est
trop tard maintenant pour tâcher d'en mettre un remède. Fonda-
teur de notre école moderne de musique ainsi que de notre histo-
riographie nationale, Pedrell vivra dans le mémoire des gens à
venir plutôt par ses idées pleines de lumière que par ses propres
réalisations. Il fut un précurseur et un fondateur, mais je ne sais
pas si les âges ne sont trop ingrats avec ces prophètes, si claire
que soit la voie qu'ils aient ouverte.
Pedrell est mort le 19 août 1922 à Barcelonne où il vécut de-
puis qu'il résigna la chaire au Conservatoire et à l'Ecole d'Etudes
supérieures à l'Athenée de Madrid.
Je vais indiquer d'une façon sommaire les titres et les dates des
oeuvres les plus importantes sorties de sa plume, soit dans le do-
maine de la composition aussi bien que dans celui de l'histoire et
de la critique.
1867. Articles sur la „musique de l'avenir". Op. 107.
1868. „El ultimo Abencerrage" (Le dernier abencerrage) opéra
dans 4 journées. Op. 109.
1874. „Quasimodo", opéra dans 4 journées, Op. 145.
1877. „La veu de las montanyas" (La voix des montagnes) scènes
symphoniques pour grande orchestre. Op. 168.
„Le roi Lear" , opéra, 5 journées. Op. 169.
1878. „Mazeppa", poème lyrique pour orchestre. Op. 173.
„Quatuor" pour instruments d'archet. Op. 174.
„Il Tasso à Ferrara", poème lyrique. Op. 176.
„Cleopatra" , opéra, 4 journées. Op. 177.
1880. „Lénore", Esquisse pour une symphonie dramatique avec
choeur. Op. 208.
1 886. Transcriptions de vieilles oeuvres religieuses. Op. 222.
1887. Etudes de Bibliographie musicale. Op. 223.
1890-91. „/ Pirinés", Trilogie scènique, Ie partie: Le comte de
Foix" , 2e. partie: „Raig de Lluna", 3e partie: „La journée
de Panissars". Op. 232.
„Por nuestra musica" (Pour notre musique), étude critique.
Op. 234.
FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE 41
1892. Transcriptions des pièces de maîtres espagnols des XV et
XVIe siècle. Op. 237.
1894—95. „Hispanie Schola Musica Sacra". Op. 242.
Dictionnaire technique de la musique. Op. 243.
1897-98. Le Theatre lyrique espagnol avant le XI Xe siècle. Op.
249—50.
1899. Transcriptions de musique ancienne espagnole. Op. 251-52.
1900. Folklore musical castillan du XVIe siècle. Op. 253.
1901. Manuel d'organographie ancienne espagnole. Opl. 254.
La F esta d' Elche ou le drame lyrique (La Mort (trépas) et As-
somption de la Vierge) publié à la Sammelbande der Inter-
nationalen Musik-Gesellschaft, Leipzig, Breitkopf & Hartel,
Janvier — Mars. Op. 253.
1902. Pratiques preparatives d' instrumentation. Op. 260.
„Thomae Ludovici Victoria.... Opera omnia" (La publi-
cation a été finie en 191 1, chez Breitkopf & Hartel).
„La Célestina", „tragi-comédie", dans 4 journées d'après
Fernando de Rojas. Op. 262.
1903. Indigénisme musical espagnol du theatre du XV Ile siècle
publié a F Internationalen Musik-Gesellschaft".
1904. „El Comte Arnau", festival lyrique-populaire en deux
parties. Op. 268.
„Musichs veils de la terra" (études critiques, biographiques
et bibliographiques des vieux musiciens catalans du XVIe
siècle au XVIIIe) Op. 270.
1906. „Glosa", symphonie pour choeur et orchestre. Op. 279.
1908. Antologie d'organistes espagnols des XVIe au XVIIIe siè-
cles. Op. 288.
Huit „Cantigas" du Roi Savant (Alfonso X) (transcripti-
ons). Op. 290.
1 909. Catalogue de la Bibliothèque musicale de la Deputation de
Barcelone. Op. 291.
1910. Musiciens contemporaines et d'autres époques, (études
critiques). Op. 297.
1911. „Journées d'Art", „Orientations", (études critiques). Op.
301 et 302.
1919. „Tomas Luis de Victoria", (étude critique et biographique).
1919-21. „Chansonnier musical populaire espagnol", (trois volu-
mes).
42 FELIPE PEDRELL ET SON OEUVRE
1921. „P. Antoine Eximeno", (étude critique et biographique).
1922. „Sonetto i°. Delia Vita Nuova del Dante", c'est la dernière
page musicale et critique qui ait sortie de la plume du grand
musicien et érudite. Elle fut écrite avant la fin de l'année
1 92 1 à l'occasion du septième centenaire de la mort de Dante.
Dans l'an 1918 M. Felipe Pedrell fit donnation de sa collection,
de manuscrits et de sa bibliothèque au Département de Musique
de la Bibliothèque de l'Institut d'Etudes catalans, à Barcelone.
Un excellent catalogue a été rédigé par Mn. Higini Angles. (Vide
Bibliographie).
De nombreux articles et travaux critiques sur l'oeuvre de Pe-
drell ont paru dans plusieurs langages. Les plus importants ont
été réunis dans un volume commémoratif dont le titre est „Escri-
tos heortasticos" (1911). On y trouve, entre autres: C. Bellaigue,
un opéra national espagnol: „Los Pirineos".-Un „Tristan espag-
nol".-„La Célestina",- M . D. Calvocoressi, Ph. Pedrell et le drame
lyrique espagnol.-./?, de Curzon, „La Célestina" de F. Pedrell.-7V
baldini, Filippo Pedrell ed il dramma lirico spagnuolo-#. Collet,
Ph. Pedrell et la musique espagnole moderne,-^. Ripollés. La obra
de Pedrell en la restauracion de la musica religiosa - A . Bonaven-
tura. „La Célestina" de Pedrell.-£. Dagnino, L'opéra di P. nel mo-
vimento musicale moderno-^4. Gasco, Un grande compositore mo-
derno.-i?. Mitjana, Etudes sur Pedrell.
Ad. Salazar.
COMPTES-RENDUS RELATIFS À LA MUSICOLOGIE
ALLEMAGNE1)
Wenn die Zahl der musikwissenschaftlichen Neuerscheinungen
im Jahre 1921 in Deutschland trotz der ins Fabelhafte gestiege-
nen Papier- und Druckkosten fast die gleiche Höhe wie vor dem
Kriege erreicht hat, so ist diese Tatsache nicht nur ein rühmliches
Zeichen für die Opferwilligkeit der Verleger, sie ist zugleich auch
ein Beweis des Vertrauens, das der deutsche Buchhandel dem
jüngsten Zweige der Wissenschaften entgegenbringt. Mein Be-
richt kann sich natürlich nur auf die wicktigeren Erscheinungen
beschränken. Das vollständige Literaturverzeichnis findet der
Leser im „Jahrbuch der Musikbibliothek Peters" (Leipzig, C. F.
Peters), das diesmal zum ersten Male, wie früher, wieder die ge-
samte musikwissenschaftliche Produktion aller Kulturvölker um-
fasst. Man kann also die Leistungen der verschiedenen Nationen
mit einander vergleichen ,wobei der unparteiische Beurteiler die
Überlegenheit der deutschen Wissenschaft wird anerkennen
müssen.
Aus der Fülle der Neuerscheinungen ragen zwei Werke hervor,
auf die die deutsche Wissenschaft stolz sein kann : Peter Wagner,
Einführung in die gregorianischen Melodien. 3. Teil Gregoriani-
sche Formenlehre. Eine choralische Stilkunde. (Leipzig, Breitkopf
& Härtel, XI, 540 S.) und Hermann Abert, W. A. Mozart. Her-
ausgegeben als fünfte, vollständig neu bearbeitete und erweiterte
Ausgabe von Otto Jahns Mozart. Zweiter Teil (1783 — 1791).
(Leipzig, ebenda, 1084 S. u. 53 S. Notenbeispiele). Beide Werke
büden den Abschluss vieljähriger, ausgereifter Studien, die sich
sowohl durch die Tiefe und Gründlichkeit der Forschung als
auch durch die Art der Darstellung in gleicher Weise auszeichnen.
Wenn Künstler sein, heisst seinen Stoff gestalten können, so ha-
ben wir es hier mit Kunstwerken grossen Stiles zu tun. Ein ge-
') Cet article était déjà imprimé avant la publication du 1er fascicule de cette
année.
ALLEMAGNE 45
waltiger Stoff ist hier in einer Weise gemeistert worden, die zur
Bewunderung zwingt.
Mit dem vorliegendem dritten Bande kommt P. Wagners gros-
ses „Handbuch der Choral Wissenschaft" zum Abschluss, die
Frucht eines fast 30- jährigen Studiums. Nachdem in den beiden
voraufgegangenen Bänden die liturgische Umwelt und das schrift-
liche Kleid der alten Kunst in erschöpfender Weise behandelt
worden waren, führt uns der Schlussband in ihr Inneres hinein
und sucht die darin waltenden stilistischen Gesetze aufzuzeigen.
Indem jede Form auf ihren Schönheitsgehalt geprüft wird, haben
wir es zugleich mit einem Stück angewandter Aesthetik zu tun.
Durchaus eigene Wege wandelnd, verwirft Wagner die bisherige
Einteilung des Choralstils in accentus und concentus und legt
dafür seiner Darstellung eine neue Einteilung in gebundene, un-
freie und ungebundene, freie Formen zu Grunde, womit der Boden
geschaffen ist, in den sich alle Formen, von den einfachsten Bil-
dungen bis zur melodisch entwickeltsten Solistenkunst unter-
bringen lassen, deren Entstehen und Wachsen bis ins Einzelste
verfolgt wird, wobei zahlreiche, bisher unbekannte Gesetze der
gregorianischen Ausdrucksweisen ans Licht gezogen werden. Ein-
wandfrei ist der Zusammenhang mit dem synagogalen Kantoren-
gesang aufgedeckt. Wichtig ist die Feststellung von der orienta-
lisch-semitischen Herkunft der Koloratur als Interpunktions-
melisma mit lediglich ornamentaler Wirkung; sie ist nicht auf
instrumentalem sondern auf vokalem Boden erwachsen. Auch auf
die mittelalterliche Kantorenmusik und das dramatische Rezi-
tativ des 16. u. 17. Jahrhunderts fallen bedeutsame Schlaglichter.
So reiht sich also dieser dritte Band würdig den beiden voraufge-
gangenen Bänden dieses einzig dastehenden Werkes an, das un-
entbehrlich für jeden ernsten Musikforscher ist. Dazu eine Dar-
stellung, die die Lektüre zu einem wirklichen Genuss macht. Auch
die Verlagshandlung hat nichts versäumt, um dem monumenta-
len Werke ein würdiges Äussere zu verleihen.
Auch für Hermann Aberts grosse Mozartbiographie, die mit
dem vorliegenden zweiten Bande zum Abschluss kommt, ist kein
Wort des Lobes zu hoch. Auch hier ein kraftvoll entworfener, si-
cher fundierter Monumentalbau, zu dem man nur mit Bewunde-
rung aufblicken kann. Die höchsten Erwartungen, die der erste
Band erweckte, hat Abert mit dem zweiten womöglich noch über-
46 ALLEMAGNE
troffen. Sein Werk ist die Mozartbiographie, die wohl für alle Zei-
ten massgebend sein wird. Denn das Mozartsche Wirken und
Schaffen ist hier so fest in seinem historischen Geschehen erfasst
und mit solcher Einfühlung in den Geist der Mozartschen Kunst
dargestellt, dass es ausgeschlossen erscheint, dass sich an diesem
festumrissenen Gesamtbilde wesentliche Züge jemals ändern
könnten. Im einzelnen ist Abert mit dem Jahnschen Text noch
freier verfahren als im ersten Bande, was bei der neuen Einstel-
lung der Biographie garnicht anders möglich war. Wer davon eine
Probe haben will, der braucht nur die beiden Kapitel *„Cosi fan
tutte" mit einander zu vergleichen. Bei Jahn ein Herumdrehen
und Bemänteln, als stehe die Oper doch nicht ganz auf der Höhe
der Mozartschen Kunst, bei Abert die sichere Herausstellung der
Mozart in so hohem Grade eigenen Ironie als die treibende Kraft
der Komposition und die Einschätzung der Oper als Meisterwerk,
das uns eine Seite des Mozartschen Weltbildes erschliesst, die wir
unter keinen Umständen an ihm missen möchten. Aehnlich ver-
hält es sich mit den anderen Kapiteln. Es soll damit Jahns un-
sterbliches Verdienst um die Mozartforschung in keiner Weise
geschmälert werden, im Gegenteil wäre es zu wünschen, dass sich
die Verlagshandlung, sobald es die Zeit gestattet, wie bei Spittas
Bach und Chrysanders Händel, zu einem anastatischen Neudruck
der ersten Ausgabe der Jahnschen Mozartbiographie entschliessen
möchte. Alle diese Biographien haben ein Recht darauf, unver-
ändert erhalten zu bleiben, im Falle Jahn auch darum, damit
sich die Nachwelt von dem ungeheuren Fortschritt überzeugen
kann, den Abert über Jahn hinaus getan hat.
Der bequemeren Übersicht wegen gebe ich den weiteren Be-
richt in systematischer Form, nach Gruppen geordnet.
a. Lexika und Verzeichnisse. Von dem bewährten Lexikon
der Geigen- und Lautenmacher von W. L. von Lütgendorff
Frankfurt a. M., Frankfurter Verlag, 424 und 670 S. mit 98
Tafeln) ist die dritte vermehrte Auflage erschienen. Der gewaltig
angewachsene Stoff machte eine Verteilung auf zwei Bände nötig.
Der erste Band gibt einen Überblick über die Geschichte des Gei-
gen- und Lautenbaues. Der zweite Band bringt das alphabetische
Verzeichnis aller bekannten Geigen-, Lauten- und Bogenmacher
nebst ihren Ladenschildern und Brandmarken in einer bis dahin
unerreichten Vollständigkeit.
ALLEMAGNE 47
Adolf Abers: Handbuch der Musikliteratur, das im Rahmen
der von H. Kretzschmar herausgegebenen „Kleinen Handbücher
der Musikgeschichte nach Gattungen" als 13. Band erscheint
(Leipzig, Breitkopf u. Härtel), befindet sich zur Zeit unter der
Presse.
Auf dem Grenzgebiet zwischen Katalog und Darstellung antiker
Musikgeschichte steht das neue Werk von Curt Sachs : „Die Mu-
sikinstrumente des alten Aegypten" (Berlin, Verl. K. Curtius, Fol.
99 S.) Im Auftrage der preussischen Staatsmuseen als Katalog der
91 Musikinstrumente in der Aegyptischen Sammlung Berlin ver-
fasst, bringt es alle diese Tonwerkzeuge — darunter kostbare
Leiern, Lauten, Harfen, Oboen und Sistren — auf 11 grossen,
schönen Lichtdrucktafeln, z. T. in mehreren Ansichten. Die zu-
sammenfassenden Bemerkungen zu den einzelnen Gruppen sind
indessen zu ausführlichen Studien geworden, die den üblichen
Rahmen eines Katalogs weit überschreiten. Sie bauen auf der
Gesamtheit der büderreichen, literarischen und sprachlichen
Quellen auf und werden durch 121 Textabbildungen ergänzt, die
neben wenigem Bekannten überwiegend neues Bildmaterial brin-
gen. Vor allem sind sämtliche Gross- und Kleinkunstwerke des
Berliner Museums, auf denen Instrumente dargestellt sind, wie-
dergegeben, daneben aber auch zum ersten Male authentische
Photographien (z. B. von der Preussischen Akademie Expedi-
tion) nach Kunstwerken, die bisher nur in den unzureichenden
und oft falschen Umrisszeichnungen Champollions und Roselinis
bekannt waren. Die verwandten Erscheinungen im alten Vordera-
sien, in Griechenland und im heutigen Afrika sind in die Untersu-
chung einbezogen, so dass das Werk, das nach dem Stande der
heutigen Wissenschaft erschöpfend genannt werden kann, eine
Fülle neuer Ergebnisse zur Geschichte der antiken Musik bietet.
Der ausgezeichnete Gelehrte aber hat mit dieser hervorragenden
Arbeit seinen Ruf als Autorität auf diesem Gebiete von neuem
bekräftigt.
b. Musikgeschickte. Der junge Wiener Musikgelehrte, Egon
Wellesz, setzt seine epochemachenden Studien auf dem Gebiete
der orientalischen Musik mit grossem Erfolge fort. Er behandeltin
der Zeitschrift für Musikwissenschaft (Jg. III, Heft 6), die
Rhythmik der byzantinischen Musik, worin der Nachweis geführt
wird, dass die auf die byzantinische Musik übertragene antike
48 ALLEMAGNE
Theorie ein Hindernis gewesen sei, die Umwandlung und Verjün-
gung der mittelgriechischen Musik verfolgen zu können, und dass
aus dieser verkehrten Einstellung die falsche und ungerechte
Beurteilung sich ergeben musste, die in der byzantinischen Kul-
tur nur einen Verfall der Antike sah. Demzufolge dürfen auch die
Gesetze der antiken Metrik nicht auf die byzantinischen Hymnen
übertragen werden. Hier herrscht nicht das Prinzip der Länge
und Kürze der Vokale, sondern das der Silbenzählung wie es im
Syrischen gebräuchlich ist. Es handelt sich also hier um eine Kul-
turäusserung, deren Wurzeln tief in einer Kultübung stecken, die
im vorchristlichen Orient zu suchen sind. — Heft 8 derselben
Zeitschrift bringt weitere „Beiträge zur byzantinischen Kirchen-
musik."
Ein bisher völlig brach liegendes Gebiet betritt derselbe Ge-
lehrte in seinem Aufsatz „Die armenische Messe und ihre Musik"
(Jahrbuch der Musikbibliothek Peters', 27. Jg.), und doch bietet
nach Wellesz' Ansicht im Rahmen der orientalischen Kirchen-
musik die armenische dem Forscher nächst der griechischen das
meiste Interesse. Armenien spielt in der Geschichte der Kultur als
wichtigstes Durchzugsland zwischen Osten und Westen, Norden
und Süden eine bedeutende Rolle. Wie der armenische Händler
im frühen Mittelalter bis an den Rhein, nach Gallien und Irland
einerseits, nach Indien andrerseits vordrang, so breiteten sich
auch in allen diesen Gebieten armenische Kultureigenschaften
aus, andrerseits empfingen die Armenier selbst entscheidende
Eindrücke, die sich in ihrer Kunst ausdrückten. So finden wir
denn auch in der armenischen Musik stark kontrastierende Ele-
mente. Primitives und Hochentwickeltes stehen nebeneinander.
In der armenischen Messe tritt eine Mischung byzantinischer,
ostsyrischer und autochthoner armenischer Elemente zu Tage,
die vielleicht schon in vorchristliche Zeiten zurückreichen. Wel-
lesz behandelt in seinem Aufsatze vornehmlich das Melodische des
armenischen Kirchengesangs, and stellt eine grössere Arbeit über
die armenische Musiktheorie in Aussicht. Aber der gelehrte For-
scher will durchaus nicht nur Spezialist sein. Er hat uns auch
eine lesenswerte Würdigung des Schaffens seines Lehrers Arnold
Schönberg (Wien, Tal & Cie, 159 S.) geschenkt und steht als prak-
tischer Musiker auf dem äussersten linken Flügel der modernen
Musik, die er durch Wort und Tat zu fördern bestrebt ist. Seine
ALLEMAGNE 49
Oper „Die Prinzessin von Girnara" hatte bei der Uraufführung
im Opernhause zu Frankfurt im Juli einen bemerkenswerten
Erfolg. — Einen hoch bedeutsamen Beitrag zur vergleichenden
Liturgiegeschichte gibt Anton Baumstark in seinem Werke
„Nichtevangelische syrische Perikopenordnungen des 1. Jahr-
tausends (Münster, Aschenforffsche Verlagshandlung, 196 S.).
Die von Friedrich Gennrich herausgegebene Sammlung „Ron-
deaux, Virelais und Balladen aus dem Ende des XII, dem XIII.
und dem ersten Drittel des XIV. Jahrhunderts mit den überlie-
ferten Melodien" (Dresden 1921. Gesellschaft für romanische Lite-
ratur, Bd. 43., Kommissionsverlag von Max Niemeyer in Halle,
XVI, 388 S.) bringt zum ersten Male die ganze Literatur gesam-
melt, die man sich bis dahin mühsam an vielen Stellen zusammen
suchen musste. Der vorliegende erste Band enthält nur die Texte
und (soweit vorhanden) auch die dazu gehörenden Melodien in
moderner Notation mit Anmerkungen über die betreffenden
Dichtungen in textlicher und musikalischer Hinsicht. Ein zweiter
Band soll die Entwicklung vom Rondeau zum Virelai und zur
Ballade eingehend erörtern. Einen kurzen Abriss über den inne-
ren Zusammenhang dieser drei Formen hatte der Verfasser be-
reits in seiner 1918 bei Niemeyer in Halle erschienenen aufschluss-
reichen Studie „Musikwissenschaft und romanische Philologie
(53 S.) gegeben. Die vorliegende Textsammlung bringt die Belege
für die dort aufgestellten Theorien und Behauptungen, so dass
man in der Lage ist, nachprüfen zu können. Was Reichhaltigkeit
der Quellen, philologische Akribie und Übertragung der Melodien
anbetrifft, so steht die Sammlung auf der Höhe der wissenschaft-
lichen Forschung. Der Philologe und der Musikhistoriker wird sie
mit gleichem Nutzen zum Studium verwenden können. Die Dedi-
kation an Friedrich Ludwig, den bedeutendsten Kenner auf die-
sem Gebiete, ist noch eine Empfehlung mehr für diese bedeutungs-
volle Arbeit. Der Gediegenheit des Inhalts entspricht die äussere
Aufmachung. — Von Hilde Jaeschke liegt eine textkritische
Ausgabe der Lieder des Trobador Elias Cairel vor, (Berlin, E.
Ebering, 224 S.) mit Anmerkungen und einer biographischen
Einleitung. E. Hoepffner besorgte eine kritische Ausgabe der
„Lais von Marie de France". (Strassburg, E. Heitz, 223 S.).
Die sehr gründliche und scharfsinnige Abhandlung Günther
Hases „Der Minneleich Meister Alexanders und seine Stellung in
50 ALLEMAGNE
der mittelalterlichen Musik" (Halle, Niemeyer, 96 S.) sucht ihre
Hauptaufgabe in der Beantwortung der Fragen: Wie sind die mit-
telalterlichen Musikwerke wirklich vorgetragen worden, und wel-
che Kunstmittel verwandte der Dichterkomponist, um die Werke
seiner Phantasie in einer künstlerischen Form der Mitwelt mitzu-
teilen? Nachdem sich der Verfasser in einem theoretisch-histori-
schen Teile mit den früheren Deutungsversuchen mittelalterli-
cher monodischer Lyrik auseinandergesetzt hat, kommt er in
einem zweiten analytisch-praktischen Teüe auf Grund der Sie-
vers-Rutzschen Schallanalyse zu eigenen Aufstellungen, die er an
der Übertragung des Textes und der Melodie des Minneleich
Meister Alexanders überzeugend dartut. Er formuliert seine Unter-
suchungen dahin: dass für die Übertragung und Interpretierung
aller in Choralnotierung überlieferten, metrischen Werke ledig-
lich ihre reale Klangform massgebend ist. Nur was richtig (d. h.
hemmungsfrei) klingt, ist richtig.
Gerhard Pohl wül mit seinem Werke „Der Strophenbau im
deutschen Volkslied" (Palaestra. Bd. 136. Berlin, Mayer u.
Müller, 219 S.) eine Lücke ausfüllen, da die Volkhedforschung
bisher nur den Bau des einzelnen Verses nicht aber die darüber
hinausgehende Periodenbildung, d. h. den Strophenbau behandelt
hat. Die sehr fleissige philologische Untersuchung weist das Vor-
urteil zurück, als sei das Volklied in seinen Formen dürftig und
eintönig. „Nur die Grundformen des Strophenbaus sind gering an
Zahl, die Variationen in Einzelheiten dagegen hundertfältig."
In schlichter aber sachlicher Form gibt Karl Nef in seiner „Ge-
schichte der Sinfonie und Suite" (Kleine Handbücher der Musik-
geschichte nach Gattungen. Herausgegeben von H. Kretzschmar.
Bd. XIV, Leipzig, Breitkopf u. Härtel, 344 S.) eine zusammen-
hängende Darstellung der beiden Formen von ihren Anfängen bis
in die neueste Zeit. Der Schwerpunkt des Werkes liegt in der
älteren Zeit, deren Entwicklung fast lückenlos verfolgt wird,
während die Epoche nach Beethoven mehr summarisch behandelt
ist. Zahlreiche gut gewählte Notenbeispiele sorgen für Veran-
schaulichung. Das mit umfassender Sachkenntnis geschriebene
gründliche Handbuch ist ein sicherer Führer durch das weite Ge-
biet der Suite und Sinfonie.
Zu einem überraschenden Resultat führen Kathi Meyers For-
schungen über die Anfänge des Oratoriums (Archiv für Musik-
ALLEMAGNE 5 1
Wissenschaft, III. Jg. Heft 4). Hiernach ist die These unrichtig,
dass das Oratorium, wie bisher angenommen wurde, aus den Laude
hervorgegangen sei; es wird mit zwingender Beweiskraft nachge-
wiesen, dass vielmehr das Officium, wie bei der Passion, auch die
Keimzelle des späteren Oratoriums gewesen ist.
Das bisher noch arg im Dunkeln liegende Gebiet der „Musik-
geschichte deutscher Landschaften und Städte" ist durch einige auf
gründlichen Quellenstudien beruhende Arbeiten wesentlich geför-
dert worden. An erster Stelle steht: Adolf Aber, Die Pflege der
Musik unter den Wettinern und wettinischen Ernestinern. Von
den Anfängen bis zur Auflösung der Weimarer Hofkapelle 1662.
(Veröffentlichungen des Fürstlichen Institutes für musikwissen-
schaftliche Forschung zu Bückeburg, Vierte Reihe, Heft 1 . Leip-
zig. C. F. W. Siegel.) Das Werk ist reich an neuen Aufschlüssen,
die insbesondere für die Frühgeschichte der evangelischen Kir-
chenmusik von hohem Wert sind. Caroline Valentin, der wir schon
eine tüchtige Geschichte der Musik der Stadt Frankfurt a. Main
verdanken, lieferte einen wertvollen Beitrag zu den Theater- und
Musikverhältnissen des Fürstlich Leiningischen Hofes (Würz-
burg Kabitzsch u. Mönnich 168 S.) Fritz Stein machte die Ge-
schichte des Musikwesens in Heidelberg bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts (Heidelberg, Koest er, 151 S.) zum Gegenstand sei-
ner Darstellung. Arnold Schering behandelt „Die Leipziger Rats-
musik von 1650 — 1775 (Archiv für Musikwissenschaft, III. Jg.
Heft 1.) Die Festschrift von Fritz Alfons aus Anlass des 100
jährigen Bestehens des städtischen Gesangvereins zu Aachen
(Aachen, Creutzer 64 S.) gibt weit mehr als der Titel besagt und
als man gewöhnlich von einer Festschrift erwartet. Sie stellt ein
Stück Musikgeschichte dar, das sich um die Namen der Chordiri-
genten : F. A. Schindler, den Beethovenfamulus, Franz Wüllner,
Julius Kniese und Eberhardt Schwickerath gruppiert.
Von dem unter Guido Adlers Leitung herausgegebenen, über-
aus wertvollen „Studien zur Musikwissenschaft" (Wien, Univer-
sal-Edition, 144 S.) erschien das 7. Heft mit folgendem Inhalt:
Rud. Ficker: Die Kolorierungstechnik der Trienter Messen. —
Alfred Orel: Einige Grundformen der Motettkomposition im XV.
Jh. — Albert Smijers: Die kaiserl. Hofmusikkapelle von 1543 —
1619 (IL Teil). Paul Nettl: Exzerpte aus der Raudnitzer Text-
büchersammlung.
52 ALLEMAGNE
Mit Freuden zu begrüssen ist die „Herausgabe der „Ausgewähl-
ten Aufsätze zur Musikgeschichte" von Adolf Sandberger (Mün-
chen, Drei-Masken- Verlag, 330 S.) Sie führen von Orlando di
Lasso bis in die neuere Zeit und geben einen Überblick über die
Lebensarbeit des ausgezeichneten Münchener Musikgelehrten.
Die Sammlung ist um so willkommener, da manche dieser Auf-
sätze bisher nur schwer zugänglich waren.
Im Anschluss hieran seien noch drei bedeutsame Sammlungen
von Studien und Kritiken zur zeitgenössischen Musik genannt:
Paul Bekker, Kritische Zeitbilder, Auslese von Aufsätzen und
Kritiken über Kunst und Musik aus der „Frankfurter Zeitung",
(BerÜn, Schuster & Loeffler, 336 S.), Julius Korngold, Deutsches
Opernschaffen derGegenwart. Kritische Aufsätze (Wien, Leonhard
Verlag, 376 S.), und Siegmund von Hausegger, Betrachtungen
zur Kunst (Leipzig, Linnemann, 271 S.).
Ein Stück praktischer Musikgeschichte wurde bei Gelegenheit
des 9. deutschen Bachfestes, das in Hamburg vom 3. — 7. Juni
stattfand, abgehandelt, wo ausser Bachschen Kompositionen in
der Hauptsache nur alte Hamburger Meister zu Worte kamen,
deren Werke einen annähernden Begriff davon geben sollten, was
Hamburg bis zu Bach in der deutschen Musik geleistet hat. Die
damit verbundene Musikausstellung, an deren Zustandekommen
Max Seiff ert : Berlin vornehmlich beteiligt war, vervollständigte
das Büd der geschichtlichen Entwicklung der deutschen Musik
im 17. Jahrhundert bis zu Bach, das in einem prächtigen von G.
Wahl zusammengestellten Kataloge mit dem Titel „Die Musik
Hamburgs im Zeitalter Seb. Bachs" (Hamburg, Staats- und Uni-
versitätsbibliothek, 84 S.) dauernd festgehalten ist.
In das Kapitel der praktischen Musikgeschichte gehört auch
die Erbauung der sogenannten „Praetorius-Orgel" , die auf Anre-
gung des Freiburger Universitätsprofessors W. Gurlitt von der
Orgelbauanstalt E. F. Walcker u. Cie. in Ludwigsburg für das
musikwissenschaftliche Institut der Universität Freiburg genau
nach den Angaben des Syntagma musicum des Michael Praetorius
konstruiert wurde. Die Orgelmusik der damaligen Zeit wird durch
dieses Instrument in ein ganz neues Licht gerückt. Erst jetzt er-
halten wir eine richtige Vorstellung von dem eigentlichen Klang-
bilde dieser Musik, das grundverschieden von dem späterer Zeiten
ist. „Nicht die Verschmelzung der Farben, sondern ihr unvermit-
ALLEMAGNE 53
teltes Nebeneinander, kein stimmungsvolles Helldunkel, sondern
ein klares, offenes Licht ist das Wesen des Orgelklanges bei Prae-
torius. Auch im Zusammenklang der Stimmen bleibt die Eigenart
jedes Einzelklanges noch deutlich; alles „Schummerige" ist hier
undenkbar." Es bedarf kaum der Erwähnung, dass durch die Er-
bauung eines solchen Instrumentes die Musikwissenschaft um ein
tüchtiges Stück weitergekommen ist, und es ist nicht unmöglich,
dass sich auch dem heutigen Orgelbau damit neue Perspek-
tiven eröffnen.
Endlich seien noch in diesem Zusammenhang die „Händel-
opernfestsftiele" des Universitätsbundes in Göttingen erwähnt, die
an acht Abenden in der Zeit vom 5. — 13. Juli daselbst stattfanden.
Zur Aufführung gelangten abwechselnd Händeis Opern : Otto und
Theophano (Uraufführung) und Rodelinde. Die Leitung lag in den
Händen von Dr. C. Hagen. Den einleitenden Vortrag „Händel als
Dramatiker" hielt Prof. Hermann Abert, Leipzig, der feinste
Kenner der Oper des 18. Jahrhunderts. Die Aufführungen er-
brachten den Beweis, dass die Händeloper keineswegs „überwun-
den" ist. Nur erheischt seine Dramatik eine besondere Einstel-
lung. Denn, wie Abert ausführt, liegt der Schwerpunkt der Hän-
deischen Oper nicht im Aufspüren individualpsychologischer Pro-
bleme sondern in der Wiedergabe einer Folge von gegensätzlichen
Seelenzuständen, von Gefühlen und Leidenschaften, die an Stärke
den uns von den Modernen vorgeführten nicht zurückstehen, aber
doch nicht von der Einzelseele, sondern vom allgemein mensch-
lichen Gefühlsleben aus, gewissermassen sub specie aeternitatis
erlebt sein wollen.
Ein würdiges Seitenstück zu der Festschrift „Notenschrift und
Notendruck", die die weltbekannte C. G. Rödersche Offizin in
Leipzig aus Anlass ihres 50 jährigen Bestehens im Jahre 1896 her-
ausgab, bildet die von derselben Firma zur Feier ihres 75 jährigen
Bestehens veröffentlichte Festgabe „Musiktitel aus vier Jahr-
hunderten". Das von Walter von zur Westen verfasste Werk
(115 S.) giebt die künstlerische Entwicklung der Notentitel der
praktischen Musikwerke von den Anfängen, d. tr von den Holz-
schnitttiteln der Renaissance über die Kupferstichtitel des Ba-
rock, Rokoko und der Zopfzeit bis zu der Vorherrschaft der Litho-
graphie im 19. Jahrhundert, umfasst also die Zeit von 1501 —
1900. Prächtigste Faksimilenachbildungen, zum Teil farbig, die-
54 ALLEMAGNE
nen zur Veranschaulichung. Das Werk ist mit feinstem Ge-
schmack ausgestattet, ein Kunstwerk an sich, mit dem sich die
berühmte Firma selbst übertroffen hat.
Von Neudrucken älterer Musik erschienen: Francesco Toni
(1650 — 1737) : Ausgewählte Stücke aus seinen Opern. (Denkmäler
der Tonkunst in Bayern, 31 Bd). Toni ist der Nachfolger und
AmtskoUege von A. Steffani und E. dall' Abaco in München. Von
seinen Werken ist bisher noch nichts im Druck erschienen. Fer-
ner: der Schlussband vom Opus musicum des Jacobus Gallus
(Denkmäler der Tonkunst in Oesterreich, 26. Jahrgang) und die
Vierte Auswahl aus den Trienter Codices, geistliche und weltliche
Kompositionen des XV. Jahrhunderts (Denkm. d. Tonkunst in
Oesterreich, 27 Jahrgang).
Weiter erschienen als Musikbeilagen zu der im vorigen Bericht
angezeigten Schrift von Gustav Beckmann „Das Violinspiel in
Deutschland vor 1700" fünf Hefte mit Kompositionen von H. Al-
bicastro, Nie. Bleyer, Phil. Boedekker, G. P. Cima, Joh. Fischer,
J. H. Schmeltzer, M. Uccellini, J. J. Walther und J. P. Westhoff
(Berlin, Simrock). Wilibald Gurlitt veröffentlichte die von Mi-
chael Praetorius erhalten gebliebenen Orgelkompositionen (Archiv
für Musikwissenschaft, III. Jg. Heft 2, Leipzig, R. Linnemann).
Im Ugrino- Verlag in Klecken, Kreis Harburg erschien endlich
ein Erstdruck der handschriftlichen Werke des Hamburger Orgel-
meisters Vincent Lübeck (1654 — 1740).
c. Biographien. Bei den Biographien tritt die Gegenwart und
jüngste Vergangenheit auffallend in den Vordergrund. Und zwar
sind es die Freundeskreise der betreffenden Meister, die das Wort
ergreifen. Man wird kaum etwas dagegen einzuwenden haben,
denn bei dem mangelnden Interesse, das das grosse Publikum
dem modernen Schaffen entgegenbringt kann es nur erwünscht
sein, wenn sich die Meister durch den Mund ihrer Freunde selber
zur Sache vernehmen lassen. Wir erhalten dadurch Einblicke in
ihr Schaffen, die vielleicht nie, oder erst auf dem Umwege der
Abstraktion hätten gewonnen werden können, und es sind jeden-
falls Missverständnisse über ihre künstlerischen Tendenzen ausge-
schlossen. Alle die hier zu nennenden Biographien vermeiden mit
Glück den Ton des blossen Panegyrikus, sie gehen auch an den
Schwächen ihrer Helden nicht vorbei. Sie wollen, wie ein hübscher
Ausdruck eines dieser Biographen lautet, nicht Staatsanwälte
ALLEMAGNE 55
sondern Rechtsanwälte in der Sache sein. Das letzte Wort dabei
hat freilich die Zeit, die schon sichten und sieben wird, um das
Unwahre vom Echten zu unterscheiden.
Unter dem Titel „Zeitgenössische Komponisten". Eine Samm-
lung. Herausgegeben von Hermann Wolfgang von Waltershausen
erschienen im Drei Masken-Verlag zu München folgende Bände.
H. W. von Waltershausen, Rieh. Strauss. Ein Versuch (126 S.).
2. Hermann Unger, Max Reger. Darstellung seines Lebens, We-
sens und Schaffens. 100 S. 3. Heinr. Knappe. Friedrich Klose.
Eine Studie. 142 S. 4. Julius Kapp, Franz Schreker. Der Mann
und sein Werk. 5. Hans Oppenheim. Hermann Zilcher. 114 S.
6. Herman Roth, Heinrich Kaspar Schmidt 125 V. 125 S. 10. Ri-
chard Specht, Julius Bittner 139 S.
Im Verlag von E. P. Tal Co. in Wien, kam eine grosse Richard
Straussbiographie von Richard Specht heraus (2 Bände, 358 u.
389 S.) Es handelt sich darin weniger um eine Lebensbeschreibung
als um eine Würdigung seines künstlerischen Schaffens, das hier
eine kongeniale glänzend geschriebene Darstellung gefunden hat.
Sie erzählt nach des Verfassers eigenem Wort nur, „Selbstempfan-
genes." Der erste Band befasst sich mit dem Instrumentalkom-
ponisten, während der zweite dem lyrischen Schaffen und beson-
ders dem Opernkomponisten Strauss gewidmet ist.
Egon Wellesz verdanken wir die erste zusammenhängende
Biographie von Arnold Schönberg (Wien, E. P. Tal, 159 S.) Hier
wirbt der Schüler für den Lehrer. Und der Verfasser, der inzwi-
schen selbst eine Persönlichkeit geworden ist, hat ein Recht dar-
auf, gehört zu werden. Was hier über Schönberg gesagt wird,
klingt so einleuchtend, dass sich mancher, der bisher dem Pro-
blem Schönberg gegenüber kühl oder ablehnend sich verhalten
hat, wohl gedrungen fühlen wird, seine Ansicht zu revidieren. —
Franz Schreker hat in Rud. St. Hoffmann (Wien, ebenda, 173 S.)
einen ebenso geschickten wie überzeugten Anwalt gefunden.
In der von Arthur Seidl herausgegebenen Sammlung „Die
Musik" (Leipzig, C. F. W. Siegel) erschienen: Karl Hasse, Max
Reger (229 S.) und Arthur Seidl, Hans Pfitzner (132 S.) beide
warmherzig und mit starker Einfühlung in die Werke der
Meister geschrieben.
Das Problem „Max Reger" hat bereits eine ziemlich umfang-
reiche Literatur aufzuweisen. Das Jahr 1921 bringt ausser den
56 ALLEMAGNE
schon genannten Biographien von Karl Hasse und Hermann lin-
ger noch eine vollständige Darstellung des Wirkens und Schaffens
Regers von Eugen Segnitz hinzu (Leipzig, Schraepler, 126 S.),
während Adalbert Lindner (Stuttgart, Engelhorn, 329 S.) nur die
Geschichte der Entwicklung Regers bis zu seinem 30. Lebensjahre
d. h. bis zum Op. 64 verfolgt. Der Verfasser war der Lehrer Re-
gers und der erste, der seine Bedeutung als Künstler sogleich er-
kannte. Seine aus eigenen Anschauungen und Erfahrungen ge-
schöpfte lebensvolle Darstellung besitzt darum für die Entwick-
lungsjahre Regers den Wert einer Quelle. Richard Würz sucht das
Problem schrittweise zu bewältigen. Die von ihm herausgegebene
„Sammlung von Studien aus dem Kreise der persönlichen Schüler
Regers" will die verschiedenen Zweige des Schaffens des Meisters
einzeln zur Darstellung bringen. Mit dem ersten Hefte derselben :
Hermann Grabner, Regers Harmonik (München, Halbreiter 48 S.)
wird ein vielversprechender Anfang gemacht. Grabner, der ehema-
lige Assistent Regers während seiner Jenaer Zeit zeigt darin, dass
die scheinbar so komplizierte Harmonik Regers nur die letzten
Konsequenzen aus Hugo Riemanns Funktionslehre zieht. Auch
die von Willibald Nagel herausgegebenen „Mitteilungen der Re-
ger Gesellschaft" (Stuttgart, Engelhorn) verfolgen den gleichen
Zweck, das Problem Reger systematisch zu erfassen.
Der 25 jährige Todestag Anton Brückners ist in ganz Deutsch-
land, wo es die Orchesterverhältnisse gestatteten, durch Auffüh-
rungen seiner Werke festlich begangen worden. Die Musikzeitun-
gen brachten Festartikel, resp. ganze Brucknerhefte. Aufklärend
wirkte besonders die Rundfrage der „Allgemeinen Musikzeitung"
(Berlin, Heft 41) : ob die Werke Brückners im öffentlichen Musik-
leben genügende Berücksichtigung finden, und ob der „Vorwurf
der Gedankensprünge" und der „Unfähigkeit organischen Gestal-
tens" zu Recht bestände? Das von etwa fünfzig Autoritäten ein-
geholte Urteil ging fast übereinstimmend dahin : dass sich Bruck-
ner im Konzertsaal durchgesetzt hätte, und dass der Vorwurf der
Sprunghaftigkeit seiner Gedanken zwar nicht zu leugnen, aber
„die natürliche Folge jenes urwüchsig zum Ausdruck drängenden
Kunstempfindens sei, das die Grösse Brückners ausmacht."
Der sehr rührige und vornehme Verlag von G. Bosse in Regens-
burg bereitet die grosse auf vier Bände berechnete Bruckner biogra-
phie von A. Göllerich vor, deren erster Band wohl während des
ALLEMAGNE 57
Druckes meines Berichtes erschienen sein wird. Ein scharf um-
rissenes Lebensbild des Meisters zeichnete in gedrängter Form
Franz Graef linger (Regensburg, Bosse, 125 S.). Vorzugsweise dem
künstlerischen Wirken des Meisters sind zwei ausgezeichnete Stu-
dien gewidmet : Hans Tessmer, Anton Bruckner, Eine Monogra-
phie. (Regensburg, Bosse) und Erich Schwebsch, Anton Bruckner.
Ein Beitrag zur Erkenntnis von Entwicklungen in der Musik.
(Stuttgart, Verlag „Der Kommende Tag" 1 12 S.) — Eine unbe-
kannt gebliebene Ouvertüre in g-moll, aus der mittleren Schaffens-
periode Brückners' stammend, die Alfred Orel entdeckt und mit
Kommentar in der Wiener Universal-Edition herausgegeben hat,
gelangte in Klosterneuburg zur erfolgreichen Uraufführung.
Auch der am 3. Mai 1922 zum 25. Male zieh jährende Todestag
von Johannes Brahms wird eine kaum weniger tiefe Resonanz in
allen Gauen Deutschlands finden. Als erste literarische Festgabe
erscheinen von G. Ophüls, dem bekannten Herausgeber der von
Brahms vertonten Texte „Erinnerungen an Johannes Brahms"
(Berlin, Deutsche Brahmsgesellschaft, 77 S.). Sie beziehen sich
auf die unmittelbaren Ereignisse nach der Beerdigung Clara
Schumanns und bilden wertvolle Ergänzungen zu Kalbecks gros-
ser Brahmsbiographie, Bd IV, 2 S. 436 f).
So sehr nun aber auch das Interesse auf die neuere Zeit gerich-
tet war, die eigentlichen Treffer hat doch die Mono- und Biogra-
phistik der älteren Meister zu verzeichnen. Schon allein H. Aberts
oben erwähnte Mozart-Biographie schlägt alles nieder. Die folgen-
de Auswahl ist alphabetisch nach Komponisten geordnet.
Den Wunsch Beethovens, den er im Heiligenstädter Testament
äusserte, sein Arzt möchte seine Krankengeschichte nach seinem
Tode aufzeichnen und auf diese Weise manche durch das Leiden
hervorgerufene Absonderlichkeit seines Betragens der Mitwelt
verständlich machen, hat W. Schweisheimer auf gegriffen und in
seinem Werke „Beethovens Leiden, ihr Einfluss auf sein Leben
und Schaffen" (München, Georg Müller, 210 S.) aufs glänzendste
erfüllt. Es wird hier zum ersten Male eine umfassende kritische
Darstellung von Art und Entstehung der Leiden Beethovens ge-
geben. Die Behauptung, dass eine venerische Infection (Lues) die
Ursache von Beethovens Ertaubung und Leberleiden gewesen sei,
wird mit Entschiedenheit und Glück zurückgewiesen und über-
zeugend festgestellt, dass es sich bei dem Gehörsleiden um eine Er-
58 ALLEMAGNE
krankung des inneren Ohres, vornehmlich um den Nervus cochle-
aris gehandelt habe, und dass das Leberleiden „auf dem Boden
eines jahrelang währenden, infolge Mangels an geeigneter Pflege
sich ständig verschlechternden, chronischen Darmkatarrhes ent-
standen, und dieser möglicherweise auf einen in der Jugend durch-
gemachten Typhus zurückzuführen sei". Auch Schweisheimer
gelangt, wie vor ihm bereits Riemann, zu der Ansicht, dass die
fortschreitende Ertaubung äusserlich keinerlei mit dieser Krank-
heit zusammenhängende Symptome den Werken Beethovens auf-
prägte, und dass überhaupt der Einfluss äusserer Verhältnisse auf
das Wirken des Genies kaum von Belang ist. Schön sagt Schweis-
heimer : „Die Gnade, mit der der über die Menschen hinausragen-
de Geist gesegnet ist, kann durch unsere physiologischen und psy-
cho-physiologischen Kenntnisse nicht erfasst werden. Sie kommt
von oben, aus unerfindlichen, unergründlichen Höhen gleich ei-
nem anfangverlorenen Lichtstrahl, der Staub der Erde vermag
sie nicht in sein Ausstrahlungsfeld herabzuziehen". Das Werk
füllt nicht nur eine Lücke in der Beethoven-Literatur aus, es ist
zum Verständnis der Psyche des Meisters unentbehrlich und wohl
die wichtigste Publikation der Beethovenforschung der letzen
Jahre. — Noch genannt seien: die geistvolle Abhandlung von
Alfred Heuss, Beethoven. Eine Charakteristik. (Leipzig, Voigtlän-
der, 51 S.) und der prächtige Sammelband von Studien und Skiz-
zen, den A. von Orel bei Gerlach und Wiedling in Wien unter dem
Titel „Ein Wiener Beethoven-Buch" herausgab (248 S.).
Von Hugo Leichtentritts „Analyse der Chopinschen Klavier-
werke" (Berlin, M. Hesse, 281 S.) liegt der erste Band vor, der die
Walzer, Polonaisen, Préludes, Impromptus und Mazurkas um-
fasst. Das Werk wendet sich nicht so sehr an die Liebhaber als an
die zünftigen Musiker. Es vermeidet daher jegliche poetisierend
aesthetische Betrachtungsweise und will „vom Handwerklichen
ausgehend Chopins verfeinerte und durchgeistigte Technik der
Komposition aufweisen, und durch das Verständnis ihrer Ele-
mente auch das Gefühl für ihren künstlerischen Gehalt bilden,
und den Stil und die angemessene Vortragsweise beleuchten." Zu
diesem Zwecke wird der Phrasierung besondere Aufmerksamkeit
gewidmet, die ja bekanntlich bei den Ausgaben der Chopinschen
Werke noch sehr im argen liegt, worunter die Erkenntnis der For-
menschönheit dieser unvergleichlichen Tongebilde bisher verdun-
ALLEMAGNE 59
kelt wurde. Das ausgezeichnete Werk gehört in die Hand eines
jeden Chopinspielers.
Die Gluck-Biographie von dem bekannten Gluckforscher Max
Arend (Berlin, Schuster & Loeffler, 278 S.) giebt zum ersten Male
eine einheitliche, auf Quellen beruhende Darstellung der Persön-
lichkeit und des Schaffens des Meisters und nimmt Stellung zu
den verschiedenen Problemen, die jedes neue Werk Glucks neu
aufrollt. Der Verfasser zeigt, dass die Kunst des jungen Gluck nur
dem Grad nicht aber der Art nach von dem alten verschieden ist,
und dass die künstlerische Kampffront des jungen Feuergeistes
nicht auf Zerstörung, sondern darauf eingestellt war, ein Drama
zu schaffen, also auf Reorganisation gerichtet war. Es handelt
sich hier um die reife Frucht einer Lebensarbeit, um durchaus
selbständige Forschungen, die sich nicht nur auf Einzelheiten, son-
dern auf ganze Kapitel erstrecken, wie z. B. die tragischen Bal-
lettpantomimen und die komische Oper Glucks, wodurch fast sein
ganzes Schaffen vor dem Orpheus in ein anderes Licht gerückt
wird.
Für die weiteren Publikationen mag die Angabe der Titel genü-
gen, da durch sie der Inhalt der Werke hinreichend gekennzeich-
net ist : Karl Kobald, Schubert und Schwind. Ein Wiener Bieder-
meierbuch (Zürich, Leipzig, Wien, Amalthea Verlag, 251 S. und
Abb.) ; Franz Zademack, Die Meistersinger von Nürnberg. Rieh.
Wagners Dichtung und ihre Quellen. (Berlin, Dom-Verlag, 330 S.
m. Tafeln) ; Felix Hasselberg, Der Freischütz. Friedrich Kinds
Operndichtung und ihre Quellen. (Berlin, Dom- Verlag, 131 S. mit
je 1 Nachbildung aus Kinds Handschrift und Webers Partitur,
und Hugo Wolfs Briefe an Rosa Mayreder. (Wien, Rikola Verlag,
141 S.). Die Adressatin ist die Verfasserin des Textes von Hugo
Wolfs Oper „Der Corregidor". Wir erfahren aus den Briefen, wie
Rosa Mayreder dazu gekommen war, Marcons Novelle „Der Drei-
spitz" für Hugo Wolf als Operndichtung zu bearbeiten, und wie
sich Wolf nach anfänglicher Ablehnung mit Feuereifer auf die
Komposition stürzte. So bilden die Briefe eine zusammenhängen-
de Geschichte der Entstehung des Corregidor.
Schliesslich sei noch auf zwei Sammlungen hingewiesen, die sich
die Aufgabe gestellt haben, wertvolle Autographen, oder seltene
und unbekannt gebliebene Drucke der klassischen Musikliteratur
zum ersten Male „in einem schönen und stilgemässen Gewände"
60 ALLEMAGNE
zu veröffentlichen. Und zwar sollen Handschriften und frühe
Drucke in Faksimile, die übrigen in modernem Notenstich heraus-
gegeben werden. Unter dem Titel „Musikalische Seltenheiten"
sind bisher erschienen (Wien, Universal-Edition) : In Faksimile
nach den Handschriften: Beethoven, Sonate, op. 27. No. 2, von
Heinrich Schenker herausgegeben ; Johannes Brahms, Drei Lieder
„Mainacht", Sapphische Ode", „Nachtwandler" (Max Kalbeck).
In Faksimile nach den ersten Drucken : Franz Schuberts Fünf er-
ste Lieder (O. E. Deutsch) und in modernem Notenstich Josef
Haydns „Zwölf schottische Volkslieder". Für eine Singstimme
mit Pianoforte, Violine und Violoncell (E. Mandyczewski) nach
der sehr seltenen englischen Originalausgabe, die in Deutsch-
land vollständig kaum zu finden ist. Von der zweiten Sammlung
(Drei Masken-Verlag in München), die ausschliesslich Faksimile-
drucke von Autographen bringt, kam heraus: Joh. Seb. Bach,
Kreuzstab-Kantate, W. A. Mozart, Trio in E dur (Köcheis Ver-
zeichnis Nr. 542) und L. van Beethoven, Klaviersonate in C moll,
op. 111. Die Nachbildungen im Lichtdruck sind so vorzüglich ge-
lungen, dass sie von den Originalen kaum zu unterscheiden sind.
Die beste Empfehlung für das verdienstliche Unternehmen, das
man auch auf literarische Unika ausdehnen sollte.
d. Die übrige Literatur und Allgemeines. Aus Raumrücksichten
übergehe ich die Neuerscheinungen auf dem Gebiete der allgemei-
nen Musiklehre, der Harmonie-, Kompositions- und Gesanglehre, da
es sich zumeist um Neuauflagen bewährter Lehrbücher handelt.
Kurz erwähnt seien jedoch die kleine, aus der Praxis hervorge-
gangene, lesenswerte Schrift von Thusnelde Fetzer, Lehrgang zur
Bildung des Klangbewusstseins (Stuttgart, J.G.Cotta Nachfolger,
59 S.). und auf dem Gebiete der Instrumentalanweisungen: Sieg-
fried Eberhardt, Paganinis Geigenhaltung. Die Entdeckung vir-
tuoser Sicherheit (Berlin, Fürstner, 47 S. m. Abb.) und Karl Klin-
gler, Über die Grundlage des Violinspieles (Leipzig, Breitkopf u.
Härtel, 83 S.) Allgemeines Interesse dürften die folgenden Studien
und Forschungen aus den Grenzgebieten der Musikwissenschaft
beanspruchen.
Das überaus heikle fast für unüberwindlich gehaltene Problem
der Akustik in grossen Räumen hat Prof. Eugen Michel, Hannover
beinahe restlos gelöst in seinem Werke: „Hörsamkeit grosser
Räume". (Braunschweig, Vieweg u. Sohn, 4° 73 S. mit 84 Abbil-
ALLEMAGNE 61
düngen). Seine fortgesetzten Studien der Reflexionen des Schalles
haben zu sicheren Resultaten geführt, durch die es in Zukunft
möglich ist, die Anlage neuer Konzertsäle so einzurichten, dass
eine gute Akustik (Hörsamkeit) von vornherein gewährleistet
wird, oder in einem bereits vorhandenen Saale die Ursachen einer
unbefriedigenden Akustik festzustellen und für Abhilfe der Män-
gel zu sorgen.
In der ohrenärztlichen Klinik der Charité in Berlin hielt Prof.
Flatau Übungen im Sprechsehen für Schwerhörige und Ertaubte
ab, bei denen Sprechlesefilms benutzt wurden, die, wie der Be-
richt sagt, die Bewegungsbilder der Sprache vor den Augen des
Beschauers in einer plastischen Deutlichkeit erstehen Hessen, dass
auch der gut Hörende die Empfindung hatte, als würde zu ihm in
der tönenden Lautsprache gesprochen. Derselbe Gelehrte hat auch
einen Ubungsapparat für Schwerhörige konstruiert, bei dem die
auf weissen Täf eichen reproduzierten Bildreihen radial auf einer
Walze befestigt sind und vermittels einer Kurbel von dem durch
ein Vergrösserungsglas sehenden Schüler abgeblättert werden
können, die dann, wie im Film, den Eindruck fortlaufender Bewe-
gung erwecken.
Heinrich Schenkers unter dem Titel „Der Tonwüle" in zwang-
loser Folge erscheinenden Flugblätter (Wien A. Gutmann) sollen
einzig der Pflege des Genies (speziell des deutschen Genies) gewid-
met sein, dessen Wesen er durch Erläuterungen unsrer grossen
Sinfonien, Sonaten, Kammermusik, Vokalmusik darzustellen be-
absichtigt.
Grundsätzlich wird dabei von jeder poetisierenden Deutung des
Inhalts abgesehen. Ihm ist es allein um die Erkenntnis des inneren
Wesens der Musik zu tun, um die Grunderscheinung des Tonle-
bens, für die Schenker das Wort „Urlinie" geprägt hat. Die Urli-
nie birgt in sich die Keime aller das Tonleben gestaltenden Kräf-
te". Sie ist es, die unter Mitwirkung der Stufen aller Auskompo-
nierung, also auch dem Aussenstimmensatz die Bahnen weist, in
dessen Intervallen eben die Einswerdung vom strengen und frei-
en Satze sich wundersam geheim vollzieht." Der Urlinie entquel-
len Motiv und Melodie. Gewissermassen ist sie wie des Menschen
Seelenkern. Wie dieser mit dem Menschen wandelt von der Wiege
bis zum Sarg, so geht die Urlinie vom ersten bis zum letzten Ton
mit". In genialster Weise wird nun das neue Prinzip der Urlinie
62 ALLEMAGNE
durch Analysen des ersten Satzes der c-moll Sinfonie von Beetho-
ven, des Es-dur Praeludiums aus Seb. Bachs Wohltemperiertem
Klavier, Tl. 1. und des Schubertschen Liedes „Ihr Bild" heraus-
geschält und so überzeugend zur Darstellung gebracht, dass kein
Zweifel an der Richtigkeit des Prinzips aufkommen kann. Erschie-
nen ist bisher nur das erste Heft (55 S.), aber man wird schon
jetzt sagen können, dass hier neue Bahnen gewiesen sind, die bis
zu den Urquellen des künstlerischen Schaffensaktes hinführen.
Wie in der gesamten Kulturbewegung steht auch in der Musik
die Erziehungsfrage im Vordergrund des Interesses. Man ist sich
darüber klar, dass eine Gesundung des kranken Volkskörpers nur
von innen heraus, durch eine innere Wandlung der Volksseele
möglich ist, und man fängt endlich an sich auf die hohe Bedeu-
tung zu besinnen, die der Musik dabei zukommt. Volksbühnen,
Volkskonzerte, Volksopern, Singschulen entstehen allerorten, die
nach Einsetzung der besten Kräfte auf das eine Ziel hinausarbei-
ten: die aktive Teilnahme des Volkes am künstlerischen Leben.
Am besten über die Neugestaltung des Musiklebens orientiert die
Studie von Leo Kestenberg „Musikerziehung und Musikpflege"
(Leipzig, Quelle u. Meyer, 143 S.), die am eindruckvollsten alle
hier hingehörenden Fragen behandelt. Auch der Musikwissen-
schaft kommen diese Bestrebungen zugute. Ihre Stellung und Be-
deutung hat sich gegen früher wesentlich verbessert. Während
Philipp Spitta, der Begründer der Musikwissenschaft, und noch
Hugo Riemann, der praeceptor musicae totius orbis terrarum es
nicht zu einer „ordentlichen" Professur gebracht haben, hat jetzt
jede grössere deutsche Universität einen ordentlichen Professor
der Musikwissenschaft. Nur in Berlin ist zur Zeit eine Vakanz, da
man für Hermann Kretzschmar, der infolge des Altergesetzes,
wonach der amtierende Vertreter der Wissenschaft nicht älter als
65 Jahr sein darf, seine Lehrtätigkeit aufgeben musste, noch kei-
nen Nachfolger gefunden hat. Die Herren Max Friedlaender und
Karl Stumpf, die in der gleichen Lage waren, haben jedoch von
dem den emeritierten Professoren zustehenden Recht, weitere
Vorlesungen zu halten, Gebrauch gemacht.
Als Dozenten der Musikwissenschaft habilitierten sich die Her-
ren : Hans Mersmann an der Technischen Hochschule in Berlin,
Hermann Stephani a. d. U. Marburg, Arnold Schmitz a. d. U.
Bonn und Gustav Becking a. d. U. Erlangen. Georg Kinsky, der
ALLEMAGNE 63
Konservator des Heyerschen Museums in Köln erhielt einen Lehr-
auftrag für Notations- und Instrumentenkunde, Musikbibliogra-
phie und Editionstechnik. Prof. Ewald Strässer wurde mit einem
Lektorat für Musikwissenschaft an derselben Universität betraut.
Die wirtschaftliche Lage der Musikwissenschaftler ist freilich
wie die der schaffenden geistigen Arbeiter überhaupt die denkbar
schlechteste. Während die neuen Reichen „Schieber und Kriegs-
gewinnler" im Uberfluss schwelgen, und der ungelernte Arbeiter
sein gutes Auskommen hat, müssen Künstler und Gelehrte darben.
Dieser wirklichen Notlage soll die sogenannte „Kulturabgabe"
einigermassen abhelfen, wonach jeder lebende, geistige Urheber
am Verkauf seiner Werke pekuniär beteüigt werden soll. Von den-
jenigen Werken aber, deren gesetzliche Schutzfrist abgelaufen ist,
soll eine bestimmte Abgabe erhoben werden, von der bedürftige
Urheber unterstützt, die Veröffentlichung gehaltvoller neuer
Werke gefördert und ihre Verbreitung zu massigen Preisen er-
möglicht werden sollen. Dem gleichen Zwecke will von privater
Seite aus der „Hilfsbund für deutsche Musikpflege" (Geschäfts-
stelle: Berlin, Schillstrasse 9, 1. Vorsitzender: Prof. Dr. Georg
Schumann) dienen, der bereits über beträchtliche Mittel verfügt,
und schon segensreich in Aktion getreten ist.
Durch die schwere Zeit der Not sind auch die vor dem Kriege
zur höchsten Blüte gelangten Bayreuther Festspiele in Frage ge-
stellt. Können die dazu erforderlichen drei Millionen Mark nicht
durch Patronats-Scheine gedeckt werden, so muss das Haus ge-
schlossen bleiben, da die Wagnerschen Erben natürlich das Risiko
nicht allein übernehmen können. Im anderen Fall soll aber das
Spiel auf dem grünen Hügel im Jahre 1923 wieder beginnen.
Zum Schluss sei noch der Toten des Jahres 1921 gedacht. Ihre
Zahl ist leider nicht gering. Es starben : Johann Evangelista Engl,
der um die Mozartforschung hochverdiente, langjährige Sekretär
des Mozarteums am 18. Mai in Salzburg, Geh. Sanitätsrat Dr.
Georg Fischer, dem wir eine Reihe wertvoller Schriften zur loka-
len Musikgeschichte Hannovers verdanken; Dr. Oscar von Hase
der Seniorchef der Weltfirma Breitkopf u. Härtel in Leipzig am
26. Januar. Dr. Max Herold, der Begründer der Kirchenmusikaü-
schen Zeitschrift, „Siona" und Leiter des bayrischen evangeli-
schen Kirchengesangvereins am 7. August in Neudettelsau (Bay-
ern) ; der Brahmsbiograph Max Kalbeck in Wien am 5. Mai, Prof.
64 ALLEMAGNE
Emil Nikel, der Verfasser einer wertvollen Geschichte der katholi-
schen Kirchenmusik; Prof. Dr. C. August Rau, der Direktor des
Fürstlichen Instituts für musikwissenschaftliche Forschung zu
Bückeburg auf einer Dienstreise in Karlsruhe am 2. Oktober, erst
3 1 Jahre alt, dessen Verlust kaum zu ersetzen ist, und Dr. Lud-
wig Scheibler, der sich namentlich um das Leben und Schaffen
Schuberts und im Zusammenhang damit um die Geschichte des
neueren deutschen Liedes verdient gemacht hat, in Friesdorf bei
Godesberg im 72. Lebensjahre. Ihre Namen werden in der Musik-
wissenschaft dauernd fortleben.
Leipzig. Prof. Dr. Rudolf Schwartz.
ANGLETERRE
Notwithstanding the economic stress which affects this country
as it affects all others, the present time is one of great activity and
.growth in scientific and artistic experiment and research as well
as in the actual development of musical expression. Manufactu-
rers, artists, composers, editors and publishers are all working,
separately or in combination, to create a national art based
upon the great classical periods and upon the fund of folksong
which has been discovered in recent years and upon the life of
to-day. Nothing is too small or too great, so far as musicians and
musical savants are concerned to be treated, of artistically and
scientifically, and native composers and executants are receiving
encouragement, official or private, to an extent and of a character
never before known.
What is most encouraging is the wide and intense study that is
being made by all classes of musicians, and which is receiving
gradually more and more support from educationists and general
historians, of the neglected classics of our own country. Apart
from the eminent musicologists whose names are familiar through-
out Europe, scholars of the standing of E. J. Dent, E. H.
Fellowes, R. R. Terry, W. Barclay Squire, C. Sanford Terry,
et alia, there is a mass of students who in the libraries and by the
use of the collected work of these authorities are assimilating into
the corpus of our musical life the best of the musical life of the past.
Of works which give the lead in this direction the most note-
worthy of recent issue are the Rev. Dr. E. H. Fellowes' collection
of the works of The Lutenist Song Writers, of which the First Part,
consisting of John Dowland's First Book of Airs, 1597, has
appeared, and it is understood that further numbers will shortly
be ready and obtainable from the publisher, Winthrop Rogers.
Another collection by Dr. Fellowes is that of The English Madri-
gal School, published by Stainer and Bell, and as a guide to this
66 ANGLETERRE
period he has written an excellent handbook, The English Madri-
gal Composers published by The Clarendon Press. To this last
there is also a supplement entitled, and consisting of, English
Madrigal Verse, 1588—1632.
Dr. R. R. Terry, the musical director at the Roman Catholic
Cathedral at Westminster, whose efforts for the restoration of the
finest Church music of all periods to its proper place has been
acknowledged not only in Rome (he has the unique privilege
granted by the Papal authorities of wearing the same habit in the
Cathedral as was worn by Palestrina at the Vatican) but the
world over by all who recognise the value of great Church music,,
has written a big work on Mediaeval Music, which is about to
appear from the house of Kegan Paul, Trübner, Trench & Co. On
the lighter side, but none the less interesting and of very great
value in the study of musical history is his collection of sea songs
and shanties, of which Part I has been published by Messrs
Curwen. This is called The Shanty Book, and consists of twenty-
eight sailor songs and a splendid introduction on the subject by
the Editor as well as a foreword by Sir Walter Runciman, who
speaks on the subject from the seaman's point of view and of
Dr. Terry's qualifications in this respect. Unfortunately a serious
and long continued illness has delayed some of Dr. Terry's work,
but it is hoped that before this report is printed he will be well
enough to be working hard again. Distantly related to this study
is that of Sir Frederick Bridge on The Old Cryes of London,
published by Novello, in which are set out the author's research
into the actual cries of street traders and the developed musical
treatment of such cries by Dering, Weelkes and Gibbons.
Another Dr. Terry (Charles Sanford Terry of Aberdeen) with
the assistance of Dr. W. G. Whittaker of Newcastle-on-Tyne, has
done something for our practical knowledge of the work of J. S.
Bach by issuing through the firm of Humphrey Milford a small
collection of /. S. Bach's Original Hymn Tunes for Congregational
Use with, of course, English words. Mr. Harvey Grace, the editor
of „Musical Times" and himself an exceptionally fine organist
and a high authority on all classes of organ music, is the author
of a careful and brilliant study of The Organ Works of Bach,
which has aroused both scholastic discussion and a greater
practical interest in those works.
ANGLETERRE 67
Of a more popular type Dr. W. J. Phillips' little work on
Carols: their origin, music and connection with mystery plays pu-
blished by Routledge gives much information useful alike
to the student and the choirmaster or singer.
Sydney Grew has made the first serious attempt to bring the
modern mechanism of musical production into range of musical
theory. The Art of the Player-Piano is a bulky volume issuing from
the house of Kegan Paul, which firm has also on its i scent list
Herbert Westerby's History of Pianoforte Music and 5 |r Frede-
rich Bridge's Twelve Good Musicians (John Bull, Byre, Morley,
Weelkes, Gibbons, Dering, Milton, Lawes, Locke, Pelham
Humfrey, Blow and Purcell). They have also in their catalogues
translations of some of the musical works of Romain Rolland.
Messrs. J. & W. Chester, the publishers of many excellent editions
of ancient and modern music, have also isued, jointly with La
Sirène of Paris, M. G. Jean-Aubry's book La Musique et les
Nations. M. Jean-Aubry is the editor of that lively little periodical
„The Chesterian", and his intimate association with musicians
of all nations has allowed him to suggest many provocative
thoughts on the subject of artistic nationalism.
New editions and arrangements to enable the ordinary music-
lover to acquire a knowledge of music not easily available are
increasing, one of the most notable being Geoffrey Shaw's Ten
numbers from Purcell' s „Dioclesian" arranged as pianoforte duets,
published by Joseph Williams. Mr. Shaw's Foreword is almost as
useful as the music itself. „I believe there must be quite a number
of English musicians who could write out by heart the score of,
let us say, the Fifth Symphony. It would be interesting to know
how many English musicians have ever glanced inside the score
of „Dioclesian", or indeed any other of Purcell's scores". This
is his theme, and it will probably stir many to take further
interest in the English master's work.
In addition to an excellent effort to aid the contemporary
composer the Carnegie United Kingdom Trust has provided the
means whereby a collection of Tudor Church Music is being issued
from the Clarendon Press under the editorship of Drs. Fellowes
and R. R. Terry. This is being done in order to make such music
available to both Roman Catholic and Protestant Choirs, (both
Latin and English words being provided), and the barring is
68 ANGLETERRE
treated freely so as to bring out the rhythm of the original. On
similar lines though in this case each voice is independently
barred, is the „Polymetric Edition" of Sixteenth Century Vocal
Music, edited by Sydney Grew and published by Messrs Curwen.
This includes secular as well as sacred pieces.
From the Cambridge University Press the only musical book
issued for some time is the third part of Dr. C. S. Terry's Bach's
Chorals. This consists of the Hymns and Hymn melodies of the
Organ works, the source of the hymns and melodies being stated,
the tunes given in their earliest form, and a translation of every
hymn used by Bach is given as well as biographical and biblio-
graphical information concerning authors, composers, hymns
and tunes. This work is a most erudite and exhaustive study,
and with the two previous volumes on The Hymns and Hymn
Melodies of the „Passions" and Motets and the Hymns and Hymn
Melodies of the Cantatas and Motets, forms a complete treatise
on this very extensive subject.
Notwithstanding the difficulties of carrying on anything in
the way of serious journalism with regard to music and the
consequent rise and fall of new periodicals, most of the older
ones are still doing excellent propaganda, and there are also one
or two new ones which deserve mention. Of the former the first
place must still be given to „Musical Times" which provides a
remarkable variety of subject and treatment. Among recent
articles of historical or scientific interest the following may be
mentioned :
New Light on Early Tudor Composers, a series of articles
running through several issue, by W. H. Grattan Flood.
Early English Chamber Music, (August and September 1921)
by Rutland Boughton.
A Lost Handel Manuscript, (October 1921) by W. Barclay Squire.
Madrigalists and Lutenists, (March 1922) by Sylvia Townsend
Warner.
Modern Theme-Transformation, (ibid) by Herbert Antclirie.
Pear sail' s Letters, (April — May, 1922) by W. Barclay Squire.
A Remarkable Handel Collection : Christopher Smith's trans-
cript of his works, (May 1922) by E. van der Straeten.
Thomas Britton, the Musical Small-coal man, (June 1922) by
C. Edgar Thomas.
ANGLETERRE 69
On Editing Elizabethan Songs, (July 1 922) by Philip Heseltine.
The Nurseries of English Song, (August — September, 1922) by
Frank Kidson.
Even more varied is the character of „Musical Opinon and
the Music Trades Review", for as its title suggests, it contains
an important section devoted to the commercial and construc-
tive sides of musical instruments and music publishing. Even in
this section, however, there are from time to time articles of a
highly instructive character on the science of music and its pro-
duction. Trade problems have been too urgent of late to allow
of much of this and the art section has been devoted chiefly to
contemporary news, with the result that the list of articles falling
within the scope of the present report is short :
Peter Philips, (October 1921) by Jeffrey Pulver.
Beethoveniania, (December 1921) by Arthur M. Friedlander,
with facsimile of an autograph of an unpublished work.
A Note on the Madrigal, (January 1922) by Sydney Grew.
The whole-Tone system, (June 1922) by A. Eaglefield Hull,
with examples dating back as far as Purcell.
Faux-Bourdon Psalmody, (June — July 1922) by Francis Bur-
gess.
Nicola Matteis, (September 1922) by Lyn Venn. An off -shoot
from this journal and issued from the same publishing house is
an admirable quarterly, „The Organ", which addresses its appeal
to Players, Makers and Lovers of the instrument. Only five
numbers have as yet appeared, but already the volume of
musicological and musicographical material is considerable. The
following articles seem to come within this description.
The Organs and organists of St. Martin-in-the-Fields, by Rev.
Andrew Freeman, The Organ in Seville Cathedral, by Ernest E.
Adcock, Couper in s Organ, by A Eaglefield Hull, An Interesting
Survival ; St Katharine Coleman, by Rev Andrew Freeman
(July 1921)
Two Records of Father Smith, by Sidney W Harvey. Develop-
ments in the Use of the Pedal Organ, by Harvey Grace (October
1921).
The Organs of Lübeck, by Ernest E. Adcock, A Brief account
of the Organs of St. Stephens, Walbrook, by Rev. Andrew Freeman,
Winchester Cathedral Organs, by A. Cecil Piper (January 1 922) .
70 ANGLETERRE
Father Smith Organs at Cambridge, Rev. Andrew Freeman,
The Organs of Lübeck, by Ernest E. Adcock, Some Continental
Organ Tutors ; past and present, by A. Eaglefield Hull (April
1922).
The Organs of St. Paul's Cathedral, by Rev. Andrew Freeman,
The Schulze Organ in St. Bartholomew' s Church, Armley, Leeds
by Thomas Edward Pearson, The Positive, by C. F. Abdy
William: (July 1922).
„The E ickbut" is a monthly magazine which in a short career
has undergone many vicissitudes and is notable for its enthu-
siasms. Since being taken over by Messrs Curwen it has been
edited by Ursula Greville, a young singer who is working hard by
this and other means to make the best British music known. It
is concerned chiefly with modern music and is attracting readers
and writers in various countries. The following articles are
outside the narrow view:
The Clarinet in the Eighteenth Century, by Adam Carse (October
1921).
The English Lutenists, by E. H. Fellowes (December 1921).
The Immanence of Handel, by Herbert Antcliffe; Notes on
the Oriental Scale System, by L. F. Edwards. (June 1 922) .
Frederic Chopin, by Scott Goddard; The Emotional Aspect
of Theme-Transformation, by Herbert Antcliffe (September
1922).
In „Music and Letters", a Quarterly Publication edited by
A. H. Fox-Strangways, long and solid articles are the rule, and
they are written frequently by executants rather than by stu-
dents, though many of them show considerable learning as well
as keen insight into the subjects treated. This review has been
in existence just over two years and specialised articles are
these :
Old Keyed Instruments and their Music, by Violet Gordon
Woodhouse, (January 1920).
PurcelVs Dramatic Music, by E. D. Rendall (April 1920).
A Lesson from the Middle Ages, by Archdeacon Gardner;
\7th Century Instrumentation, by Adam Carse; \Qth Century
Music Speeches, by Muriel Silburn (October 1920).
Neglected Treasures in Handel's Operas, by C. F. Crowder;
A Note on Pur cell' s Music, by G. E. P. Arkwright, (April 1921).
ANGLETERRE 71
Music and Architecture, by Paul Waterhouse, (October 1921).
Masques, by W. J. Lawrence; Irish composers, by W. H.
Grattan Flood, (January 1922).
The Musical Association, which is our oldest and leading
society „for the investigation and discussion of subjects con-
nected with the Art and Science of Music", in its forty-seventh
session had presented to it seven different papers all by author-
ities on their subjects. Mr. Jeffrey Pulver on The Viols in
England, Mr. Ch. van den Borren (in a paper translated from the
original French and read by Mr. Barclay Squire) on The Genius
of Dunstable, and Mr. F. T. Arnold on A Cor elk Forgery} dealt
very minutely and carefully with historic subjects, Miss Katharine
Eggar on The Subconscious Mind and the Musical Faculty pre-
sented some thoughts on the psychology of musicians, Sir
Charles V. Stanford on Some Recent Tendencies in Composition
was stimulating though conservative and Mr. R. J. Pitcher on
Hand Development for the Performer treated of practical difficul-
ties of to-day. It is interesting to note also that the Report of the
Committee appointed to consider the question of the preserva-
tion and cataloguing of small collections of printed and ma-
nuscript music, already mentioned, I believe by Mr. Dent in his
previous report, is appended to the Musical Association's „Pro-
ceedings 1).
Some excellent papers are read at the great combined Con-
ferences of Educational Associations held at the University
College in Marylebone each Christmas, most of them dealing
with directly practical problems arising in the work of school
teachers, but others with general principles separately or in
addition to the practical aspect. Among the papers read at the
last Conference were the following:
Eurhythmies, by Mrs. M. L. Eckhard (Dalcroze Society);
Folk Dances, by Cecil Sharp (English Folk Dance Society);
Military Music, by Col. J. C. Somerville, Scriabin and his
Music, by Herbert Antcliffe, (Incorporated Society of Musicians)
Music in Secondary School Examinations by Frank Roscoe
(British Music Society) and Music m Education, by Prof. Walford
Da vies (Girls School Music Union) and School Pianos by H. B.
Dickin (Directors of Music in Secondary Schools).
:) A copy is appended to this article.
72 ANGLETERRE
Each of these societies, too, has its independent meetings held
periodically during each year at which practice and theory
are both applied with great seriousness of purpose and often
with noteworthy results. One of the most striking of these
activities is that of the London Contemporary Music Centre of
the British Music Society, which was inaugurated some time ago
for the purpose of performing Chamber Music (including piano-
forte works and songs) both British and foreign, written during
the last fifteen years. The British Music Society in co-ope-
ration with the Federation of British Music Industries also
arranged a Summer School of Music which was held at Oxford
and drew many whose previous ideas on music had been vague
and indeterminate or lacking in seriousness. The lectures given
by members of the Incorporated Society of Musicians at monthly
meetings of the branches of the Society held all over The British
Isles are usually interesting and often show great learning.
The advent of Radio-telephones is at present having an effect
that is injurious to the cause of good music rather than other-
wise, owing to the very inferior music „broadcast" by the com-
panies who are concerned in making the system known. This is
all the more regretable because of the high standing of the artists
employed to perform the music, which gives a kind of cachet to
this type of music, particularly among the classes who most
need to be warned against it. There is little doubt that, properly
used, this system may help forward the musical education of the
people, just as the mechanical systems of the player-piano and
the gramophone are doing under the guidance of such able
enthusiasts as Percy A. Scholes and Sydney Grew. Last year a
very important improvement was made in the gramophone
system and a new instrument brought forward which was given
a name, the Cliftophone, based on that of its inventor. The basis
of the system is the same as that used to detect sounds at a
great distance under the sea or in the air.
There is little need to call detailed attention to the activities
of the various concert societies, for they follow much the same
process year after year. Most of them give very good perfor-
mances of well-known works and ocasionally introduce novelties
which vary very greatly in their merit and significance. The
revival of the Three Choirs' Festivals of Gloucester, Hereford
ANGLETERRE 73
and Worcester has given the cynical an opening for remarks about
still-born native works, but this year at least such remarks have
been amply refuted by the initiative shown by the Gloucester
committee. Not only were the popular favourites, Handel's
„Messiah" and Mendelssohn's „Elijah" and the big works of
Elgar, „The Apostles" and „The Kingdom" performed with
great success, but from Bach to the youngest among our native
modernists, Eugene Goossens, Arthur Bliss, Herbert Howells,
works which a few years ago would have been dismissed as beyond
the comprehension of any but highbrows were received with the
utmost appreciation. Arthur Bliss' Colour Symphony which was
played for the first time is most striking for its manner of taking
the suggestions of four colours, Blue, Purple, Red and Green, as the
„programme" of its different movements, and also for the free-
dom of treatment given to the classical form. Gustave Hoist's
„The Planets", which has received more attention than almost
any other native orchestral work, was first produced in its com-
pleteness only fifteen months ago at the British Music Society
Conference.
The Madrigal Society of London, which has not yet been able
to resume its publications, devotes much of its attention to the
smaller works of classical and modern native composers, and
it has revived works by William Byrd, Cast off all doubtful care and
This day Christ was born. Jannequin, Le Bataille de Marignan and
Praetorius, Christmas Hymns from Musae Sionae, as well as in
conjunction with the Euterpe Players a number of other vocal
and instrumental works of Byrd. Both of these societies are
directed by Ch. Kennedy Scott. The bigger choral societies all
over the country are constantly giving fine performances
chiefly of works long in the repertory. There are, however, some
pleasing exceptions to this, and the introduction of the works of
Bach to conservative Wales is a happy augury of the future of
that musical province.
A very remarkable effort is that of Rutland Boughton in the
remote village of Glastonbury where he is creating a real village
opera and arousing interest not only in his own cycle of works on
„King Arthur", his opera, „The Immortal Hour", his setting
of Euripides' „Alkestis" and his many small ballets, but in all
kinds of first-rate music. Incidentally, also, he is helping forward
74 ANGLETERRE
the association of music with the other arts by his very original
methods of staging. His festivals, held several times each year,
are being imitated in other villages to the great advancement of
the musical life of the country-side.
Notable, too, is the long continued success of The Beggars'
Opera" of Gay, which from time to time is revised by the editor,
Frederick Austin, the extreme length of the original allowing
the alternation of a number of the songs. Miss Nellie Chaplin,
Mrs. Violet Gordon Woodhouse, and the family Dolmetsch still
continue their good work of making known the instruments and
music of former days, and to their ranks have lately come
Mr. Gerald Cooper (harpsichordist) and Mr. Philip Wilson
(vocalist).
An exhibition of ancient instruments organised by two leading
firms in London and Liverpool has brought to light some
interesting developments in the Spinet, Harpsichord and early
Pianoforte and provided means of further studying the music
of the early keyboard instruments.
With the formation at Salzburg of the International Society
for New Music a new link between England and the Continental
countries has been formed, for not only is Mr. E. J. Dent the
acting President of the new Society, but the Headquarters will
be in London and much of the work will function through the
Contemporary Music Centre of the British Music Society. Mr.
Edwin Evans is the Chairman of that Centre and is also the
British delegate for the International Society.
Herbert Antcliffe.
APPENDIX
Care of small collections of printed and manuscript
MUSIC
Following upon a Resolution passed at the Meeting on April
8th, 1919, the council appointed a Committee, consisting of the
Rev. E. H. Fellowes, Mr. G. E. P. Arkwright, Mr. E. J. Dent,
Mr. W. Barclay Squire and Dr. R.R. Terry, to consider the
question of the preservation and cataloguing of small collections
of printed and manuscript music. The committee duly presented
ANGLETERRE 75
its report to the council, which forwarded it to the Carnegie
Trustees, with a request that they would consider the possibility
of doing something in furtherance of the object sought. The
report and the letter from the Carnegie Trustees are appended.
REPORT
The committee appointed by the Council of the Musical
Association to consider the question of the preservation and
catologuing of small collections of printed and manuscript music
is strongly impressed with the necessity of examining and preser-
ving what music there is in libraries not specially devoted to
music. It is to be feared that the destruction of music, owing to
the carelessness and ignorance which has been going on in Eng-
land for centuries, is still in progress, and the committee recom-
mends strongly that some steps should be taken at once with a
view to stopping it and to recording what still remains. Though old
MS. part-books, discarded from a Cathedral or Collegiate choir,
may seem of little or no value, yet they often contain anthems
and services handed down from original services, which may be
of great use for the collection of disputed readings. Now that
attention is being drawn to the scientific editing and publication
of English Church Music, every service is of some importance, and
as a preliminary to such work it is absolutely necessary to know
what remains and where it is to be found.
In drawing up suggestions to be submitted to the council
of the Musical Association, the committee begs to point out that
their adoption will involve some necessary expenditure. As the
Musical Association has no funds available for such purposes the
committee recommends that, as a preliminary step, this Report
should be submitted to the Carnegie Trustees, with an inquiry
whether they would be willing to incur the expense of carrying
out the committee's suggestions. The initial cost would be small,
as it would only consist in printing and circulating the suggestions
to the heads of various libraries, in the postage or carriage of
books and MS. and (in a few cases) in paying the expenses of
personal examination and cataloguing. The cost of printing a
general catalogue (as hereafter suggested) would be the chief item
of expense. This would not become necessary for some time, and
76 ANGLETERRE
might be reduced if such a catalogue were issued to subcribers in
cheaply-priced parts, as is now being done by the Italian Society
dei Musicologi.
The following suggestions, which the Committee beg to recom-
mend, apply mostly to Cathedrals or Colleges.
1. Old music — MS. or printed — formerly in use in choirs,
but now discarded.
This is of no pecuniary value and might be offered to the
British Museum, the Bodleian Library, Christ Church (Oxford),
the University Library, Cambridge, or the Royal College of
Music, with the authority to preserve or destroy.
2. Music in chapter or College Libraries.
As a rule this consists of works which have either drifted
in from the choir, or have been presented or bequeathed. A great
deal is of no value exept as waste paper, but some is valuable
both from musical and bibliographical points of view. The
Committee suggests that (a) if funds are available these collections
shall be set in order and catalogued by some expert to be recom-
mended by the council of the Musical Association. Failing this,
that (b) the music shall be sold — giving the refusal (after a
proper valuation) of anything required to the British Museum
or other National Library — and that the proceeds of such sale
shall be devoted to the non-musical part of the library. If neither
of these two courses are adopted, the committee suggests that
(c) the whole collection should be deposited on permanent loan
in one of the National Libraries, where it will be properly cared
for, catalogued, and made accessible for purposes of research.
This course has been adopted with regard to the Buckingham
Palace collection, now deposited by his Majesty the King at the
British Museum, and by the Madrigal Society, whose earlier
music is deposited at the Royal College of Music.
3. Cataloguing.
Should the owners of small collections of music decide (see
supra, l,a) to have them catalogued, the committee recommends
that some uniform system should be adopted, For MSS. it will be
obviously necessary that each work shall be described separately
but for printed books the committee considers that a system of
co-operative cataloguing could be adopted, the slips or cards
ANGLETERRE 77
on which each work is catalogued being sent from one library to
another, so that it will only be necessary to add the names of the
collections in which the works are to be found. In either case a
considerable saving of expence might be effected by the tempo-
rarily depositing books or MSS. at the British Museum, at
Oxford or Cambridge, for the purpose of cataloguing. When all
the various small collections are catalogued, the whole result
should be published : the usefulness of such a general Catalogue
for purposes of research would be inestimable.
In conclusion the committee wishes it to be understood that,
for the purpose of this Report, it has not thought it necessary to
institute any inquiries either by personal inspection or or by
correspondence as to what music is to be found in the libraries
referred to. Sufficient general information as to this is contained
in the article on Musical Libraries in Grove's Dictionary of Music,
while more recently personal search has been made — confined
indeed to music of the Tudor period — by various editors work-
ing under Dr. Terry for the Carnegie Trust Musical publications,
some of whose experiences were available for this Report. At the
same time the committee recommends that — if any of its sug-
gestions are adopted — in every case the most rigorous search
for music books and MSS. shall be made.
Godfrey E. P. Arkwright.
Edward J. Dent.
Edmund H Fellowes.
Wm. Barclay Squire.
R. R. Terry.
16th March, 1920.
THE CARNEGIE UNITED KINGDOM TRUST.
East Port,
Dunfermline, 17th May. 1920.
Dear Sir,
I am directed to inform you, in reply to your letter of 16th
March, that the Trustees at their Meeting on the 6th instant
considered your application for a grant in aid of better custody
of valuable MSS. and books in Cathedral and other Libraries.
They came, however, to the conclusion that the substantial help
78 ANGLETERRE
which they are giving towards the publication of Tudor Church
Music must be the limit of their expenditure in this connection.
The authorities who are now in possession of these musical
treasures are quite able to secure their adequate custody.
Yours faithfully
(signed) J. M. Mitchell.
J. Percy Baker, Esq.
Secretary, The Musical Association,
Wilton House, 12 Longley Road.
Tooting Graveney, S.W. 17.
Since the above was written the British Government has con-
ferred on Dr. R. R. Terry and Dr. H. Walford Davies the honour
of Knighthood for their work in research and education. In doing
so it has honoured the whole practice of the art of music and
musical science, an honour which reflects upon itself. All who
know the splendid work, they have done, will congratulate Sir
Richard Terry and Sir Walford Davies on this official recognition.
BELGIQUE
I
LISTE, PAR ORDRE ALPHABÉTIQUE DE NOMS D'AUTEURS, DES PRIN-
CIPALES PUBLICATIONS MUSICOLOGIQUES PARUES EN 1922
Bergmans (Paul). — L'Académie Royale de Belgique depuis
sa fondation (1772 — 1922). — IL Sections de Musique et des Scien-
ces et Lettres dans leurs rapports avec les Beaux- Arts; 1 broch. in
8° de 24 p., Bruxelles, Lamertin, 1922. — Historique très ob-
jectif où chaque homme et chaque oeuvre sont exactement mis à
leur plan, et où l'on trouve, notamment, des pages excellentes
synthétisant l'activité de F. J. Fétis, F. A. Gevaert, Peter Be-
noit, Flor. Van Duyse et Maurice Kufferath.
Kreps (Dom Joseph, O. S. B.). — Le rôle unificateur de l'or-
ganiste liturgique ; préface de Vincent d'Indy ; 1 vol. in 8° de 80
p., avec 40 p. de tableaux-annexes; Louvain, Bureau des oeuvres
liturgiques, Abbaye du Mont César, 1921. — Petit ouvrage ex-
trêmement précieux par le purisme à la fois liturgique et musical
avec lequel l'auteur envisage le rôle de l'organiste à l'église. Basé
sur une connaissance raffinée du plain-chant, il insiste avec raison
sur la subordination absolue qui doit régler les rapports de la
musique, plus particulièrement celle d'orgue, avec l'office litur-
gique. L'auteur ne pousse toutefois pas le radicalisme jusqu'à
proscrire l'accompagnement du choral grégorien, ce que M. V.
d'Indy lui reproche d'ailleurs, en termes courtois, dans sa préface.
Dom Kreps conçoit, en tous cas, cet accompagnement comme
quelque chose d'infiniment difficile à réaliser. Malaisés aussi sont
les „raccords" de tout genre qui incombent à l'organiste et aux-
quels doivent présider, avant tout, l'unité de style, l'unité tonale,
et l'unité de pensée.
Kufferath (Maurice). — La Walkyrie, 3e édition, revue par
80 BELGIQUE
l'auteur avec une introduction par Ernest Closson; 1 vol. in 8°
de 140 p. ; Ed. Lombaerts, Bruxelles, 1922. — Cette réédition, ex-
cellemment préfacée par M. E. Closson, sera bien accueillie, à
l'heure où, en pays latin, la génération des Wagnériens de la pre-
mière heure disparait peu à peu, et où les nouvelles couches ten-
dent, par suite de circonstances diverses, à s'éloigner du maître de
Bayreuth et de son oeuvre gigantesque. Impartial, objectif et
persuasif, le livre de Kufferath étudie avec une clarté parfaite
les sources de la Walküre, retrace l'histoire de l'oeuvre, analyse la
partition avec une rare perspicacité et un enthousiasme d'autant
plus communicatif qu'on le sent profondément sincère et basé sur
des réalités esthétiques indiscutables. Au moment où se produit
contre Wagner une réaction — d'ailleurs nécessaire à bien des
égards — la réédition de cet ouvrage vient à point nommé pour
empêcher que ce mouvement de défense contre une emprise
exagérée, ne dégénère en une offensive aussi injuste qu'inoppor-
tune.
Mahillon (Victor Charles). — Catalogue descriptif et analy-
tique de Musée instrumental du Conservatoire Royal de Musique de
Bruxelles, Ve volume (nos. 2962 à 3300); 1 vol. in 8° de 238 p.,
Ed. Lombaerts, Bruxelles, 1922. — La richesse du Musée instru-
mental du Conservatoirs de Bruxelles et la science de son conser-
vateur en chef, M. Mahillon, sont choses trop connues pour qu'il
soit nécessaire d'insister sur la valeur documentaire de cet
ouvrage, où s'affirme plus que jamais la méthode rigoureusement
objective qui a présidé à la confection des quatre volumes précé-
dents. A consulter la liste des instruments européens et extra-
européens que décrit le volume V, on reste étourdi devant l'in-
géniosité que les divers peuples du monde ont déployée dans l'in-
vention des instruments de musique, et l'on se demande si notre
orchestre, réduit à une synthèse quelque peu uniforme, par suite
des préoccupations rationalistes du classicisme issu du XVIIIe
siècle, ne trouverait pas, dans la matériel des musées, de quoi s'en-
richir à nouveau, et retrouver, sous une forme plus pratique et
avec mille perfectionnements, cette multiplicité de timbres qui
régnait dans l'orchestre primitif de la Renaissance.
Mathieu (Emile). — Notice sur Adolphe Samuel, 1 br. de
36 p., extraite des Annales de l'Académie Royale de Belgique,
Bruxelles, Hayez, 1922. — Travail écrit d'une plume alerte, re-
BELGIQUE 81
traçant avec humour la carrière et la physionomie d'Adolphe Sa-
muel (1824 — 1898), directeur du Conservatoire de Gand, à par-
tir de 1 87 1 , et fondateur des Concerts populaires de musique clas-
sique (1865), qui existent encore actuellement à Bruxelles. La
brochure se termine par une liste des oeuvres musicales, pédago-
giques et critiques de Samuel.
Van den Borren (Charles). — The genius of Dunstable, 1 br.
de 14p., extraite des Proceedings of the Musical Association, année
1920—1921 ; Ed. Whitehead and Miller, Leeds 1922. — L'original
français manuscrit de cette étude synthétique sur l'art de Dun-
stable, a été traduit en anglais par M. William Barclay Squire.
Van den Borren (Charles). — Compositions inédites de
Guillaume Dufay et de Guillaume Binchois, 1 br. de 16 p. extraite
des Annales de l'Académie Royale d'archéologie de Belgique ; Ed.
Sécelle, Anvers, 1922. — L'auteur analyse quelques compositions
inconnues de Dufay et de Binchois qui figurent dans une copie
partielle, faite par de Coussemaker, du Codex cartaceus M. 222 C.
22 de la Bibliothèque de Strasbourg, brûlé lors du siège de cette
ville, en 1870.
Van Doorslaer (Dr. G.). — Jacobus Peetrinus compositeur
malinois (vers 1553 — vers 1591), 1 br. de 20 p., extraite du Bulle-
tin du Cercle archéologique, littéraire et artistique de Malines,
tome XXVII, Malines, Godenne, 1922. — Cette étude continue
la série des excellentes monographies relatives à des musiciens
malinois, que l'on doit au Dr. Van Doorslaer. L'auteur suppose,
non sans vraisemblance, que Jacobus Peetrinus pourrait bien ne
faire qu'un avec Jacobus Pieters, admis comme enfant de choeur,
le 28 août 1561, à la métropole St. Rombaut de Malines, et en
déduit que la naissance de ce musicien se placerait aux environs
de 1553. Il tente ensuite de reconstituer la biographie de cet
artiste, principalement d'après les endroits où ont paru ses ou-
vrages et où il a signé ses dédicaces. Celles ci sont reproduites, en
annexes, à la fin de l'ouvrage, lequel comprend, en outre, une
bibliographie détaillée de l'oeuvre du maître.
Van Doorslaer (Dr. G.). — René del Mel, compositeur du
XV le siècle; 1 vol. in 8° de 72 p., extrait des Annales de l'Acadé-
mie Royale d'Archéologie de Belgique; Anvers, Sécelle, 1921. —
L'infatigable chercheur qu'est le Dr. Van Doorslaer ajoute, par
cet ouvrage, un monographie nouvelle à la série déjà nombreuse
82 BELGIQUE
de celles qu'il a consacrées à des musiciens malinois. Il établit
que René del Mel doit être né à Malines vers 1554 et que l'hypo-
thèse de sa naissance à Schlestadt est basée sur une confusion.
Il le montre enfant de choeur à Malines ; incline à croire que l'as-
sertion de Baini selon laquelle il aurait été maître de chapelle
de la Cour de Portugal vers 1578 pourrait ne pas être dénuée de
tout fondement, la famille du maître paraissant être d'origine
portugaise ; il suit del Mel dans sa carrière de musicien en vogue
et généreusement patronné à Rome et dans les villes voisines,
puis de maître de chapelle du prince-évêque de Liège, Ernest de
Bavière, en 1 587 et 1 588 ; il nous fait ensuite assister à son retour
en Italie, qu'il suppose suivi d'un nouveau retour dans sa pa-
trie après 1596, date en deçà de laquelle on perd sa trace, sans
qu'il soit possible de déterminer la date de sa mort, que l'on peut
toutefois fixer hypothétiquement à l'extrême fin du XVIe
siècle.
Suit une bibliographie détaillée de l'oeuvre de R. del Mel, faite
avec cette méthode sûre que nous avons déjà signalée à propos
du Philippe de Monte du même auteur. Les dédicaces des divers
recueils d'oeuvres de del Mel sont publiées en annexes. Il résulte
indirectement de l'intitulé même de plusieurs de ces oeuvres, que
certains recueils non inventoriés du maître ont dû exister, qui
sont actuellement devenus introuvables.
Van Doorslaer (Dr. G.). — Nos carillons, 1 br. de 15 p., Bras-
schaat, De Bièvre, 1922. — Réédition, à l'occasion du Congrès du
Carillon, à Malines, en septembre 1922, d'une étude historique
fortement documentée, parue en 1911, dans les Annales du Con-
grès d'Archéologie de Malines.
II
REVUES
Il n'existe actuellement, en Belgique, qu'une seule revue mu-
sicale, De Muziek-Warande, rédigée en flamand. A titre excepti-
onnel, les journaux quotidiens et les revues non spécifiquement
musicales de langue française accordent parfois l'hospitalité à
des études musicographiques. Citons: La musique serbe, par Paul
Bergmans {Flandre libérale, Gand, 28 avril 1922), sujet qui a éga-
lement été traité par M. Closson, dans Le Flambeau (Bruxelles),
BELGIQUE 83
en novembre 1920; Le carillonneur Le Blan, par P. Bergmans
(Flandre libérale, 30 août 1 922) : Les origines de l'opéra à Bru-
xelles, par H. Liebrecht (Flambeau, 31 décembre 1921), article
bien documenté, qui contient une analyse littéraire du livret de
VUlisse ail' Isola di Circe, mis en musique par Gius. Zamponi
(1650), et un examen rapide des événements qui amenèrent la
création, en 1700, de l'actuel théâtre de la Monnaie; Camille
Saint-Saëns, par H. Lesbroussart (Flambeau, janvier 922), ar-
ticle nécrologique d'une belle indépendance d'esprit. D lis les re-
vues étrangères, cf. Nietzsche et Bizet, par. E. Closson, et Orlande de
Lassus et la musique instrumentale, par Ch. Van den Borren,
études parues toutes deux dans la Revue musicale d'Henry Pru-
nières, en mai 1922.
III
PUBLICATIONS MUSICALES D'INTÉRÊT HISTORIQUE
Oude iepersche en popenngsche kantwerstershederen uit den
volksmond opgeteekend, door A. Blyau en M. Tasseel, bewerkt
door A. en H. Sarly; 1 vol. in fol. de 39 p. ; Muziekuitgave „Pan",
7 Leuvensche Straat, Tienen [Tirlemont]. — MM. Blyau et Tas-
seel ont publié naguère, dans la revue Volkskunde (1897 — 1898)
et dans leur lepersch Oud-Liedboek ( 1 900 et 1 902) une partie des
nombreuses chansons populaires qu'ils ont recueillies dans la
région ouest de la Flandre occidentale. En attendant que la pu-
blication de l'Iepersch Oud-Liedboek — répertoire d'ordre pure-
ment scientifique — puisse être reprise, ils ont, avec la collabo-
ration des frères Sarly, fait paraître le petit recueil de vulgarisa-
tion ci-dessus, qui comporte 15 chansons, dont 7 entièrement
inédites. En une brève, mais substantielle préface, M. Blyau don-
ne des précisions d'ordre folkloristique sur les divers genres pra-
tiqués par les dentellières d'Ypres et de Poperinghe: tellingenet
telseltjes, Klein-Sacrament dagliedjes, Sint-Anna liedjes et liederen
proprement dits. Les 15 chansons qui suivent offrent un vif
intérêt au point de vue du folklore. Les harmonisations de MM.
Sarly sont ingénieuses et parfois même excellentes ( Het scherre-
werkje; Ballotje), bien qu'on puisse, d'une façon générale, leur
reprocher un certain flottement entre un archaïsme un peu gauche
84 BELGIQUE
et un modernisme assez peu approprié à la simplicité naïve des
mélodies.
IV
NÉCROLOGIE
Declercq (Louis -Victor-François), pianiste, né à Feluy
(Hainaut), le 22 septembre 1860, mort à Etterbeek (Bruxelles), le
14 mars 1922. — Professeur de piano à l'Académie de Musique de
Charleroi, il a laissé une Méthode de piano, un Cours pratique de
transposition, et un Cours de haute virtuosité qui témoignent
d'une remarquable expérience pédagogique (Ed. Schott, Bruxel-
les). Comme compositeur, on lui doit deux Rapsodies pour piano
sur des airs populaires Wallons.
Ysaye (Joseph). — Frère du grand violoniste Eugène et du
pianiste-compositeur Théo Ysaye. Décédé en mai 1922, il avait di-
rigé, pendant de longues années, l'Ecole de Musique d'Arlon.
CONCERTS DE MUSIQUE ANCIENNE
Concerts historiques de M. A. Tirabassi. — Le 22 juin 1 922,
16e concert historique, consacré à l'école musicale des anciens
Pays-Bas (pièces a cappella de P. de la Rue, Willaert, Waelrant,
R. delMel; sonates pour violon de J. B. Loeillet et P. vanMaldere).
Le 23 février, à l'Institut belge de musicologie, dirigé par
M. Tirabassi, séance de musique ancienne, donnée par M. Mar-
cel Jorez, violoniste, et Mlle. Lydie Bastin, pianiste, et consacrée
à des sonates des XVIIe et XVIIIe siècles (Purcell, Corelli,
Schickhard, J. M. Leclair, P. van Maldere).
Concerts spirituels (Bruxelles). — Le 7 février 1922, audition
de le Passion selon St. Jean, de J. S. Bach, sous la direction de M.
J. Jongen.
Le „Double quatuor vocal renforcé" de M. E. Vandevelde,
a donné, à l'Exposition de l'Abbaye de la Cambre, à Bruxelles, le
4 mai 1 922, un concert de musique a cappella des XVe et XVIe
siècles (Oeuvres religieuses de P. de la Rue, J. van Berchem, J. de
Kerle, Cl. Goudimel, O. de Lassus; oeuvres profanes de Dufay
(chanson: Se la face ay pale), P. de la Rue, Costeley, Yver, J. Bas-
ton, Lassus).
BELGIQUE 85
Le lundi de Pâques (17 avril 1922), la Chorale Pie X, dirigée
par M. E. Vandevelde, a interprété la Missa papae Marcelli de
Palestrina et le motet Surrexit pastor bonus de Lassus, à l'église
St. Joseph (Bruxelles).
Concerts populaires (Bruxelles). — La vieille société des
Concerts populaires, fondée en 1865 par Ad. Samuel, et vouée aux
grandes auditions symphoniques, a inauguré, l'hiver dernier, à
l'initiative de M. Henry Le Boeuf, des petits concerts d'un ca-
ractère plus intime, dans lesquels la musique ancienne occupe une
grande place. L'orchestre, dirigé par M. Rühlmann, est réduit de
manière que les pièces symphoniques y soient exécutées aussi
exactement que possible comme elles le furent au moment de leur
création: Concert du 22 janvier 1922: Symphonie militaire
d'Haydn ; Suite en si mineur pour clavecin et orchestre de J. S.
Bach; Concerto pour clavecin et orchestre en si bémol majeur
d'Haendel; pièces de clavecin de Purcell, F. Couperin, Rameau,
D. Scarlatti (au clavecin: Mme Landowska).
Concert de 26 mars 1922: Symphonie des Adieux, d'Haydn; Les
musiciens de village, de Mozart; ballet de Céphale et Procris de
Grétry; ouverture du Matrimonio segreto de Cimarosa; etc.
Mme. Landowska s'est fait entendre, en outre, à Bruxelles,
dans une séance organisée par le Quatuor Zimmer {Pièces en
concert de Rameau, Caprice sur le départ d'un frère bien-aimé et
Concerto en fa mineur pour clavecin et cordes de J. S. Bach), et à
Anvers, au Koninklijk Vlaamsch Conservatorium (Pièces de cla-
vecin de Philips, Bull, Rameau, J. S. Bach, etc.).
M. Marcel Dupré a donné à Bruxelles, au Conservatoire, une
séance d'oeuvres d'orgue de J. S. Bach.
Concerts du Théâtre du Marais, à Bruxelles (Directeur,
M. D. Defauw). — Cette nouvelle institution a débuté, d'une fa-
çon intéressante, le 10 juin 1922, par un festival Bach (au pro-
gramme : Concerto brandebourgeois en sol majeur; Suite d'orchestre
en si mineur; Cantate Wachet auf, etc.).
Société des Concerts anciens (Directeur M. Louis Baroen).
— Cette société a repris son activité en octobre 1 922 (A son réper-
toire, oeuvres de Josquin des Près, Arcadelt, Victoria, Lassus,
Costeley, Locatelli, etc.).
La Chorale Cécilia d'Anvers (140 exécutants), dirigée par M.
Louis de Vocht, maître de chapelle de la cathédrale d'Anvers, a
86 BELGIQUE
donné à Bruxelles, le 7 mai 1922, un concert d'oeuvres de Janne-
quin, Palestrina, Victoria, Lassus, Gastoldi, etc.
La célèbre chorale romaine de Mgr. Gasimiri, maître de
chapelle de la Basilique du Latran, a passé par Bruxelles en mars
1 922, et a remporté un succès retentissant par ses interprétations
de motets de F. Le Bel, Palestrina, Lassus, Victoria et Viadana.
A Gand, la société Les Mélomanes (Président: M. A. De
Smet; Lirecteur: M. Louis Arschodt) poursuit son apostolat
en faveö de la bonne musique. Signalons tout particulièrement
le programme de son 2e concert populaire (6 février 1922), où
furent interprétés — outre des airs et des pièces instrumentales
de Lully, Campra, Desmarets, Lalande, Rameau, Clérambault,
Tartini et J. M. Leclair, — une symphonie à 8 en ré majeur de
Johann Stamitz, le concerto en ut mineur pour 2 claviers de J. S.
Bach et l'Ode à Ste Cécile d'Haendel.
VI
COURS ET CONFÉRENCES
A l'Institut des Hautes Etudes de Belgique (Bruxelles):
a) Conférences sur le XVIIe siècle français. — I. M. Henry
Prunières : L'opéra français au XVIIe siècle et J. B. Lully (27 et
28 janvier 1922). Partie musicale organisée par M. R. Moulaert,
avec la collaboration de Mlle Lina Pollard : pièces instrumentales
françaises du Ms. de Cassel; oeuvres vocales de Luigi Rossi, Cesti,
Carissimi et Lully. — IL M. L. de la Laurencie: La musique in-
strumentale française du XVIIe siècle (3 avril 1922). Partie musi-
cale organisée par M. Moulaert, avec le concours de M. Paul Gol-
laer et du Quatuor „Pro Arte": musique de luth de D. Gau-
tier, J. de Gallot, Pinel et Mézangeau (exécutée au piano) ; mu-
sique de clavier d'Attaingnant, Chambonnières, Louis Couperin,
Buret, d'Anglebert, Mlle de la Guerre, F. Couperin; musique
d'archets de Dumanoir, Brulard, F. Couperin, Jean Féry Rebel.
b) Conférences sur V Incoronazione di Poppea de Monteverdi,
par M. Ch. Van den Borren (26 et 27 février et 2 mars 1922). —
Après une introduction historique, le conférencier a lu la tra-
duction française qu'il a faite du libretto de V Incoronazione, et
l'a illustrée de scènes choisies, harmonisées par lui et chantées en
BELGIQUE 87
italien par un groupe d'artistes dirigés par M. Moulaert (Mmes
Lina Pollard, Delacre -Weber, Hiard- Opitz, MM. Bracony
R. Letroye et Henner). Fragments exécutés : Sinfonia ; Prologue,
Acte I : scènes 1 et 2 et fragments des scènes 4, 5, 6, 9 et 1 0 ; Acte
II: scènes 3, 5, 9 et fragment de la scène 1 1. Acte III: fragment
de la scène 4, scènes 5, 6 et duo final.
Institut belge de musicologie :
26 janvier 1922, M. E. Closson: Les origines de l'oratorio (frag-
ments de la Rap-presentazione de Cavalieri, du Reniement de St.
Pierre de M. A. Charpentier, de l'Oratorio de Noël de Schütz,
chantés par Mlle. Van Bellinghen et M. Disy.
2 février 1922, M. Gh. Van den Borren: Guillaume Dufay
(exemples musicaux: Ave regina coelorum et Vergine bella, chan-
tés a cappella ; Quel fronte signorille, solo de chant avec deux in-
struments à archet).
9 février et 2 mars 1922, le Dr. Collet: La physiologie de la
voix.
16 février 1922, M. Tirabassi:/. S. Bach et César Franck.
16 mars 1922, M. De Goster: Quelques considérations sur Beet-
hoven.
23 mars 1922, Dom Joseph Kreps: Le plain-chant et son évolu-
tion 1).
Au cours de la Ille Quinzaine internationale qui s'est tenue au
Palais Mondial à Bruxelles, du 25 août au 3 septembre 1922, M.
Tirabassi a donné une conférence sur L'origine de la personnalité
musicale des différents peuples d'Europe (Audition musicale avec
le concours de M. Laurent S wolf s; au programme: chants reli-
gieux et profanes du moyen âge, chants populaires de divers pays
et de diverses époques).
Société Royale d'Archéologie : conférence de M. E. Glosson
sur Les Origines de l'Opéra au XV Ile siècle (audition d'oeuvres de
Caccini, Péri, Cavalieri, Monteverdi, Cavalli et A. Scarlatti, avec
le concours de Melle. Z. Dedoncker).
M. E. Glosson a fait, en outre, une série de 10 conférences à
l) Nous avons sous les yeux le catalogue dactylographié des oeuvres polyphoniques
vocales du XVIe siècle qui ont été mises en partition, d'après les originaux, par le direc-
teur et les élèves de l'Institut Belge de Musicologie. On en compte déjà près de 150.
Il est à souhaiter qu' elles puissent être éditées le plus tôt possible, dans un ordre
méthodique et avec des commentaires scientifiques irréprochables.
88 BELGIQUE
Anvers (Salle Beethoven), sur La musique aux XV Ile et XV II le
siècles, avant Ph. E. Bach et l'école de Mannheim (une cinquantaine
de morceaux de chant et de pièces instrumentales ont été exécu-
tées à titre d'exemples).
VII
LE CONGRÈS DE L'ART DU CARILLON, À MALINES (13, 14, 15
AOÛT 1922)
Organisé à l'occasion du 35e anniversaire de l'entrée en foncti-
ons de M. Jef Denijn comme carillonneur de la ville de Malines, ce
congrès était présidé par M. le Dr. G. Van Doorslaer, qui en fut
l'âme et n'épargna aucun effort pour sa bonne réussite.
Des délégations et des collaborations venues des Etats-Unis,
de France, d'Angleterre et de Hollande contribuèrent à lui don-
ner un caractère véritablement international.
Voici la liste des communications qui y furent faites :
1) William Gorham Rice (Etats-Unis) : The growth of the in-
terest in carillons in the United States.
2) A. Brandts Buys (délégué officiel du Gouvernement Néer-
landais) : Noord- Nederlandsche Klokkenspelen en Noord- Neder-
landsche Klokkenspel-kunst.
3) William Wooding Starmer (Angleterre ; en remplacement
de Denison Taylor) : The art of founding carillon bells.
4) Marcel Michiels (Belgique) : De klokken en hare medeklin-
kende tonen.
5) Gérard De Ridder (Belgique) : Klokkenspel en torenbouw.
6) Joh. W. Meyll (Hollande): Tuimelaar en broeksysteem in
de beiaard-inrichting.
7) Will. Wooding Starmer: Influence of Mechlin carillon art
on English bell founding and bell music.
8) Henry De Coster (Belgique) : De Beiaar dschool.
9) Gh. De Mette : La technique du carillon en rapport avec l'art.
1 0) Paul Bergmans (Belgique) : Le carillonneur gantois Le
Elan et son „Livre de Clavecin" , 1732.
1 1 ) Lambrecht Lambrechts (Belgique) : Beiaard en klokken in
het moderne kunstlied.
12) Jef Denijn (Belgique) : Wat zal de beiaard spelen ?
BELGIQUE 89
13) Dr. G. Van Doorslaer (Belgique) : a) Ontstaan van het eer-
ste beiaardklavier ; b) Samenwerking van klokgieter en uurwerkma-
ker als factor bij de ontwikkeling der beiaarden.
14) A. van Werveke (Belgique) : De ontwikkeling van het klok-
kenspel te Gent.
1 5) G. van Zuylen (Hollande) : Beiaardspel in verband met
volksgezang en volksleven.
1 6) Jan Wauters (Belgique) : De Beiaard als volksinstrument.
17) Prosper Verheyden (Belgique): Ret klokkenspel in ver-
luchte handschriften.
Après que ces diverses communication eurent été faites, le
Congrès émit les voeux suivants:
1°) d'organiser un nouveau congrès d'ici à deux ans.
2°) d'établir un modèle-type pour le clavier manuel et le pédalier
du carillon.
Pendant la durée du Congrès, des concerts de carillon eurent
lieu tous les soirs. Les exécutants étaient, d'une part, Jef Denijn
et les meilleurs élèves de son Ecole de Carillon, MM. C. Lefèvere et
Gustave Nées; d'autre part, MM. G. van Zuylen (Gouda), A.
Schynkel (Audenarde), A. Nauwelaerts (Bruges), J. Oremus
(Arnhem), J. W. Meyll (Nijkerk), F. Redouté (Mons), A. Rolliers
(St. Nicolas- Waes), A. Brees (Anvers). Répertoire très varié,
mais à tendances parfois discutables, la virtuosité pure l'empor-
tant, à maintes reprises, sur cette simplicité populaire pleine de
saveur qui seule est vraiment dans le caractère du carillon.
Une brochure très bien comprise (22 p.), imprimée chez Go-
denne, à Malines, donne le programme détaillé du Congrès. Une
autre brochure (48 p.) forme le catalogue de l'Exposition de l'art
du Carillon organisée à Malines à l'occasion du Congrès, et qui
remporta un vif succès, grâce à la documentation précieuse qu'
elle apportait à tous ceux qu'intéresse l'art du carillon. En de-
hors de la section néerlandaise, qui formait à elle seule un tout
cohérent, rassemblé et mis en ordre par M. A. Brandts Buys, l'Ex-
position comptait 293 numéros, comportant notamment des clo-
ches et des mécanismes de carillon, de nombreux documents
iconographiques, des recueils de musique pour carillon et des ou-
vrages traitant de la matière (les nos. 157 à 293 forment un réper-
toire bibliographique de tout ce qui a rapport au carillon).
90 BELGIQUE
VIII
DIVERS
Le Théâtre du Parc, à Bruxelles, a célébré le tricentenaire de la
naissance de Molière, le 24 janvier 1922, par une représentation de
Monsieur de Pourceaugnac, avec la musique de Lully. Le même
anniversaire a été célébré, le 4 Mars 1 922, au Théâtre de la Mon-
naie, à l'initiative des „Amis de la langue française", par une re-
présentation du Bourgeois Gentilhomme, avec les artistes de la
Comédie Française et la musique de Lully.
En attendant les festivités officielles qui seront organisées
en décembre prochain, à l'occasion du centenaire de la naissance
de César Franck (10 décembre 1922), M. Mathieu Crickboom,
anticipant sur cet événement, a donné, le 28 avril, le 5 et le 12
mai 1 922, trois séances musicales de haute qualité, consacrées
au maître de Liège (chant, musique d'orgue et de piano, musique
de chambre). — Citons encore, dans le même ordre d' idées, le
concert de charité du 27 mai 1 922 consacré à César Franck et or-
ganisé par le lieutenant Prévost, chef de musique du Premier
Régiment de Guides, à Bruxelles : la symphonie en ré mineur y
fut notamment exécutée, dans un arrangement pour harmonie,
sous la direction de ce jeune chef à l'esprit hardi et novateur.
Au cours du Congrès historique de la Campine 1), qui se tint à
Turnhout, du 2 au 5 septembre 1922, M. Van den Hove, juge
au tribunal de cette ville, organisa un concert de musique com-
posée exclusivement par des musiciens campinois, anciens et mo-
dernes (C. Verdonck, S. J. Robson, M. J. Robson, Franz et Au-
guste Andelhof, E. Verrees et A. Van Eyck).
Aux concerts du Conservatoire de Bruxelles furent exécutées,
au cours de l'hiver 1921 — 22, à l'initiative et sous la direction
de M. Léon Du Bois, une série d'oeuvres inspirées par le Faust de
Goethe (Faust-ouverture de R. Wagner, Ille partie du Faust de
Schumann, Faust-Symphonie de Liszt, La Damnation de Faust, de
Berlioz).
') Kempen en néerlandais. C'est la région sablonneuse, couverte de bruyères et de
pins sylvestres, qui comprend la majeure partie du Limbourg Belge et de la province
d'Anvers, et qui se prolonge, au nord, dans le Limbourg Hollandais et le Brabant
septentrional.
BELGIQUE 91
La petite ville de Gembloux, située entre Bruxelles et Namur,
a célébré, le 16 juillet 1922, le millénaire de sa fondation, par
l'exécution d'un opéra (Wicbertus) composé par M. De Becker
et retraçant l'histoire du fondateur de cette cité.
Le 9 mars 1922, le Théâtre de la Monnaie, à Bruxelles, crée une
oeuvre dramatique importante, Olivier le Simple, musique de M.
Vreuls, poème de M. Delacre. Le 2 avril, le même théâtre fait
interpréter, pour la première fois en Belgique, le rôle d'Orphée, de
Gluck, par un ténor (M. Ansseau).
Le 12 mars 1922, les Concerts populaires donnent, pour la
première fois en Belgique, une oeuvre symphonique de Scriabine,
Le Poème de l'Extase (direction Rühlmann).
Ch. van den Borren.
Fin octobre 1922.
SUEDE
Die Musikwissenschaft in Schweden hat seit 1914 im Grossen
und Ganzen sehr schnelle Fortschritte gemacht und ist jetzt auf
dem Punkt, wo eine wirklich systematische Forschungsarbeit an-
fangen kann.
Aber auch hier, wie auf so vielen anderen Gebieten, haben sich
in den letzten zwei Jahren grosse Schwierigkeiten gezeigt, eine
Folge der zunehmenden Geldknappheit, die wiederum bei der
Regierung eine gesteigerte Abneigung etwas von Bedeutung für
die neue Wissenschaft zu tun, spüren lässt.
Die Musikwissenschaft konnte sich bis jetzt einer kräftigen
Unterstützung seitens der Landesuniverstäten sowie der König-
lichen Académie in Stockholm erfreuen. An den Universitäten ist
das Fach „Musikgeschichte und Musiktheorie" nunmehr anderen
Examensfächern gleichgestellt, jedoch mit besonderer königlichen
Dispensation in jedem einzelnen Fall. Ebenfalls kann man das
Doktorexamen in der Musik auf Grund einer Dissertation über
ein ausschliesslich musikwissenschaftliches Thema machen und
das Doktor-Diplom dafür erhalten. Es sind deshalb alle Vorbedin-
gungen da, diese Wissenschaft aufrecht zu erhalten und weiter zu
entwickeln. Damit das geschehen kann müssen aber jedes Jahr
Studenten da sein, die dieses Studium mit Ernst entweder als
Haupt- oder Nebenfach für das Examen betreiben. Bis jetzt hat
sich hierin kein Mangel gezeigt, sondern die Zahl der Musikstudie-
renden die für das akademische Examen arbeiten, ist jedes Jahr
ungefähr dieselbe geblieben (4-5 Personen) mit schwach stei-
gender Tendenz.
Die Bereitwilligkeit zu umfangreicheren und kleineren For-
schungen ist ziemlich gross gewesen, und infolgedessen ist schon
eine grosse Anzahl wertvoller Studien im Druck oder wartet auf
Veröffentlichung.
Wenn soweit auch alles gut und vielversprechend ist, sind in
SUÈDE 93
anderer Beziehung grosse Mängel da. Als der Unterzeichnete 1918
die Universität Lund verliess, um eine Stellung als Lehrer der
Musikgeschichte an der Königlichen Musikakademie in Stock-
holm anzutreten, hörte die direkte Forschung an dieser Univer-
sität auf. Die Hauptstadt hat keine Universität sondern nur eine
Hochschule, an der bestimmte Fächer repräsentirt sind, d. h.
solche die durch Schenkung der Mittel für die Gehälter der Pro-
fessoren enstanden sind. Bis jetzt ist es nicht möglich gewesen,
nicht einmal ohne Kosten für die Hochschule, das Fach „Musik-
geschichte" an der Stockholmer Hochschule einzuführen, und
infolgedessen wird da kein Unterricht erteilt, weder in Form von
Vorlesungen noch Propädeutischen Kursen.
Als Entschädigung dafür hat indessen die Königliche Musika-
lische Akademie bereitwilligst den Musikstudierenden die das
akademische Examen mit Musikgeschichte als Fach zu machen
wünschen, Gelegenheit gegeben die Vorbereitungen und Kurse in
der Aesthetik und Geschichte der Musik, die dort regelmässig ver-
anstaltet werden, zu besuchen. Für die rein grundlegenden Stu-
dien haben sich diese Vorlesungen und Kurse von sehr grosser
Bedeutung erwiesen, und die Studierenden haben in der Regel
später auf eigener Hand, mit etwas Privathilfe von Seiten des
Lehrers in diesen Fächern, ihre Studien vollenden können, ob-
gleich sie etwas längere Zeit beansprucht haben, als wie es der
Fall gewesen wäre, wenn auch für das höhere Stadium Kurse hät-
ten eingerichtet werden können. Die akademische Ausbildung
hat sich also in bescheidenen Formen halten müssen, um so mehr
als Unterzeichneter seit 1909 bis 1918 an der Universität Lund
einziger akademischer Lehrer in diesem Fach gewesen ist und
kein Honorar für den Unterricht ja nicht einmal die unumgäng-
lich notwendigen Fahrten zur Stadt ersetzt bekommen hat. Die
ganze musikhistorische Ausbildung hing also ganz und gar von
der Opferwilligkeit des Unterzeichneten ab. Wenn die auch die
denkbar grösste gewesen ist, haben doch ständige Schwierigkeiten
entstehen müssen, weil die Zeit des Unterzeichneten durch die
verantwortungsvolle Leitung einer ganz anderen Art von Schule
sehr in Anspruch genommen worden ist.
Wenn also der Unterricht in der Musikwissenschaft relativ ge-
ring gewesen ist, und sich an das niedrigere Stadiums hat halten
müssen, so ist als Entschädigung die Hülfe die dem Forscher bei
94 SUÈDE
seiner Arbeit gewährt werden konnte, verhältnismässig beson-
ders gut gewesen.
Die Musikwissenschaft hat nähmlich, sowohl was Bibliotheken
als Museen betrifft, sehr gute Möglichkeiten.
Die Königliche Musikalische Akademie ist im Besitz einer
schon 1 77 1 gegründeten Musikbibliothek, die teils ziemlich regel-
mässig Musikalien gekauft, teils zahlreiche Schenkungen — teil-
weise sehr reichhaltige — bekommen hat. Schon in den neun-
ziger Jahre des achtzehnten Jahrhunderts konnte eine grosse Mu-
siksammlung aus dem Hallardtschen Privatbesitz angekauft wer-
den. Diese enthält die besten Musikwerke der damaligen Zeit.
Auch im neunzehnten Jahrhundert wurden der Akademie grosse
Musikdonationen zu Teil (unter anderen von Mazer Oxensbjerna
und dem Grafen d'Otrante). Diese umfassen die beste Musik der
damaligen Zeit. Eine wertvolle Deposition in den siebziger Jah-
ren des neunzehnten Jahrhunderts war die Musikbibliothek der
deutschen Kirche, die Notenbücher aus dem sechzehnten und
siebzehnten Jahrhundert enthält. In den letzten zwanzig Jahren
sind derartige Geschenke, auch musikhistorische Literatur um-
fassend, ungewöhnlich reichhaltig gewesen. Die Akademie hat die
grossen Denkmälerbande aus verschiedenen Ländern angeschafft
und damit die direkte Musikforschung unterstützt. Seit 1908 be-
kommt die Bibliothek der Akademie einen jährlichen Staatszu-
schuss von 1000 Kr. für die Anschaffung von Musikalien und
musikhistorischen Arbeiten.
In letzter Zeit erstrecken sich die Schenkungen auch auf grosse
Briefsammlungen, die die schwedische Musikgeschichte beleuch-
ten. Eine der letzten Schenkungen ist Adelina Pattis Musikbiblio-
thek. Die Bibliothek der Akademie wird seit 1908 aufs eifrigste
von C. F. Humerberg geleitet. Als Ergänzung dieser für nordische
Verhältnisse ungewöhnlich reichhaltigen Sammlung gibt es in der
Königlichen Bibliothek in Stockholm nicht so wenig schwedische
Musiksammlungen, die für die schwedische Musikgeschichte von
hohem Wert sind. Schliesslich darf man nicht die Musikalien der
Uppsala Bibliothek aus dem Mittelalter, dem sechzehnten und
siebzehnten und teilweise bis zum Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts vergessen. Da die Entfernung zwischen Uppsala und
der Hauptstadt nicht gross ist, und die Königliche Bibliothek
immer bereitwilligst das Leihen von Musikwerken aus der Uppsa-
SUÈDE 95
1er Bibliothek vermittelt, wird es dem Musikforscher leicht ge-
macht seine Studien an einem Ort zu betreiben.
Eine andere für die Musikwissenschaft bedeutende Institution
ist das Musikhistorische Museum. 1899 wurde es gegründet und
es besitzt schon jetzt eine sehr repräsentative Sammlung von über
1000 Instrumenten, darunter mehrere ältere von hohem Wert.
Ausser auf Instrumente hat das Museum sein Augenmerk auf
Erinnerungen und Bilder, die sich auf Musik und lyrisches Thea-
ter beziehen, gerichtet. Die ikonographische Abteilung gehört
vielleicht zu den bedeutendsten im Norden und vergrössert sich
beständig durch Schenkungen. Auch die Brief Sammlung ist
ziemlich gross, obgleich sich das Museum jetzt nicht mehr direkt
mit solchen Einkäufen befasst, weil die Musikalische Akademie
diesem Gebied näher steht. Das Gleiche gilt für Notendrucke und
Notenhandschriften, die nur zufällig mit Schenkungen von In-
stumenten und Andenken dahin gelangt sind. Bedeutender ist die
Sammlung von Konzertprogrammen aus älterer und neuerer Zeit,
Theaterzetteln und Zeitungsausschnitten. Als ganzes muss man
das Museum als eine Einrichtung von höchster Bedeutung für
sowohl die nationale als internationale Musikforschung betrach-
ten. Das Museum bekommt jetzt einen Staatszuschuss von 5000
Kr. und Seit 1919 ist der Unterzeichnete Leiter des Museums.
Eine andere wichtige Hilfe für die Musikforschung ist die
Schwedische Gesellschaft für Musikforschung, die sich aus der
schwedischen Ortsgruppe der I. M. G. gebildet hat. Nach einem
1916 entworfenen Plan wurde die Arbeit mehr direkt aufge-
nommen, 1919 konzentrirte man sich auf die Aufgabe eine mu-
sikwissenschaftliche Zeitschrift herauszugeben. Die Mit glieder-
zahl war für nordische Verhältnisse recht gross, schon im ersten
Jahr 1919 200 und ist seitdem auf ungefähr 400 gestiegen. Der
Jahresbeitrag beträgt 10 Kr. und für das Herausgeben der Zeit-
schrift sind aus Staatlichen Mitteln Jährlich 2500—3000 Kr.
bewilligt worden. Die Gesellschaft hat also seit 1919 die Schwe-
dische Zeitschrift für Musikforschung herausgegeben, die Auf-
sätze und Mitteilungen über die Musikwissenschaft, sowie auch
Kritiken über musikliterarische Bücher bringt. Als Beilage er-
scheint „Aus dem Musikleben der Gegenwart", Aufsätze und No-
tizen über das heutige Musikleben im In- und Ausland enthaltend.
Durch diese Zeitschrift hat die Schwedische Musikwissenschaft
96 SUÈDE
eine bedeutende Hilfe bekommen, weil nunmehr die Forschungs-
resultate ohne Kosten für die Verfasser veröffentlicht werden
können. Auch können wichtige geographische Verzeichnisse von
älteren Musikdrucken und Handschriften als Anleitung für die
Forschung auf dieser Weise im Druck erscheinen, sowie übrige
Mitteilungen über musikhistorische Literatur in den grossen
Kulturländern.
Der Plan, nach dem die Gesellschaft durch ihre Zeitschrift ar-
beitet, ist in grossen Zügen folgender:
1. Aufsätze von schwedischen Forschern über schwedisches
Musikleben in vergangenen Tagen, Monographien über schwe-
dische Musiker u. a. m.
2. Aufsätze über Musikinstrumente mit besonderer Berück-
sichtigung der sich in schwedischen Sammlungen befindenden
Instrumente und ausserdem längere und kürzere Mitteilungen
über seltene Musikinstrumente in schwedischen Sammlungen.
Neuanschaffungen der Museën u. a. m.
3. Mitteilungen aus älteren Briefen und Korrespondenzen die
schwedische Musik betreffend, schwedische und ausländische
Musikverhältnisse beleuchtend.
4. Auszüge aus älteren Akten, Musikverhältnisse, Musik-
inventare, Musikinstrumente und anderes betreffend.
5. Musikbibliographische Verzeichnisse von den Werken schwe-
discher Komponisten (hauptsächlich von älteren jetzt gestorbe-
nen Komponisten, aber auch von älteren schwedischen Tonset-
zern).
6. Verzeichniss von den sich als Drucke und Handschriften in
schewedischen Bibliotheken befindenden älteren Musikalien.
7. Register über jetzt veröffentlichte Bücher sowie Musik-
aufsätze im In- und Ausland, Musikzeitschriften (ein jährliches
Verzeichnis). Zu geschätzten Mitarbeitern dürfte die Zeitschrift
seit 1919 Fryklund, Humerberg, Morales, Sundström, Raabe,
Nyblom u.a. zählen. Um ein wissenschaftliches Zusammenarbei-
ten mit den ausländischen Institutionen auf dem Gebiet der Mu-
sikforschung zu bewirken, schickt die Gesellschaft ihre Zeitschrift
kostenlos an die musikwissenschaftliche Institutionen im Ausland.
Die bis jetzt von schwedischen Forschern veröffentlichte Anzahl
von Aufsätzen ist stets besonders gross gewesen, die Gefahr das
die Zeitschrift wegen Mangels an wissenschaftlichen Stoffen ein-
SUÈDE 97
gehen könnte, liegt also nicht vor. Zweimal jährlich hält die Ge-
sellschaft Sitzungen ab, wobei ältere Musik, auch auf älteren In-
strumenten aufgeführt, und Vorträge gehalten werden.
Schliesslich sind, zur Popularisierung der Musikwissenschaf t in
der Hauptstadt, teils musikhistorische Konzerte (unter anderen
von dem musikhistorischen Museum) gegeben, teils Vorträge ver-
anstaltet worden. An Stockholms „Borgarskola" (die Volksuni-
versität) sind mehrere Musikvorträge über ältere und neuere
Tonkunst gehalten worden, alle durch Musik illustriert. Auch
hat man kleinere Theatervorstellungen von älteren interessan-
ten, nun niedergelegten kleineren Opern gegeben. Diese Musik-
und Theaterabende wurden oft von circa 900 Personen besucht
und haben also ihrerseits zu einem lebhafteren Interessse für
ältere Musik beigetragen. Die besten Musikkräfte der Hauptstadt
haben sich hierbei bereitwilligst zur Verfügung gestellt, so dass
das künstlerische Niveau der Leistungen das denkbar beste
werden konnte.
Schliesslich hat man fast jeden Winter ganze Vorlesungsseriën
über einzelne Teile der Musikgeschichte gehalten. Auch hat man
an einigen von den grösseren Mussikschulen der Hauptstadt regel-
mässige musikhistorische Vorträge eingeführt. An einer mit der
Musikalischen Akademie eng verbundenen Chorschule (für die
Ausbildung von Gesangkräfte für gemischte Chöre) hat Unter-
zeichneter regelmässig Musikvorlesungen gehalten.
Das Interesse für musikhistorische Bücher hat sich auch bei
dem grossen Publikum bedeutend gesteigert, so dass die Ver-
läge jetzt nicht so wenig musikhistorische Literatur erscheinen
lassen, was früher selten vorkam. Eine bedeutende Hilfe war
besonders dass der Verlag von Wahström und Widstrand das
Allgemeine Musiklexikon vom Unterzeichneten erscheinen Hess,
worin Aufsätze und bibliographische Verzeichnisse gedruckt
werden konnten. Im Jahr 1922 hat derselbe Verlag ein anderes
grosses Handbuch für Allgemeine Musikgeschichte (800 Seiten
und reich illustriert) vollständig herausgegeben. Ausserdem sind
in diesem Verlag eine ganze Reihe Monographien veröffentlicht :
Mozart, Brahms, Chopin, Franz Berwald, J. S. Bach, Schubert,
E. G. Geyer als Musiker, J. Lind und daneben schwedische Auf-
lagen von Bekkers, Beethoven, Kops, Liszt und R. Wagner und
die Frauen herausgegeben. Im Verlag von Norstedt & Söhne sind
98 SUÈDE
erschienen Rollands musikhistorische Arbeiten, P. Vretblads
schwedische Konzertstatistik für das achtzehnte Jahrhundert, u.
a. m. Der Verlag von Aklen und Akerlund zwei Kristina Nilsson-
Biographien u. s. w.
Volksmusikaufzeichnungen sind von Nils Andersson in grossem
Umfang (15000 schwedische Melodien) gemacht worden und ein
Standardwerk ist von der zu diesem Zweck einberufenen schwe-
dischen Musikcommission in Vorbereitung.
Dass das musikhistorische Interesse hier im Lande vorläufig
besonders lebhaft ist , ist nicht zu bezweifeln. Indessen hängt
dessen ganze weitere Entwicklung von reinen Zufälligkeiten ab.
Alles ist ein Privatunternehmen, das jeden Tag aufhören kann,
wenn die Kräfte die jetzt opferwillig ohne Entgelt um der Sache
selbst willen arbeiten, sterben oder nicht mehr im Stande sind
ihre Zeit dieser Arbeit zu widmen.
Der Unterzeichnete, der bis jetzt gezwungen gewesen ist die
grösste Last zu tragen, hat mit jedem Jahr in seinem täglichen
Schuldienst (an Sts. Borgarskola) eine immer zeitraubendere
Arbeit bekommen, die eine ungeteilte Kraft beansprucht, und
kann sich also in Zukunft möglicherweise weniger der Musik-
forschung widmen.
In erster Linie braucht man hier also eine einigermassen aus-
reichend bezahlte Anstellung für wenigstens eine Kraft, die dann
die ganze Last tragen müsste und die administrative Verantwor-
tung für das Werk hätte.
Augenblicklich sieht man aber grade in dieser Beziehung keinen
Lichtpunkt. Dass man bei den jetzigen schweren Zeiten die
Staatskasse mit noch einem Posten für einen akademischen Leh-
rer der Musikgeschichte belasten könnte, scheint undenkbarer
als je.
Tobias Norlind.
ETAT TCHECOSLOVAQUE
II
Die tschechische Musikwissenschaft war, im Grunde genommen,
gleich von ihren Anfang an Musikaesthetik. Es genügt, den Namen
Otokar Hostinsky anzuführen, um ihre Gedankenrichtung zu
charakterisieren. Neben dem ernsten, wissenschaftlich und prak-
tisch hochgebildeten Karl Stecker — die Musikgeschichte war
nicht sein ursprüngliches Feld — trat zu Anfang des XX. Jahrh.
Prof. Dr. Zdenëk Nejedly mit der Parole: Smetana-Fibich auf.
Als Mann von gründlicher, allgemein-historischer Bildung und
umfangreichem philosophischen Wissen spezialisierte er sich als
Musikhistoriker und Kritiker. Seine historischen Werke über den
hussitischen Gesang sichern ihm einen Platz unter den modernen
Musikhistorikern. Die kritische Tätigkeit wird durch seine philo-
sophisch-aesthetisierende Anlage und seine starke Persönlichkeit
gekennzeichnet. Wo immer es galt, sich für neue Ideen einzuset-
zen, da findet man Nejedly, Wenn auch nicht zu leugnen ist, dass
die formalen Qualitäten der Musikwerke dadurch oft zu kurz
kommen. Als Hochschulprofessor hielt er während der letzten 8
Jahre Vorlesungen über allgemeine Musikgeschichte, über die
Entwicklung der Oper, der Klaviermusik, über Dirigieren, über
Smetanas Schaffen und die tschechische Musik in Anschluss an
diesen. Ein wissenschaftl. theoretisches Kolleg trat in den letzten
2 Jahren hinzu. Von seinen Werken seien genannt : ein 3 bändiges
über die Geschichte des hussitischen Gesanges (Prag 1 904, 1 907,
1913), Geschichte der böhmischen Musik/Dëjiny ceské hudby
Praha 1903/, eine allgemeine Musikgeschichte I. Teil: Antike
(Praha 1916 — 19), Die Opern Smetanas (Zpëvohry Smetanovy),
Praha 1908/, Rieh. Wagner I. Teil/1916/, Vit. Novâk/ 1921/ ü.
s. w.
Sein Kollege an der neuen Universität zu Pressburg, Prof. Dr.
100 ÉTAT TCHÉCOSLOVAQUE
Dobroslav Orel ist Angehöriger der Wiener Schule. Seine kirchen-
musikalisch-historischen Werke sind jedenfalls bedeutend. Ich
erwähne das Neueste: Kancionâle des Franus /Prag 1920/, einen
Beitrag zur Geschichte der Notation und zur Geschichte des
geistl. Gesanges der Jagellonenzeit in Böhmen. Seine Vorträge
über musikal. Palaeographie, altchristliche Musik und die tsche-
chische Musik geben uns ein Bild über die Richtung, welche er
vertritt.
Es sei der dritte und jüngste Hochschulprofessor für Musikge-
schichte angeführt : Dr. Vladimir Helfert, der Berliner Schule an-
gehörend. Sein Werk über die Musik auf tschechischen Schlössern
in der Barockzeit (Hudebni barok na ceskychzâmcichl. Jarorne-
rice. Praha 1916), beschränkt sich im I. Teile vorläufig auf das
Biographisch-Statistische. In kleineren Abhandlungen über die
italienische Oper in tschechischen Ländern bewies er aber, dass
er auch das Musikalisch-Stilkritische zu behandeln versteht.
Man sieht Die schwer es ist, die neuen tschechirchen Sehr-
kieuzéln safoet mit erstklassigen Kräften zu besetzen.
Unter den Nichtakademi kern nimmt eine Stellung Richard
Vesety ein. Er studierte unter Prof. Adler in Wien und
Rietsch in Prag. Leider trat er nur mit kleinen Aufsätzen an die
Oeffentlichkeit. Soeben beginnt er mit der Veröffentlichung einer
Musikgeschichte. Ihm schliesst sich ein Dilettant — Otokar
Sourek — an, ein treuer Exegetr von Dvorak's Werken. (Zivot
a dilo Ant. Dvoraka, Praha 1916/17.) Chronolog.-thematisches
Verzeichnis von Dvorak's Werken, Simrock 1917./
Zur Nejedlyschule gehören: Dr. Josef Bartos und Dr. Otokar
Zieh. Ersterer mit je einer Studie über Dvorak und Fibich. /1914/.
Leider verfiel er in den Fehler, die Persönlichkeit Dvoraks an der
des Smetana zu messen, wodurch er zu Trugschlüssen kam,
Letzterer Professor für Aesthetik an der Universität zu Brunn,
veröffentlichte folkloristische, philologische und aesthetische Auf-
sätze.
Einen Übergang zur jüngsten Generation bildet Dr. Emil Ax-
mann. Er betätigt sich als Leiter der Musikalienabteilung des
Landesmuseums in Prag an der Erschliessung des XVIII. Jahr-
hunderts und gab eine Uebersicht des musikalischen Lebens in
Mähren im XIX. Jahrh. heraus (Morava v ceské hudbë XIX. stol.
Praha 1920).
ÉTAT TCHÉCOSLOVAQUE 101
Die jüngste Generation vertreten: Dr. Josef Hutter, als Musik-
referent, Prof. Nejedly nahestehend, Dr. Vladimir Baltazar, wel-
cher kleinere biographisch-statistische Skizzen aus der Prager
Musikgeschichte veröffentlicht, und Dr. Iaroslav Krupka, der
stets hilfreiche und umeigennützige Archivar der Bibliothek des
tschechischen Konservatoriums, der sich zur Wiener Schule be-
kennt. Er veröffentlichte Bibliographisches (Katalog einer Musik-
historischen Ausstellung in Prag 1920), Kritisches (V. Novâk
1921) und Statistisches und bereitet eine umfangreichere Studie
über die ital. Oper in Prag in der ersten Hälfte des XVIII. Jahr-
hunderts vor. Von ihm hat die tschechische Musikwissenschaft
noch Mauches zu erwarten.
Oeffentliche musikalische Vorträge florieren in Hülle und Fülle.
Auf wissenschaftlicher Grundlage beruhen diejenigen des Prof.
Nejedly, die übrigen sind meist exegetisch (z. B. des Komponis-
ten L. Janâcek, Jirâk/ oder popularisierend (R. Vesely, Dr.
Krupka) .
Zur Zeit besteht in Prag ein Komité zur Herausgabe von
Smetana's Werken (Präses Prof. Nejedly) und zur Herausgabe
von Foersters' ungedruckten Kompositionen (Präses O. Ostrcil).
Musikwissenschaftliche Zeitschriften oder eine Edition histori-
scher Musikdenkmäler gibt es nicht. Doch ernannte die Regierung
(Musikreferent am Unterrichtsministerium Dr. Brauberger) eine
Anzahl tschechischer „Landesmusikkonservatoren" , die die Auf-
gabe haben, die Denkmäler heimischer Tonkunst zu erschliessen
und durch Denkmälerausgaben neu herauszugeben. Die Tätig-
keit dieser Herren ist mir aber bisher Geheimnis geblieben.
Paul Nettl.
ACTES DE LA SOCIETE „UNION MUSICOLOGIQUE"
En date du 23 septembre 1 922 s'est tenue à la Haye l'Assemblée
générale prescrite par l'article XIII des statuts.
Les membres présents, à l'unanimité, ont approuvé les comptes
et donné décharge au Conseil.
Le président, après avoir rappelé les mérites de feu M. le Prof.
Dr. Felipe Pedrell, un des membres le plus en vue du Conseil, invi-
te l'Assemblée à procéder à son remplacement conformément à
l'article XII des statuts. L'Assemblée, à l'unanimité choisit M.
Ad. Salazar, Madrid, qui a accepté son élection.
Le Conseil informe l'Assemblée que la cotisation pour l'année
1923 a été portée à FI. 12 (douze florins, valeur hollandaise). Vu la
disparité des changes, cette somme sera pour la Belgique, la Fran-
ce et l'Italie trente francs (valeur française) ; pour l'Allemagne et
l'Autriche cent marcs (valeur allemande).
Michielsen, secrétaire.
BOSTON PUBLIC LIBRARY
3 9999 06608 136 3
ÜÜL 1